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2. Warum promovieren?

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Gründe für eine Promotion

Promoviert wird in Deutschland aus ganz unterschiedlichen Gründen: 87,1 % der Promovierenden geben an, aus einem allgemeinen Interesse am wissenschaftlichen Arbeiten mit der Promotion begonnen zu haben, 85,2 % promovieren aus Begeisterung für ein bestimmtes Thema und 71,7 % fühlten sich von Methoden und Theorien des Faches herausgefordert. Nur 14,1 % promovieren, weil keine geeignete Stelle zur Verfügung steht, und 9,7 %, weil sie gar keinen Arbeitsplatz finden. Nur 6,0 % wurden von ihrem Hochschullehrer ermutigt (vgl. Briede/Gerhardt/Mues 2004, 13; 17; 20). Auch andere Studien bestätigen die Einschätzung, dass eine Promotion als Verlegenheitslösung überwiegend abgelehnt wird. Gerade Geistes- und Sozialwissenschaftler widersprechen dem gängigen Vorurteil, eine Promotion diene nur dazu, den Einstieg ins Berufsleben hinauszuschieben. Im Gegenteil, gerade bei den Germanisten verzögert sich die Promotion wegen eingeschobener Erwerbstätigkeit oft um mehrere Jahre (vgl. Enders/Bornmann 2001, 27 u. 69; Enders/Werdes 2001).

Probleme während der Promotion

Diese Statistiken widersprechen allerdings den persönlichen Erfahrungen von Helga Knigge-Illner, die als psychologische Beraterin für Doktoranden an der Freien Universität Berlin tätig ist. Viele entscheiden sich, so Knigge-Illner, nur aus Verlegenheit für eine Promotion, ohne das Für und Wider überhaupt ernsthaft kritisch abzuwägen. Ohne ein klar erkennbares wissenschaftliches Interesse, ist eine Promotion jedoch kaum durchzuhalten. Doktoranden seien zwar relativ frei, was die Zeiteinteilung angeht, gleichzeitig jedoch von ihren Doktorvätern abhängig. Die hieraus resultierende Unsicherheit führe bei manchen von ihnen zu einer Art „zweiter Pubertät“ und zu Verhaltensweisen, die der Fertigstellung der Promotion entgegenwirken. So drücken sich manche Promovenden vor der Niederschrift, weil sie der Meinung sind, alles schon im Kopf ausformuliert zu haben. Andere kappen soziale Beziehungen, können die Arbeit an der Promotion aber trotz dieses Rückzugs nicht effektiv fortführen. Viele stehen sich auch mit ihren idealistischen und viel zu hohen Ansprüchen selbst im Weg. Zwar können in der Regel Hilfestellungen wie die Beratung zu Themenvorschlägen, Zeitmanagement oder Schreibtraining in Anspruch genommen werden, und sogar bei der Anfertigung von Abbildungen und Statistiken oder bei der Literaturrecherche und -beschaffung dürfen Dritte mitwirken. Die wissenschaftliche Leistung muss hingegen jeder selbst erbringen. Verboten ist es daher, den Text von anderen inhaltlich redigieren, ganze Textpassagen erstellen oder die Literatur inhaltlich auswerten zu lassen.

Falsche Beweggründe

Doch ganz gleich, ob nun die deutschen Doktoranden ihre Motivation überschätzen oder die Psychologin Knigge-Illner die Problemfälle zu sehr betont, eine Doktorarbeit lässt sich nicht nebenbei schreiben, sondern verlangt volles Engagement. Entscheidend ist letztlich das Interesse am Thema und am wissenschaftlichen Arbeiten, während andere Motive wie der Wunsch, sich mit dem Doktorgrad zu schmücken und die Karriere zu beschleunigen, allein kaum ausreichen. Vor allem sollte man nicht unbedingt hoffen, dass man es als Doktor auf dem Arbeitsmarkt leichter hat. Der Doktorgrad kann – ist der Berufseinstieg bereits vollzogen – die Karrierechancen verbessern und schnellere Aufstiegsmöglichkeiten oder eine höhere Bezahlung bewirken. Grundsätzlich bessere Möglichkeiten und Chancen, überhaupt eine berufliche Anstellung zu finden, bestehen mit einem Doktorgrad allerdings nicht.

Chancen von Promovierten

Eine Studie der Unternehmensberatung Kienbaum aus dem Jahr 2004 zeigt, dass deutsche Unternehmen wieder mehr hochqualifizierte Fach- und Führungskräfte einstellen. Nur die Hälfte der befragten Unternehmen legt dabei aber Wert auf einen Doktortitel, für 85 % ist ein Master of Business Administration (MBA) ebenso viel wert. Die Unterschiede zwischen den durchschnittlichen Einstiegsgehältern von High Potentials und „normalen“ Absolventen sind in letzter Zeit geringer geworden. High Potentials starten mit durchschnittlich 43.432 € Jahresgehalt, während „normale“ Absolventen auf 38.452 € kommen. Die höchsten Einstiegsgehälter erhalten High Potentials in der Beratungs- und Dienstleistungsbranche. Häufig steigen die High Potentials über Nachwuchsförderungsprogramme oder Praktika in das Unternehmen ein, denn so kann der Bewerber vorab in der Praxis getestet werden. Die wichtigsten Zusatzqualifikationen sind qualifizierte Praktika und Sprachkenntnisse, zunehmend aber auch eine internationale Ausrichtung des Studiums. Allerdings sind vor allem High Potentials aus den Wirtschaftswissenschaften gefragt, hingegen haben 63 % der befragten Unternehmen keinen Bedarf an Geisteswissenschaftlern, 54 % haben keinen Bedarf an Sozialwissenschaftlern (vgl. Kienbaum 2004).

Für welche Arbeitgeber ist ein Doktortitel wichtig?

Die Einschätzung, dass ein Doktorgrad nur bedingt Vorteile bringt, wird von den Experten der Zentralstelle für Arbeitsvermittlung (ZAV) in Bonn geteilt. Ein klarer Imagevorteil ist der Doktorgrad vor allem in den großen Unternehmensberatungen, in denen der Außendarstellung große Bedeutung beigemessen wird. So haben beispielsweise 79 % der Berater bei McKinsey Deutschland promoviert. In einigen Unternehmensberatungen kann ein Absolvent zunächst die Arbeit aufnehmen und sich später für eine Promotion freistellen lassen. Wer jedoch in einem kleinen oder mittelständischen Unternehmen arbeiten möchte, könnte als Doktor schnell überqualifiziert und für den Einstieg vielleicht auch zu alt sein. Grundsätzlich gilt: Je produkt- oder kundennäher der Einsatz, desto unwichtiger ein Doktorgrad. Zu beachten ist schließlich auch, dass es große Unterschiede je nach Studienfach gibt: Während Naturwissenschaftler ohne Promotion kaum Chancen haben, ist der Doktor für Geisteswissenschaftler nur sinnvoll, wenn sie bei Institutionen und Verbänden, einer großen Unternehmensberatung oder aber in den traditionellen wissenschaftlichen Bereichen arbeiten wollen (vgl. Schrader 2004). Gerade hier ist eine Promotion allerdings unabdingbar.

Karrierewege Promovierter

An der Hochschule ist die Promotion die Eintrittskarte zur akademischen Karriere. Auch bei Museen oder Archiven ist ein Doktorgrad immer häufiger die Zugangsvoraussetzung – zwar nicht formal, aber doch in der Praxis. Wer sich mit Karriereverläufen von Geisteswissenschaftlern befasst, merkt schnell, dass diese alles andere als gradlinig verlaufen. Während die einen auch ohne Promotion zum Museumsleiter aufsteigen, promovieren die anderen nebenberuflich oder finden ihre Stelle mehr oder minder zufällig. Das diffuse Bild, das sich daraus ergibt, mag so manchen abschrecken, entspricht aber der Realität. Wer karriereorientiert und mit dem Berufsziel Wissenschaft promovieren will, dem sei immerhin geraten, sein Studium möglichst schnell abzuschließen und sich möglichst frühzeitig auf ein Thema zu spezialisieren (Berger 2002).

Der optimale Berufseinstieg

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