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Kapitel 4 - Falsche Richtung

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Maya stand benommen in der Eingangshalle des Universitätsspitals. Vor zwei Stunden hatte man sie benachrichtigt und ihr mitgeteilt, dass Josef Hartmann in die Notfallstation eingeliefert worden sei.

Ein typisch klinischer Geruch, der Maya an bakterientötende Reinigungsmittel erinnerte, lag in der Luft. Es war genau wie damals, als Mayas Großmutter wegen einer Herzentzündung behandelt worden war. Die Erinnerung versetzte Maya noch heute einen Stich, es war ein Schock gewesen, als ihre Großmutter, kurz nachdem sie das Krankenhaus verlassen durfte, zu Hause verstorben war. Als wäre es gestern gewesen, erinnerte sich Maya, wie sie damals ins Schlafzimmer ihrer Großmutter gerannt war, weil sie ihren Großvater aufschreien gehört hatte. Das war vor neun Jahren gewesen. Und nun war sie erneut hier, diesmal in schrecklicher Sorge um ihren Großvater.

Als Maya das Krankenzimmer betrat, lag ihr Großvater regungslos im Bett. Seine Augen waren geschlossen. Sein Anblick war besorgniserregend. Sanft griff Maya nach seiner Hand. Er öffnete die Augen und wandte langsam den Kopf, um seine Enkelin sehen zu können. War es ein Lächeln, das ihm übers Gesicht huschte?

«Maya», flüsterte er.

Ja, er lächelte wirklich!

«Opa!»

Schwach drückte er ihre Hand.

«Der Arzt meinte, ich hätte Glück gehabt.»

Nur schon dieser eine Satz kostete ihn viel Kraft.

Eine knappe Stunde noch saß Maya bei ihm, bis der Chefarzt ins Zimmer trat und sie zum Gehen aufforderte: «Herr Hartmann benötigt Ruhe. Kommen Sie morgen wieder.»

Nachdenklich stieg Maya in das erste Tram in Richtung Innenstadt und sackte auf ihrem Sitzplatz in sich zusammen. Eine innere Leere überkam sie. Ein Gefühl, als stünde sie im Nirgendwo mitten in einer kargen Wüste. Egal, wohin sie blickte, da war Nichts, außer die Frage: In welche Richtung sollte sie gehen?

An der Haltestelle «Central» stoppte das Tram und Maya war zurück in der Realität. Es war ihr, als würden sie die anderen Fahrgäste angaffen, die Frau auf dem Sitzplatz ihr gegenüber mit dem Kind zum Beispiel, aber auch der Geschäftsmann, der neben der Frau stand, starrte in Mayas Richtung. Ihr wurde es zu eng unter den Leuten, also stand sie spontan auf, um auszusteigen.

Ihre Hände waren kalt und steif, Menschen liefen an ihr vorbei und doch war sie nicht bei ihnen, so als stünde sie hinter einer Glaswand.

Die Zeit hatte sie völlig vergessen und stellte mit Schrecken fest, dass sie eine halbe Stunde verspätet war. Sie hatte sich mit Thomas und ihrer besten Freundin Nadine auf einen Drink verabredet.

Obwohl es Maya nicht nach Unterhaltung und Gesellschaft war, hetzte sie weiter in Richtung Zürichsee. Es war ein gutes Stück durch das Niederdorf, Maya lief die Gassen hoch und wieder runter.

Eine Viertelstunde später war das «Bellevue» in Sichtweite und kurz darauf traf Maya im Café direkt neben der Buchhandlung ein, wo sie von Nadine und Thomas bereits erwartet wurde.

Kaum war Maya angekommen, wäre sie am liebsten wieder gegangen. Sie fühlte sich aus der Bahn geworfen und fand, es sei ein Fehler gewesen, in ihrer jetzigen Verfassung gesellig sein zu wollen. Es passte heute einfach nicht mit ihren Freunden. Teilnahmslos saß sie da und glotzte auf die Kohlensäure ihres Sprudelgetränkes.

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