Читать книгу Violet - Verfolgt / Vollendet - Buch 6-7 - Sophie Lang - Страница 7
Kapitel 3
Оглавление»Du kannst mich wieder loslassen. Geh zu ihm.« Ich küsse Ashas Stirn. »Du hast natürlich recht. Wir werden das schon schaffen. Trish wird es schaffen«, sagt sie dann tapfer, aber ihre Augen sprechen über eine andere Zukunft. Eine, in der es für Trish keine Rettung gibt.
Ich gehe Adam suchen, kann ihn aber nirgends finden. Sollte ich zu Ashas Schlupfwinkel, der Hütte, zurückgehen, die uns allen seit ein paar Wochen Schutz vor der nächtlichen Kälte und der Dunkelheit bietet? Zu mehr wird die Hütte nicht in der Lage sein, sollten die Schatten uns entdecken. Aber dann nehme ich Adams Schwingungen, unsere Verbindung, war. Sie lockt mich in die andere Richtung. Weiter hoch und tiefer in den Wald. Jetzt weiß ich, wo er hin ist und in Gewissheit dessen, was er vorhat, muss ich lächeln. Ich folge seiner Spur bis zu einem mir lieb gewonnenen Platz. Eine Stelle, moosbewachsen, umgrünt, beschützt. Ein Ort, der nur Adam und mir gehört.
Ich nähere mich lautlos durch das Unterholz. Mache mich unsichtbar, weil ich es kann und weil ich es liebe, Adam zu überraschen, oder vielleicht auch, weil es mich fasziniert, ihn aus dem Verborgenen zu beobachten. Ich bin da, spähe aus meinem Versteck durch die Büsche auf den romantischsten Fleck dieser Erde. Saftiges Moos verwandelt den Boden zu einem himmlisch weichen Bett. Bizarre Pilze und Farne wirken jedes Mal aufs Neue exotisch und einzigartig. Adam sitzt im Schneidersitz in der Mitte und blickt direkt in meine Richtung. In meine Richtung?
Jetzt lächelt er, so wie nur er es vermag. Ich stürme aus dem Versteck, schubse ihn um und werfe mich auf ihn.
»Du Schuft! Kannst du mich etwa sehen?« Adam lacht.
»Nein, das nicht, aber ich kann es auch spüren, wenn sich der Abstand zwischen uns verringert.« Ich streiche ihm eine Strähne aus dem Gesicht. Küsse ihn auf den Mund.
»Was soll das heißen, du spürst es auch?«
»Weil du es fühlen kannst.«
»Bist du etwa der erste männliche Symbiont auf diesem Planeten, wenn du so fühlen kannst wie ich? Oder hast du hellseherische Fähigkeiten?« Er zieht mich an sich.
»Nein, ich bin nur unsterblich in dich verliebt. Willst du mich küssen?«
Ja. »Nein.«
Er lacht. »Lügen haben kurze Beine«, sagt er, faltet seine Hände hinter dem Kopf und seine Augen funkeln. Jetzt würde ich ihn gerne mit etwas bewerfen, doch dann wirbelt er mich herum, weil ich es zulasse, es mittlerweile verstehe, meine Kräfte einzuschätzen und mich im richtigen Moment zu entspannen. Ich befinde mich unter ihm und unter seinen Küssen, mit denen er mich tausendfach eindeckt. Meine Stirn, Augen und Mund. Dann meinen Hals und Schlüsselbein und während er mich auszieht, auch meine Brüste und die sensible Haut um meinen Bauchnabel herum. Er sucht alle meine Tattoos und findet sie mit seinen weichen Lippen. Plötzlich kann sich keiner von uns beiden noch länger zurückhalten und wir reißen uns gegenseitig so schnell die Kleider vom Leib, dass es mir vorkommt, als könnte jeden Moment die Welt untergehen und wir würden keine Zeit verlieren, um uns ein letztes Mal zu lieben.
Er verschlingt meinen Körper mit seinem gierigen, wundervoll zärtlichen Mund und ich muss atmen, um nicht daran zu ersticken. Seine Hände erkunden meine nackten Beine, meine Oberschenkel.
Und seine Lippen! Ich bin nicht fähig, seinen Küssen stand zu halten und atemlos zu ertragen. Ich fühle mich mehr denn je wie ein Mensch, wie eine Frau. Und jede einzelne seiner himmlischen Liebkosungen fühlt sich an, als wäre er imstande mich mit ihr umzubringen. Ich bin völlig überfordert, hilflos und halte es nicht mehr aus, dränge mich an ihn, um ihn noch näher zu spüren. Nie mehr wird es ein viel zu nah zwischen uns geben.
Adam ist so einfühlsam und ich erwidere sein Begehren aus ganzem Herzen. Wir lieben uns mit einer Zärtlichkeit, als würden sich ganze Sonnensysteme zusammentun und neue Galaxien daraus entstehen. Wir vereinen uns, halten uns so fest aneinander, als hätten wir einen Tsunami zu befürchten, der den Partner wegspülen würde, würde sich die Umklammerung nur für einen winzigen Bruchteil einer Nanosekunde lockern.
Und dann löschen wir beide unseren feurigen Durst, unseren Hunger aufeinander und die Gefühle laufen über, schweben hinauf in den siebten Himmel und wir liegen uns in den Armen und Wärme und unbeschreibliche Liebe strömt zwischen uns hin und her. Hin und her.
Es fühlt sich an, als verginge eine Unendlichkeit, bis wir ganz ruhig werden, daliegen und still den Tieren im Wald und dem Wind lauschen, der die farbigen Blätter zum Rascheln bringt.
Ich lege mein nacktes Bein über seine Oberschenkel, mein Ohr liegt auf seiner Brust und dort lausche ich dem Rhythmus seines Lebens, das ich mir jedes Mal, immer wieder aufs Neue, schwöre, bis zu meinem letzten Atemzug zu verteidigen.
»Danke«, flüstert Adam. Ich blicke in sein errötetes, glückseliges Gesicht, streichle seine Haut.
»Wofür bedankst du dich?«
»Dass du mir keine Knochen gebrochen hast«, flüstert er mit einem durchtriebenem Grinsen.
»Oh, du Schuft!« Ich schlage ihm aufgebracht auf die Brust, aber nur so stark, dass ihm für einen Moment die Luft wegbleibt. Er lacht amüsiert. »Du unverbesserlicher Kerl.« Ich lege mein Ohr erneut ab, um dem Klopfen seines Herzens zu lauschen, das jetzt etwas schneller schlägt. Das bilde ich mir zumindest ein.
»Was wolltest du mir eigentlich sagen? Weshalb sollte ich dir hierher folgen? Du wolltest doch nicht nur mit mir schlafen?«, frage ich ihn.
»Doch.«
»Adam!«
»Okay. Nun, zum einen, dass ich dich klug und stark und wunderhübsch finde und dich sehr liebe.«
»Adam, du bist so wundervoll. Ich mag es, wie ich mich fühle, wenn ich mit dir zusammen bin«, schnurre ich und kuschle mich noch enger an seinen wärmenden Körper. »Es ist so unvorstellbar für mich, dass ich dich einmal töten wollte.«
»Ach Hübsche, das warst nicht du, das waren Kristens Manipulationen deines Gehirns. Das weißt du und das weiß ich.« Ich bleibe ganz ruhig liegen und mir wird bewusst, dass er nichts davon weiß, was ich ihm gegenüber empfunden habe, als ich meine Erinnerungen wiedererlangt habe. Ich denke darüber nach, davon zu erzählen und entschließe mich, es besser sein zu lassen. Adam hat damals mit meinen Gefühlen gespielt, hat mich von meinem Team und Asha fortgeschleppt und hat befohlen, meine Erinnerungen zu löschen. Das allein hat mich so erzürnt, dass ich ihm am liebsten den Kopf abgerissen hätte. Wäre da nicht die unumstößliche Tatsache gewesen, dass ich mich in ihn verliebt habe und dann denke ich an Trish und daran, dass Flavius und sie auch ein recht haben sich zu lieben.
»An was denkst du gerade?«, fragt Adam.
»An nichts.«
»So schlimm?«
»Ja, und was wolltest du mir außerdem sagen?«, beharre ich, weil ich nicht vergessen habe, dass sein Liebesgeständnis nur der erste Punkt von Zweien war. »Ich nehme an, jetzt kommt eine nicht so tolle Nachricht.«
»Leider ja. Kristen und ich haben den Kontakt zu den Datenbanken der Sektionen verloren. Wir sind abgeschnitten.«
»Haben sie dich entdeckt und die Systeme dicht gemacht?«
»Nein, das ist es nicht. Das glaube ich nicht. Wir haben einfach keine Verbindung mehr. Etwas muss mit den Sendern passiert sein. Wir können aus einem uns schleierhaften Grund kein Signal empfangen.«
Uns. Wir. Uns. Ich ertrage es nicht, wenn er so spricht. Von sich und von Kristen.
»Vielleicht senden sie keins mehr aus?«, spekuliere ich.
»Das wäre möglich, ist aber unwahrscheinlich, denn wir zapfen die gleiche Frequenz an, mit welcher sie mit den Drohnen in Kontakt bleiben.«
»Wann hast du dich das letzte Mal in das System einloggen können?«
»Heute Morgen haben wir es zuletzt versucht und dann vor einer Stunde wieder. Leider ohne Erfolg.«
Wie oft sich die beiden sehen!
»Hast du es schon jemandem erzählt? Flavius zum Beispiel?«
»Nur Kristen, du und ich wissen davon.«
»Warum eigentlich Kristen?«
Adams Schweigen ist auch eine Antwort. Diese technischen Dinge gehen sie offensichtlich mehr an als mich.
»Wie kommt Asha voran?«, will er wissen oder lenkt er jetzt vom Thema ab?
»Nicht gut, sie tritt auf der Stelle. Sie meint, Trish hat nur noch wenige Wochen und sie meint, dass wir sie töten sollten, bevor sie zur Gefahr für das ganze Team wird.«
»Es gibt vielleicht noch eine andere Alternative.«
»Ich bin gespannt.«
»Die Gesandten fürchten sich vor den Schatten. Sie sagen, der Virus wäre wieder ausgebrochen und hat die Sektionen im Osten unvorbereitet getroffen und viele Menschen getötet.«
»Hast du das herausgefunden oder Kristen?«
»Das spielt doch keine Rolle.« Für mich schon.
»Auf jeden Fall liegen sie nicht weit entfernt von dem, was wirklich vor sich geht. Aber das ist ja nichts Neues«, sage ich.
»Richtig, aber was du noch nicht weißt, ist, dass sie einen Hilferuf abgesetzt haben. Sie suchen nach fähigen Privilegierten, um sich zusammenzuschließen und gemeinsam ein Heilmittel zu finden.«
»Hat dir das Kristen gesagt?«
Adam schaut mich überrascht an. »Woher weißt du das?«
Sein Blick ist so intensiv, dass ich nicht wegschauen kann. »Ich bin eine Frau, schon vergessen?«
»Kristen meint, dass sich das Zentrum dieser Forschungsarbeit in Sektion 8 befindet. Sollten wir wieder ein Signal empfangen, dann könnten wir uns dort reinhacken und mehr herausfinden und Asha vielleicht wichtige Informationen geben.«
»Auf was willst du hinaus?«
»Wir brauchen wieder Kontakt zu den Datenbanken der Sektionen. Wir müssen herausfinden, was mit den Sendeanlagen passiert ist.«
»Ja, das sollten wir unbedingt tun.«
Adam sagt nichts, streichelt nur gedankenverloren meine Haare.
»Freija, ich kann es spüren, dass etwas in dir arbeitet und außerdem trommeln deine Finger auf mir herum. Was denkst du?« Ich liege da und bin ganz still, schaue seinen Fingern zu, die mit meinen Haaren spielen.
»Was hat Kristen noch gesagt?«
Adam schweigt.
»Was hat sie noch gesagt?«, hake ich unerbittlich nach.
»Dass es noch eine Möglichkeit gibt.«
»Und die wäre?«
»Wenn wir kein Signal mehr bekommen, dann könnten wir uns auch direkt zur Sektion 8 aufmachen und versuchen, uns diesem Forschungsprogramm anzuschließen. Dann bekommen wir Informationen aus erster Hand«, gibt er endlich zu.
Ich denke nach.
Ich fasse es nicht.
Sie will mit Adam abhauen.
»Und wen meint sie mit wir?«
»Das hat sie nicht gesagt.«
Lügner. »Ich glaube dir.«
»Das ist nett.«
»Aber Asha wird nicht begeistert sein, wenn sie erfährt, dass wir das Team verlassen werden«, sage ich jetzt plötzlich.
Adam schaut mich überrascht an. »Wie bitte? Wir verlassen doch nicht das Team.«
»Wenn du kein Signal mehr reinbekommst, dann ist das doch die logische Schlussfolgerung. Aber ich werde mit Asha reden. Sie wird das verstehen«, sage ich und dann verfalle ich in tiefes, nachdenkliches Schweigen.
Irgendwann bricht Adam die Stille: »Freija, was hast du? Da ist doch noch mehr, das dich beschäftigt.« Adam liegt mit seiner Vermutung vollkommen richtig. Aber ich bezweifle, dass er jetzt dazu bereit ist, zu erfahren, wie mein persönlicher Plan aussieht. Ein Plan, der ihn und Kristen möglichst weit voneinander entfernt.
»Es ist in Ordnung, wenn du mir nicht alles erzählen willst. Ich habe dir in der Vergangenheit vieles nicht gesagt, was dich brennend interessiert hat, aber ich habe dich nie belogen. Wir verdienen es nicht uns anzulügen. Keiner verdient das. Und sei es auch nur eine unwesentliche Kleinigkeit oder eine Notlüge. Bitte Freija, versprich mir, dass du mich niemals anlügen wirst und sag mir, was du vorhast.«
Aus irgendeinem Grund scheint ihm das sehr wichtig zu sein. Obwohl ich davon überzeugt bin, dass er mir nicht in jeglicher Hinsicht die Wahrheit sagt, was zwischen ihm und Kristen läuft, weiß ich doch eins. Adam gehört mir!
Ich setze mich auf seinen Schoß, umfasse seine Taille mit meinen Beinen, stütze mich auf meine Unterarme und schaue ihm tief in seine faszinierenden Augen.
»Ich verspreche es, dass ich dich niemals anlügen werde«, hauche ich.
»Gut, und was hast du vor?«
»Ich werde Sektion 8 einen Besuch abstatten«, sage ich und küsse ihn.
»Das habe ich geahnt. Wann brechen wir auf?« Er grinst vergnügt.
»Nicht wir. Nur ich, Hope und Kristen. Du bleibst hier, weil ich es mir nie verzeihen könnte, wenn dir etwas zustößt.« Das Lächeln verblasst, dann streiche ich die gerade entstandenen Falten auf seiner Stirn glatt und bevor er mir widersprechen kann, unterbreche ich seine Worte mit meinen Lippen, die ich auf seine presse. Erst wehrt er sich, vergebens, ich bin zu stark. Dann gibt er nach und seine Hände wandern zu meinem Po und ziehen mich noch näher. Er deckt meinen Hals und mein Schlüsselbein mit Küssen ein und ich lasse mich auf ihn sinken.
Im Unterholz knackt ein Ast.
Adam und ich erstarren.
Adam angelt sich sein Gewehr unter den Kleidern hervor und entsichert es. Ich springe blitzschnell hinter den ersten Baum und drücke mich mit dem nackten Rücken an seine Rinde. Adam geht in die Hocke und zielt ins Grüne. Im Kopf zähle ich bis drei und weiß, dass Adam genau das gleiche tut. Auf drei werfe ich einen Blick über die Schulter und Adam macht einen schnellen Schritt bis zu den Farnen.
Ein brauner Bär sucht sich weiter unten seinen Weg durch den Wald. Er hat uns gewittert und nähert sich in der Hoffnung auf eine leichte Beute. Die Muskeln von Adams Unterarmen entspannen sich. Ich bin erleichtert.
»Bin gleich zurück«, grinse ich, froh darüber, dass es nur ein Bär ist. Schnell überwinde ich die fünfzig, sechzig Meter, die mich von dem imposanten Waldbewohner trennen. Ich stehe direkt vor ihm und er, der Bär, weiß nicht so recht, wo ich herkomme.
Ich bin nicht darüber überrascht, als er versucht, mir mit seiner riesigen Pranke eins überzuziehen. Geschmeidig ducke ich mich unter seinem Hieb durch, springe hinter ihn und verpasse ihm einen gutmütigen Klaps auf sein zotteliges, borstiges Fell. Empört wendet er sich mir erneut zu, versucht mir mit beiden Pranken und ausgefahrenen Krallen zu zeigen, wer hier der Chef im Wald ist. Kinderleicht tauche ich ab, rolle mich zur Seite und stehe schon wieder, als er wütend brüllt und mich ein weiteres Mal versucht zu schnappen. Dieses Mal mit aufgerissenem Maul. Für mich ist es nicht mehr wie ein Spiel und ich benötige nur ein paar Minuten, um ihn von Adam und dem Zufluchtsort unseres Teams wegzulocken. Dann ziehe ich mich zurück und lasse den alten Brummbär frustriert von dannen ziehen.
»Das war sehr sexy«, sagt Adam als ich wieder zurück bin. Mir entgeht nicht, dass er die Zeit nicht etwa genutzt hat, um sich wieder anzuziehen und sein Grinsen gibt mir eindeutig zu verstehen, dass wir genau dort fortfahren sollten, wo wir unterbrochen wurden.
Wir lieben uns ein zweites Mal, weil uns danach ist. Doch jetzt fallen wir nicht animalisch wie zwei wilde, ausgehungerte Tiere übereinander her, sondern gehen unendlich zärtlich, langsam und einfühlsam aufeinander ein.