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Meetings als Jammertal

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Obwohl Meetings eine elementare Relevanz für betriebliche Prozesse haben, bleibt ihre Effektivität umstritten (Allen et al., 2012). So werden Meetings von Teilnehmenden häufig als lästiges Ärgernis beschrieben. Ein Hauptkritikpunkt ist vor allem, dass die Möglichkeit zur Meinungsäußerung nicht zum konstruktiven Zusammenarbeiten, sondern zum Jammern über Alltagsprobleme genutzt wird, was Zeit, Nerven und Konzentrationsfähigkeit kostet. Darüber hinaus klagen Mitarbeitende häufig über die Anzahl von Meetings, da es zu viele Besprechungen gibt, die von anderen Arbeiten abhalten (Felkai & Beiderwieden, 2013). Aus diesen Gründen werden Meetings in der Praxis auch gerne als Jammertal bezeichnet, durch das alle Beschäftigten im Laufe der Arbeitswoche durchmüssen (Kauffeld, 2012). Die Gründe für den negativen Ruf von Meetings sind dabei vielfältig. Daher haben wir im Folgenden die vier Hauptprobleme ausgeführt.

Meetinggestaltung. Eine internationale Befragung in 41 Ländern hat ergeben, dass weniger als die Hälfte der Teilnehmenden die Zeit in Meetings als effektiv ansieht. Stattdessen wird ein Großteil der Meetingzeit als Verschwendung angesehen, die effektiver für andere, zielführendere Tätigkeiten genutzt werden könnte (Rausch, 2013). Als Hauptgrund wird genannt, dass oft zu viele Beschäftigte zu den Besprechungen eingeladen werden, die thematisch kaum involviert sind, sodass sie wenig Konstruktives beitragen bzw. Relevantes mitnehmen können. Ein weiterer Grund ist das häufige Fehlen etablierter Gestaltungsprinzipien, sodass langweilige Erörterungen und ziellose Diskussionen gefördert anstatt verhindert werden (Geimer et al., 2015).

Direkte Kosten. Unternehmen investieren viel Zeit und Geld in die Durchführung von Meetings (Rogelberg et al., 2007). Diese Investitionen haben direkte monetäre Auswirkungen auf das Unternehmen in Form von Kosten für Personal, Reisen sowie Kommunikationstechnologien (u. a. Millen, Fontaine & Muller, 2002). Den Hauptanteil machen die Personalkosten aus. So kommen Schätzungen zu dem Ergebnis, dass die meisten Unternehmen zwischen 7 % und 15 % ihres Personalbudgets in Meetings stecken (Lehmann-Willenbrock et al., 2017; Romano & Nunamaker, 2001). Trotz dieses Aufwandes werden ca. 42 % aller Meetings als qualitativ schlecht eingestuft (Schell Marketing Studie, 2010). Weitere Schätzungen gehen davon aus, dass sich durch effektivere Meetings 20–30 % der Personalkosten einsparen ließen (Siegert, 2007; Rausch, 2009). Wenn man diese Werte zur Grundlage nimmt, zeigt sich das enorme Einsparungspotenzial, denn bereits bei Berechnungen mit konservativen Werten (20 Stunden Arbeitszeit, die ein Beschäftigter z. B. aus der Forschung und Entwicklung in der Woche in Meetings verbringt, sowie 20 % Effizienzsteigerung) ist eine Kostenreduktion von ca. 95 000 000 € pro Jahr möglich (siehe die ausführliche Berechnung in Tab. 1.1).

Tab 1.1: Potenzial von Meetings


BerechnungsgrundlageResultierende KostenKostenreduktion (20 % Effizienzsteigerung)

Indirekte Kosten. Neben den direkten Kosten verursachen Meetings zusätzlich indirekte Kosten. Unproduktive Meetings lösen eine hohe Unzufriedenheit bei Beschäftigten aus. Durch die Vielzahl an Meetings wird die effektive Arbeitszeit geringer, sodass zusätzlich Stress entsteht, da die Teilnehmenden durch den Zeitverlust unnötige Anstrengungen zur Erfüllung der Routinetätigkeiten auf sich nehmen müssen (Allen et al., 2008). Insgesamt verursachen Meetings zu häufig Frustration. Um diese abzubauen, wird weitere Zeit benötigt, was als »Meeting Recovery Syndrome« bezeichnet wird und sogar dazu führen kann, dass Meetings zu einem Gesundheitsrisiko für Teilnehmende werden (Schulte, Fenner & Kauffeld, 2013). So steht eine höhere Anzahl an Meetings in Zusammenhang mit höherer täglicher Erschöpfung und größerer wahrgenommener Arbeitsbelastung (Tremmel & Sonnentag, 2018). Diese negativen Aspekte können sogar die Absicht Beschäftigter fördern, das Unternehmen zu verlassen (Rogelberg et al., 2006; 2010). Die indirekten Kosten beziehen sich jedoch nicht nur auf Meetingteilnehmende. Ineffiziente Meetings kreieren auch Folgeprobleme für Unternehmen, wenn aufgrund schlechter Kommunikation falsche Entscheidungen getroffen oder negative Entwicklungen nicht identifiziert werden. Dann müssen im Anschluss Zeit und Ressourcen aufgewandt werden, um die Fehler auszubügeln, sodass wiederum Folgekosten entstehen (Rogelberg, 2013; Tropman, 2014).

Meetingkontrolle. Erstaunlich erscheint dabei, dass Organisationen trotz dieser negativen Aspekte nur wenig unternehmen, um den Return on Investment von Meetings überhaupt zu erfassen (Rogelberg et al., 2012). So zeigt allein die Tatsache, dass wir Schätzungen zur Berechnung von Meetingkosten nutzen mussten, dass kaum ein Unternehmen etablierte Kontrollinstrumente benutzt, um den Erfolg bzw. die Effizienz von Meetings zu erfassen. Aufgrund der Bedeutung von Meetings und der offensichtlichen Unzufriedenheit mit der aktuellen Nutzung ist es daher unumgänglich, sich mit der Optimierung der Meetingkultur in Unternehmen auseinanderzusetzen. Dabei muss das gesamte Besprechungswesen inklusive der vor- und nachgelagerten Einbettung in die organisationalen Arbeitsprozesse sowie der zielgerichteten Nutzung von Kommunikationsinstrumenten betrachtet werden, um die zahlreichen Einflussvariablen auf den Unternehmenserfolg erfassen zu können (Kauffeld & Lehmann-Willenbrock, 2012).

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