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Kapitel 13

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Ich gönne mir etwas Ruhe und schließe die Augen, für eine Weile. Eine Weile. Eine kleine Weile.

»Endlich, wir haben die Blutung so gut wie gestoppt. Gut gemacht!«, das war Asha. Sie spricht zu dem Fremden, dem Gesandten. Ist er tatsächlich ein Gesandter? Wie viel Zeit war vergangen? Ein paar Minuten, mehr nicht, denke ich.

»Du hast so ein verdammtes Glück, dass ich schon auf der Station war. Ich weiß nicht, ob du es sonst geschafft hättest. Was hast du nur gemacht?«

»Gar nichts«, flüstere ich.

»Gut gemacht, Mädchen«, sagt der Fremde.

»Wer sind Sie überhaupt?«, das war wieder Asha. Sie erkennt nicht, dass er ein Gesandter ist. Warum nicht? Plötzlich hat sich ihre Stimme verändert. Plötzlich ist sie nicht mehr der Admiral, plötzlich ist sie das kleine Mädchen, das sich fürchtet, das seine Eltern vermisst, das um mein Leben gebangt hat.

»Wer sind Sie?«, fragt Asha wieder, weil er keine Antwort gibt.

Er schaut mich an, deckt mich zu. Ich lag immer noch fast nackt auf dem Bett.

»Ich nehme dich mit. Du brauchst keine Prüfungen zu bestehen. Das, was du brauchst, ist eine medizinische Versorgung, die du hier nicht bekommst. Du blutest noch immer und es gibt nur noch einen Beutel, auf dem Für Freija steht. Wir fliegen heute Morgen noch ab.«

»Abfliegen? Wohin? Wo wollen Sie Freija hinbringen? Ich bin eine gute Ärztin, ich kann mich um sie kümmern. Ich….« Asha verstummt.

»Da bin ich mir ganz sicher. Aber egal, was du machst, es wird ihr nicht das Leben retten. Du hast nicht genügend Blut im Vorrat, um sie beim nächsten Aufbruch der Verletzung am Leben zu halten. Sie wird verbluten, bis auf den letzten Tropfen, und du wirst ihr dabei zusehen müssen, wie sie stirbt. Ich nehme sie mit. Wir haben Möglichkeiten, ihr zu helfen, die deine Vorstellungen überfordern, Mädchen.« Er nennt Asha ein Mädchen? Er hat recht.

»Die Wunde wird nicht mehr aufbrechen, dafür sorge ich.«

»Du hast keine Ahnung, wovon du sprichst! Ich nehme sie mit. Und wenn dir ihr Leben lieb ist, dann lass sie gehen, damit wir ihr helfen können.«

»Von wem sprechen Sie? Wo wollen Sie sie hinbringen? Wer zum Teufel sind Sie?«

»Ich nehme sie mit zur Sektion 0.«

Sektion 0? Ich höre den beiden zu, ohne mich an der Diskussion beteiligen zu können. Es geht um mich und ich kann nichts tun. Sektion 0? Davon wird in der Geschichte der Gesandten berichtet. Eine Stadt, von der niemand weiß, wo sie liegt. Shaco vermutet, sie wurde unter der Erde gebaut, um sich vor den Bestien zu verstecken. Flavius behauptet, sie schwebt über den Wolken, weil die Bestien nicht fliegen können. Aber neben allen Spekulationen steht wohl eins fest. Sektion 0 ist die Stadt der Gesandten, die Hauptstadt des Widerstandes, das Capitol der Menschen, der Sehenden, die über alles Bescheid wissen. Von dort kommen die Gesandten, von dort kommen die Gebote. Der Oberste Gesandte? Auch er sitzt dort irgendwo auf seinem Thron und lenkt die Geschicke seines Volkes. Sein Volk, zu dem auch ich gehöre. Und dort soll ich hin. Muss keine Prüfung bestehen, werde nicht exsektioniert, sondern wieder ganz gesund. Geheilt. Ich darf gehen und mein Team muss zur Prüfung. Ist das fair?

»Ich gehe mit!«, höre ich Ashas Stimme plötzlich und merke, dass ich einen Teil der Unterhaltung verpasst haben muss, während ich in den Tiefen meiner Gedanken versunken war.

»Unmöglich. Du musst deine Prüfung bestehen und hierbleiben. Das ist deine Aufgabe.«

»Aber wir gehören zusammen! Wir sind Schwestern!« Asha ist den Tränen nahe, ihre Stimme zittert, sie spricht viel zu laut. Viel zu laut, weil er ein Gesandter ist. So spricht man nicht mit einem Gesandten. Aber er ist nicht verärgert. Er ist nicht, wie ein Gesandter sein sollte.

»Schwestern? Bist du dir sicher?« Oh Gott Asha, sag nein. Du darfst keinen Gesandten anlügen.

Sag nein. Sag nein. Sag nein!

Ich kann nicht sprechen. Himmel, ich kann ihr nicht helfen.

»Ja, das sind wir und wir müssen zusammen bleiben!«, sagt Asha. Sie hat es getan. Sie hat gegen das 6. Gebot verstoßen. Das kann er nicht durchgehen lassen, auch wenn er anders ist. Das kann er nicht, darf er nicht!

»Ich werde das prüfen. Prüfen müssen«, sagt der Gesandte. Ich höre seine Stimme, seine Zweifel, seine Traurigkeit über die Entscheidung, die er zu treffen hat, wenn er erst einmal weiß, dass sie lügt. Dass sie ihn angelogen hat, einen Gesandten angelogen hat.

»Ich gebe euch eine Stunde, bis alle anderen wach sind. Macht euch für die Abreise fertig.« Er verlässt den Raum und lässt uns allein. Eine, die gegen das 6. Gebot verstoßen hat, und eine, die dem Tod näher als dem Leben ist.

Ich kann nicht sprechen, was nicht nötig ist, denn Asha beugt sich über mich und sagt das, was ich denke. Sie ist kein dummes Mädchen.

»Er gibt mir eine Stunde, um zu verschwinden.«

Nein, sie sagt doch nicht das, was ich denke! Jetzt, wo ich sie höre.

Er gibt uns eine Stunde. Dir und mir. Aber kein Ton kommt über meine Lippen. Kein Flüstern huscht aus meinem Mund. Meine Stimmbänder sind schon tot. Ich schüttle den Kopf und bin mir nicht sicher, ob er sich bewegt hat.

»Ich habe einen dummen kleinen Fehler gemacht. Weil ich dich so brauche. Nur ein dummer kleiner Fehler. Tut mir leid.« Ich würde sie gerne in die Arme nehmen, etwas zu ihr sagen.

»Die machen dich wieder ganz gesund, wirst schon sehen. Er hat recht. Ich kann dir nicht so helfen, wie die das können. Bitte suche mich, wenn du wieder gesund bist. Ich weiß, dass du mich finden wirst. Bitte suche mich.« Ich versuche zu nicken. Ich glaube, mein Kopf hat sich etwas bewegt. Asha sieht mir in die Augen. Sie sind ganz feucht. Die Tränen laufen in zwei Rinnsalen über ihre zarten, rosa Wangen. Die Wangen eines Mädchens.

»Ich kann mich gut verstecken. Aber du wirst mich finden. Du hast es mir versprochen. Es tut mir so leid.« Sie küsst mich auf den Mund. Ganz weich, ganz nass.

Asha verschwindet aus meinem Blickfeld. Ich höre sie Dinge zusammenpacken. Schränke öffnen sich und schließen sich wieder. Wasser plätschert und versiegt wieder. Es vergeht Zeit. Zeit, die sie nicht hat. Zeit, die sie braucht um zu fliehen, sich ein Versteck zu suchen. Dann ist es still.

Asha erscheint wieder über mir, ich kann sie sehen. Sie hat sich verändert. Ihr Gesicht?

Alle Tränen sind fortgespült. Sie hat sich geschminkt, dezent hübsch, wie eine junge Frau. Ihre Augen sind stark, ihr Mund selbstbewusst. Ihre Haare? Was ist mit ihren Haaren passiert? Sie hat sie gefärbt! Violett. Ihre Lieblingsfarbe.

»Ich werde stark sein, bis du mich gefunden hast. Das ist mein Versprechen.« Sie küsst mich noch einmal. Ihre Lippen auf meinen. Nicht mehr weich und nass. Kühl und fest sind sie.

Und, sie drückt meine Hand, bevor sie geht.

Violet - Verletzt / Versprochen / Erinnert - Buch 1-3

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