Читать книгу Seal Team 9 - Sarah Glicker - Страница 5
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„Ich dachte schon, dass du überhaupt nicht mehr kommst. Wir werden noch zu spät zum Dienst erscheinen“, begrüßt mich Caiden, als ich ihn zwei Tage später abhole. Dabei wirft er mir einen strengen Blick zu, was mich allerdings nicht beeindruckt. „Du weißt, was wir dann machen müssen.“
„Wie wäre es, wenn du endlich deinen Wagen reparieren lässt? Dann müsstest du nicht mehr auf mich oder einen der anderen warten“, schlage ich ihm vor und spiele damit auf den Grund dafür an, wieso ich ihn abholen muss. „Der steht schon seit einer Ewigkeit in der Werkstatt“, erinnere ich ihn, obwohl ich mir sicher bin, dass er das eigentlich genau weiß.
„Ich gebe zu, dass er dort schon länger steht, als ich es eigentlich geplant habe. Und ich glaube, die Mechaniker sind auch nicht davon ausgegangen. Allerdings habe ich erst gestern mit ihnen telefoniert. Leider dauert es noch ein wenig, bis er fertig ist. Anscheinend brauchen sie noch ein wenig, bis ein Ersatzteil da ist“, knurrt Caiden und verzieht dabei das Gesicht, sodass ich lachen muss.
Ich weiß, wie sehr es ihn stört, wenn er von anderen abhängig ist. Für eine Woche, wie es am Anfang noch hieß, hat er die Arschbacken zusammengekniffen, doch mittlerweile geht es ihm wahrscheinlich noch mehr gegen den Strich, als mir. Dabei bin ich derjenige, der jeden Tag zweimal einen riesigen Umweg fahren muss.
„Dann solltest du dir vielleicht überlegen, ob es nicht doch an der Zeit ist, dir ein neues Auto zu holen.“
„Vergiss es“, fährt er mich sofort an. Gleichzeitig sieht er mich geschockt an. Ein wenig macht er den Eindruck auf mich, als würde er mich fragen wollen, ob ich sie noch alle habe. „Der Wagen wird irgendwann einmal ein Vermögen wert sein.“
Als ich an der nächsten roten Ampel stehen bleibe, drehe ich mich kurz in seine Richtung und ziehe meine Augenbrauen skeptisch ein Stück nach oben.
„Bis dahin wirst du aber noch viele Einsätze hinter dich bringen“, prophezeie ich ihm. „Und wahrscheinlich wirst du dann ein Vermögen in ihn gesteckt haben.“
Die letzten Worte kann ich einfach nicht für mich behalten. Caiden geht allerdings nicht näher darauf ein. Allerdings kann er es sich nicht verkneifen, mir noch einen bösen Blick zuzuwerfen, sodass ich lachen muss.
„Das meinst aber auch nur du“, stellt er schließlich doch noch fest.
„Wir werden sehen“, gebe ich nur in einem verschwörerischen Ton zurück.
Ich habe eindeutig keine Lust, mich ihm zu streiten. Und schon gar nicht wegen des Schrotthaufens, den er als Auto bezeichnet. Die Wahrheit sieht nämlich so aus, dass der Wagen schon öfter in der Werkstatt stand, seitdem er ihn hat, als das er ihn wirklich gefahren ist. Das ist ihm auch durchaus bewusst. Allerdings will er davon nichts hören.
In diesem Teil erinnert er mich an ein kleines Kind. Caiden lebt in seiner eigenen Blase und in der ist der alte Ford das perfekte Auto für ihn ist.
Und das nur, weil sein Vater früher auch so einen hatte.
Diese Dinge behalte ich jedoch für mich, da Caiden das sicherlich auch bewusst ist. Zumindest sagt mir das sein Gesichtsausdruck, den er jetzt aufgesetzt hat.
Die Fahrt von ihm bis zum Stützpunkt dauert eine halbe Ewigkeit. Jede Ampel, die sich auf unserem Weg befindet, ist rot. Und damit meine ich wirklich jede. Ich hätte nicht gedacht, dass das wirklich möglich ist.
Es wäre einfacher gewesen, wenn er zu mir gekommen wäre, doch auch das habe ich ihm schon ein paar Mal gesagt. Vor diesem Hintergrund muss er sich nicht wundern, wenn wir wirklich zu spät kommen.
Als ich jedoch endlich langsam auf den Parkplatz fahre, ist es erst viertel vor zwölf, sodass wir noch ein paar Minuten Zeit haben, bis wir zum Dienst antreten müssen.
Direkt neben dem Parkplatz befindet sich unser Hauptquartier, sodass wir es nicht weit haben. Nachdem ich einen leeren Platz gefunden habe, bleibe ich dort stehen und steige dann aus.
Ich habe mich aber noch keinen Schritt von meinem Wagen entfernt, als ich überrascht mitten in der Bewegung innehalte. Während ich das Auto abschließe und den Schlüssel in meiner Hosentasche verschwinden lasse, sehe ich in die Richtung, in der sich die Person befindet, mit der ich hier eindeutig nicht gerechnet habe. Um genau zu sein bin ich überhaupt nicht davon ausgegangen, dass sie mir noch einmal über den Weg läuft.
Das hätten aber wohl die meisten nicht gedacht.
„Ist alles in Ordnung?“, erkundigt sich Brady, nachdem er seinen Wagen ebenfalls verlassen hat.
Ich habe überhaupt nicht mitbekommen, dass er neben mir stehen geblieben ist, so sehr war ich auf sie konzentriert. Und auch jetzt reiße ich meinen Blick nicht von ihr los.
„Ja, alles super“, erwidere ich nur.
„Bist du dir sicher? Ein wenig siehst du so aus, als hättest du ein Gespenst gesehen.“
Mir ist klar, dass er sich einen Spaß daraus macht, doch gerade ist mir das egal.
Mein Blick klebt an Joy fest, die nur einige Schritte von mir entfernt steht und sich gerade angeregt mit einer anderen Frau unterhält, sodass sie mich anscheinend noch nicht entdeckt hat. Ich nutze die Gelegenheit und sehe sie genauer an.
Dabei nehme ich die zahlreichen Verletzungen wahr, die sich an ihrem Körper befinden.
Blaue Flecke, Schürfwunden, Kratzer.
Auf den ersten Blick scheint wirklich alles dabei zu sein. Automatisch frage ich mich, was sie für einen Unfall hatte, dass sie so aussieht. Doch schnell schiebe ich das wieder zur Seite. Auch wenn ich zugeben muss, dass ich zu gerne wissen würde, was geschehen ist.
„Wieso kommt sie mir so bekannt vor?“ Caiden stellt sich auf die andere Seite und schaut in die gleiche Richtung.
Als ich kurz in seine Richtung blicke, erkenne ich, dass er Joy aufmerksam betrachtet. Aber nicht auf die Weise, als würde er mit ihr ins Bett gehen wollen, sondern, als würde er gerade herausfinden wollen, wo er sie schon einmal gesehen hat.
„Sie war auch vor ein paar Tagen in dem Club“, erkläre ich ihm, da ich weiß, dass er uns während unserer kurzen Unterhaltung genau beobachtet hat.
„Stimmt“, stellt er nun fest. „Und was macht sie jetzt hier?“
Aus dem Augenwinkel erkenne ich, dass er sich in meine Richtung dreht, als würde er erwarten, dass ich die Antwort darauf kenne. Abwartend sieht er mich schließlich an.
„Das würde ich auch gerne wissen. Aber ich werde es herausfinden.“
Mit diesen Worten setze ich mich in Bewegung und gehe auf die beiden Frauen zu, die noch immer nichts von dem mitbekommen, was um sie herum passiert.
Auch jetzt ist mir wieder klar, dass wir genau beobachten werden. Allerdings hoffe ich, dass sie das nicht zu offensichtlich machen werden. Daher drehe ich mich noch einmal in ihre Richtung und werfe ihnen einen warnenden Blick zu, woraufhin sie allerdings nur grinsen.
„Ladys“, begrüße ich beide Frauen, nachdem ich sie erreicht habe. Allerdings konzentriere ich mich nur auf Joy, die im ersten Moment anscheinend nicht weiß, was sie machen soll.
Doch dann erkenne ich genau ihr überraschtes Gesicht, als sie mich zugeordnet hat. Ihr Mund öffnet sich ein Stück, als würde sie etwas erwidern wollen. Doch dann schließt sie ihn wieder und sieht mich einfach nur an.
„Entschuldigst du mich einen Moment?“, wendet sie sich stattdessen an ihre Gesprächspartnerin. Diese nickt nur und entfernt sich ein paar Schritte.
„Ich gebe zu, dass ich nicht gedacht habe, dass wir uns hier über den Weg laufen“, stelle ich gleichgültig fest und zucke mit den Schultern.
„In diesem Fall sind wir schon zwei“, gibt sie nur zurück.
„Und was machst du hier?“
Einen Moment betrachtet sie mich aufmerksam. Ein wenig macht sie den Anschein auf mich, als würde sie gerade darüber nachdenken, was sie darauf erwidern soll. Daher wende ich mich nicht von ihr ab.
Geduldig stehe ich vor ihr.
„Ich habe hier ein paar Dinge zu erledigen“, erklärt sie schließlich so leise, dass man sie kaum verstehen kann. Dennoch sind ihre Worte genau bei mir angekommen.
„Du siehst nicht aus, als würdest du für die Streitkräfte arbeiten.“
Mein Blick wandert erneut über ihren Körper, wobei er kurz an den Verletzungen an ihrem Arm hängen bleibt. Ich muss sagen, dass sie aus der Nähe noch schlimmer aussehen. Sie sind nicht gerade das, was man als klein bezeichnen kann. Die Haut ist rot und an den Krusten kann ich erkennen, dass sie sogar geblutet hat. Man müsste schon blind sein, um sie nicht zu sehen.
Erneut frage ich mich, was passiert ist, dass sie sich in diesem Zustand befindet. Eigentlich kann es nur gewesen sein, seitdem ich sie das letzte Mal gesehen habe. Denn bei unserem ersten Treffen war da noch nichts.
Das wäre mir aufgefallen.
In diesem Punkt wäre ich mir sicher.
„In dem Fall irrst du dich anscheinend. Ich arbeite in der Verwaltung, bin aber keine Soldatin. Wahrscheinlich wäre ich die denkbar schlechteste Soldatin, die man sich nur vorstellen kann.“
Zaghaft lächelt sie mich an. Doch ich bin mir nicht sicher, ob sie es ernst meint, oder einfach nur etwas überspielen will. Allerdings nehme ich mir vor, dass ich genau das herausfinden werde.
„Hattest du einen Autounfall?“, frage ich sie nun und deute dabei auf ihre Arme.
Von einer Sekunde auf die andere kann ich beobachten, wie das Lächeln auf ihrem Gesicht erstirbt und sie sich verschließt. Ich habe diese Reaktion schon oft genug gesehen, sodass ich mir sicher bin, dass ich es nicht falsche deute.
„Das sieht schlimmer aus, als es ist“, antwortet sie, nachdem sie einige Sekunden kein Wort von sich gegeben hat.
Dabei macht sie einen Schritt nach hinten, als würde sie plötzlich Abstand zwischen uns bringen wollen.
Ich habe keine Ahnung, was passiert ist, doch ich weiß, dass irgendwas los ist. Sie wäre nicht die erste Person, die sich so verhält. Und das gefällt mir überhaupt nicht.
„Ich muss mich jetzt auch auf den Weg machen, sonst komme ich noch zu spät. Hat mich gefreut, dich wiederzusehen.“
„Mich auch. Ich bin mir sicher, dass wir uns noch einmal sehen werden“, gebe ich zurück und sehe ihr nach, während sie verschwindet.
Joy geht den Gehweg entlang, bis sie um die nächste Hausecke verschwunden ist.
„Das war merkwürdig“, stelle ich fest, als Caiden wieder neben mir steht.
„Dir ist schon klar, dass sie dir etwas verschweigt, oder?“
„Ja, mich würde nur interessieren, was das ist.“
Ein letztes Mal sehe ich ihr nach, bevor ich mich umdrehe und im Inneren unseres Hauptquartiers verschwinde.
Eigentlich sollte es mir egal sein. Schließlich ist sie nicht meine Freundin und wird es auch niemals sein. Es ist nicht einmal so, dass ich behaupten kann, dass wir Freunde sind. Doch eine leise Stimme tief in mir drin sagt mir, dass etwas nicht stimmt. Und das ist es, was mich stutzig macht.
Doch gerade kann ich nichts machen.