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1.1.1 Meetings als Kommunikationsplattform
ОглавлениеIn einer frühen Definition hat Schwarzman (1986) Meetings als vorvereinbarte Kommunikationsereignisse definiert, bei denen sich drei oder mehr Personen zum arbeitsbezogenen Austausch versammeln. In einer neueren Definition hat Rogelberg (2006) Meetings genauer eingegrenzt und sie als zielgerichtete, arbeitsbezogene Interaktion zwischen mindestens zwei Personen definiert, die mehr Struktur als ein spontanes Gespräch, aber weniger als eine Vorlesung hat. Im weiteren Verlauf des Buches werden wir daher den Begriff Meetings für vorvereinbarte, zielgerichtete und strukturierte Kommunikationsereignisse in Unternehmen verwenden. Den Begriff Besprechungen verwenden wir dagegen für jegliche Art von Austausch zwischen mehr als zwei Personen in Organisationen.
Die Verwendung des Begriffes Kommunikationsereignis zeigt bereits, dass Meetings nicht nur dem reinen Informationsaustausch dienen. Stattdessen ist es das Alleinstellungsmerkmal von Meetings, dass sie die einzige Arbeitssituation sind, in der eine Vielzahl an Funktionen zusammenkommen und Arbeitstätigkeiten gemeinsam stattfinden. So sind Meetings nicht nur der Ort im Unternehmen, an dem Aufgaben koordiniert und Meinungen ausgetauscht werden, sondern sie bieten auch eine Plattform, um soziale Beziehungen aufzubauen, die Hintergründe von Entscheidungen zu erfahren sowie die Organisationskultur und Machtstruktur zu erleben (Lehmann-Willenbrock, Rogelberg, Allen & Kello, 2018; Tracy & Dimock, 2004). Dadurch stellen Meetings die Hauptkommunikationsplattform im Unternehmen dar. Meist finden die einzelnen Aktivitäten gleichzeitig statt und beeinflussen sich gegenseitig, sodass sie nicht so einfach zu identifizieren sind. Aus diesem Grund haben wir sie im Folgenden einzelnd aufgeschlüsselt und dargestellt.
Koordination: Um die Ziele einer Organisation zu erreichen, müssen verschiedene Teile einer Organisation integriert und verknüpft werden. In Meetings werden Aufgaben koordiniert und Informationen ausgetauscht. Dies ist zwingend notwendig, um alle Beteiligten auf den gleichen Informationsstand zu bringen, um Anpassungsprozesse zu ermöglichen und Entscheidungen auf den gleichen Grundlagen zu treffen (Allen, Beck, Scott & Rogelberg, 2014).
Kultur: Meetings stellen einen Ort dar, um gemeinsame Erfahrungen zu erleben und persönliche Beziehungen zu knüpfen (Imkpen & Tsang, 2005). Neue Mitarbeitende lernen in Meetings nicht nur den Diskussionsstil und die Art der Zusammenarbeit kennen, die im Unternehmen vorherrschen, sondern erleben auch die Führungskultur und das Betriebsklima aus erster Hand und werden so mit der Organisation vertraut und sozialisiert (Jay, 1999). Zusätzlich zeigen sich in der Zusammenarbeit die organisationalen Werte, Normen und Symbole, sodass Meetings als ein Abbild der Organisationskultur gesehen werden können (Pullig, 2016). Kauffeld (2006) konnte in einer Untersuchung zeigen, dass innerhalb eines Unternehmens über Bereiche und Hierarchieebene hinweg ähnlicher diskutiert wird als zwischen Unternehmen.
Einflussnahme: Meetings sind ein wichtiger Ort, um Beschäftigten eine Stimme zu verleihen (Allen, Lehmann-Willenbrock & Jones, 2015). »Voice« ist ein psychologisches Konstrukt, welches das Ausmaß beschreibt, in dem Mitarbeitende dazu ermutigt werden, ihre eigenen Gedanken und Ideen im Arbeitskontext zu äußern (Allen & Rogelberg, 2013). Damit stellen Meetings in Organisationen den Hauptort dar, an dem Beschäftigte ihre Meinung einbringen können (Meinecke, Klonek & Kauffeld, 2016). Diese Form der Partizipation und Einflussnahme ist besonders relevant für die Wahrnehmung organisationaler Gerechtigkeit, denn die Möglichkeit zur Mitsprache bestimmt, ob eine Entscheidung in Unternehmen als gerecht oder ungerecht wahrgenommen wird (Bobocel & Gosse, 2015). Somit sind Meetings von elementar Bedeutung, um organisationale Demokratie zu beleben. Dies zeigt sich daran, dass die Freiheit, im Unternehmen seine Meinung zu äußern, das Gefühl der Wertschätzung signifikant erhöht und einen positiven Einfluss auf die organisationale Effektivität hat. Insgesamt steigert sie zudem die Entscheidungsqualität und fördert die Teamleistung (Dooley & Fryxell, 1999; Morrison & Milliken, 2000).
Sinnstiftung: Meetings stellen den organisationalen Kontext dar, in dem am häufigsten die Bedeutung und Hintergründe organisationaler Entscheidungen und Vorgänge vermittelt werden (Duffy & O-Rourke, 2015). Diese Art der Sinnstiftung ist als Prozess definiert, durch den ein individuelles Verständnis für Erlebnisse und Erfahrungen entsteht (Kwon, Clarke & Wodak, 2014; Scott, Allen, Rogelberg & Kello, 2015). So wird eine Vielzahl an Meetings einberufen, um Unklarheiten zu bereinigen oder aktuelle Ereignisse zu erklären (Jarzabkowski & Seidle, 2008). Insgesamt werden Meetings, die den Teilnehmenden Sinn vermitteln können, als positiver und zufriedenstellender bewertet (Lehmann-Willenbrock, Allen & Belyeu, 2016). Die Bedeutung von Sinnstiftung endet jedoch nicht direkt mit dem Abschluss des Meetings, sondern beeinflusst die Arbeitseinstellung weit darüber hinaus, denn durch die Sinnvermittlung werden Ambiguitäten reduziert und das Gefühl vermittelt, Aufgaben kompetent und erfolgreich bearbeiten zu können (Allen & Rogelberg, 2013; Allen, Lehmann-Willenbrock & Sands, 2016). Darüber hinaus können Meetings auch der Bedürfnisbefriediung dienen. So wird durch die Teilnahme das Gefühl sozialer Zugehörigkeit gestärkt und das Einbringen in das Meeting befriedigt das Bedürfnis nach Autonomie (Douglass et al., 2015; Gagné & Deci, 2005).
Machtstrukturen. Meetings bilden persönliche Beziehungen und Hierarchien ab (Rief, 2015). So zeigt bereits die Einladung zu Meetings die informelle Bedeutung Beschäftigter in der Organisation. Schließlich manifestiert sich die soziale Ordnung darin, wer bei der Zieldefinition und Entscheidungsfindung einbezogen wird. Wer ist beim Meeting dabei? Die Anzahl an Meetings, in denen teilgenommen wird, kann als Grad für die Bedeutung der eigenen Person in der Organisation herangezogen werden. Die Nicht-Einladung kann wiederrum als Ausgrenzung erlebt werden. In den Meetings selbst gibt der Zeitpunkt und die Anzahl der Wortbeiträge einer Person ebenso wie die Abfolge der Wortbeiträge Einsichten, wer welche Rolle und Bedeutung im Meeting hat (Sauer & Kauffeld, 2013). Meetings in Organisation sind häufig als Kaskaden aufgebaut. Informationen und Neuigkeiten werden häufig top-down vom Treffen der Unternehmensleitung zur Besprechung der Abteilungsleitungen bis zum Teammeeting kaskadiert. Gleichzeitig werden Probleme oder Initiativen bottom-up in umgekehrter Richtung weitergegeben (Krause & Tarnowski, 2019).
Erfolgsfaktor. Meetings bieten nicht nur eine Kommunikationsplattform, sondern sind auch Ereignisse, die Einfluss auf den Unternehmenserfolg haben. Kauffeld konnte zeigen, dass die Art der Kommunikation in Meetings mit der Produktivität von Arbeitsgruppen sowie dem Unternehmenserfolg Jahre später zusammenhängt (Kauffeld, 2006; Kauffeld & Lehmann-Willenbrock, 2012). Rogelberg und Kollegen (2010) zeigen, dass Meetings signifikant die Arbeitszufriedenheit beeinflussen. Auch auf das gesundheitliche Wohlbefinden der einzelnen Mitarbeitenden hat nicht nur die Anzahl, sondern auch die Art der Kommunikation im Meeting einen Einfluss (Schulte, Fenner & Kauffeld, 2013; Sonnentag, 2001). Aufgrund der umfassenden Funktionen von Meetings sind sie ein unabdingbares Instrument für eine effiziente Unternehmensführung, da sie den vollständigen Informations- und Kommunikationsprozess von der rechtzeitigen Erfassung neuer Markttrends bis zu den Umsetzungsentscheidungen begleiten (Rogelberg, Allen, Shanock & Cliff, 2010).