Читать книгу Die Methodenbibel. begegnen + auseinandersetzen + übertragen - Sara Schmidt - Страница 6

Einführung Leitfaden zum Buch

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Es kann ein ziemlicher Spagat sein, sowohl dem Anspruch, Kindern biblische Erzählungen zu vermitteln, als auch deren Recht auf selbstständige Erschließung der Texte gerecht zu werden. Dabei soll die Methodenbibel als Hilfestellung und Inspirationsquelle dienen. Sie stellt eine Auswahl an biblischen Geschichten vor und zeigt eine mögliche Umsetzung auf, nicht im Sinne einer religiösen Verkündigung, sondern mit dem Ziel einer vertieften Auseinandersetzung mit den Texten.

Bei der Auswahl der Methoden stehen die Kinder in der Mitte des Geschehens. Sie sollen angeleitet werden, die Geschichten möglichst eigenständig zu entdecken und zu erforschen. Zugleich werden damit die Erwachsenen herausgefordert, Beziehungs- und Bildungsräume zu eröffnen, die den Bedürfnissen von Kindern entsprechen und ausreichend Inhalte bieten, mit denen die Kinder sich auseinandersetzen können. So kann das, was sie entdecken, bedeutsam für sie werden.

Aus religionspädagogischer Sicht ist es überaus wichtig, Kinder als eigenständige Persönlichkeiten wahrzunehmen und ihnen die Fähigkeit zuzusprechen, ihre persönlichen Erfahrungen und Reflexionen in einen Deutungsprozess einzutragen: Sie stellen (abhängig von Alter und Entwicklungsstand) existenzielle Fragen, sind in der Lage, biblische Geschichten zu erschließen und Texte im übertragenen Sinn zu verstehen. Sie verknüpfen, stellen einen Bezug zum Alltag her oder ziehen eine „Lehre“ aus einem biblischen Text. Die Methodenbibel soll das theologische Denken der Kinder anregen. Sie soll Kinder dabei unterstützen, hinsichtlich des christlichen Glaubens sprachfähig zu werden, ihn in seinen Praxisformen zu erleben und die Relevanz der Texte für das eigene Leben zu begreifen.

Wer mit diesem Buch arbeitet, wird sich deshalb möglicherweise in eher ungewohnten Rollen wiederfinden: als Begleiter, Beobachter, Moderator, Reiseleiter und Arrangeur.

Ein Rezept, wie mit der Methodenbibel gearbeitet werden kann, gibt es nicht. Manche werden sich einzelne Methoden heraussuchen und in ihre Arbeitsweise integrieren, andere werden Methoden genauso ausprobieren wollen, wie sie beschrieben sind, wieder andere werden die Methoden kreativ weiterdenken und etwas ganz Eigenes daraus machen. Alle diese Ansätze haben ihre Berechtigung. Die Methodenbibel soll keine strikte Anweisung für die „richtige“ Vermittlung biblischer Geschichten an Kinder sein, sondern vielmehr als Inspiration und Ideensammlung dienen.

Auswahl der Bibeltexte

Bei der Auswahl der Geschichten wurden Bibeltexte ausgewählt, die in der bibeldidaktischen Arbeit verwendet werden und in verschiedenen Plänen aufgeführt sind. Die 37 Geschichten dieses Bandes handeln von der Geburt und dem Leben Jesu, sie werden in der Reihenfolge der Evangelien aufgeführt.

Einsatzmöglichkeiten der Methoden

Die Methodenbibel bietet eine Zusammenstellung neuer und bereits bewährter Methoden. Darüber hinaus gibt sie konkrete Anregungen zur Umsetzung in Weiterbildung und Praxis für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der christlichen Arbeit mit Kindern, wie auch für Lehrkräfte im Fachbereich Religion. Gleichzeitig richtet sich das Buch selbstverständlich an alle, die Kindern die Möglichkeit eröffnen wollen, biblische Geschichten zu erleben und sich mit ihnen zu beschäftigen – also auch an Eltern und Großeltern, Tanten und Onkel, Patinnen und Paten, Freundinnen und Freunde.

Das Buch ist vorrangig für die Altersgruppe 6 – 12 Jahre konzipiert, die meisten Methoden lassen sich aber problemlos für jüngere oder ältere Kinder und Jugendliche anpassen.

Art der Methoden

Das Buch bietet 111 Methoden, die Kinder befähigen, Geschichten und Texte aus der Bibel möglichst selbstständig und gemeinsam mit anderen zu entdecken.

Die Methoden laden dazu ein,

 dem Text zu begegnen: seinen Inhalt wahrzunehmen und zu erfassen.

 sich mit dem Text auseinanderzusetzen: seine Bedeutung zu erschließen und zu erarbeiten.

 den Text zu übertragen: ihn ins Leben zu übersetzen und im Alltag umzusetzen.

Zu jeder der 37 Geschichten dieses Bandes wird jeweils eine Methode aus den Bereichen „begegnen“, „auseinandersetzen“ und „übertragen“ vorgeschlagen. Die Methoden knüpfen an den Inhalt und die Thematik der jeweiligen biblischen Geschichte an und bereiten sie so auf, dass die Kinder den Inhalt des biblischen Textes verstehen und ihn für sich anwenden lernen.

Der Dreiklang der Methoden dient der Unterteilung, er sortiert die Methoden und skizziert einen möglichen Weg von der Begegnung mit dem Text hin zu seiner Übertragung in die eigene Lebenswelt.

So kann eine Geschichte anhand der gewählten Methoden fertig ausgearbeitet und in dieser Form ausprobiert werden. Eigentlich liegt es jedoch nicht in der Absicht des Buches, Entwürfe zu präsentieren, die genau in der vorgegebenen Form umgesetzt werden sollen. Vielmehr braucht es bei vielen Methoden eine gewisse Routine im Umgang mit der Methode selbst, damit die Kinder sich tatsächlich auf die Geschichte und ihren Inhalt konzentrieren können. Deshalb kann eine Kombination zwischen neuen Methoden und solchen, die den Kindern schon vertraut sind, hilfreich sein. Auch der häufigere Einsatz einer Methode bei verschiedenen Geschichten erleichtert den Umgang.

Beispiel: Bei einem ersten Bibellese-Einsatz mit den „Bibel-Gesprächs-Karten“ wird die eigentliche Auseinandersetzung mit dem Text wahrscheinlich noch gering ausfallen. Die Kinder müssen zuerst die neun verschiedenen Bilder und ihre Bedeutung kennenlernen, bevor sie in einem späteren Schritt diese Bilder als Gesprächs-, Meinungs- und Bewertungshilfen selbstständig einsetzen können. Deshalb sind die Symbole als Karten verfügbar. So können sie nach und nach eingeführt werden und an ganz verschiedenen Stellen zum Einsatz kommen.

Viele Methoden lassen sich innerhalb des Methoden-Dreiklangs recht eindeutig zuordnen und man kann davon ausgehen, dass sie mit einer anderen Geschichte in ähnlicher Weise eingesetzt werden können. Andere Methoden sind offener. Hier entscheidet die Art der Umsetzung darüber, wie sie im Verlauf einer Stundenplanung zum Einsatz kommen.

Beispiel: Die „Erzählschiene“ kann Kinder dazu einladen, einer Geschichte zu begegnen. Erzählen die Kinder selbst mithilfe der Schiene, dann wäre dieselbe Methode eher dem Bereich der Auseinandersetzung mit der Geschichte zuzuordnen. Sie würde dann auch andere Kompetenzen der Kinder fördern und fordern.

Die hier vorgenommene Einteilung ist also nur als eine grobe Sortierhilfe zu verstehen. Im Anhang befindet sich eine Übersicht über die Methoden, in der für jede Methode angegeben ist, für welche Teile des Methoden-Dreiklangs sie sich eignet.

Die Methoden im Buch sind größtenteils erarbeitende und verarbeitende Methoden. Sie sind handlungsorientiert, mit ihnen kann erfragt, entdeckt, gestaltet, erforscht, erspielt, inszeniert, ausgetauscht, dokumentiert, präsentiert und reflektiert werden.

Beispiel: Gerade das Spielen ermöglicht intensive Erfahrungen und entspricht kindlichen Bedürfnissen. Beim „Rollenspiel“ oder beim „Fensterblick“ können Kinder beispielsweise in andere Rollen schlüpfen, ihrer emotionalen Betroffenheit Ausdruck verleihen und Verhaltensweisen kennenlernen. Viele Methoden im Buch haben spielerischen Charakter, es geht um das Erleben, das Sich-Bewegen, das Anfassen, Schmecken, Rätseln, Bauen oder Sich-Ausprobieren. Auf diese Weise erobern Kinder nicht nur ihre Umwelt, sondern setzen sich auch lustvoll mit einer Geschichte auseinander.

Die Methoden entstehen aus dem Bibeltext. Es sind die Geschichten, die die Methoden vorgeben. Wo Menschen zum Beispiel aufmerksam einem Gleichnis lauschen, da lädt das förmlich dazu ein, es ihnen gleichzutun und die Bedeutung des Gleichnisses zu ergründen. Es kann also der inhaltliche Schwerpunkt einer Geschichte sein, der eine Methode im Buch vorgibt, aber auch die Dynamiken der Geschichten selbst. Das erklärt, warum in diesem Band neu entwickelte Methoden aufgenommen wurden, die verschiedene Textarten berücksichtigen – beispielsweise Wunder- und Heilungsgeschichten, Lehrtexte und Gleichnisse. In Jesu Reden und Handeln, in den Begegnungen Jesu mit den Menschen der damaligen Zeit, wird die Botschaft Jesu vom Reich Gottes sichtbar und hörbar.

Was Dreiklang und Methoden nicht sind

Die Methodenbibel will nicht als didaktisches Konzept für die Arbeit mit Kindern in Gemeinde und Religionsunterricht verstanden werden. Es handelt sich um eine Methodensammlung, nicht um eine Sammlung fertiger Stundenentwürfe. Einführungsprozesse, aber auch Vorerfahrungen und Kontexte aus der Welt der Kinder sind nicht abgebildet. Jede/jeder ist selbst gefragt, die Methoden in die eigene Arbeitsweise und die konkrete Stundenplanung zu integrieren.

Das Buch enthält keine ausgeschriebenen Beispieltexte, da das den Rahmen einer Methodensammlung übersteigen würde. Auf den ersten Blick mag das frustrierend sein, gerade wenn man hochmotiviert etwas ausprobieren will. Es kann aber auch eine Hilfe sein, denn es fordert dazu heraus, alle nötigen Schritte der Vorbereitung selbst zu gehen. Dabei fällt oft schnell auf, welche Schwerpunktsetzung in der eigenen Gruppe sinnvoll ist und wo besondere Aufmerksamkeit benötigt wird.

Die Kompetenzen

Der Erwerb religiöser Kompetenzen ist vielschichtig und geschieht immer mehrdimensional. Damit Kinder nicht nur Kenntnisse, sondern auch Fertigkeiten und Haltungen gewinnen können, sind in die Methodenbibel folgende Kompetenzebenen eingeflossen:

 Wahrnehmen: Religiöse Phänomene als solche wahrnehmen. Sensibel dafür werden, staunen und das beschreiben, was im Inneren bewegt.

 Verstehen: Sich Wissen aneignen, Bibelverständnis entwickeln. Fragen stellen, Neues aufnehmen, entdecken, forschen. Grundbegriffe und religiöse Symbole kennen und benennen können.

 Sprechen: Mit anderen in einen Austausch treten. Sich mitteilen, die eigene Meinung vertreten, anderen zuhören, mitfühlen. Aber auch religiöse Sprache verstehen und verwenden.

 Handeln: Meint hier gestalten, darstellen, schöpferisch tätig sein. Verschiedene Techniken wie „Pantomime“ und „Wow-Tacho“ methodisch anwenden können. Christliche Praxis ausprobieren.

 Reflektieren: Selbst eine Position finden und die Perspektive anderer einbeziehen. Vergleichen, unterscheiden, eine Geschichte deuten, einordnen und bewerten.

Am Ende jeder Methode werden diejenigen Kompetenzen genannt, die die jeweilige Methode bei den Kindern fördert und fordert. Sie sind weder umfassend aufgeführt noch messbar ausdifferenziert, wie das in curricularen Bildungsplänen der Fall ist. Das ist für die Funktion, die sie in diesem Buch erfüllen, nicht notwendig.

Die Kompetenzen sollen nochmals sichtbar machen, dass das Konzept des Buches sich nicht an zu vermittelnden Lernzielen orientiert. Vielmehr sollen Art und Auswahl der Methoden dabei helfen, einen offenen Erkenntnisprozess vonseiten der Kinder anzuregen und die Kinder und ihre Deutungen einer Geschichte ernst zu nehmen.

Beispiel: Nicht immer können und wollen Kinder ihre Deutungen in Worte fassen. Einige Methoden wie „Filzen“ oder „Freies Gestalten“ bieten daher kreative Zugänge an. Hier können Kinder ihre eigenen Bilder und Gefühle wahrnehmen und durch das Malen und Gestalten tief in eine Geschichte eintauchen. So drücken sie ebenfalls aus, was für sie von Bedeutung ist.

In der Arbeit mit dem Buch können die Kompetenzen helfen, die Methoden an sich besser einzuordnen: Welche Kompetenzen ermöglicht eine Methode? Wofür eignet sie sich? Was kann sie leisten und was nicht? Das hilft bei der Auswahl einer Methode und bewahrt auch davor, eine Methode zu überfrachten.

Beispiel: Eine Gesprächsmethode, in der Kinder eingeladen werden, ihre Meinung zu sagen, hat genau darin ihren Gewinn, dass Kinder sich in einem sicheren Rahmen frei äußern können. Die Kinder lernen dabei auch, zuzuhören, hören auf andere und müssen andere Meinungen aushalten. Aber die Methode darf in dieser Freiheit stehen bleiben, am Ende muss keine Erwachsene / kein Erwachsener eine letztgültige Beurteilung vornehmen. So unterscheidet sich eine Gesprächsmethode von einer Reflexionsmethode, bei der es darum gehen kann, Inhalte zu deuten und am Ende zu einer Bewertung zu kommen.

Die bereits erwähnte Übersicht über die Methoden im Anhang dieses Buches zeigt auch, welche Kompetenzen die Methoden jeweils vermitteln.

Die Methodenbibel. begegnen + auseinandersetzen + übertragen

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