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Tapps

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Inzwischen war Tritorn etwa so groß wie ein großer Hund und so schwer wie drei Männer. Mit den meisten Raubsauriern wurde er nun problemlos allein fertig. Böse gucken, schnauben und Hörner senken reichte meistens, dass sie sich auf der Kralle umdrehten und wegrannten. Auf einem seiner Spaziergänge sah er ein großes Erdest mit etwa fußballgroßen Eiern. Bis auf eines waren alle ausgeschlüpft. Die mussten Sauropoden gehören. Aber wo war die Sauriermama? Waren die Sauropoden weitergezogen und hatten das letzte Ei einfach dort gelassen? „Ich passe darauf auf“, entschied Tritorn kurzerhand.


Lange Zeit verging, beinahe wäre er eingedöst, als es plötzlich deutlich hörbar knackte. Das letzte Ei hatte nun einen langen Riss. Gespannt beobachtete Tritorn, wie sich ein runder etwa walnussgroßer grauer Kopf mit großen schwarzen Augen und niedlichen weißen Tupfen hervorarbeitete. „Mama“, quakte das winzige Küken, als es sich schließlich ganz herausgeschält hatte und erschöpft zusammensank. Tritorn kuschelte sich daneben und strich ihm so sanft, wie er mit seinen elefantenartigen Vorderfüßen konnte über den schönen runden Kopf, bis der Kleine die Augen zuklappte und selig einschlief. Es war ein kleiner Diplodocus, etwa so groß wie eine Katze, mit längerem Hals natürlich.

Als der Kleine wieder die Augen aufklappte, kuschelte er sich eng an Tritorn und quakte wieder: „Mama“. Tritorn dämmerte langsam, was da passiert war. Wie bei ihren Nachfahren, den Vögeln, dachten auch die Dinoküken, dass das erste Tier, das sie nach dem Schlüpfen erblicken, ihre Mama sei.


Deshalb tapste der kleine Sauropode Tritorn auf Schritt und Tritt hinterher und verfolgte aufmerksam, was er tat. Wenn Tritorn fraß, fraß er das Gleiche, wenn Tritorn schlief, schlief auch der kleine Diplodocus und wenn Tritorn lachte, lachte er auch. War Tritorn einmal traurig, was zum Glück nicht oft vorkam, dann hatte der kleine Diplodocus auch keine Lust zu lachen. Was aber nicht heißt, dass er Tritorn nicht aufgemuntert hätte.

Er sorgte immer wieder für Heiterkeit, wenn er noch ein bisschen tollpatschig umher tapste. An einem Nachmittag spielten sie mit Brachia im Palmenwald. Der kleine Diplodocus lief einen engen Bogen um einen kleinen Baumstamm und da lag etwas vor seiner neugierigen Nase im Gras, dass wie das Ende einer Schlange aussah. Das wollte er sich genauer ansehen und ging vorsichtig einen Schritt vorwärts – aber die Schlange schlängelte sich auch ein Stück weiter.

Er versuchte es wieder und wieder, aber jedes Mal war die Schlange schneller. Er änderte die Taktik und rannte um den Baum. Nun begann eine wilde Jagd bis ihm ganz schwindelig wurde. Brachia und Tritorn hatten das Geschehen vergnügt beobachtet und fragten: „Dürfen wir Dir einen Trick verraten?“ Der kleine Diplodocus nickte erschöpft. Brachia flüsterte ihm leise zu, dass er seinen Schwanz ganz vorsichtig bewegen solle. Der kleine Diplodocus wunderte sich und probierte es aus, vor Erstaunen riss er die Augen auf: „Das ist ja meine Schwanzspitze!“ Brachia und Tritorn konnten ihr Kichern nicht mehr unterdrücken und brachen in lautes Gelächter aus.

Ein Name war für den kleinen Diplodocus schnell gefunden, er wurde „Tapps“ genannt. In Sachen Neugier und Wissensdurst waren Tritorn und Tapps von Anfang an ebenbürtig und zum Lachen gab es bei Ihnen auch immer genug. Tritorn fand seine Mamapflichten keineswegs lästig. Als Beschützer und bester Freund des kleinen Tapps fühlte er sich noch besser, stärker und mutiger als er sich ohnehin fühlte.

Tapps' zweites Lieblingswort nach „Mama“ war „Hungaa!“ „Hungaa“, oder „Daa! Blatt!“ sagte der Babysauropode etwa zweihundert Mal am Tag und schaute Tritorn erwartungsvoll und herzerweichend dabei an. Er war unersättlich und konnte mehr essen als Tritorn, obwohl er so viel kleiner war. Er musste schließlich wachsen. Tritorn hatte einiges zu tun, ihm hier ein Blatt zu pflücken, dort einen Ast herunterzubiegen und so weiter und so fort.


Fast täglich besuchten sie den kleinen schlauen Compsognatus Charly. Eigentlich hieß er Karl, aber alle nannten ihn Charly und ihm gefiel das. Auch Brachia war oft mit von der Partie, denn mit Charly gab es immer etwas zu entdecken. Der Compsognatus war nicht größer als eine Gans, obwohl er im Gegensatz zu Tritorn und Tapps schon ausgewachsen war. Was Neugier und Lebensfreude anging, war er aber ein Kind geblieben. Er lief wie ein T-Rex auf den Hinterbeinen und so hatte er seine geschickten Vorderpfötchen frei. Damit konnte er viele kleine Sachen aufheben, greifen, drehen, wenden und öffnen. Vielleicht war er deshalb so schlau, weil er sich viele Dinge anschauen konnte, die anderen verborgen blieben.

Von dem kleinen neugierigen Tapps war er besonders angetan. Immer wieder ließ er ihn die kleinen Geheimnisse der Welt entdecken. Zum Beispiel zeigte er Tritorn und seinen Freunden an einem stillen Becken im Bach, wo sie oft badeten, wie aus Kaulquappen Frösche wurden. „Die Baumfrösche, die nachts pfeifen wie Vögel, haben die auch Kaulquappen?“, wollte der kleine Tapps wissen, „Ich hab' sie noch nie am Wasser gesehen.“ „Vielleicht sind sie nur im Dunklen hier, und verstecken sich am Tag“, sagte Charly wie zu sich selbst. Und ein kleines verschmitztes Lächeln huschte über sein Gesicht.

Bei einem der nächsten Ausflüge schloss sich Brachus den kleinen Dinos an, sie liefen vergnügt durch den Palmenwald und Charly erzählte ihnen wieder einmal von den unterschiedlichen Waldbewohnern. Irgendwann wurde Charly ganz langsam und er rief nach Brachus: „Kannst Du uns bitte auf Deinen Kopf klettern lassen?“. Brachus schaute ihn prüfend an und fragte, ob es ihm gut ginge. Da lachte Charly und erklärte geheimnisvoll: „Ich möchte mir gerne mit Tapps die Welt aus der Höhe ansehen.“

Brachus grinste und ließ sie über seine Nasenspitze auf den Kopf klettern, dann ging es wie mit einer Hebebühne hoch ins Blätterdach. Charly lenkte Brachus noch ein paar Schritte weiter und dann sahen sie die roten Kannenpflanzen in den Baumwipfeln. Bei Regen sammelte sich in ihnen das Wasser und Charly erzählte, dass sie ein ganz besonderes Geheimnis in sich bargen. Tapps war schon sehr gespannt und Brachus musste sich noch ein Stück recken, damit sie von oben hineinspähen konnten.

Tapps bekam große Augen, quietschte vor Überraschung und stammelte ungläubig: „Da sind ja kleine Kaulquappen, die mitten im Baum wie in einem kleinen Teich schwimmen!“. Charly freute sich über den glücklichen Tapps und war sehr zufrieden, dass ihm die Überraschung gelungen war. Natürlich probierte Tapps auch die Blätter der Aufsitzerpflanzen und freute sich darauf, bald groß zu werden und sie selbst erreichen.


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