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Prolog
ОглавлениеSarah Glicker
Russian Mafia Prince
Sarah Weber
Alter Postweg 31a
48477 Hörstel
Copyright by Sarah Weber
Model: Anatoli Weber
Alle Rechte vorbehalten!
Vervielfältigungen, auch auszugsweise, bedürfen der offiziellen schriftlichen Genehmigung der Autorin!
In Gedanken an Oleg Glicker!
Vater
Großvater
Schwiegervater
„Du wolltest mich sprechen?“, erkundige ich mich noch immer ein wenig außer Atem bei meinem Vater, nachdem ich sein Büro betreten und die Tür hinter mir geschlossen habe. In der nächsten Sekunde hänge ich mir mein Handtuch, was ich in der Hand halte, um den Hals, da ich gerade vom Training komme.
Einen Moment sieht er mich an, als würde er mich am liebsten wieder raus schicken und mich anweisen, mir erst etwas Vernünftiges anzuziehen. Ich kann die Worte bereits in seinen Augen blitzen sehen. Sie warte nur darauf, endlich ausgesprochen zu werden.
Er hat noch nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass er viel Wert auf ordentliche Kleidung legt. Vor allem dann, wenn man zu ihm gerufen wird. Sogar seine Geschäftspartner trauen es sich nicht, nicht in einem teuren Anzug hier aufzukreuzen.
Und Sportklamotten gehören eindeutig nicht dazu. Schon gar nicht in meinem Fall.
Doch genauso habe ich noch nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass seine Regeln mich nicht interessieren. Ganz davon abgesehen hat er mich von meinem Training hergeholt. Schon alleine deswegen werde ich nicht erst duschen und mir ein Hemd anziehen. Schließlich will ich gleich wieder zu meinem Boxsack gehen.
„Setzt dich, Anatoli“, weist er mich mit strenger Stimme an.
Er lässt sich nichts anmerken, als er auf einen der beiden freien Stühle zeigt, die vor seinem riesigen Schreibtisch stehen. Seine Stimme ist ruhig und kontrolliert, so wie sie es schon immer war. Auch seine Gesichtszüge geben nichts von seinen Launen preis, weder gute noch schlechte. Ich bin mir sicher, dass meine Mutter die einzige Person ist, die genau weiß, was zu jeder Zeit in ihm vor sich geht. Und das vor allem aus dem Grund, weil sie die einzige Person ist, die dafür sorgen kann, dass er nicht die Beherrschung verliert.
Prüfend blicke ich mich einmal in dem riesigen Büro um. Als Kind fand ich es immer gruselig hier zu sein. Die Möbel sind alt und dunkel. Früher habe ich mir immer vorgestellt, wie sie Geschichten erzählen. Geschichten von den Geschäften, die meine Familie hier drin bereits besiegelt haben. Vor meinem inneren Auge habe ich meinen Großvater hier sitzen sehen, wie er über Schicksale entscheidet. Aber vor allem habe ich mir vorgestellt, wie ich sie auf den Müll werfe, sobald ich hier das Sagen habe. Denn ich habe noch nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass ich sie nicht mag.
Man kann auch sagen, dass ich dieses Büro schon immer gehasst habe. Wahrscheinlich hatte mein Vater sich deswegen einen Spaß daraus gemacht, mich so oft herzuholen. Auch, wenn er das nie gesagt hat. Fakt ist jedoch, dass ich als Kind mehr Zeit als nötig hier verbracht habe. Sogar meine Hausaufgaben habe ich in diesem Raum erledigt.
Wobei man das bei meinem Vater nicht so genau sagen kann. Manchmal habe ich sogar das Gefühl, als würde er überhaupt keinen Sinn für Humor haben. Als würde er nicht einmal Gefühle haben. Doch in unserem Geschäft darf man die auch nicht zeigen. Diese Lektion habe ich schon früh gelernt.
Das heißt aber nicht, dass ich es nicht nachvollziehen kann. Auf ihm liegt eine große Last, das ist mir bewusst. Er ist das Oberhaupt einer großen Familie und unzähliger Angestellter, die darauf vertrauen, dass er die richtigen Entscheidungen trifft, da es sie im schlimmsten Fall das Leben kosten könnte. Ich bin mir sogar sicher, dass er selber nicht einmal weiß, wie viele Männer sich gerade in diesem Haus aufhalten. Solange es jedoch genug sind, ist das aber auch nur nebensächlich.
Es zeigt mir wieder einmal, dass ich nicht so werden will, wie er, sobald ich die Geschäfte übernommen habe. Und dass ich das eines Tages werde, steht fest. Man könnte auch sagen, dass es mein Geburtsrecht ist.
Mein Vater, Oleg Nesterow, ist das Oberhaupt der russischen Mafia und ich bin sein einziges Kind. Da braucht man nicht sehr lange zu überlegen um zu wissen, dass ich irgendwann das Zepter übernehme. Eigentlich ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis er mir das Kommando überlässt und sich zur Ruhe setzt.
Sobald ich es habe, wird sich der Wind drehen. Mir ist bewusst, dass es einige gibt, die es mir nicht zutrauen und deswegen versuchen werden, mich in die Richtung zu lenken, in der sie mich haben wollen. Sie werden der Meinung sein, dass ich die Geschäfte vor die Wand fahre.
Doch das sind diejenigen, mit denen ich mich eh nicht sehr viel abgebe, da ich genau weiß, was in ihren Köpfen vor sich geht. Ich werde ihnen zeigen, dass ich an der Spitze bin und sie sich besser nicht mit mir anlegen sollten, weil ich vorhabe, genau dazubleiben. Sonst werden Köpfe rollen. Und das wird ihnen sicherlich noch weniger gefallen.
Ein paar Sekunden bleibe ich sitzen und schaue ihn tonlos an. Mein Vater gibt unbeeindruckt ein paar Befehle auf seinem Laptop ein. Kurz macht es den Eindruck auf mich, als hätte er vergessen, dass ich mich ebenfalls im Raum befinde. Doch in den letzten Jahren habe ich die Erfahrung gemacht, dass ihm nichts entgeht.
Dabei ist es egal, worum es geht. Selbst, wenn er schläft, entgeht ihm nichts. Und das ist etwas, was ihn für seine Feinde zu einem gefährlichen Mann macht.
„Hast du mich hier hinbestellt, damit ich dir bei der Arbeit zusehe? Wenn es so ist, würde ich mich nämlich gerne um meine eigene kümmern, von der ich mehr als genug habe.“ Ich behalte nicht für mich, dass ich genervt bin. Mir fehlt die Zeit, um hier zu sitzen und Däumchen zu drehen. Ich habe noch einige wichtige Termine, um die ich mich heute kümmern muss.
„Nein, mein Sohn.“
Skeptisch sehe ich ihn bei dieser Anrede an. Es passiert nicht sehr oft, dass er so mit mir spricht. Doch aus Erfahrung weiß ich, dass ich dann vorsichtig sein muss.
„Ich habe dich hergeholt, weil ich mit dir über etwas Wichtiges sprechen muss.“ Wieder legt er eine seiner berühmten Pausen ein.
Am liebsten würde ich aufstehen und einfach verschwinden. Nur um ihm zu zeigen, was ich von seinen Spielchen halte. Doch ich weiß, dass man sich ihm nicht entgegensetzt. Hinter seinem Rücken mache ich schon lange, was ich für richtig halte. Doch wenn er sich mir direkt gegenüber befindet, lasse ich das sein. Er soll ruhig glauben, dass er die Kontrolle hat. Allerdings gibt es mehr als genug Dinge, bei denen es nicht mehr so ist. Aber wahrscheinlich weiß er das auch schon längst.
Genauso wie ihm bewusst ist, dass er mich mit diesem Spielchen in den Wahnsinn treibt!
„Mir sind ein paar Dinge zu Ohren gekommen, die dich betreffen“, beginnt er schließlich.
„Was für Dinge?“, knurre ich nur, obwohl ich es mir bereits denken kann.
„Dinge, die die Aufgaben betreffen, die ich dir zugeteilt habe. Ich weiß, dass du ein Hitzkopf bist. Das war ich in deinem Alter auch. Eigentlich bin ich aber davon ausgegangen, dass du endlich gelernt hast, dich zu kontrollieren. Das ist aber anscheinend nicht der Fall.“
Seine Stimme klingt ernst. Ich weiß, dass er sauer deswegen ist. Doch das bin ich auch. Schließlich bin ich sein Sohn und mache nun schon seit Jahren irgendwelche Botengänge, die er auch jemand anderem überlassen könnte.
„Manchen muss man einfach klarmachen, dass sie sich mit einem besser nicht anlegen sollten.“ Ich zucke mit den Schultern, da ich nichts Falsches getan habe. Schließlich konnte ich immer die Interessen unserer Familie durchsetzen. Und das ist es, worum es geht.
„Ja, da stimme ich dir zu. Früher habe genauso gehandelt und gedacht, wie du es nun machst.“
Während er spricht, steht er auf und geht zum Fenster. Er hat mir den Rücken zugedreht, sodass ich seinen Gesichtsausdruck nicht sehen kann.
Ich habe keine Ahnung, worauf diese Unterhaltung hinausläuft. Doch ich hoffe, dass er bald zum Punkt kommt, da ich mich um meine eigenen Angelegenheiten kümmern muss. Und zwar dringend.
„Ich habe in den letzten Wochen, eigentlich Monaten, viel überlegt, was ich mit dir mache.“
Mehr sagt er nicht. Aber dieser eine Satz lässt mich hellhörig werden. Ich richte mich ein Stück auf und lasse ihn nicht aus den Augen. Aus Erfahrung kann ich sagen, dass er etwas von sich geben wird, was mir wahrscheinlich nicht gefallen wird. Doch jetzt bleibt mir erstmal nichts anderes übrig, als darauf zu warten.
„Was meinst du damit?“, frage ich ihn, als er auch nach einer gefühlten Ewigkeit noch keinen Ton von sich gegeben hat.
„Ich habe mich an das erinnert, was mein Vater damals mit mir gemacht hat und finde, dass es auch für dich der richtige Weg ist. Also werde ich das gleiche auch mit dir tun. Zum einen will ich dich so auf deine zukünftige Rolle als Oberhaupt der Familie vorbereiten. Zum anderen muss sich jemand in den Staaten um unsere Geschäfte kümmern, da einiges aus dem Ruder zu laufen droht. Es passieren ein paar Sachen, die nicht geschehen sollten. Andere versuchen an unserer Stellung zu sägen und selbst die Kontrolle zu übernehmen. Und du bist perfekt dafür, um den Leuten dort Einhalt zu gebieten.“
„Was?“, donnere ich wütend und gleichzeitig geschockt über diese Nachricht. Ruckartig stehe ich dabei auf. Ich richte mich zu meiner vollen Größe auf, auch wenn ich weiß, dass das meinen Vater kaltlässt. Dennoch will ich ihm so klarmachen, was ich von dieser Idee halte. „Das kann nicht dein Ernst sein“, fahre ich ihn so laut an, dass ich mir sicher bin, dass die Männer auf dem Flur mich gehört haben.
Doch das ist mir egal. Es ist nicht der erste Streit zwischen uns, den sie mitbekommen.
„Du hast richtig gehört. Ich werde dich nach Los Angeles schicken. Von unserem Familienanwesen aus kannst du dich um alles kümmern. Du wirst auch nach Miami fahren müssen, um dort ein paar Gespräche zu führen.“
Er hat nur diese wenigen Worte gesagt, doch ich koche vor Wut. Und das vor allem deswegen, weil er weiß, wie ich es hasse, wenn solche Entscheidungen über meinen Kopf hinweg gefällt werden. Ich habe keine Ahnung, wie er auf die Idee kommt, mich einfach in die USA zu schicken. Doch ich würde es gerne wissen, auch wenn es wohl nichts daran ändert wird, dass ich diese Entscheidung nicht nachvollziehen kann.
„Schick jemand anderes. Ich muss mich hier auch um ein paar Angelegenheiten kümmern.“
„Nein, Anatoli. Ich werde das keinem anderen überlassen, nur dir. Ich glaube, du hast mich noch nicht richtig verstanden. Du wirst morgen früh nach Los Angeles fliegen und dort alles überwachen und wieder in die richtigen Bahnen lenken. Das kann ich einfach niemand anderem überlassen. Kein anderer vertritt die Interessen der Familie so sehr, wie du. Die letzten Lieferungen wurden von der Polizei abgefangen und das gefällt mir überhaupt nicht. Es kommt mir vor, als würde irgendwo jemand sitzen und ihnen Information zukommen lassen. Eigentlich hätten sie nämlich überhaupt nichts davon wissen dürfen. Uns ist dadurch eine Menge Geld verloren gegangen. Außerdem wird es mal wieder Zeit, dass jemand den Mexikanern und den Italienern sagt, wo es lang geht. Ich habe dieses Gespräch schon so oft geführt, aber sie schaffen es immer nur für eine gewisse Zeit, sich an die Regeln zu halten.“
Ich presse meine Lippen zu einer dünnen Linie aufeinander und spanne meinen Kiefer und meine Muskeln an. Auf diese Weise will ich verhindern, dass ich meinem Vater die Meinung sage. Das heißt aber nicht, dass ich das nicht irgendwann machen werde. Denn auch wenn ich weiß, dass es eine Diskussion jetzt nichts bringt, so werde ich es nicht einfach auf mir sitzen lassen.
„Ich will, dass du das alles wieder in Ordnung bringst und ihnen zeigst, dass wir alles mitbekommen, egal, wo wir uns befinden. Und ich will, dass du es gut machst“, weist er mich an. Mit diesen Worten gibt er mir zu verstehen, dass es bereits beschlossene Sache für ihn ist. Ich weiß, dass es egal ist, was ich jetzt vorbringen werde, es wird nichts an seiner Meinung ändern.
Mehr als ein Nicken bekomme ich nicht zustande. Sonst würde ich Gefahr laufen, dass ich ihm nicht doch noch die Meinung sage. Und das würde nicht gut ausgehen, das weiß ich genau.
Schweigend werfe ich ihm noch einen wütenden Blick zu, bevor ich stürmisch das Büro verlasse.