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2Der fotografische Blick

Mit dem Fotografieren ist es so ähnlich wie mit der Beherrschung eines Instruments. Je mehr Sie dieses Instrument spielen, umso besser werden Töne und Melodien gelingen und man wird Ihnen gerne zuhören.

Mit unserer Hosentaschenkamera ist es heute noch viel einfacher, den fotografischen Blick zu üben. Ein Bild überrascht, wenn es nicht die offensichtlichen Motive zeigt, sondern die, die der Fotograf in diesem Moment wahrgenommen hat. Das kann eine besondere Lichtstimmung sein, es können spannende Linien sein, auch starke oder ungewöhnliche Farbkontraste machen Ihre Bilder zu etwas Besonderem. Nutzen Sie jede Gelegenheit sich umzuschauen, Ihren ganz speziellen fotografischen Blick zu trainieren und die besonderen Momente einzufangen.

Besonders Profifotografen sind der Meinung, dass es viel wichtiger sei, den fotografischen Blick zu trainieren, als die Kameratechnik auswendig zu kennen.

Dieser Blick kann trainiert werden. Sie lernen, das besondere Licht zu sehen, beschäftigen sich plötzlich mit Bildkompositionen, Farbspielen und lernen die Bedeutung von Schatten zu schätzen. Je mehr Sie Ihren Blick trainieren, jede freie Minute nutzen, beim Spaziergang, auf dem Heimweg oder einfach beim Warten auf den Bus, umso automatischer wird Ihr Unterbewusstsein diese Aufgaben mehr und mehr übernehmen. Und ganz plötzlich nehmen Sie Ihre Umgebung anders wahr und können viel schneller als andere die interessanten Motive erkennen.


Die Farbspiele eines Sonnenuntergangs sind einmalig und spannend. Dadurch wurden die Personen im Vordergrund zu Silhouetten und sind nicht mehr erkennbar.

2.1Bildkomposition

Bildkomposition – oder Bildgestaltung – meint die Platzierung der einzelnen Elemente Ihres Bildes im von der Kamera gesetzten Rahmen. Die Wirkung Ihrer Bilder hängt davon ab, wo Sie welches Bildelement platzieren. Es gibt aus der Kunst bekannte Regeln wie die Drittelregel oder den Goldenen Schnitt, die Ihnen dabei helfen können, ausgewogene oder spannende Kompositionen zu erreichen. Für den Anfang können Sie das Raster in Ihrer Standardkamera-App aktivieren oder eine App wie etwa Lightroom CC von Adobe zu Hilfe nehmen, deren Kamera erlaubt, Bildaufteilungen einzublenden: entweder in vier oder in neun gleich große Rechtecke oder in eine dem Goldenen Schnitt folgende Aufteilung. Mit diesen Hilfslinien können Sie Ihre Bildelemente schneller platzieren: meisten nah oder auf den Schnittpunkten der Linien.


Testen Sie verschiedene Bildaufteilungen, bei denen Sie Ihr Hauptmotiv auf den Schnittpunkten oder ganz zentral in der Mittel platzieren. Wie wirkt Ihr Bild, wie unterstützt die Bildkomposition das, was Sie über Ihr Motiv sagen wollen?

Wenn Sie später mehr Erfahrung in der Gestaltung Ihrer Motive haben, werden Sie mit diesen Regeln auch brechen, um noch stärkere Ergebnisse zu erhalten. Aber für den Anfang bieten sie gute Anhaltspunkte.

2.2Schulen Sie Ihren fotografischen Blick

Zudem können Sie Ihren fotografischen Blick mit den folgenden Übungen schulen. Führen Sie sie durch, wenn Sie ein wenig Zeit haben, bei verschiedenen Gelegenheiten. Sie werden sehen, dass Sie mit der Zeit einen Blick für Motive, für Farben, Formen und vor allem: für Licht entwickeln.

Die Ein-Motiv-Übung

Suchen Sie sich ein einziges Motiv, das Sie an einem Tag oder eine ganze Woche lang jeden Tag fotografieren möchten. Das können Gegenstände sein wie Türen, Fenster, Gartenbänke. Mein längstes Projekt waren Fahrradklingeln, die ich an meinem ehemaligen Wohnsitz Amsterdam gesammelt habe.


Entdecken Sie Farben und Formen

Fotografieren Sie eine Zeitlang nur noch Motive mit einer Farbe. Meine Kursteilnehmer wählten einmal die Farbe »Rot« für ein Wochenprojekt. Am Ende der Woche haben wir sofort jedes Rot auf der Straße entdeckt. Schauen Sie nach Formen wie Kreisen, Quadraten, Diagonalen, Linien, Symmetrien. Sie finden sich überall, meist häufiger, als wir zu Anfang denken. Das kann auf der Straße sein, im Büro oder auch bei Wanderungen in der Natur.

Lernen Sie, Licht zu sehen

Licht sehen zu können, gehört zu den wichtigsten Fähigkeiten in der Fotografie.

Nicht nur, dass wir ohne Licht nicht fotografieren könnten, Licht ist auch eines der spannendsten Kompositionsmittel überhaupt. Üben Sie den Umgang mit Licht zum Beispiel in Treppenhäusern oder hohen Bahnhofshallen. Suchen Sie natürliche Lichtquellen, machen Sie Lichtstreifen sichtbar und spielen Sie mit Schatten. Licht ist überall – Sie müssen nur lernen, es zu erkennen, seine Qualität zu beurteilen und es wirkungsvoll für Ihr Bild einzusetzen.


Auf den ersten Blick sicher langweilig, aber wenn Sie das Foto etwas länger anschauen, werden Sie mehr entdecken. Betrachten Sie die unterschiedlichen Linien, das Licht und die Schatten, die der Aufnahme eine Tiefe verleihen.


Eine alte Parkbank, die dank des Sonnenlichts wieder etwas Farbe und Aufmerksamkeit erhält.

Tipp

Bleiben Sie dran und experimentieren Sie. Stellen Sie sich eine Aufgabensammlung zusammen und arbeiten Sie diese Schritt für Schritt ab. Geben Sie sich jeweils ein Motto. Suchen Sie an einem sonnigen Tag Schatten, als Linien, als Flächen. Suchen Sie an einem anderen Tag nach einer Farbe, nach einem Muster (ein S, ein T, Dreiecke, Kreise, …), Graffiti, Deko-Elemente an Gebäuden. Suchen Sie belebte Plätze, ruhige Plätze, Stimmungen. Nach einer Fotoexkursion behalten Sie nur die besten Bilder, danach ist Ihr Kopf wieder frei für das nächste Thema.


Lichteinfall in der Werkstatt einer Buchbinderin. Hier wurde ganz bewusst keine Belichtungskorrektur gemacht, damit der stimmungsvolle Kontrast nicht verändert wurde.

Fotografie mit dem Smartphone

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