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1. Formen der Promotion

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Wo und wie kann man promovieren?

In Deutschland kann der Doktorgrad an einer Universität, Technischen Universität, Technischen Hochschule, Gesamthochschule, Musikhochschule, Kunsthochschule, Sporthochschule, Medizinischen bzw. Veterinärmedizinischen Hochschule, Kirchlichen Hochschule oder Pädagogischen Hochschule mit Promotionsrecht erworben werden. Wer sich für eine Promotion interessiert, sollte bei der Wahl seines Doktorvaters nicht nur nach seinem persönlichen Interesse an einem Thema oder nach dem Hochschulort gehen, sondern sich auch informieren, auf welche Art an der betreffenden Universität promoviert werden kann. Dabei sollte er sich gut überlegen, ob er sich für das momentan noch vorherrschende traditionelle Modell entscheidet, oder ob er eine strukturierte Promotion vorzieht. Schließlich ist grundsätzlich auch eine externe Promotion möglich, bei der die Dissertation relativ unabhängig von der Hochschule angefertigt wird. Einen Überblick über die Promotionsmöglichkeiten in Deutschland bieten Datenbanken wie der Hochschulkompass oder das Forschungsportal.

Traditionelle Promotion

Humboldts Bildungsideal

Der klassische Weg zum Doktor folgt im Wesentlichen dem humboldtschen Bildungsideal vom Promovieren in „Einsamkeit und Freiheit“ (vgl. Humboldt 1809/10, 250–260). Daher gibt es keinen festen Stundenplan, keinen festgelegten Abgabezeitpunkt und keine Anwesenheitspflicht. Allerdings wird vielerorts der Besuch eines Doktorandenkolloquiums sowie der Lehrveranstaltungen des Doktorvaters gern gesehen. Die Dissertation wird in Abstimmung mit dem Doktorvater als eigenständige Forschungsleistung angefertigt. Die Berechtigung zur Betreuung von Doktoranden ist in der Promotionsordnung der jeweiligen Fakultät geregelt. So können sowohl habilitierte Professoren oder Privatdozenten als auch Juniorprofessoren ohne Habilitation als Doktorvater fungieren. Mancherorts ist auch eine „kumulative“ Promotion auf der Basis mehrerer Publikationen möglich, ohne dass eigens eine Dissertation angefertigt wurde. Die mündliche Promotionsleistung wird von ausgewählten Fakultätsvertretern abgenommen und besteht je nach Promotionsordnung aus einer Disputation, in der die Dissertation verteidigt wird, oder einem Rigorosum, in dem ähnlich wie etwa beim Magister auch das zweite Hauptfach bzw. die Nebenfächer geprüft werden. Genaue Angaben zur Promotionsordnung findet man auf der Website der jeweiligen Hochschule.

Lange Promotionsdauer

Dieses sehr freie System hat Vor- und Nachteile. Einerseits verfügt der Doktorand über die Möglichkeit freier Zeiteinteilung und über ein großes Maß an Unabhängigkeit. Andererseits muss er ausreichend Selbständigkeit und Eigenmotivation aufbringen, um die durchschnittlich drei bis fünf Jahre bis zum Abschluss der Dissertation durchzustehen. Darüber hinaus ist unbedingt ein gutes Verhältnis zum Doktorvater erforderlich, will man die Promotion erfolgreich abschließen. Diese Rahmenbedingungen bringen einer Studie des Doktorandennetzwerks Thesis von 2004 zufolge eine Reihe von Nachteilen mit sich: Etwa ein Viertel der befragten 10.000 Doktoranden musste mit einer längerfristigen Verzögerung der Promotion leben, für 58,4 % von ihnen waren wissenschaftliche oder organisatorische Zusatzaufgaben an der Hochschule der wichtigste Grund hierfür. In einigen Fachbereichen wurden von den Promovierenden auch an den Wochenenden 10–12 Stunden Arbeit für das Hochschulinstitut verlangt.

Verbesserungsvorschläge

Um die Situation der Promovierenden zu verbessern, schlagen die Autoren der Studie vor, die Abhängigkeit vom Doktorvater so weit als möglich zu reduzieren, die Doktorväter besser für die Betreuung auszubilden und Schiedsstellen einzurichten, die Streitigkeiten schlichten. Tatsächlich haben Doktoranden kaum rechtliche Möglichkeiten, sich gegen Ungerechtigkeiten zur Wehr zu setzen. Anlaufstellen können aber der Dekan oder Doktorandennetzwerke wie Thesis sein. Die Betreuungssituation lässt durchaus zu wünschen übrig: Etwa 15 % aller Doktoranden werden überhaupt nicht von ihrem offiziellen Doktorvater betreut, über 40 % der Doktoranden werden ganz oder teilweise von Assistenten oder anderen Promovierenden betreut. Etwa 70 % der angehenden Doctores haben noch nie an einem Kongress im Ausland teilgenommen. Dass zwei Drittel der Befragten dennoch mit ihrer Situation zufrieden sind, lässt sich, so die Studie, mit der geringen Erwartungshaltung der Promovierenden erklären (vgl. Briede/Gerhardt/Mues 2004, 16–22; 29).

Strukturierte Promotion

Ein neues Promotionsmodell

Nicht nur die Studenten üben Kritik am deutschen Promotionssystem, auch offizielle Stellen bemängeln die fehlende Transparenz bei Auswahl, Zulassung, Betreuung und Prüfung der Doktoranden sowie die Abhängigkeit vom Doktorvater und Vorgesetzten (vgl. HRK 2003, 3). Gerügt wird zudem das hohe Durchschnittsalter der Promovierten, vor allem im Vergleich zu ausländischen Absolventen. So waren die frischgebackenen Doktoren der Sprach- und Kulturwissenschaften im Jahr 2000 durchschnittlich 36,1 Jahre alt! Der Grund hierfür ist vor allem die zu lange Dauer der universitären Ausbildung. Deutlich wird aber auch, dass je nach Fach unterschiedlich schnell promoviert wird. Gerade in den geisteswissenschaftlichen Fächern verzögert sich der Abschluss häufig, weil eine Erwerbstätigkeit neben der Promotion die Regel ist. Gleichzeitig wächst die Bedeutung der Promotion als wissenschaftlicher Abschluss infolge der Einführung der Juniorprofessur und der Diskussion um die Abschaffung der Habilitation. Daher wird der Ruf nach einer strukturierten Promotion immer lauter (vgl. http://www.wissenschaftsrat.de, Himmelrath 2004, 6–8).

Bologna-Prozess

Der Bologna-Prozess, d. h. die Umsetzung der 1999 von 29 Staats- und Regierungschefs in Bologna unterzeichneten Erklärung zur internationalen Harmonisierung der europäischen Hochschulen, wird hier Abhilfe schaffen. Geschaffen werden soll ein Doktorgrad, der in allen Ländern der EU anerkannt wird. Laut Abschlusskommuniqué der jüngsten Bologna-Nachfolge-Konferenz, die im Mai 2005 in Bergen stattfand, soll bis 2007 ein Bericht zu den doctoral studies vorliegen. Es ist durchaus möglich, dass im Rahmen der angestrebten Internationalisierung der Doktorgrad durch den angelsächsischen PhD („Doctor of Philosophy“) ersetzt wird, der an einigen deutschen Hochschulen schon heute verliehen werden kann. Entgegen einem weit verbreiteten Irrtum handelt es sich beim Doctor of Philosophy nicht einfach um einen Doktor der Philosophie. Der PhD wird nach dem Namen geführt, das Studienfach zusätzlich angegeben, z. B. „Doctor of Philosophy in Arts and Sciences“, abgekürzt als „PhD in Arts and Sciences“. Allerdings lässt sich noch nicht sagen, ob künftig alle Doktoranden in Deutschland mit einem PhD abschließen werden. Ebenso ist unklar, ob auch studienfachspezifische Doktorgrade aus dem angelsächsischen Raum in das deutsche Bildungssystem integriert werden sollen wie etwa der „Medical Doctor“ (M. D.) oder der „Doctor of Business Administration“ (D. B. A.) (vgl. Horstkotte 2004).

Kennzeichen der strukturierten Promotion

Empfohlen wird die Einführung von strukturierten Promotionsstudiengängen, die den Doktoranden verschiedene Vorteile bieten. Das konsekutive System, d. h. die Abfolge von Bachelor und Master und die damit einhergehende Flexibilisierung des Studiums, ermöglicht eine bessere Verbindung von Studiums- und Promotionsphase, denn im Einzelfall kann ein frühzeitiger Einstieg in die Promotion bereits nach dem ersten berufsfähigen Abschluss (Bachelor) erfolgen. Dadurch verkürzt sich die Promotionsphase und das deutsche Hochschulsystem wird für ausländische Studenten mit vergleichbaren Abschlüssen offener. Daher empfiehlt der Wissenschaftsrat den Hochschulen, für die Promotion klare Strukturen mit definierten Verantwortlichkeiten zu schaffen, transparente Verfahren der Qualitätssicherung und Personalwahl einzuführen und die Promotionsdauer sinnvoll zu begrenzen. Die Doktoranden promovieren darüber hinaus nicht mehr im stillen Kämmerlein, sondern eingebunden in verbindliche Veranstaltungen und Studienabschnitte. Außerdem tauschen sie sich bei gemeinsamen Forschungsprojekten ständig mit anderen Doktoranden aus und schulen ihre Kommunikations- und Teamfähigkeit, verbessern aber auch Rhetorik und Präsentationstechniken. Außerdem muss die Promotion in einem vorab bestimmten Zeitraum abgeschlossen werden. Eine internationale Ausrichtung sowie Interdisziplinarität werden insgesamt groß geschrieben. Ein Betreuungsvertrag regelt die Rechte und Pflichten von Doktorvater und Doktorand, der zudem von promotionsfernen Tätigkeiten entlastet werden soll (vgl. http://www.wissenschaftsrat.de).

Umsetzung in die Praxis

Inwieweit diese Vorgaben bereits in die Praxis umgesetzt worden sind, ist leider noch nicht statistisch erfasst. Erste Fortschritte sind aber zu verzeichnen. So sieht die neue Promotionsordnung an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn von 2004 vor, dass die Doktoranden der Philosophischen Fakultät mit ihrem Doktorvater eine schriftliche Betreuungsvereinbarung abschließen und regelmäßig Bericht über den Stand der Dinge erstatten. So kann der Doktorvater jederzeit überprüfen, ob sein Schützling mit der Promotion vorankommt und ihn im Bedarfsfall gezielt unterstützen. Zwei Jahre nach Abschluss der Betreuungsvereinbarung muss das Betreuungsverhältnis bestätigt und vom Doktoranden ein Zwischenbericht über den Fortgang der Arbeit samt einer Stellungnahme des Betreuers vorgelegt werden.

Externe Promotion

Fehlende Betreuung und Zeitmangel

Möglich ist auch eine externe Promotion. Hier verfasst der Doktorand mehr oder minder auf sich allein gestellt seine Dissertation und reicht diese nach ihrer Fertigstellung bei der Hochschule ein. Nicht alle Promotionsordnungen lassen diese Möglichkeit zu (HRK 2002, 8). In den geisteswissenschaftlichen Fächern sind die Doktoranden bei einer externen Promotion gewöhnlich viel mehr auf sich selbst gestellt als in anderen Fächern. Während die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) bei dieser Regelung jedoch vor allem die Promotion an außeruniversitären Forschungseinrichtungen im Auge hat, sieht in den geisteswissenschaftlichen Fächern eine externe Promotion gewöhnlich anders aus. Die meisten Geisteswissenschaftler promovieren neben dem Beruf in ihrer Freizeit und müssen sich zur Fertigstellung ihrer Dissertation eventuell sogar Urlaub nehmen. Einige von ihnen haben keinen Betreuer und wollen sich erst nach Abschluss der Arbeit einen Doktorvater suchen. Die Promotion kann dabei kaum etwas anderes sein als ein Hobby. Ob eine solche Mehrfachbelastung, die immer das Risiko birgt, dass entweder der Broterwerb oder die Dissertation oder sogar beide zu kurz kommen, sinnvoll ist, muss letztlich jeder für sich selbst entscheiden (vgl. Fritsche 2004, 10f.).

Situation der extern Promovierenden

Statistisch lässt sich belegen, dass Frauen häufiger extern promovieren als Männer. Die extern Promovierenden unterbrechen ihre Arbeit mit Abstand am häufigsten, vermutlich weil die Zeit zum Geldverdienen benötigt wird. Zudem sind sie deutlich weniger in den wissenschaftlichen Austausch eingebunden. Mit der Betreuung sind die extern Promovierenden jedoch genauso zufrieden oder unzufrieden wie alle anderen Doktorandengruppen (vgl. Briede/Gerhardt/Mues 2004, 13; 17; 20).

Der optimale Berufseinstieg

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