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Unruhig spielten die langen, braunen Finger mit dem kostbaren Rubin, der über der Stirn, umgeben vom Goldgekräusel der Agraffe, den Seidenstoff zusammenhielt. An diesem Abend drückte der Turban, als wäre er aus nasser Wolle. Durzu Allai, der erste Geheimschreiber des Maharadschas, unterdrückte nur mühsam seine Erregung.

„Ein Schatz! Ein Berg aus Gold und Silber“, flüsterte er und raschelte mit den Papieren auf der Tischplatte. Der junge Bursche, der hinter Allai stand, bewegte langsam den Fächer. Der Windhauch war zu spüren, aber er kühlte nicht.

„O Maharadscha“, flüsterte der Schreiber. „Du vertraust diesen Schatz den Fremden an. Sie werden damit verschwinden. Dorthin, von wo sie gekommen sind.“

Durzu stand auf, ging zu einem der schmalen Fenster und blickte in den Palastgarten hinunter. Zwischen den Büschen und den Wasserbecken spielten die Kinder mit den verschleierten Dienerinnen. Farbenprächtige Insekten summten hin und her, Vögel mit langen Hälsen stolzierten zwischen den Seerosen. Auf einem Sims gurrten Tauben.

In Durzu Allais Überlegungen wirbelten wilde Vorstellungen von Reichtum, Überfall und Diebstahl durcheinander. Woher stammte das Silber und das Gold? Es kam aus dem Land, und es war von Tausenden und Abertausenden Menschen als Steuer und Pacht gezahlt worden, Körnchen um Körnchen. Und nun sollte der Mogulkaiser Akbar noch reicher und mächtiger werden.

Immer, wenn Allai an diese unvorstellbare Menge dachte, drehte sich die Welt vor seinen Augen wie der Sand in einem „Bhoot“, dem schlimmen Wind aus dem Inneren des Landes.

Der Lärm aus Bombays Straßen drang wie ein fernes Brodeln und Summen durch die dicken Mauern des Palastes. Draußen schwitzten die Menschen, hier drinnen war es erträglich kühl. Und irgendwo hinter dem mächtigen, schäumenden Wall der Brandung segelte das Schiff der fremden Teufel – angefüllt mit Gold und Silber.

Seit Allai erfahren hatte, was Ischwar Singh, sein Herr, mit den Schatzkisten plante, dachte er in viele Richtungen, und keine davon war im Sinn des Maharadschas.

Er selbst, Allai, durfte nicht mal im Traum daran denken, sich des Goldes zu bemächtigen. Er war kein Kämpfer. Er kannte niemanden, der den Fremden einen Schatz abnehmen konnte. Wirklich nicht? Er grinste, denn seine Gedanken schweiften plötzlich in eine ganz andere Richtung.

Er mußte in Ruhe alles überlegen.

„Du kannst aufhören“, sagte er zu dem mageren Jungen. „Es hilft sowieso nichts, wenn du die Luft durcheinanderwedelst.“

„Danke, Herr“, lispelte der Junge, stellte den prunkvollen Wedel in die Ecke und huschte durch den Perlenvorhang hinaus.

Die hölzernen Kugeln und Zylinder, an langen Schnüren dicht bei dicht aufgereiht, klirrten und klapperten leise. Durzu Allai durchquerte mit kleinen Schritten den Raum und stellte sich an ein anderes Fenster. Von hier aus konnte er einen Teil des Hafens sehen.

Er wußte alles von dem Schatz im Rumpf des Schiffes, der Schebecke dieser Fremden. Nach dem Fest im Palast und dem Verteilen von wertvollen Geschenken an die „Arwenacks“, wie sie sich nannten, sollte die unersetzliche Fracht nach Madras gebracht werden.

Die Strecke zwischen Bombay und Madras aber war weit und voller möglicher Untiefen, sagte sich Durzu Allai und grinste wieder. Es war ein kaltes, eigentümliches Grinsen, das sein schmales, hellbraunes Gesicht veränderte.

„Nach Madras, zu Akbar“, murmelte Allai.

Aber das viele Gold und Silber durfte nicht bei Akbar, dem Mogulkaiser, eintreffen. Es sollte in die Hände jener Menschen fallen, denen es eigentlich gehörte. Seine Hände zählte Durzu Allai dazu. Sein Wille, daß der Schatz nicht den Sultan von Golkondo erreichen durfte, der ihn von den Fremden übernehmen und an Akbar weiterleiten sollte –, wurde von Minute zu Minute stärker.

„Und Madras ist weit, sehr weit – um die Südspitze unseres Landes herum“, flüsterte der Geheimschreiber, durch dessen Hände alle wichtigen Nachrichten und Schriftsätze gingen.

Am meisten traf ihn das Mißtrauen von Ischwar Singh; er hatte allen Ernstes behauptet, daß er einen Transport des Schatzes über Land für sinnlos und gefährlich hielt, weil er sicher war, die Karawane würde überfallen werden, gleichgültig, wie viele Bewaffnete sie begleiteten.

Und den Weg über das Meer, an der Küste entlang, fürchtete der Maharadscha. Er war sicher, daß indische Segler das Gold und Silber verlieren, ihre Schiffe kentern oder überfallen würden – aber den Fremden traute er. Sie verstünden, so hatte er wörtlich erklärt, mehr von der Seefahrt als alle Kapitäne von Bombay.

„Die Kapitäne von Bombay“, sagte Durzu Allai zu sich selbst. „Nur ein Kapitän ist wichtig.“

Durzu war in Bombays Straßen aufgewachsen und kannte jeden Winkel. Er kannte unzählige Menschen in allen Kasten. Durch Fleiß und Zähigkeit war er zum Geheimschreiber aufgestiegen, weil er bis zum heutigen Tag das Vertrauen des Maharadschas nicht enttäuscht hatte.

Aber die gewaltige Menge der edlen Metalle änderte nach und nach seine Einstellung. Der Maharadscha hatte auf seine Weise das Land ausgeplündert. Es war nur gerecht, wenn das Schiff der Fremden geplündert wurde. Und zwar von einem indischen Kapitän.

Es war noch nicht lange her, daß die Fremden ihr Schiff vom Uferkai abgestoßen und Segel gesetzt hatten.

Der nachdenkliche Blick des Schreibers ruhte auf den Flanken des Bava-Malang, dem Berg, der Bombay überragte. Die Nachmittagssonne lag auf dem riesigen, kantigen Felsmassiv, das aus der Masse der Baumwipfel herauswuchs wie eine Klippe aus dem Meer.

„Ja. Bei allen Göttern“, sagte Allai entschlossen. „Ich werde es diesem Fürsten heimzahlen.“

Er selbst – und je länger er über den Schatz nachdachte, desto deutlicher hörte er das Klingeln von Gold in seiner Hand – wollte seinen Teil an der Beute. Er nickte wieder, um sich selbst Mut zu machen. Dann ging er hinaus in den langen Korridor, der in kühlem Halbdunkel lag.

Hinter den Haremsmauern kicherten die Frauen.

Ein Wächter, der am oberen Ende der langen Treppe stand, nickte dem Schreiber zu und fragte: „Bist du etwa schon fertig mit den geheimen Schriften, Durzu?“

„Ich muß in die Stadt. Die Arbeit läuft mir nicht davon. Man kann auch beim Licht der Lampen schreiben.“

„Man kann sogar nachts arbeiten“, stimmte der Palastwächter zu und sah dem Schreiber nach, der mit klatschenden Sandalen und wehendem Hüfttuch die Stufen hinuntereilte.

Durzu Allai huschte in den Schatten des Bogenganges, lief an der Wand aus flachen, verschiedenfarbigen Ziegeln entlang und unter die glänzenden, feuchten Blätter der Bäume.

Einige Männer grüßten ihn unterwürfig. Er nickte ihnen zerstreut zu und hastete durch die glühende Hitze des Nachmittags. Auch der Schatten brachte keine Abkühlung. Bei jedem Schritt fielen Schweißtropfen von seiner Stirn.

Die Wache am Tor erkannte ihn, grüßte und ließ ihn hinaus, ohne zu fragen. Als er den Schutz des Gartens verlassen hatte und über die staubige Straße ging, wurde die Hitze schier unerträglich, wie ihm schien. Er war die Schwüle nicht mehr gewohnt, seit er im Palast arbeitete und wohnte.

Die breite Straße zwischen Palast und Hafengegend war, wie fast zu jeder Stunde des Tages, überfüllt. Durch das Gedränge trotteten Rinder mit weit ausladendem Gehörn. Affen sprangen auf einigen Dächern herum und schnatterten aufgeregt. Jeder Schritt wirbelte eine kleine Staubwolke auf. Aus den Hauseingängen und unter den Säulendächern wehte der Geruch heißen Öls und frischer Chapattis hervor.

Karrenräder walzten mit lautem Knirschen über Stein und Kies. Von allen Seiten ertönte das Geschrei der Esel. Durzu Allai ging unter den Dächern an den Mauern entlang und versuchte, dem Menschenstrom zu entgehen. Hin und wieder erkannte ihn jemand, oder er grüßte einen Händler, sprach kurz mit Handwerkern, die für den Palast arbeiteten, trank einen Schluck Wasser von einem Wasserverkäufer.

„Du hast es wieder eilig, Durzu!“ rief ihm der Koch nach, der mit seinen Gehilfen im Laden eines Gewürzhändlers stand.

Allai erwiderte kurz: „Nicht immer, aber heute.“

Durzu zwang sich, freundlich zurückzuwinken. Zu viele Gedanken rasten plötzlich durch seinen Kopf. Er merkte plötzlich, daß er sich – für jeden Einwohner Bombays deutlich zu sehen – auf einem gefährlichen Weg befand. Jeder würde sagen können, wohin er geeilt war.

Schwitzend blieb er stehen und fühlte ein Zittern der Schwäche in den Knien. Er lehnte sich gegen eine gekalkte Mauer und richtete seinen Blick auf das Menschengewimmel des Platzes.

„Du bist dumm, Durzu Allai“, murmelte er im Selbstgespräch. „Ausgerechnet der erste Geheimschreiber rennt durch die Stadt, wie von Dämonen gehetzt.“

Er schaute nach dem Stand der Sonne. Noch vier Stunden bis zur kurzen Dämmerung.

„Ich habe genug Zeit.“

Er bog die Schultern zurück, wischte den Schweiß von der Stirn und ging langsam weiter, um den Platz herum bis zu den steinernen Bänken in der Nähe des Brunnens. Der kleine Junge, der im Schlamm neben dem Brunnen spielte, grinste den Schreiber an.

Durzu wartete und versuchte, diesmal in aller Ruhe, sein Vorhaben noch einmal zu überdenken.

Er dachte an den Zorn des Maharadschas, wenn er den Plan aufdeckte oder die Nachrichten eintrafen. Er versuchte sich vorzustellen, wie er selbst entwischte, wohin er flüchtete, und wo er sich verbergen konnte – mit einer unübersehbar großen Menge Silber und Gold, als einer der reichsten Männer des riesengroßen Landes.

Schließlich, als ein Windstoß die schlimmste Hitze vertrieb und Staub in die Richtung des Hafens wirbelte, kaufte sich Durzu einen Brotfladen mit einer Füllung aus Fleisch und Gemüse, streute rotes Gewürz darüber und aß in aller Ruhe.

Seine Gedanken waren nun klar. Er wartete ab, bis sich ein Fenster nach dem anderen erhellte, bis Fackeln und Öllampen entlang der Straße brannten. Dann ging er, während sich die Straßen leerten, auf Umwegen zum Hafen.

Bombay war der wichtigste Seehafen der Westküste. Die Halbinsel, auf der sich die Stadt erhob, ragte weit ins Meer hinaus. Der Hafen lag an der östlichen Seite des Landvorsprunges.

Abseits der Handelsschiffe, an einem Nebensteg, erkannte Durzu den hohen Mast und den zweiten, kürzeren einer Dhau. Zwei trübselige Funzeln brannten und beleuchteten kleine Teile des dunklen Decks. Im Halbschatten lagen einige halbnackte Männer auf ihren Decken und schienen zu schlafen.

Vorsichtig tastete sich Allai über den Steg und hörte an den Pfählen und an der Bordwand der Dhau das Wasser gluckern und plätschern. Der Gezeitenstrom hatte seine Richtung geändert und lief wieder auf. Es stank nach fauligem Wasser, nach den treibenden Abfällen und aus dem Rumpf der Dhau.

Über dem Ruder bemerkte der Geheimschreiber den geschnitzten Ochsenschädel mit den geschwungenen Hörnern.

Vor fünf Jahren noch waren Teile des Schnitzwerks vergoldet gewesen. Frische Farben hatten gestrahlt und dem halb plastischen Kopf ein wütendes, böses Aussehen verliehen. Aus dem Ochsenmaul wuchsen gekrümmte Dämonenzähne. Aber die Blicke, die einst Blitze geschleudert hatten, waren stumpf und grau. Nicht anders als der Rest des Schiffes.

„Narfo?“ fragte Durzu halblaut.

Achtern bewegte sich einer der Schläfer und richtete sich auf. Seine Augen spähten über das Schanzkleid.

„Was willst du, prächtiger Fremdling?“ fragte eine heisere Stimme ärgerlich zurück.

Durzu schob sich weiter in den Bereich des Lichtes und versuchte, in dem Gesicht des Mannes mehr zu sehen als dunkle Haut, das Weiße der Augen und die Lücken in den Zahnreihen.

„Bist du Narfo, der ‚Böse Büffel‘? Dann wirst du mich kennen“, erwiderte Allai ärgerlich.

„Tatsächlich“, sagte Narfo mit seiner heiseren Stimme. „Der große Mann aus dem Palast. Der Schreiber. Du willst meine Männer und mich zu einem Gastmahl einladen, wie?“ Unverhüllter Sarkasmus klang aus den Worten des Kapitäns.

Allai langte nach dem Schanzkleid und entgegnete ruhig: „Du hast keine Rupie mehr, nicht wahr?“

„So schlimm war’s schon lange nicht mehr“, knurrte der Kapitän. „Keine Beute, keine Fracht, nicht mal die Hoffnung auf eine schöne kleine Räuberei.“

„Wirklich? Hunger? Durst?“

Allai kannte den Kapitän der „Böser Büffel“ gut genug, um seine Niedergeschlagenheit verstehen zu können. Sie nannten ihn Narfo, Böser Büffel oder einfach nur Büffel. Auch für den Maharadscha war er schon gesegelt, aber es war für ihn und seine Mannschaft wohl wirklich eine schlechte Zeit. Die Dhau roch regelrecht nach Untätigkeit, nach faulendem Dreck in der Bilge.

Allai streckte die Hand aus, und Narfo zog ihn an Deck.

„Leihst du mir ein paar Rupien?“ fragte er.

Durzu griff in den Stoffgürtel um seinen Bauch. „Wozu?“

„Wir stehlen unser Essen, weil wir nichts haben. Dazu!“ Die Antwort klang bitter und gereizt.

Auf den Planken des Decks hob sich der Schreiber wie eine Fabelgestalt ab.

„Du weißt, daß es da ein Schiff voller Fremder gibt? Sie haben den kleinen Tuti gerettet. Der Maharadscha, Wischnu verleihe ihm Weisheit und ein langes Leben, veranstaltete ihnen zu Ehren ein Fest. Und weißt du, wo sie sind?“

Die anderen Männer der Dhau, die nicht schliefen oder von Bord gegangen waren, witterten eine Änderung ihres derzeitigen Zustandes und umringten Durzu und Narfo.

Der Kapitän erwiderte: „Wir wissen es. Schließlich lagen sie dort drüben lange genug am Steg. Sie sind ankerauf und losgesegelt.“

„Du hast scharfe Augen“, sagte der Schreiber. „Wohin segeln sie?“

„Das weiß jeder“, entgegnete der Büffel. „Jeder im Hafen. Nach Madras. Weite Fahrt, wie auch immer.“

Er deutete damit an, daß nicht nur die Fahrt lang und beschwerlich sein würde, sondern daß auch unzählige Gefahren auf die Fremden lauerten.

„Wenn du Geld brauchst, Gold oder Silber, dann habe ich eine gute Nachricht für dich und Guari. Ist er noch immer dein mutiger, halbsabschneidender Steuermann?“

„Ja. Er schläft irgendwo dort unten. Was willst du mir sagen?“

„Nur, wenn ich ein Drittel von der Beute erhalte. Sonst kein Wort, Narfo. Es geht um einen Schatz.“

„Da gibt es Gerüchte in Bombay, nicht nur im Hafen“, sagte Narfo und streckte die Hand aus. „Bevor wir reden, muß ich was zwischen die Zähne kriegen. Und die anderen auch. Los, gib schon her, großer Schreiber.“

Durzu ließ Münzen in die Hand klingeln. Narfo näherte sich der Hecklaterne, schüttelte die Münzen, zählte nach und nickte. Seine Augen leuchteten, als er Durzu am Oberarm packte und vom Achterdeck herunterzog.

„Wir gehen zum Einäugigen essen. Dabei reden wir, ja?“

„Aber schnell!“ rief einer der Kerle und hämmerte mit dem Knauf seines Dolches auf die Planken. Die Geräusche klangen durch das gesamte Schiff und dröhnten hohl.

„Guari hat auch Hunger. Los!“

Schließlich tappten sechzehn Männer über den Steg und in die Kaschemme des einäugigen Wirtes. Er war der billigste Koch und Wirt, und seine Portionen waren überall bekannt wegen des Umfangs und des ausreichenden Geschmacks.

Der Böse Büffel sagte zu Allai, daß auf seinem Schiff, ihn und Guari eingerechnet, vierundzwanzig Männer warteten.

Durzu wagte eine Frage. „Wenn es euch so verdammt schlecht geht, Narfo, warum arbeitet ihr dann nicht? Zum Beispiel entladen wie die anderen? Oder irgendwelche Tauwerksarbeiten? Oder etwas anderes?“

Narfo spuckte zur Seite. Dann erklärte er halblaut und verächtlich: „Unwürdige Sklavenarbeit, Durzu. Wir sind Seeleute, Küstensegler, Männer, die Freiheit und Kampf lieben, keine schuftenden Kulis. Wir sind hinter dem Reichtum her und nicht dazu da, im Staub zu schwitzen. Zufrieden?“

Durzu zuckte mit seinen knochigen Schultern. „Ich sehe, daß ihr dabei reich und fett geworden seid. Könnt ihr … Bist du bereit, sofort abzulegen?“ fragte er mit gleichgültiger Miene.

Der Büffel nickte, während er an einem Fleischbrocken kaute. „Wozu ablegen? Wohin?“

„Hinter den Fremden her. Hinter dem Schiff mit den Dreieckssegeln.“

„Da mußt du mir aber einen verdammt guten Grund nennen, Schreiberling“, sagte Narfo. Guari und er wechselten einen langen, schweigenden Blick.

„Sie bringen Silber und Gold nach Madras“, sagte Durzu Allai so ruhig wie möglich.

„Auf vielen Schiffen ist Geld auf dem Meer unterwegs“, erklärte der Steuermann.

„Ihr seid vierundzwanzig auf der Dhau?“ fragte Durzu lauernd.

„Ja.“

Der Schreiber fragte sich, was er wirklich von der Besatzung der „Böser Büffel“ wußte. Entlang der Küste hatten sie einen ganz besonderen Ruf. Sie waren Halsabschneider, die stets hart an der Grenze entlangsegelten, die von den Gesetzen gezogen wurde. Niemals hatte man ihnen etwas beweisen können. Es gab unzählige Gerüchte, und an vielen mochte etwas Wahres sein.

Bisher hatten sie jeden Sturm überlebt. Von dem Steuermann und dem Kapitän erzählte man wahre Schauergeschichten. Sie schienen mit allen Geistern im Bund zu sein. Und die vielen Feinde, die sie naturgemäß haben mußten – wo waren sie? Niemals hatte man von ihnen etwas gehört oder gesehen.

„Wer bestimmt, wie die Beute verteilt wird?“ fragte Allai. „Eine große Beute, von der nur ich den Wert kenne. Ohne mich müßtet ihr morgen mittag wieder das Essen stehlen.“ Niemals hatte er gehört, daß Narfo einen Freund im Stich gelassen oder gar betrogen hatte. Er sah aber ein, daß es keine Sicherheit gab.

„Ich bestimme“, antwortete der Kapitän und schob den Knoten des Kopftuches über das andere Ohr. „Was weißt du?“

Allai grinste breit. „Alles. Genug, um fünfundzwanzig Männer zu reichen Fürsten werden zu lassen.“

Er sah das Glitzern in den Augen der Männer. Guari und Narfo starrten ihn an, denn sie erkannten, daß er nicht scherzte. Ganz sicher kannten auch sie das eine oder andere Gerücht aus dem Palast, und vielleicht hatten sie auch die Kisten und Truhen gesehen, die auf das Schiff der Fremden geschleppt worden waren.

Jetzt warteten sie schweigend und begierig darauf, daß der Schreiber ihnen berichtete, was er wußte.

Seewölfe - Piraten der Weltmeere 669

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