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Kapitel 4
ОглавлениеBereits in den frühen Morgenstunden wurde Kasota wach. Aus dem Nebenraum hörte sie schon ihre Mutter arbeiten und das Knistern des Feuers, das jeden Morgen als Erstes entfacht wurde. Kasota sah auf das Strohlager ihrer Eltern, ihr Vater war auch schon aufgestanden. Sicherlich war er mit drei anderen Fischern schon am Fluss um Fische zu fangen. Der Duft von Kräutertee zog zu ihr ins Schlaflager. Gleich würde ihre Mutter nach ihr rufen.
»Kasota, mein Kind aufstehen, der Tag bricht gleich an!«
»Ja Mutter, ich komme gleich!«
»Ist gut Kind, vergiss dich aber nicht zu waschen!« Kasota verdrehte die Augen. »Natürlich nicht, ich wasche mich immer!«
»Das ist gut. Dann ist wenigstens etwas von unserer Erziehung hängen geblieben«, sagte Yepa und schmunzelte dabei.
Kasota ging im Nachthemd zum Küchendurchgang. Sie stemmte ihre Arme in die Seiten und sah zu ihrer Mutter.
»Was willst du damit sagen?«
»Dass du zu einer sehr eigenständigen jungen Frau geworden bist, die sich nicht immer an das hält, was man ihr sagt.«
»Das stimmt überhaupt nicht!«, prustete sich Kasota auf.
»Oh, doch meine Tochter. Zum Beispiel habe ich dir immer wieder gesagt, dass du nicht allein zum Flussufer gehen sollst?«
»Ja, das stimmt, aber «
»Halte jetzt keine Rede, denn ich könnte dir einiges darüber erzählen. Mach dich jetzt fertig, damit wir mit dem Frühstück fertig werden. Ich muss mit der Zubereitung des Mittagessens, für die Dorfältesten beginnen.«
Kasota verschwand hinter einer schmalen Holztür, welche vom Wohnraum in den Schlafraum führte.
Ihre Mutter deckte inzwischen den massiven Holztisch, um den sechs ebenso massive Holzstühle standen. Alles im Haus stammte aus Familien von Generationen vor ihnen. So wie es im ganzen Dorf üblich war und jede Generation es hegte und pflegte.
Yepa und ihre Tochter Kasota ließen sich das Frühstück munden, es gab frisches Fladenbrot und Kräutertee.
»Was wirst du heute machen, mein Kind?« Kasota zuckte mit den Schultern.
»Ich werde zu Dorian gehen.«
»Dorian hat deinen Vater abgeholt, sie sind beide zum Fischen gegangen. Du wirst mir beim Zubereiten der Speisen zur Hand gehen müssen. Nachdem ich heute für die Dorfältesten kochen muss, könntest du inzwischen unser Mittagsmahl zubereiten.«
»Ich kann nicht kochen.«
»Dann wirst du es lernen und du fängst heute damit an. Schließlich wirst du irgendwann Dorian ehelichen und ein Kind bekommen. Dann musst du für deinen Mann, seinen Vater und später auch für dein Kind kochen können.«
»Das liegt noch in weiter Ferne, jetzt habe ich noch keine Lust Dorian zu ehelichen und für ihn und Can den Haushalt zu führen.«
»Das mag schon sein, doch Übung und Fingerspitzengefühl, für manche Dinge im Haushalt, kommen nicht über Nacht. Kasota, heute wirst du damit anfangen.«
Ihre Mutter legte ihr die vorbereiteten Lebensmittel auf den Tisch und forderte sie mit einem Nicken dazu auf, endlich anzufangen.
Kasota betrachtete die Kartoffeln und das Gemüse.
»Wo kommt das her?«
»Das hat dein Vater gebracht.«
»Das weiß ich auch, aber woher hat es Vater?«
Yepa sah ihre Tochter an. »Das mein liebes Kind, geht uns Frauen nichts an. Es ist da und wir sind unseren Männern dafür dankbar.«
Vorwurfsvoll sah Kasota ihre Mutter an. »Hast du Vater nie danach gefragt? Ihre Mutter schüttelte den Kopf.
»Weiß es Dorian auch?« Ihre Mutter zuckte mit den Schultern.
»Ich weiß es nicht. Ich denke aber, falls er es weiß, wird er es niemanden sagen. Das bleibt Männergeheimnis.«
»Das bekomme ich schon heraus«, gab Kasota trotzig von sich.
»Das wirst du schön bleiben lassen, sonst bringst du Dorian womöglich noch in Schwierigkeiten und jetzt fang endlich damit an, die Kartoffeln dünn zu schälen.«
Kasota wusste, dass das letzte Wort darüber noch lange nicht gesprochen wurde. Sie war sich sicher, sollte Dorian darüber Bescheid wissen, würde sie es schon herausbekommen.
Fleißig schälte sie die Kartoffeln und putzte das Gemüse, sie schnippelte alles klein her und gab es in den großen Topf. Sie füllte den Topf mit Wasser und gab Salz und frische Kräuter dazu. Sie setzte den Deckel darauf und stellte ihn über die Herdflamme.
»Fertig, kann ich jetzt gehen?«
»Ja, ich danke dir, es kocht jetzt von alleine, du kannst jetzt gehen. Wohin willst du?«
»Keine Ahnung, ich gehe einfach einmal darauf los. Vielleicht schaue ich zum Fluss und beobachte die Fischer.«
»Mach das, aber pass auf dich auf und gehe denn Männern nicht im Weg um.«
»Mach ich, außerdem gehe ich nicht ins Wasser, sondern schaue vom Ufer aus zu.«
Kasota verließ das Haus und blieb auf dem Felsvorsprung stehen. Sie sah in die Weite und zum Fluss hinunter. In der Ferne am Ostufer war es inzwischen genauso dunkel wie bei ihnen. Sie sah zum Himmel hoch, der Mond war bereits zur Hälfte sichtbar und erhellte schemenhaft die Umgebung. Bald würde es Mittag sein und der Mond würde das Land erhellen und ihr Haar goldgelb glänzen lassen. Langsam setzte sie sich in Bewegung und ging bergabwärts zu den Fischern am Fluss.
Dorian zog gerade ein Netz aus dem Wasser und holte die Fische heraus und warf sie in einen Holztrog, der mit Wasser gefüllt war. Die Fische zappelten darin und streckten ihre Köpfe aus dem Wasser, so als wollten sie herausspringen. Kasota stellte sich neben den Trog und sah hinein.
»Dorian, hast du die alle allein gefangen?« Dorian lachte.
»Natürlich nicht, denkst du, dass sie sich mir anbieten?« Kasota zuckte mit den Schultern. »Es hätte ja sein können, dass du schon so fleißig warst. Wann bist du fertig?«
»Kasota, wenn du still wärst, könnte es schneller gehen, also lass Dorian in Ruhe, sonst stehen wir in ein paar Stunden noch da«, gab ihr Vater mürrisch von sich.
Bockig verließ sie das Ufer und ging zurück zum Bergkamm. Von Langeweile getrieben spazierte sie den Bergkamm entlang. Immer wieder hielt sie inne und sah zur anderen Uferseite. Kasota merkte nicht, dass sie bereits das Ende vom Bergkamm erreicht hatte. Eine Schlucht trennte den Felsenkamm von dem nächsten Berg, der noch schroffer war als der Felsen, auf dem sie ihr Zuhause gefunden hatten. Verdorrte Büsche säumten den Weg der Schlucht. Neugierig schlug sie den Weg zur Schlucht ein. Mit Mühe bahnte sie sich einen Weg durch das Gestrüpp, die kahlen Zweige schob sie mit den Händen zur Seite und zog sich mit den verdorrten Zweigen, Kratzer an den Händen zu.
»Was machst du hier?«, polterte die dunkle Stimme ihres Vaters.
»Ich, ich wollte nur sehen, wohin es hier geht«, antwortete Kasota erschrocken.
»Hab ich dir nicht beigebracht, dass du dich nicht so weit von unserem Wohngebiet entfernen sollst?«
»Doch, aber ich war ganz in Gedanken versunken.« Onur sah seine Tochter schief von der Seite an.
»Du warst also so in Gedanken, dass du das trockene Geäst, das auf deiner Haut Kratzer hinterließ, nicht spürtest? Kasota, das glaubst du doch selbst nicht, oder?« Onur packte Kasota fest am Arm und zog sie mit sich fort.
»Zur Strafe wirst du heute den ganzen Tag den Berg nicht verlassen und deiner Mutter zur Hand gehen.«
Schweigend ging sie neben Onur her. Als sie den Weg der zu ihren Häusern hinaufführte erreicht hatten, kam ihnen Dorian entgegen. Schwer bepackt mit Körben voll toter Fische, sah er sie an.
»Gib mir einen Korb ab, dann hast du nicht so schwer zu tragen«, sprach ihn Onur an.
»Danke Onur«, antwortete dieser und reichte ihm den etwas leichteren Korb. »Darf man fragen, woher ihr kommt?«, dabei warf er einen Blick auf Kasota's zerkratzten Armen. Onur machte eine abfällige Handbewegung.
»Meine Tochter hat gegen unsere Regeln verstoßen, indem sie im Begriff war, auf die andere Seite des Berges zu kommen.« Vorwurfsvoll sah Dorian sie an.
»Kasota, das ist gefährlich, wieso machst du so etwas?«, gab Dorian entrüstet von sich. Kasota warf ihm einen stechenden Blick zu, während sie sich mit ihrem Gesicht seinem näherte.
»Dorian, das geht dich überhaupt nichts an, wir sind nicht vermählt«, raunte sie ihm grimmig zu.
»Nein, das stimmt. Vergiss aber nicht Kasota, dass es am zwanzigsten Vollmondtag so weit ist und wir vom ältesten Rat getraut werden.« Kasota zuckte mit den Schultern.
»Pah, da kommen aber noch neunzehn Vollmondtage dazwischen, wo noch viel passieren kann.«
»Pst, Kasota sei still, solche Worte möchte ich aus deinem Mund nicht mehr hören«, rügte sie ihr Vater.
Bei den Felsenhäusern angekommen, verschwand sie ins Innere und verbrachte den restlichen Tag damit ihrer Mutter zu helfen.