Читать книгу Für immer Shane ~4~ - Simone Lilly - Страница 3

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 3.

Schreiende Kinder rannten an ihnen vorüber. Erschrocken und mit der Befürchtung, sie könnten in ihrer Hecktik den Kinderwagen umwerfen, klammerte Britney sich mit ganzer Kraft an ihn.

Shane nahm es gelassener, ohne sie zu fragen, hob er Oliver zu sich auf den Arm und zeigte zu den Kindern, die etwa drei Jahre älter als ihr Sohn waren.

„Siehst du?“

Quierlig rannten sie durch den Sand des Spielplatzes, vergruben ihre Hände ihm Boden, wirbelten winzige, glitzernde Sandkörner nach oben und bewarfen sich damit. Oliver zeigte seine kleinen Zähnchen und quiekte begeistert. So begeistert, dass er sogar einen seiner kleinen Ärmchen nach ihnen ausstreckte und sie mit seinen zarten Fingerchen greiffen wollte.

„Sollen wir dahin gehen?“, fragend wieß Shane auf eine Gruppe grün gestrichener Parkbänke. Einverstanden nickte sie und lenkte den Wagen sogleich auf eine der Bänke zu. Friedlich und beinahe vom Lärm der spielenden Kinder abgeschottet lag sie unter einer Baumgruppe, durch deren Blätter sanftes Sonnenlicht strömte. Amüsiert stellte sie den Wagen vor sich ab und legte ihre Tasche mit Babynahrung, Wasser und Windeln auf das faulige Holz.

Die erste Zeit über saß Shane brav bei ihr, doch als wäre er selbst ein kleines Kind sah Britney ihrem Mann schon bald an, wie sich Unruhe breit machte. Oliver schien es nichts auszumachen, den anderen Kindern beim Springen, Schaukeln und Rutschen zuzusehen. Gelassen lehnte er auf Shanes Schoß und drückte an einem Teddybär herum.

„Schatz?“

Seine fesselnden Augen huschten vom wilden Treiben auf sie, fixierten sie und hielten sie für einen Moment gefangen, sodass sie nicht s sagen konnte, wie früher.

„Willst du nicht mit ihm rausgehen und spielen?“

Shanes Augen begann zu leuchten, kaum hatte sie den Satz zuende gesprochen, war er auch schon vorsichtig aufgesprungen und samt Oliver zu der kleinsten der Rutschen gewatschelt. Scheinbar war er jetzt sogar froh, ein Kind zu haben, denn so konnte er unter einem passenden Vorwand auf dem Spielplatz wie ein kleiner Junge spielen ohne, dass er schief angesehen wurde.

Angetan beobachtete Britney, wie Shane Oliver sachte nach oben hob, sich als ausgewachsener Mann auf die schmale, wacklige Rutschbahn drängte, seinen Sohn fest umklammernd auf seine langen Beine setzte, ihn kurz küsste, seiner kleinen Ärmchen in die Höhe riss und mit einem lautstarken „Hui“ hinunterrutschte. Oliver schien es zu gefallen. Obwohl die Beiden kaum Fahrt aufgenommen hatten, quiekte er lachend und wollte gleich wieder nach oben, versuchte dabei, Shane staksig über die Schulter zu klettern.

Ihr Mann hatte aber anderes im Sinn. Bestimmend nahm er ihn wieder auf den Arm und steuerte schon auf eine der drei kleinen Schaukeln an, die in einer Gruppe am Ende des Platzes standen. Sie schaukelten schon von alleine vor und zurück, da der Wind, so nahe an der Küste am stärksten war.

Eigentlich wollte Britney Olivers Fläschchen auffüllen. Es war halbleer und sie war sich sicher er hätte nach seinem Ausflug durst. Eigentlich wollte sie aber auch Shane weiter beobachten. Sehen, wie liebevoll er doch mit seinem Sohn umging. Als Jungedlicher hatte er die Wahl ob er schmutzige Windeln wechseln sollte, ein schreiendes Kind beruhigen sollte, den Haushalt machen sollte, bei seiner Frau zuhause zu sitzen, oder ob er mit Lie und Mac an den Strand gehen sollte, Alkohol trinken sollte, feiern sollte. Gedankenverloren flechtete sie eine lockere Haarstähne in ihren Zopf. Ob er flirten sollte, ob er einfach Spaß haben sollte. Doch er hatte sich für sie entschieden, für sie und ihr Kind. Das mit solcher Hingabe, dass ihr der bloße Gedanke Tränen in die Augen trieb.

Heute war Olivers erster Geburtstag, heute war ihr Hochzeitstag. Gerührt zog sie hinunterlaufenden Rotz nach oben, ekelte sich sogleich vor sich selbst und kramte in der großen, vollgestopften Tasche nach einem Taschentuch. Was alle gegen die Ehe hatten, sie dachte dabei sofort an ihren Vater und an Joey, war ihr schleierhaft. Sie war doch so wundervoll. Man wusste wohin man gehörte, zu wem. Jeden Tag konnte sie neben Shane aufwachen, ihn ansehen. Wusste, wenn er abends von der Arbeit nachhause kam, dass er ihr gehörte, dass er ihr Mann war, sie wusste was er tat, was er aß, was er sagte. Wie ein Geschenk schien er ihr, wenn sie Lie und Mac zu sich eingeladen hatten, diese bei einem Bier von ihren Beziehungsproblemen, von ihren Sorgen, von ihren Flirts erzählten. In diesen Momenten nahm Britney Shanes Hand, drückte sie feste und lehnte sich glücklich an ihn. Sie hatte ihren Mann, sie brauchte sich mit solchen Problemen nicht mehr herumschlagen. Gewiss interessierten ihn seine Freunde und dessen Probleme, offensichtlich war auch, dass er sein altes Leben vermisste, besonders auf die Nerven ging ihm die strenge Arbeitswelt, in die er so rasch hineingeworfen worden war. Eines Abends hatte er sogar zu ihr gesagt, dass er, wäre Oliver nicht gewesen, die herausfordernde Stelle niemals angenommen hätte. So aber, war ihm keine Wahl geblieben, er musste für sie sorgen. Kaum hatte er es ihr gestanden, hatte er gelacht, sie zu sich gezogen und sie geküsst. So als wollte er seine Worte als einen Scherz tarnen. Britney hatte mitgespielt, wusste aber seitdem, dass er wenigstens diesen Teil seines Lebens hasste. Und das zu wissen, bereitete ihr Tag und Nacht ein schlechtes Gewissen.

Noch bevor sie wieder zu ihrer Familie sehen konnte, bevor sie etwas anderes denken konnte, wurde sie von lauter Musik unterbrochen. Erschrocken fuhr sie herum, riss den Reißverschluss ihrer kleinen Handtasche auseinander und schmiss auf der Suche nach ihrem Iphone sämtlichen Inhalt achtlos auf die Bank. Ihren Lippenstift, den sie nur selten trug, ihr Halstuch, ihre Wimperntusche, einen grünen Schnuller, den Geldbeutel, all dass wurde herausgeholt. Wo war ihr Handy? Fluchend tastete sie sich im Dunkeln vorwärts, umschloss es schließlich dankbar mit den zittrigen Fingern, hob ab und presste es sich ans Ohr.

„Ja, hallo?“

„Britney, hi.“

„Joey!“ Ihr Ausruf war grell und verleitete eine nicht weit entfernt sitzende Mutter sich zu ihr umzudrehen. Sie war um einiges dicker als Britney und sie vermutete, dass sie entweder zu viel aß oder wieder schwanger war. „Dass du dich mal wieder meldest! Wie geht’s dir?“

Am Ende der Leitung wurde es still. Zuerst dachte sie sich nichts dabei, nahm an, Joey wäre kurz woanders hingegangen, machte nebenbei Hausaufgaben oder sah fern, doch ein lautes Knacken in der Verbindung machte sie stutzig. Er war nicht bei sich zuhause. Das klang anders.

„Joey?“

Wieder schweigen. Ein Gong ertönte, etwas wurde gesprochen. Menschengewirr?

„Joey?“, fragend ging sie einige Schritte, hatte Shane und Oliver fast gänzlich vergessen.

Wieder knackte es unheilverkündend. Es klang, als würde ihr Bruder gegen einen heftigen Windstoß ankämpfen müssen.

„J … ja?“

„Joey, alles klar?“

Um besser hören zu können, presste sie ihren Zeigefinger gegen ihr freies Ohr, ohne dass fröhliche Geschreie der umherlaufenden Kinder konnte sie ihren Bruder schon viel besser verstehen.

Flüsternd versuchte er ihr etwas zu sagen, doch sie konnte ihn nicht gut genug verstehen.

„Joey? Red‘ lauter.“

„Das geht nicht“, sagte er leise und schwieg wieder für einem Moment. Es knackte erneut.

„Joey?“

Ihr Bruder wurde etwas lauter, doch klang seine Stimme beschlagen und brüchig. „Britney … er … weiß es.“

Ihre Miene erstarrte. Besorgt schlug sie ihre Hand gegen ihre weichen Lippen. Aus den Augenwinkeln erkannte sie Shane, der sie zuerst lachend, dann abwartend fixiert hatte. Wie erwartet setzte er Oliver behutsam in den Kinderwagen, gab ihm seinen Teddybär zum Spielen und kam fragend an sie heran. Um mehr zu verstehen und nicht gestört zu werden, hob sie rasch die Hand um ihren Mann zum Schweigen zu bringen. Gehorsam blieb er vor ihr stehen, legte seine Hand um ihre Schulter und presste sein Ohr gegen ihren Kopf. Verstehen konnte er dadurch nicht mehr als sie.

Der beissende Duft seines Aftershaves stieg ihr in die Nase und Britney musste sich, trotz der drohenden Neuigkeit zusammenreißen um ihn nicht ein eine versteckte Ecke des Platzes zu drängen, an ihm hochzuspringen und ihn dazu auffordern mit ihr an Ort und Stelle zu schlafen.

„W … wie meinst du das? Er weiß es, Joey, was weiß er?“

Shanes weiche Haut, seine Wange, die er innig an ihr gerieben hatte, hielt inne, wurde hart. Erschrocken löste er sich von ihr und starrte ihr finster in die Augen, als hoffte er daraus die nötigen Antworten ablesen zu können. Seinen sturen Blick flehend erwidernd wippte sie hin und her.

Ein weiterer Gong ertönte. Joey schien eilige herumzuwirbeln. „Britney, wir … wir sind am Flughafen. Wir kommen“, erklärte er flüsternd und presste sein Gesicht enger an den Hörer, was ihn noch unverständlicher machte. „ … morgen früh sind wir da.“

„Joey?“

Es piepte.

„Joey?“

Doch die Verbindung war tot. Schlagartig und ungläubig sank das Telefon langsam an ihrem Ohr hinunter, ihr Griff um es wurde lockerer und es klatschte dumpf auf den sandigen Boden. Andächtig wandte sie sich zu Shane und schluckte betroffen einen dicken Klos hinunter. „H … hast du das gehört?“, ihre Worte klangen metallisch, ihr Mund konnte sich kaum öffnen und ihre Lippen sich kaum bewegen.

Als wäre nicht schon genug fassungslose Stille zwische ihnen, sagte Shane nichts dergleichen. Langsam ging er zu Oliver, packte alles in die Tasche, hing sie über den Griff des Kinderwagens und schob ihn auf den knirschenden Kiesweg, der zum Spielplatz führte. Wartend blieb er dort stehen und winkte sie zu sich. „Wir müssen uns was einfallen lassen.“, sagte er finster, als sie zu ihm gestoßen war und legte seinen schweren Arm um sie. „Wie müssen und wirklich etwas einfallen lassen.“, beinahe abweisend nickte er in Olivers Richtung. „Besonders wegen ihm.“

Für immer Shane ~4~

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