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Er ist weg

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Nach einem harten Körpertraining ging sie in die Saftbar. Gelangweilt nuckelte sie an ihrem Mineralwasser und beobachtete, wie eine sehr attraktive Frau den Raum betrat. Melli fühlte sich einsam, verlassen und verloren. Obwohl die Auseinandersetzung mit Jan erst ein paar Stunden her war, vermisste sie ihn schon jetzt.

Vielleicht mag er mich wirklich, so wie ich bin, grübelte sie vor sich hin. Vielleicht hat er damit Recht, dass ich mich selbst nicht ausstehen kann? Aber wie soll ich das ändern? Ich finde mich nun mal zu dick.

Die Frau setzte sich zu ihr an den Tresen und sah sie lächelnd an. "Wir sind wohl die Letzten hier", meinte sie und seufzte. "Еigentlich habe ich gar keine Lust, nach Hause zu gehen.“

"Warum denn nicht?“ Melli konnte dieses Gefühl in ihrem jetzigen Zustand sehr gut nachvollziehen.

"Was soll ich zu Hause? Es wartet ja sowieso keiner auf mich.“

Die Ehrlichkeit der Frau berraschte Melli. Wer gab im Zeitalter der aufgeschlossenen Gesellschaft und der modernen Community schon zu, dass man einsam ist? Niemand! Sie holte tief Luft. Irgendwie tat es ihr gut, dass sie das aussprechend konnte, was sie momentan fühlte. Sie nuckelte am Strohhalm ihres Energie-Shakes und murmelte sehr leise: "Auf mich wartet auch niemand. Mein Freund hat mich gerade verlassen!“

Sie spürte, wie es heiß und feucht in ihre Augen stieg, so dass alles um sie herum verschwamm.

"Das tut mir Leid... Ehrlich!“

"Ich glaube, er findet mich zu dick."

"Das glaube ich nicht. Du bist doch sehr schlank und hast eine fantastische Figu!",erwiderte die Frau.

"Nö, das finde ich nicht. Ich muss mindestens drei Kilo abnehmen, aber das hat ihm nicht gepasst.“

"Aha, weil er dich eben nicht zu dick findet?“

"Ja", gab Melli widerstrebend zu. "Das sagt er jedenfalls.“

"Ich hatte bis vor kurzem einen Freund, der war zehn Jahre jünger als ich. Neben ihm kam ich mir richtig alt und faltig vor. Ich fragte ihn, wie er mich nur lieben könne. Er antwortete, dass er mich schön findet. Das glaubte ich ihm nicht. In meiner Unzufriedenheit machte ich ihm das Leben durch mein ständiges Genörgel schwer. Ich führte ihm täglich vor, wie alt und faltig und unattraktiv ich war. Schließlich glaubte er das selbst und verließ mich.“

Seufzend hielt sie inne und malte mit dem Zeigefinger unsichtbare Kreise auf die Tresenplatte. Sie holte tief Luft, bevor sie stockend weitersprach. "Ich habe zu spät erkannt, dass ich ihn durch meine Angst, für ihn nicht attraktiv genug zu sein, vergrault habe. Ich hätte besser daran getan, ihn glauben zu lassen, dass auch ich mich schön finde, dann wäre das Leben mit ihm gewiss fantastisch verlaufen.“

Minutenlang schwieg sie, nippte an ihrem Energie-Shake und murmelte: "Wahrscheinlich wären wir heute noch zusammen. Erst nach einer Therapie lernte ich, mich selbst zu akzeptieren. Meine Falten, meinen Körper, mein Aussehen, meine Art. Danach verstand ich auch meinen Freund. Für ihn war ich die allerschönste Frau der Welt!“ Sie lachte etwas zu laut und zu schrill, bevor sie weitersprach: "Aber ich habe ihm das mit allen Mitteln ausgeredet.“ Sie hielt kurz inne und wandte sich ihrer neuen Bekanntschaft zu: "Ich gebe dir einen guten Ratschlag: Hol dir deinen Freund ganz schnell wieder und zeige ihm, dass du super aussiehst, und dass du wieder die bist, in die er sich seinerzeit verliebt hat!“

Amore - Diäten und andere Schwächen

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