Читать книгу Die HexenLust Trilogie | Band 3 | Erotischer Roman - Sharon York - Страница 3

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Unterdrückte Gefühle

»Das ist eine ganz beschissene Idee!« Ich funkelte die beiden Männer an und schüttelte den Kopf. »Sechs starke Vampire, und ihr wollt einfach so ohne Waffen und magische Schutzamulette in diesen Puff gehen und für Ablenkung sorgen?«

»Es ist kein Puff, sondern ein Swingerclub«, korrigierte Phoe­nix mich grinsend. »Außerdem sind es nur Vampirinnen.«

Gott, wie ich diesen Gender-Mist hasste! »Du weißt genau, dass es bei Dämonen keinen Unterschied macht. Die werden euch in Stücke reißen.«

Phoenix zuckte mit den Schultern, fuhr sich durch seine mittellangen, kohlschwarzen Haare und sah mich herausfordernd an. »Nicht, wenn wir es geschickt anstellen.«

In den letzten zwei Jahren hatte sich viel verändert. Früher war Phoenix ein Aufreißer gewesen, wie er im Buche stand, auf den die Mädels reihenweise hereinfielen. Na ja, zumindest bis er mit Bianca, einer meiner ältesten und besten Freundinnen, zusammenkam. Mittlerweile war Phoenix viel ruhiger geworden.

Gemeinsam spähten wir von der dunklen Gasse auf den Club am anderen Ende der Straße. »Desire« stand in rötlichen Lettern auf die Fassade gekritzelt. Natürlich musste es ein Swingerclub sein. Gerade weibliche Vampire benutzen diese Etablissements gern, um an Frischfleisch zu gelangen. Und das leider nicht im übertragenen Sinne ...

Einsame Geschäftsleute ließen sich von einem Gerücht in diese miese Gegend tragen. Hier, im äußersten Norden von Manhattan, schien es möglich: Frauen, mit denen man schnellen Sex haben konnte, willige Damen, die auf einem Business-Trip im Big Apple Abwechslung von ihrem Eheleben suchten. Doch hier fanden sie nicht das schnelle Glück und ein paar heiße Küsse, sondern nur den Tod.

Die Vampire hatten dazugelernt.

Anstatt nachts auf die Jagd zu gehen, kam ihre Beute heutzutage zu ihnen. Vollgestopft mit Adrenalin und Viagra, bereit, alles für die hübschen Frauen im Inneren dieses Ladens zu tun. Ein kurzes Abenteuer auf einer Geschäftsreise, ein paar Drinks und beste Unterhaltung. Es war einfach zu verlockend. Aber wenn sich etwas zu gut anhörte, war es meistens nicht wahr – das hatte schon meine Ziehmutter gesagt. Und sollte sich doch mal ein neugieriges Pärchen in diese abgelegene Ecke verirren, nahmen die Vampire ihr Blut gern als Vorspeise. Nach wenigen Wochen wurde der Club dann wieder geschlossen und an anderer Stelle neu etabliert. Alles in einer Gegend, in der man nicht allzu viele Fragen stellte.

Wie an diesem Ort.

Die Washington Heights waren vieles, nur nicht schön. Einzig das ruhige Rauschen des Hudson Rivers legte eine seltene Beharrlichkeit auf das sonst so turbulente Viertel voller Sozialwohnungen.

»Es könnte funktionieren, Isa.« Marc stupste mich mit seiner breiten Schulter an. »Außerdem haben wir ja noch dich.«

Diese Worte aus dem Mund eines Reapers ...

Die Reaper waren die Jungs fürs Grobe. Stolze Soldaten des Zirkels mit wenigen magischen Fähigkeiten und einem Hang zur überdimensionierten Feuerkraft. Großgewachsene Kerle mit mürrischen Blicken und großen Waffen, allerdings besaßen sie fast keine oder nur unzureichende zaubernde Fähigkeiten. Wenn man ein Problem hatte, das mit Waffengewalt gelöst werden musste, dann sollte man einen Reaper anfordern. Wenn es allerdings um Barrieren, Schutzzauber oder magische Wesen ging, denen konventionelle Waffen nichts anhaben konnten, kamen die Reaper genervt aus den Untergeschossen in die oberen Büros geschlichen und forderten jemanden wie mich an.

Eine Hexe.

Nur Marc war anders. Seit den Ereignissen in L.A. war unser Verhältnis ... schwierig. Dieser junge Mann war ein richtiger Sunnyboy. Er hatte blonde, kurze Haare, trug das Hemd immer offen und besaß ein braungebranntes Gesicht mit Fünf-Tage-Bart. Seine blauen Augen stachen selbst hier unter einer schummrigen Lampe im nächtlichen New York hervor. Als wir uns vor zwei Jahren in Los Angeles kennenlernten, sagte mir genau dieser Blick alles, was ich wissen musste. Marc war ein Surfer, der keine Probleme damit hatte, jede Menge Frauenbekanntschaften gleichzeitig zu haben. Dessen war ich mir zumindest sicher, bis ich den Fehler machte und eine Schulter zum Ausheulen brauchte.

»Marc, ihr setzt euer Leben für ein paar Informationen aufs Spiel, die unter Umständen nutzlos sind.« Ich berührte ihn am Arm und sah, wie der großgewachsene Mann leicht zusammenzuckte. Fetzen der Vergangenheit zogen vor meinem geistigen Auge vorbei. Niemals hätte ich mit ihm schlafen dürfen. Niemals! Selbst, als mein damaliger Freund mir das Herz gebrochen hatte, nur um die Scherben einzeln aufzusammeln und sie Stück für Stück zu kitten.

»Und wenn sie es wert sind?«, entgegnete Marc mit samtener Stimme. »Du weißt, wie schlecht es um den Zirkel steht.«

Ja, das wusste ich. Nichts hatte mich in den letzten zwei Jahren mehr beschäftigt. Während die Vampirplage immer größer wurde, kämpft der Zirkel an allen Fronten. Wir sollten die Menschen beschützen, im Stillen, fernab von jeglicher Öffentlichkeit. Irgendjemand musste schließlich die ganzen Dämonen, Werwölfe, Vampire und Halbwesen in Schach halten, damit die Menschen bloß nichts von ihrer Existenz mitbekamen und ihr Leben in süßer Unwissenheit weiterleben konnten. Jahrhundertelang war dies meinen Schwestern gelungen, doch nun schien die Waage zu kippen.

Das Problem war, dass ich mittlerweile nicht mehr als keine kleine Hexe galt. Besonders nach dem Kraftschub der letzten Jahre war ich nun als Führungsoffizier für die Sicherheit des gesamten Zirkels verantwortlich. Und da die sechs Vampire im Inneren des heruntergekommenen Fabrikgebäudes wichtige Informationen bezüglich der nahenden Katastrophe besitzen sollten, konnte ich meine Augen davor nicht verschließen.

»Gut«, sagte ich und fügte einen tiefen Seufzer hinzu. »Versucht es, aber bei Walpurga seid vorsichtig!«

»Aber immer doch!« Voller Euphorie formten Phoenix’ Finger eine Faust. Anschließend legte er das automatische Gewehr in den Kofferraum des dunklen Mercedes und schlug Marc auf die Schulter. »Lass uns ein paar viel zu alte Ladys aufreißen. Das wird sicher lustig.«

Ich verzog keine Miene. Ob die Vampire im »Desire« Hunderte von Jahren auf dem Buckel hatten oder gerade erst von ihren Artgenossen erschaffen worden waren, spielte keine Rolle. Sie waren gefährlich und körperlich den beiden Männern um ein Vielfaches überlegen.

Keine Ahnung, was Bianca an seinem Humor fand. Die beiden hatten sich gesucht und gefunden. Freudestrahlend legte Phoenix die schusssichere Weste ab, entleerte seine Taschen und verstaute alles fein säuberlich im Auto. Als Letztes streifte er die Ritterlilie über seinen Kopf. Ein Amulett, das jeden magischen Einfluss verhinderte. Marc zögerte einen Moment. Mir gelang es, seinen Blick einzufangen.

»Mach dir keine Sorgen um uns. Wir kommen schon klar«, sagte er im beruhigenden Tonfall.

»Ich hoffe es«, flüsterte ich, als Marc begann, die Bewaffnung der Reaper abzulegen.

Als auch er seine Ritterlilie abnahm, ging ein Ruck durch meinen Körper und ich überlegte: Sollte ich es tun? Eigentlich war es strikt verboten, Reaper oder Hexen zu lesen. Ganz davon abgesehen, dass es sich nicht gehörte, war es auch ziemlich gefährlich, in die Seele eines anderen zu blicken. Jede Faser meines Körpers schrie mich an, es nicht zu tun, und doch konnte ich nicht widerstehen. Ich musste einfach wissen, wie viel Schaden ich in den letzten zwei Jahren angerichtet hatte.

Ruhig zog ich Luft in meine Lungen und schloss die Augen. Ohne ihre Ritterlilien konnte ich die Auren der beiden Männer vor mir sofort erkennen. Phoenix’ Seele pulsierte beinahe. Er strotzte vor Angriffslust, Wut und Freude. Das pulsierende Rot hätte man noch aus zwei Meilen Entfernung erkennen können. Als ich mich jedoch auf Marc konzentrierte, erschrak ich. Auch in seiner Aura war ein rötlicher Stich zu erkennen. Er wollte unbedingt in diesen Laden gehen. Allerdings war die vorherrschende Farbe Blau-Schwarz. Sehnsucht, Enttäuschung, Hoffnung und Trauer. Ich hasste mich für diesen Moment und drang noch tiefer in seine Gedanken ein.

Es war um einiges schlimmer, als ich befürchtet hatte. Das waren keine freundschaftlichen Gefühle, die er für mich hegte, sondern aufrichtige und ehrliche Liebe. Ich hatte mehr Mist gebaut, als ich es mir eingestehen wollte. Scham und Gewissensbisse machten sich in mir breit, als ich die Seelen der Reaper verließ und wieder ausatmete.

»Isabelle? Hallo?« Phoenix wedelte mit der Hand vor meinem Gesicht. »Schau dir unsere Hexe vierten Grades an«, scherzte er in Marcs Richtung. »Womöglich kann man sich in der Gehaltsklasse ein paar Tagträume erlauben.«

Ich war anscheinend länger weg gewesen, als ich es wollte. Sofort fiel mein Blick auf Marc. Mit gekreuzten Armen sah er mich an. »Sicher ... Tagträume.«

Sein Blick, dieser steinerne Ausdruck, die Haltung. Alles an ihm sah feindselig aus. Kopfschüttelnd drehte er sich um und ging mit Phoenix über die Straße. Er wusste, was ich gerade getan hatte. Verdammt, ich war aber auch eine dumme, kleine Hexe. Kaum hatte er sein Lilie abgelegt, musste ich in sein Innerstes eindringen. Das sprach nicht gerade für mich oder meine moralischen Vorstellungen von einem freien Willen.

»Marc, warte.« Ich holte die Jungs ein und berührte seine Schulter. »Ich wollte nur ...«

Sofort riss er sich los. »Wir haben Arbeit, Miss Ashcroft. Aber natürlich nur mit Ihrer Erlaubnis, verehrte Hexe vierten Grades.«

Gott, er musste wirklich angepisst sein, wenn er mich so ansprach. Selbst wenn ich faktisch gesehen seine Vorgesetzte war, hatte er mich noch nie so genannt. Das hatte ich mir selbst zuzuschreiben.

»Passen Sie lieber auf, dass uns nichts passiert«, fügte Marc hinzu und schritt zur Tür.

Phoenix deutete mit beiden Zeigefingern auf mich. »Du bist unser Backup, Hübsche. Also schön die Augen offen halten.«

Ja, die Augen hatte ich offen. Leider ein wenig zu sehr. Mir blieb nichts anderes übrig, als meine langen, brünetten Haare zu einem strengen Zopf zu binden und in die Seitengasse neben dem Club zu schleichen. Wenn ich ihn schon innerlich verletzt hatte, musste ich wenigstens dafür sorgen, dass Marc heil wieder rauskam. Ich unterdrückte die aufkommende Wut in mir und versuchte mich zu konzentrieren. Zumindest einen klaren Kopf sollte ich in der laufenden Mission behalten. Es misslang mir vollends.

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