Читать книгу Hate is all I feel - Siobhan Davis - Страница 12

6. KAPITEL

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»Okay, was macht dich so verrückt?«, fragt Jane, als ich am nächsten Tag ihr Zimmer betrete.

Am Telefon habe ich nicht viel gesagt, da mit Sicherheit mein Handy verwanzt ist, aber meine beste Freundin kann meine Stimmungslagen auch so wunderbar entziffern, von daher ist ihr bereits klar, dass etwas los ist. »Ich habe etwas extrem Dummes getan.« Ich laufe in ihrem Zimmer auf und ab, und hinterlasse dabei eine deutliche Spur auf ihrem weichen Teppich.

»Was denn?« Jane kommt vor mir zum Stehen, nimmt meine Hände und führt mich zum Sofa. Auf dem Bildschirm läuft Riverdale, doch sie hat die Sendung auf Pause gestellt. Wenig überrascht verdrehe ich die Augen. Sie ist süchtig nach dieser Show. Bisher sind alle ihre Versuche, mich dazu zu bringen, diese Serie ebenfalls zu gucken, fehlgeschlagen.

»Ich habe mit Jackson Lauder rumgemacht«, platzt es aus mir heraus.

Jane blinzelt heftig und starrt mich schockiert an, die Augen aufgerissen und den Mund geöffnet wie ein Fisch an Land.

»Sag etwas«, flehe ich.

Ihre Mundwinkel heben sich. »Ist er ein guter Küsser?«

Ich stöhne auf. »Er küsst hammermäßig gut«, sage ich und streiche mir mit den Fingern über die Lippen. Sofort erinnert sich mein Körper an das Gefühl seines Mundes und seiner Hände und prickelt von Kopf bis Fuß. »Aber konzentrier dich!« Ich stupse sie gegen die Schulter. »Was mache ich diesbezüglich? Vater und Christian Montgomery haben mir eingebläut, mich von den Neuen fernzuhalten. Mein Job ist es, dafür zu sorgen, dass sie nicht aus der Reihe tanzen, und nicht, sie zu küssen!«

»Sie zu küssen hilft vielleicht dabei.«

Mir fällt die Kinnlade runter. »Wer bist du und was hast du mit meiner besten Freundin gemacht?« Sie kichert. »Ich kann Jackson nicht weiterhin küssen«, protestiere ich. »Das war ein riesengroßer Fehler. Trent wird ausrasten, wenn er davon erfährt. Wie kann ich Jackson dazu bringen, den Mund zu halten, ohne ihm etwas schuldig zu sein?« Ich vergrabe das Gesicht in meinen Händen. »Ich werde niemals wieder Gras rauchen.«

»Du hast einen Joint geraucht?«, kreischt Jane.

Ich nicke. »Dieser Tag war ein Riesenschlamassel.« Ich erzähle ihr davon, was mit Trents Vater vorgefallen war und wie ich schließlich Jackson am Strand begegnete.

»Oh mein Gott, Abby. Du hättest direkt danach hierherkommen sollen! Ich kann nicht glauben, dass Trents Dad so etwas mit dir gemacht und dein Vater es auch noch zugelassen hat.«

»Sie ziehen doch immer so eine Scheiße ab.« Ich bedenke sie mit einem ernsten Blick. »Das ist die Welt, in die du einheiratest, Jane.« Ich habe mich die ganze Nacht mit dem Gedanken im Bett hin- und hergewälzt, dass ich sie mit all diesem Mist allein zurücklassen werde. Sie wird ihren scharfen Verstand brauchen, wenn sie die Ehe mit einem Mitglied der Elite überleben will.

»Du musst es Drew erzählen. Er wird wissen, was zu tun ist.«

Ich schüttle den Kopf. »Nein. Das kann ich Drew nicht erzählen, und du musst mir versprechen, dass du es auch nicht tust.«

Sie zieht die Nase kraus. »Du weißt, dass ich nicht gern Geheimnisse vor deinem Bruder habe, Abby. Aber du bist meine beste Freundin, also werde ich ihm nichts erzählen, wenn du das unbedingt möchtest.«

»Danke.« Ich nehme ihre Hand in meine. »Mir ist bewusst, dass du meinen Bruder liebst und ihn heiraten möchtest, aber diese Welt ist verdorben und böse, und darauf musst du vorbereitet sein.«

»Jetzt machst du mir Angst.«

»Gut.« Ich drücke ihre Hand. »Keiner von ihnen ist ein guter Mensch, Jay. Was Christian Montgomery in meinem Zimmer getan hat, ist vergleichsweise unbedeutend, da es nichts ist im Vergleich zu dem ganzen anderen Scheiß, den sie sonst abziehen. Sie gehören nicht grundlos zu den reichsten, mächtigsten und einflussreichsten Männern dieses Landes. Sie haben sich ihren Weg an die Spitze geebnet, indem sie bestochen, manipuliert, Menschen missbraucht und tyrannisiert haben. Es gibt keine moralische Richtschnur, an die sie sich halten. Auch kein Gewissen. Nur Charlies Dad scheint eines zu haben. Ich denke nicht, dass er durch und durch schlecht ist, aber er gehört auch nicht zu den Guten. Er tut nichts, um all das zu stoppen.«

»Ich bin nicht gänzlich ahnungslos, Abby. Mir ist klar, dass diese Männer keine Engel sind.«

»Sie sind die Reinkarnation des Teufels, Jane. Vergiss das niemals.«


Der Wagen, in dem ich sitze und der von meinem Chauffeur gelenkt wird, hält am Montagmorgen in aller Herrgottsfrüh vor Janes Haus. Sie klettert hinein und lässt sich neben mir auf den Sitz fallen. »Bist du bereit?«

»Nein. Ich habe mich dazu entschlossen, so zu tun, als sei das zwischen Jackson und mir nie passiert. Leugnen ist mein neues Lieblingswort. Wenn Jackson irgendwas erwähnt, werde ich leugnen, leugnen und noch mal leugnen.«

Oscar ist der einzige weitere Zeuge. Er wird mein Vertrauen jedoch nicht missbrauchen, von daher scheint meine einzige Chance darin zu liegen, alles abzustreiten. Andernfalls müsste ich Jackson darum bitten, das Ganze für sich zu behalten, und wäre ihm dadurch etwas schuldig. Vermutlich ist es das, was er will und erwartet. Sollte mein Plan doch nicht aufgehen, habe ich bereits Xavier auf den Fall angesetzt. Er soll Nachforschungen über die Neuen anstellen und prüfen, welche Leichen sie im Keller haben.

In unserer Welt ist es ein entscheidendes Überlebenswerkzeug, die Schwächen anderer auszunutzen. Das ist auch der Grund, weshalb ich Xavier ein kleines Vermögen dafür bezahle, Informationen zu beschaffen, die ich gegen meinen Vater und die Elite einsetzen kann. Nun bezahle ich ihm einen weiteren Batzen Geld, damit er den Dreck unter den Stiefeln der neuen Jungs findet. Möglichst schnell. Ich brauche etwas in meinem Arsenal, um den nächsten Monat zu überleben.

»Mit etwas Glück wird er zu sehr damit beschäftigt sein, den Nachzügler in der Runde zu begrüßen, um sich auf dich zu konzentrieren.«

»Hoffentlich. Gut möglich, dass Camden Marshall eine passende Ablenkung darstellt, aber ich würde nicht darauf wetten.«

»Ich frage mich, wie er wohl ist«, sinniert Jane und starrt aus dem Fenster.

»Ich habe den Großteil der letzten Nacht damit verbracht, ihn zu googeln, habe aber online kein einziges Bild von ihm oder seiner Familie gefunden, was echt seltsam ist.«

»Drew hat erwähnt, dass diese Leute völlig zurückgezogen leben.«

»Scheint so. Zumindest, wenn man den Klatschseiten Glauben schenkt. Camdens Vater bezahlt Techxet – die Firma von Sawyers Vater – und ein Team von Technikspezialisten dafür, dass diese vierundzwanzig Stunden am Tag sämtliche Bilder und jeglichen geschmacklosen Inhalt über sie online finden und entfernen. Ich konnte kaum etwas über sie in Erfahrung bringen. Nur, dass Camdens Vater Wesley Marshall ist, der Besitzer eines Pharmaunternehmens namens Femerst, und ein vielrespektierter Wohltäter. Und dass er Sawyer und Hunt vor ein paar Jahren auf einer New Yorker Privatschule kennenlernte, die sie alle gemeinsam besuchten.«

»Ich wette, er ist heiß«, spekuliert Jane, als unser Fahrer zum Gelände der Rydeville High abbiegt.

»Natürlich ist er heiß. Ich brauche kein Foto von ihm, um das bestätigt zu haben. Heiße, reiche Arschlöcher kleben immer aneinander. Gerade wir sollten das wissen.«

Im Rückspiegel kann ich sehen, wie sich Oscar ein Lächeln verkneift.

»Küss nur den dritten im Bunde nicht auch noch«, wispert Jane mit halb ernstem, halb schalkhaftem Gesichtsausdruck.

»Keine Sorge. Ich werde mich Camden Marshall keinen Zentimeter nähern. Da kannst du mir vertrauen.«


»Er ist definitiv heiß«, sagt Jane, als wir zu Mittag die Cafeteria betreten. Wentworth hat dieses Mal mit Henry zusammen Türdienst, und sie nicken uns zu, als wir an ihnen vorbeigehen. »Mr Fleming musste Rochelle und ihren Tussianhang im Englischunterricht mehrmals ermahnen, weil sie bei seinem Anblick fast dahingeschmolzen sind. Scheinbar ist Shelton mit ihm im gleichen Geschichtskurs und sie meinte, dass er megasexy ist.«

»Wie erwartet.«

Chad winkt mich zu unserem Stammtisch rüber. »Ich habe euch Mittagessen geholt, Ladys«, erklärt er und zieht erst für mich, dann für Jane einen Stuhl hervor.

»Danke, Chad. Das ist süß und sehr aufmerksam von dir.«

»Schleimer«, murmelt jemand unbekümmert, der am anderen Ende des Tisches sitzt.

»Ich nehme an, du genießt es, von vorn bis hinten bedient zu werden«, vernehme ich eine mir nur allzu bekannte Stimme dicht an meinem Ohr. Ich ziehe scharf die Luft ein, als Jackson seine Hände rechts und links von mir auf dem Tisch abstützt, um mich von hinten einzukesseln. Er presst seinen warmen Körper an meinen Rücken, was Hitze in mir aufwallen lässt.

Dieser Mist darf nicht passieren, daher ramme ich ihm kräftig meinen Ellenbogen in die Magengegend. Ich lande einen spitzen Treffer nahe seiner Rippen und weiß, dass ihm das den Wind aus den Segeln nehmen wird. Er verliert die Balance und stolpert rückwärts, wobei er ein gequältes Stöhnen ausstößt. Ich stehe auf und drehe mich um, gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie Hunt ihn beim Ellenbogen packt und ihn stützt, ehe er zu Boden geht.

»Nicht sonderlich ladylike, Schönheit«, stellt Jackson mit rauer Stimme und leicht unregelmäßiger Atmung fest.

»Du hast es verdient.« Ich bedenke ihn mit einem intensiven Blick. Einem, der ihm zu verstehen gibt: Verhalt dich klug und halt die Klappe.

»Du hast ernsthafte Aggressionsprobleme«, meint Hunt.

»Tu nicht so, als würdest du mich kennen.«

»Ich denke, ich …«

Ich mache einen Schritt auf Jackson zu, sehe ihn warnend an, und er hält mitten im Satz inne. »Halt den Mund«, fauche ich ihm entgegen.

»Worüber?«, fragt eine tiefe, klangvolle Stimme hinter mir. Der verführerische Ton berührt etwas tief in meinem Inneren und zerrt Erinnerungen zurück ans Tageslicht. Meine Haut prickelt und mein Magen überschlägt sich mehrmals.

Das kann verdammt noch mal nicht wahr sein.

Ich habe Angst, mich umzudrehen. Fürchte mich davor, der Wahrheit ins Gesicht zu blicken. Auch wenn wir nicht viel miteinander geredet haben, hat sich jeder Aspekt dieser Nacht für immer in mein Gedächtnis eingebrannt.

Das darf nicht wirklich geschehen.

Mein Puls beginnt zu rasen, mir stockt der Atem und Schmetterlinge tanzen plötzlich in meiner Brust. Wie in Zeitlupe drehe ich mich um und versuche, mich dabei auf das Unvermeidliche vorzubereiten. Doch nichts könnte mich vor dem Anblick bewahren, der sich mir bietet.

Während er mich anstarrt, werden seine sinnlichen braunen Augen noch dunkler, und der kühle, gleichgültige Ausdruck auf seinem Gesicht ist meilenweit von dem weichen, mitfühlenden entfernt, den ich kennengelernt habe. Die Ärmel seines weißen Hemds hat er bis zu den Ellenbogen aufgerollt, sodass die Tinte auf seiner Haut wie die Aufschrift auf einer Visitenkarte hervorleuchtet. Sein Haar trägt er noch genauso: an den Seiten kurz und oben länger, die längeren Haarsträhnen hat er auch heute nach links gekämmt. Das Tattoo an seinem Kopf, das ich mehrfach mit den Fingern nachgezeichnet habe, scheint mich zu verspotten, während ich unter seinem hasserfüllten Blick fast zusammenbreche. Er verströmt jede Menge Gefahr und Macht. Im gesamten Raum ist es mucksmäuschenstill geworden. Alle verfolgen mit angehaltenem Atem den Austausch zwischen uns.

»Du bist Camden Marshall«, flüstere ich und kämpfe verzweifelt gegen die Panik an, die in meinem Innern wütet.

»Ja, Abigail.« Er spuckt meinen Namen aus, als würde er ihn nur äußerst ungern aussprechen. »Und wir müssen reden.«

Hate is all I feel

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