Читать книгу Immohandbuch Mietrecht - Sascha Christian Federenko - Страница 8
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Abdingbarkeit/Abweichende Vereinbarung
Die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches zur Wohn- und Geschäftsraummiete sind größtenteils abdingbar, d. h. die Parteien können durch vertragliche Vereinbarung eine von den gesetzlichen Vorschriften abweichende Regelung treffen.
Beispiel:
Nach § 535 Abs. 1 Satz 3 BGB hat der Vermieter grundsätzlich die Betriebskosten zu tragen. Die Vertragsparteien können jedoch abweichend vom gesetzlichen Leitbild des Mietvertrages vereinbaren, dass der Mieter die Betriebskosten trägt.1)
Die abdingbaren Vorschriften werden auch als dispositives Recht bezeichnet. Die Parteien haben die Möglichkeit, von den Vorschriften des dispositiven Rechts durch Individualvereinbarung oder durch Verwendung eines Formularmietvertrages abzuweichen. Haben die Parteien einen Formularmietvertrag verwendet, so unterliegen die Formularklauseln der strengen Inhaltskontrolle der §§ 307 bis 309 BGB.
Siehe auch: | → Allgemeine Geschäftsbedingungen |
Demgegenüber ermöglicht eine Individualvereinbarung eine erheblich weitergehende Einschränkung des dispositiven Rechts. Allerdings darf auch eine Individualvereinbarung nicht gegen die guten Sitten2) und den Grundsatz von Treu und Glauben3) verstoßen.
Der Grundsatz der Vertragsfreiheit wird zum Schutz des Mieters durch die Vorschriften des zwingenden (unabdingbaren) Rechts eingeschränkt. Von den Vorschriften des zwingenden Rechts können die Vertragsparteien weder durch Verwendung eines Formularmietvertrages noch durch Individualvereinbarung abweichen.
Beispiel:
Nach § 557a Abs. 3 BGB kann das Kündigungsrecht des Mieters im Rahmen einer Staffelmietvereinbarung für höchstens vier Jahre ausgeschlossen werden. Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist gem. § 557a Abs. 4 BGB unwirksam.
Allgemeine Geschäftsbedingungen
Haben die Parteien bei Abschluss des Mietvertrages einen Formularmietvertrag verwendet, so sind die Vorschriften über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der §§ 305 bis 310 BGB zu beachten.
Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt.4) In den Anwendungsbereich der Vorschrift fallen zunächst alle Formularmietverträge, die bereits in hoher Stückzahl produziert werden und in einer Vielzahl unterschiedlicher Fälle Anwendung finden sollen (z. B. der Formularmietvertrag der „Haus & Grund Rheinland Verlag und Service GmbH“). In Betracht kommen aber auch Vertragsmuster, die eine Partei in der Absicht der mehrmaligen Verwendung selbst erstellt hat. Nach der Rechtsprechung sind Vertragsbedingungen bereits dann für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert, wenn ihre (zumindest) dreimalige Verwendung beabsichtigt ist.5) Die Vorschrift setzt weiterhin voraus, dass der Verwender (z. B. der Vermieter) die Einbeziehung der vorformulierten Bedingungen in den Vertrag verlangt, also dem Vertragspartner einseitig ein konkretes Einbeziehungsangebot unterbreitet.6) Verlangen demgegenüber beide Vertragsparteien unabhängig voneinander die Einbeziehung der gleichen vorformulierten Bedingungen, sind diese nicht einseitig gestellt.7) Gleiches gilt, wenn sich die Parteien einvernehmlich auf die Verwendung eines bestimmten Vertragsformulars einigen.8) Der Anwendungsbereich des § 305 Abs. 1 BGB ist ebenfalls nicht eröffnet, wenn die vorformulierten Bedingungen von einem Dritten, z. B. einem Notar oder einem Makler, in die Vertragsverhandlungen eingeführt werden. Schließlich ist erforderlich, dass die Parteien die vorformulierten Vertragsbedingungen durch Einigung wirksam in den Vertrag einbezogen haben.9) Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen aber nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt worden sind.10) Solche Individualvereinbarungen haben stets Vorrang vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen.11) Nach § 305c Abs. 1 BGB werden überraschende und mehrdeutige Klauseln nicht Vertragsbestandteil. Zweifel bei der Auslegung einer Allgemeinen Geschäftsbedingung gehen dabei immer zulasten des Verwenders.
Beispiel:
Die Klausel:
„Bei vorzeitiger einverständlicher Beendigung des Mietverhältnisses auf Wunsch des Mieters muss eine pauschale Abgeltung der Kosten der vorzeitigen Vertragsbeendigung in Höhe einer Monatskaltmiete an den Vermieter gezahlt werden.“ ist für den Mieter i. S. d. § 305c Abs. 1 BGB überraschend (OLG Karlsruhe, NZM 2000, 708).
Sind Allgemeine Geschäftsbedingungen ganz oder teilweise nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam, so bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam und es gelten insoweit die gesetzlichen Vorschriften.12) Der Vertrag ist ausnahmsweise insgesamt unwirksam, wenn das Festhalten am Vertrag eine unzumutbare Härte für eine Vertragspartei darstellen würde.13)
Die Wirksamkeit Allgemeiner Geschäftsbedingungen beurteilt sich nach den §§ 307 bis 309 BGB. Nach §307 Abs. 1 BGB ist eine Formularklausel unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich bereits daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Darüber hinaus ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.14)
Siehe auch: | → Abdingbarkeit/Abweichende Vereinbarung |
Beispiel:
Nach dem gesetzlichen Leitbild des Mietvertrages trifft grundsätzlich den Vermieter die Pflicht zur Instandsetzung und Instandhaltung der Mietsache.15) Die Regelung des § 535 Abs. 1 Satz1 BGB ist abdingbar, d. h. der Vermieter kann die gesetzliche Erhaltungspflicht durch vertragliche Vereinbarung als Hauptpflicht teilweise auf den Mieter abwälzen. Verwendet der Vermieter einen Formularmietvertrag, müssen die entsprechenden Formularklauseln der sog. Inhaltskontrolle nach den §§ 307 bis 309 BGB standhalten. Entsprechende Formularklauseln finden sich häufig im Bereich der Schönheits- und Kleinreparaturen.
Unwirksam ist bspw. eine Formularklausel in einem Wohnraummietvertrag, die den Mieter verpflichtet, Kleinreparaturen selbst auszuführen.16)Wirksam sind dagegen Kostenklauseln, die sich gegenständlich auf die Teile der Mietsache beschränken, die dem häufigen Zugriff des Mieters ausgesetzt sind (z. B. Wasserhähne, Türgriffe, Jalousien etc.) und wertmäßig einen Höchstbetrag für jede Einzelreparatur sowie einen Jahreshöchstbetrag ausweisen.17) Wirksam ist eine Formularklausel, die den Mieter zur Vornahme von Schönheitsreparaturen unter Berücksichtigung des Grades der Abnutzung oder zur Zahlung eines dem Abnutzungsgrad entsprechendem angemessenen Teils der Kosten verpflichtet.18) Eine Klausel, die den Mieter dazu verpflichtet, die Schönheitsreparaturen durch einen Fachhandwerker ausführen zu lassen, ist unwirksam.19) Unwirksam ist auch eine Formularklausel, die den Wohnraummieter verpflichtet, die Mieträume bei Beendigung des Mietverhältnisses unabhängig vom Zeitpunkt der Vornahme der letzten Schönheitsreparaturen renoviert zu übergeben (sog. Endrenovierungsklausel). Dies gilt auch dann, wenn der Mieter im laufenden Mietverhältnis nicht zur Vornahme von Schönheitsreparaturen verpflichtet ist.20)Enthält der Formularmietvertrag getrennte Klauseln, die den gleichen Regelungskomplex betreffen, so kann sich die Unwirksamkeit einer Klausel auf eine andere (wirksame) Klausel erstrecken. Getrennte Klauseln über laufende Schönheitsreparaturen und eine Endrenovierung sind aufgrund des sog. „Summierungseffekts“ somit unwirksam.21)
Bei einem Mietvertrag, der zwischen einem Unternehmer (z. B. einer Wohnungsbaugesellschaft) und einem Verbraucher (z. B. Mieter) geschlossen wird, gilt gem. § 310 Abs. 3 BGB die gesetzliche Vermutung, dass der Unternehmer die Allgemeinen Geschäftsbedingungen gestellt hat. Darüber hinaus sind die §§ 305c Abs. 2, 306, 307 bis 309 BGB entgegen den Grundsätzen auf Allgemeine Geschäftsbedingungen auch dann anzuwenden, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind.
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) – im allgemeinen Sprachgebrauch auch als „Antidiskriminierungsgesetz“ bezeichnet – soll Benachteiligungen aus Gründen der Rasse, der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität verhindern oder beseitigen. Es findet über § 2 Abs. 1 Nr. 8 AGG auch auf das Wohnraummietrecht Anwendung.
Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 AGG ist eine Benachteiligung aus den genannten Gründen – mit Ausnahme des Merkmals der Weltanschauung – bei der Begründung, Durchführung und Beendigung eines Wohnraummietverhältnisses unzulässig. Die Vorschrift findet allerdings nur auf Großvermieter mit einem Bestand von mehr als 50 Wohnungen Anwendung.22) Eine unterschiedliche Behandlung ist in diesen Fällen allerdings im Hinblick auf die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen und ausgewogener Siedlungsstrukturen sowie ausgeglichener wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Verhältnisse zulässig.23) Diese Ausnahme gilt allerdings nicht für die Merkmale Rasse und ethnische Herkunft.
Verfügt der Vermieter über einen geringeren Wohnungsbestand, ist eine Benachteiligung aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft unzulässig.24) Die Vorschrift findet keine Anwendung auf Wohnraummietverhältnisse, bei denen ein besonderes Nähe- oder Vertrauensverhältnis der Vertragsparteien oder ihrer Angehörigen begründet wird. Bei Mietverhältnissen kann dies insbesondere der Fall sein, wenn die Parteien oder ihre Angehörigen Wohnungen auf demselben Grundstück nutzen.25)
Eine Benachteiligung i. S. d. Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes liegt z. B. vor, wenn einem Mietinteressenten der Abschluss des Mietvertrages allein mit dem Hinweis auf seine ethnische Herkunft (z. B. Afrikaner) verweigert wird.26)
Verstößt der Vermieter gegen die Vorschriften des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes, kann der benachteiligte Mieter bzw. Mietinteressent gem. § 21 Abs. 2 AGG Schadensersatz (z. B. Fahrtkosten zur Wohnungsbesichtigung) und ggf. Schmerzensgeld (z. B. bei der Bezeichnung „Neger“) verlangen. Der Vermieter hat dabei das Verschulden eines von ihm beauftragten Wohnungsmaklers oder eines Hausmeisters zu vertreten.
Der benachteiligte Mieter kann beim Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot im laufenden Mietverhältnis zudem die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen oder auf Unterlassung klagen.27)
Anfechtung eines Mietvertrages
Die Parteien können den Mietvertrag unter den Voraussetzungen der §§119 ff. BGB anfechten. Als mögliche Anfechtungsgründe kommen u. a. der Inhalts- und Erklärungsirrtum sowie die arglistige Täuschung in Betracht.28) Eine wirksame Anfechtungserklärung führt auch nach Überlassung der Mietsache29) zur rückwirkenden Nichtigkeit des Mietvertrages.30) Eine Anfechtung hat gegenüber der Kündigung somit den Vorteil, dass das Mietverhältnis aufgrund der Rückwirkung umgehend beendet wird.
Siehe auch: | → Beendigung des Mietverhältnisses |
Praxistipp:
Eine wirksame Anfechtung des Mietvertrages lässt auch den Provisionsanspruch eines Immobilienmaklers nachträglich entfallen.31) Die Entstehung eines Provisionsanspruchs setzt nach § 652 Abs. 1 Satz 1 BGB voraus, dass zwischen dem Auftraggeber des Maklers und einem Dritten ein wirksamer Vertrag zustande gekommen ist. Wird dieser sog. Hauptvertrag (z. B. ein Mietvertrag) von einem der Vertragspartner wirksam angefochten, entfällt damit auch nachträglich die Voraussetzung für die Entstehung der Maklerprovision. Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Auftraggeber des Maklers oder der Dritte aufgrund eines Irrtums oder einer arglistigen Täuschung zur Anfechtung berechtigt gewesen sind.
In der Praxis ist insbesondere die Anfechtung des Mietvertrages wegen arglistiger Täuschung des Vertragspartners von Bedeutung.32) Als Täuschungshandlung kommt ein positives Tun oder ein Unterlassen in Betracht. Die Täuschung kann also durch eine unrichtige Erklärung oder durch das Verschweigen entscheidungserheblicher Tatsachen begangen werden. Das Verschweigen einer Tatsache erfüllt allerdings nur dann den Tatbestand einer arglistigen Täuschung, wenn hinsichtlich der verschwiegenen Tatsache eine Aufklärungspflicht bestanden hat. Das Bestehen einer Aufklärungspflicht setzt wiederum voraus, dass der Vertragspartner nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung redlicherweise Aufklärung erwarten durfte.33) Die Parteien des Mietvertrages sind daher generell verpflichtet, solche Umstände zu offenbaren, die für die Willensbildung des Vertragspartners erkennbar von entscheidender Bedeutung sind, insbesondere wenn sie geeignet sind, den Vertragszweck zu vereiteln oder erheblich zu gefährden.34) Ein Mietinteressent ist daher z. B. verpflichtet, den Vermieter von der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Kenntnis zu setzen.35) Demgegenüber hat der Vermieterden Mietinteressenten vor Abschluss des Vertrages über Mängel der Mietsache in Kenntnis zu setzen, die eine dauerhafte Nutzung ausschließen oder erheblich beeinträchtigen. Neben der Anfechtung besteht bei der Verletzung der Offenbarungspflicht auch alternativ die Möglichkeit, das Mietverhältnis außerordentlich fristlos gem. § 543 Abs. 1 BGB zu kündigen. Das Mietverhältnis wird in diesem Fall mit dem Zugang der Kündigung beendet.
Darüber hinaus müssen Fragen des Vertragspartners grundsätzlich vollständig und richtig beantwortet werden.36) Der Vertragspartner ist allerdings nicht verpflichtet, unzulässige Fragen (zutreffend) zu beantworten. Der Vermieter hat vor Abschluss eines Mietvertrages ein besonderes Interesse an der Einholung vorvertraglicher Informationen, insbesondere zu den Einkommensverhältnissen des Mietinteressenten. Demgegenüber ist der potenzielle Mieter grundsätzlich daran interessiert, möglichst wenig über seine persönlichen Verhältnisse preiszugeben. Die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen, wird durch das Grundrecht der „informationellen Selbstbestimmung“ gewährleistet, das sich aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG ableitet.37) Die Einholung personenbezogener Informationen wird daher nur zulässig sein, soweit dies für die Begründung und Durchführung des Vertrages und zur Wahrung berechtigter Interessen erforderlich ist. Ob die Frage einer Vertragspartei demnach zulässig oder unzulässig ist, muss anhand einer Interessenabwägung im Einzelfall ermittelt werden. Die Problematik ist insbesondere im Zusammenhang mit der Erteilung einer „Selbstauskunft“ durch den Mieter von Bedeutung.
Siehe auch: | → Selbstauskunft |
Im Bereich der Wohnraummiete sind bspw. Fragen des Vermieters nach dem Familienstand, den Einkommensverhältnissen, dem aktuellen Arbeitgeber oder nach Haustieren zulässig. Unzulässig sind dagegen Fragen nach der Religionszugehörigkeit, Schwangerschaften oder einer Parteizugehörigkeit. Bei der Gewerberaummiete darf der Vermieter z. B. nach dem Geschäftszweck und dem Warensortiment fragen. Der Mieter darf sich u. a. über die Höhe der Betriebskosten sowie über evtl. Mängel der Mietsache erkundigen.
Beantwortet der Mieter eine zulässige Frage des Vermieters falsch, ist der Vermieter zur Anfechtung des Mietvertrages wegen arglistiger Täuschung berechtigt. Allerdings kann das Anfechtungsrecht des Mieters ausgeschlossen sein, wenn sich eine falsche Angabe des Mieters bezüglich seiner Einkommensverhältnisse nicht negativ auf das Mietverhältnis ausgewirkt hat, weil der Mieter über einen Zeitraum von zwei Jahren die Miete vollständig und pünktlich gezahlt hat.38)
Liegt ein Anfechtungsgrund gem. §§ 119 ff. BGB vor, muss der Vertragspartner unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern, die auf den Abschluss des Mietvertrages gerichtete Willenserklärung anfechten.39) Im Fall der arglistigen Täuschung kann die Anfechtung nur innerhalb eines Jahres erfolgen40); die Frist beginnt in diesem Fall mit dem Zeitpunkt, in welchem der anfechtungsberechtigte Vertragspartner die Täuschung entdeckt hat.
Die rückwirkende Nichtigkeit des Mietvertrages hat zur Folge, dass die jeweiligen Leistungen der Parteien (Gebrauchsüberlassung, Mietzahlung, Kaution) nach bereicherungsrechtlichen Vorschriften41) zurück zu gewähren sind. Die Rückabwicklung hat nach den Grundsätzen der Saldotheorie42) zu erfolgen.
Siehe: | → Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz |
Siehe: | → Mangel der Mietsache |
Die Parteien können das Mietverhältnis jederzeit einvernehmlich durch Abschluss eines Mietaufhebungsvertrages beenden. Der Aufhebungsvertrag kommt durch Angebot und Annahme zustande43); er ist grundsätzlich formlos wirksam, auch wenn der Mietvertrag gem. § 550 BGB schriftlich geschlossen worden ist. Besteht auf Mieter- oder Vermieterseite eine Personenmehrheit, so müssen – ausnahmslos – alle Beteiligten an dem Aufhebungsvertrag mitwirken.
Praxistipp:
Soll einer von mehreren Mietern aus dem Mietvertrag entlassen und das Mietverhältnis mit den übrigen Mietern fortgesetzt werden, ist hierfür die Zustimmung eines jeden Mieters sowie sämtlicher Vermieter erforderlich. Andernfalls kommt kein wirksamer Aufhebungsvertrag zustande. Der ausscheidende Mieter bleibt in diesem Fall Partei des Mietvertrages und ist weiterhin zur Zahlung des Mietzinses verpflichtet, auch wenn er bereits aus der Wohnung ausgezogen ist. Verweigern die Mitmieter die erforderliche Mitwirkung, hat der ausscheidende Mieter gegen die übrigen Mieter einen Anspruch auf Zustimmung zur Kündigung des Mietverhältnisses. Gleiches gilt im Fall des Scheiterns einer Ehe oder nichtehelichen Lebensgemeinschaft, wenn die Lebensgefährten das Mietverhältnis seinerzeit gemeinsam eingegangen sind oder ein Lebenspartner nachträglich mit Zustimmung des Vermieters in den Mietvertrag aufgenommen worden ist. Diesem Anspruch können auch nicht die Mieterschutzvorschriften in analoger Anwendung entgegengehalten werden.44) Der ausscheidende Mieter muss den Anspruch auf Zustimmung zur Kündigung des Mietverhältnisses notfalls durch Erhebung einer zivilgerichtlichen Klage durchsetzen. Wird der verbleibende Mieter zur Abgabe der erforderlichen Erklärung verurteilt, gilt die Erklärung als abgegeben, sobald das Urteil in Rechtskraft erwachsen ist.45)
Siehe auch: | → Mehrheit von Mietern/Vermietern |
Die Einigung der Parteien über die Beendigung des Mietverhältnisses ist wesentlicher Bestandteil des Aufhebungsvertrages. In diesem Zusammenhang empfiehlt sich eine Regelung über die Gewährung einer Räumungsfrist. Die Parteien haben zum einen die Möglichkeit, das Mietverhältnis bis zum Räumungstermin zu befristen oder das Mietverhältnis sofort zu beenden und dem Mieter eine Räumungsfrist zu gewähren. Die Rechtsstellung des Mieters ist im ersteren Fall stärker, da das Mietverhältnis bis zum Ablauf der Frist noch nicht beendet ist. Daneben sollte der Aufhebungsvertrag die ausdrückliche Verpflichtung des Mieters zur Räumung und Herausgabe des Mietobjekts enthalten. Über diesen Mindestgehalt hinaus sind noch die nachfolgenden Regelungen zulässig:
• Nutzungsentschädigung und Betriebskosten: Wird das Mietverhältnis unter Gewährung einer Räumungsfrist sofort beendet, sollten die Parteien in den Aufhebungsvertrag die Verpflichtung aufnehmen, dass der Mieter die bisherige Miete nebst Betriebskosten als Nutzungsentschädigung gem. § 546a BGB bis zur Räumung des Mietobjekts zu zahlen hat.
• Renovierungsverpflichtung: Der Aufhebungsvertrag sollte in jedem Fall eine Regelung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen enthalten. In der Praxis wird oftmals auf eine entsprechende Verpflichtung des Mieters verzichtet, wenn das Mietobjekt noch einen akzeptablen Dekorationszustand aufweist und für den Vermieter eine zeitnahe Räumung im Vordergrund steht.
• Abstandszahlung: Die Vereinbarung einer Abstands- oder Abfindungszahlung durch den Vermieter ist unproblematisch zulässig. Aus dem Aufhebungsvertrag sollte sich eindeutig ergeben, ob die Abstandszahlung für die fristgemäße Räumung oder für die Aufhebung des Mietvertrages als solche geschuldet sein soll. Ist für den Vermieter die Rechtzeitigkeit des Auszuges entscheidend, bietet sich die Aufnahme einer Verfallsklausel für den Fall der verspäteten Rückgabe der Mietsache an. Zulässig ist auch die Vereinbarung einer degressiv oder progressiv gestaffelten Abstandszahlung. Die Vereinbarung einer darüber hinausgehenden Vertragsstrafe ist nach § 555 BGB für den Bereich der Wohnraummiete jedenfalls unwirksam.
Der Mieter hat einen Anspruch auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages, wenn der Mietvertrag eine Nachmieterklausel enthält. Vertragliche Vereinbarungen über die Stellung eines Nachmieters sind in der Vertragspraxis äußerst selten.
Darüber hinaus kann der Mieter gem. § 242 BGB seine vorzeitige Entlassung aus dem Mietverhältnis verlangen, wenn er dem Vermieter einen geeigneten und zumutbaren Ersatzmieter (Nachmieter) stellt und ein berechtigtes Interesse an der vorzeitigen Beendigung des Mietverhältnisses hat.46) Ein berechtigtes Interesse des Mieters kann bspw. in den nachfolgenden Fällen in Betracht kommen:
• schwere Krankheit des Mieters
• nicht vorhersehbarer beruflich veranlasster Ortswechsel
• altersbedingter Umzug in ein Alten- oder Pflegeheim
• wesentliche Vergrößerung/Verkleinerung der Familie
Nach der geltenden Rechtspraxis ist bei Vorliegen der Voraussetzungen zusätzlich eine Interessenabwägung im Einzelfall vorzunehmen.47) Es ist also erforderlich, dass das berechtigte Interesse des Mieters an der vorzeitigen Beendigung des Mietverhältnisses das Interesse des Vermieters am Fortbestand des Vertrages überragt. Dem Wohnraummieter ist allerdings auch bei Vorliegen eines berechtigten Interesses grundsätzlich die Einhaltung der dreimonatigen Kündigungsfrist des § 573c Abs. 1 BGB zumutbar. Im Bereich der Wohnraummiete kommt daher ein Anspruch des Mieters auf vorzeitige Entlassung aus dem Mietverhältnis nur in den Fällen eines zulässigen Kündigungsausschlusses oder bei Abschluss eines Zeitmietvertrages in Betracht.
Siehe auch: | → Kündigung des Mietverhältnisses |
→ Mieterhöhung | |
→ Zeitmietvertrag |
Liegt ein berechtigtes Interesse vor, dann muss der Mieter zudem einen zumutbaren Ersatzmieter stellen; d. h. einen solventen Nachmieter benennen, der bereit ist, in das bestehende Mietverhältnis einzutreten oder einen neuen Mietvertrag zu den Konditionen des Vermieters abzuschließen.
Haben die Parteien keine Nachmieterklausel in den Mietvertrag aufgenommen und liegen die vorgenannten Voraussetzungen nicht vor, hat der Mieter grundsätzlich keinen Anspruch auf vorzeitige Entlassung aus dem Mietvertrag.
Der Mieter kann unter den Voraussetzungen der §§ 387 ff. BGB gegen die Mietforderung des Vermieters mit einer Gegenforderung (z. B. einem Schadensersatzanspruch) aufrechnen. Eine wirksame Aufrechnungserklärung bewirkt das Erlöschen der Forderungen; und zwar rückwirkend auf den Zeitpunkt, in dem sich die Forderungen erstmals aufrechenbar gegenüberstanden.48) Daher ist eine außerordentliche fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzuges oder Verzuges mit der Sicherheitsleistung ausgeschlossen, wenn zum Zeitpunkt der Kündigung gem. § 387 BGB eine Aufrechnungslage bestand und der Mieter nach Zugang der Kündigung unverzüglich49) mit einer Gegenforderung die Aufrechnung erklärt.50) Darüber hinaus führt die Aufrechnung mit einer fälligen Gegenforderung zur Unwirksamkeit der Kündigung, wenn sie zwar nicht unverzüglich nach Zugang der Kündigung, aber noch innerhalb der Schonfrist des § 569 Abs. 3 Nr. 3 BGB erklärt wird. Die Vorschrift findet auf Gewerberaummietverhältnisse keine Anwendung.51)
Eine Aufrechnung ist dagegen unzulässig, wenn die Parteien des Mietvertrages ein wirksames Aufrechnungsverbot vereinbart haben. Bei der Verwendung eines Formularmietvertrages hat der Vermieter allerdings die Regelung des § 309 Nr. 3 BGB zu beachten. Danach kann das Recht des Mieters, mit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderungen aufzurechnen, nicht beschränkt werden. Darüber hinaus kann der Mieter gem. § 556b Abs. 2 BGB auch entgegen einer individualvertraglichen Bestimmung mit Schadensersatz- und Aufwendungsersatzforderungen i. S. d. §§ 536a, 539 BGB sowie mit Forderungen aus ungerechtfertigter Bereicherung52) gegen eine Mietforderung die Aufrechnung erklären, wenn er seine Absicht dem Vermieter mind. einen Monat vor der Fälligkeit der Miete in Textform53) angezeigt hat.
Siehe: | → Instandhaltung/Instandsetzung |
→ Mangel der Mietsache | |
→ Modernisierung |
Siehe: | → Eigenbedarf |
→ Mietsicherheit/Kaution | |
→ Zeitmietvertrag |
Siehe: | → Kündigung des Mietverhältnisses |
1) § 556 Abs. 1 BGB
2) § 138 BGB
3) § 242 BGB
4) Gem. § 305 Abs. 1 BGB
5) BGH NJW 2002, 138
6) Vgl. BGH NJW 1995, 2034
7) OLG Köln NJW 1994, 59
8) BGH NJW 2010, 1131
9) § 305 Abs. 2 BGB
10) § 305 Abs. 1 S. 1 BGB
11) § 305b BGB
12) § 305c Abs. 1 und 2 BGB
13) § 305c Abs. 3 BGB
14) § 307 Abs. 2 BGB
15) § 535 Abs. 1 S. 2 BGB
16) Vgl. BGH NJW 1992, 1759
17) Vgl. BGH NJW 1991, 1752
18) BGH NJW 2006, 3778
19) Vgl. BGH NJW 2010, 2877
20) Vgl. BGH NJW 2007, 3776
21) Vgl. BGH NJW 2003, 2234
22) § 19 Abs. 5 S. 3 AGG
23) § 19 Abs. 3 AGG
24) § 19 Abs. 2 BGB
25) § 19 Abs. 5 S. 1 und 2 AGG
26) Vgl. OLG Köln WuM 2010, 81
27) § 21 Abs. 1 AGG
28) §§ 119, 123 BGB
29) Vgl. BGH NJW 2009, 1266
30) § 142 Abs. 1 BGB
31) BGH NJW-RR 2005, 1506
32) § 123 Abs. 1 BGB
33) Vgl. BGH NJW 1989, 763
34) Vgl. BGH NJW 1979, 2243
35) Vgl. LG Bonn NJW-RR 2006, 382
36) Vgl. BGH NJW 1967, 1222
37) Vgl. BVerfG NJW 1984, 419
38) Vgl. LG Wiesbaden WuM 2004, 399
39) § 121 Abs. 1 BGB
40) § 124 Abs. 1 BGB
41) §§ 812 ff. BGB
42) Vgl. BGH NJW 2009, 1266
43) §§ 145 ff. BGB
44) Vgl. OLG Köln NZM 1999, 998
45) § 894 ZPO
46) BGH NZM 2004, 277
47) OLG Karlsruhe NJW 1981, 1741
48) § 389 BGB
49) § 121 BGB
50) § 543 Abs. 2 S. 2 BGB
51) § 578 BGB
52) § 812 BGB
53) § 126b BGB