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 4.

„Wir möchten Sie an Bord der Türkisch Airlines ganz herzlichst begrüßen und hoffen Sie haben eine schöne Zeit bei uns …“

Unter Strom legte Joey seine Füße übereinander und trommelte mit den Fingern auf seiner ausgewaschenen Jeans. Ja, das hoffe ich auch.

Sein Vater hatte sich noch weniger gelassen neben ihn einen Sitz weiter niedergelassen, trommelte ebenfalls auf seinen Beinen herum, jedoch nicht aus Sorgen, sondern, so wie es Joey an seinem eingesunkenen Blick erkennen konnte, aus blanker Wut. Wenn er ehrlich war konnte er ihn sogar verstehen, immerhin hatte Britney ihn angelogen, hielt sich schon seit zwei Jahren an einem ihm unbekannten Ort auf. Hatte sich jedoch nichts daraus gemacht immer wieder Geld von ihm anzuforden. Das Licht über dem Sitz blinkte auf. Wenig begeistert schnallte er sich ab und sank tiefer in das weiche Polster des Sitzes. Die Maschinen dröhnten laut in seinen Ohren, worüber Joey relativ froh war, denn sie übertönten seine energischen und panischen Gedanken. Nicht auszudenken war es, wenn Joan von Shane, Britney und Oliver erfuhr. Zu erfahren seine Tochter hätte heimlich geheiratet, noch dazu schon ein Kind mit ihrem Mann, würde seinen Vater auf die Palme bringen. Nach einem abschätzenden Blick zu seinem Vater wurde Joey sich sogar immer sicherer, dass es Joan, wenn er das erfahren würde, schier und ergreiffend zerreissen würde. Wie eine Bombe würde er in die Luft gehen und in Tausende kleine Einzelteile zerbersten.

„Möchten Sie etwas trinken?“

Die freundliche Stewardes war genau Joeys typ. Blond, hatte lange, feste Haare, lupenreine Haut und eine göttliche Figur. Unter anderen Umständen hätte er sie möglicherweise angeflirtet, sie nach ihrer Nummer gefragt, jetzt aber reichte ihre Schönheit lediglich für einen musternden Blick an ihr hinunter. Zu mehr war er nicht fähig. Lächelnd blieb sie stehen, genoss vielleicht auch sein vielsagendes Zögern. „Sir, möchten Sie etwas?“

Ihre Stimme klang zart, ruhig und vernünftig. Ob Britney auch Stewardes geworden wäre, hätte sie Shane nicht kennengelernt? Welchen Beruf hätte sie überhaupt machen wollen? Ohne der geduldig wartenden Frau zu antworten, verließen seine Gedanken das surrende Flugzeug, fielen auf die Erde hinab und landeten in Irland, bei Britney. Am Tag ihr Ankunft, als sie in das Hotel eincheckten hätte er niemals gedacht knapp drei Jahre später zu seiner Schwester Mrs. Ó‘ Brannagh sagen zu müssen, einen Neffen zu haben, und vor allem nicht, seinen Vater zähneknirschend nach Wicklow folgen zu müssen, ihm die Wahrheit sagen zu müssen und so dem Glück seiner Schwester im Weg zu stehen.

War es überhaupt Glück? Hatte sie ein schönes Leben? Mit nur achzehn an einen Mann und ein Kind in einem fremden Land gefesselt zu sein? Ohne familiären Rückhalt?

Ein unsanftes Antippen an seiner Schulter riss ihn wieder nach oben in die Luft, in die Maschine. „Ja?“

„Joe, möchtest du nicht bestellen?“

„Ja, sorry Dad.“, entschuldigend wandte er sich zu der immer noch lächelnden Frau und hob beschwichtigend die Hände vor sein Gesicht. „Tut mir leid. Ich hätte gerne einen Kaffee, schwarz.“

Bei diesen Worten erhaschte er einen Blick auf den Mann ihm gegenüber. Es war ein schwarzer Mann in einen Gucci Anzug gekleidet und mit tiefen Sorgenfalten auf der Stirn. Unweigerlich musste er kichern. Genauso wollte er seinen Kaffee.

„Warum lachst du?“, fragte Joan wenig amüsiert und rührte Zucker in seine Tasse. Traurig aber wahr, mit seinem Vater hatte er immer über Ausländer lachen können, Witze reißen können und lästern können. Er hatte es auch gerne getan. Bis vor wenigen Tagen vor ihrer Reise nach Irland waren alle Iren für sie beide nur „Missgeburten“ und „Idioten“ gewesen. Selbst auf dem Flug hatte ihr Vater seine Abscheu gegen diese Rasse zum Ausdruck gebracht. Schlagartig aufgehört hatte Joey mit dieser Denkweise, als er Shane kennengelernt hatte. Er war ganz normal, war freundlich und schien Britney und das konnte man ihm nicht aberkennen, immer noch glücklich zu machen. So glücklich, dass sie ihm zuliebe jedem den Rücken kehrte, ihrer Familie und ihrem Heimatland.

Betreten nippte er am Kaffee. Er war bitter und irgendwie seltsam salzig. Angeekelt stellte er ihn auf den kleinen ausklappbaren Tisch vor sich und lukte nach draußen auf den Gang. Die Toiletten. Unter einem Vorwand konnte er dort, wenn er Empfang hatte vielleicht jemanden Anrufen, oder eine Nachricht verschicken. Selbst wenn sie erst später vermittelt werden würde, wäre Britney vorgewarnt. Ganz vergessen hatte er es ihr zu sagen, dass er Oliver als Shanes Neffen ausgegeben hatte. Nicht dass sie alle eine andere Lüge erzählten.

„Ich geh‘ mal kurz aufs Klo.“

Ohne zu reagieren las Joan weiter. Warum sollte er darauf auch schon etwas sagen. Joey war mitte Zwanzig und durchaus fähig alleine und ohne Erlaubnis auf die Toilette zu gehen. Gegen einige Luftlöcher ankämpfend warteten er vor der Kabine bis ein älterer Herr sie verlassen hatte. Dafür dass Joey lange hatte warten müssen, entschuldigte er sich zuvorkommend und auch peinlich berührt. Gleichgültig verrammelte er die Tür und setzte sich auf den Klodeckel. Es stank fürchterlich und Joey musste verschreckt an den alten Mann denken. Mit gerümpfter Nase wählte er Britneys Nummer, doch noch bevor er sich das Telefon an sein Ohr heben konnte, erschien ein kleines Nachrichtenfeld. Service nicht verfügbar.

Entnervt schnalzte er mit der Zunge. War ja klar gewesen! Dann musste eben eine SMS reichen.

Britney, für Dad ist Oliver Shanes Neffe!

Joey.

Das musste reichen. Nervös stellte er sich auf, schlug den Deckel nach oben und öffnete seine Hose. Mit einem Mal kam es ihm vor, als würde er sich all seine Sorgen von der Seele pinkeln.

Für immer Shane ~4~

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