Читать книгу Violet - Verletzt / Versprochen / Erinnert - Buch 1-3 - Sophie Lang - Страница 9
Kapitel 5
ОглавлениеKönnte mich mal bitte jemand daran erinnern, wie man atmet.
Ich werde sterben. Das ist mein erster Gedanke.
Ich bin verletzt, mein zweiter. Denn mir wird schrecklich bewusst, dass ich nicht einmal meine Stärke, meine praktische Prüfung, die mich sonst immer gerettet hat, mit der ich die schlechten Ergebnisse aus der Theorie ausgleichen konnte…, dass sie mir dieses Mal nicht helfen wird. Ich darf nicht einmal über diese Erkenntnis lachen, denn das beansprucht zu sehr meine verletzten Bauchmuskeln.
Trish steht immer noch da. Wenn ich es nicht besser wüsste, dann könnte man meinen, dass sie diesen Moment genießt und ihn deshalb so lange wie möglich auskostet. Asha ist sprachlos, sie schaut mich nur mit ihren blauen, runden Augen an, die jetzt mindestens um das doppelte angewachsen sind.
Angst kann ich aus ihnen lesen. Es ist nicht die Furcht davor, selbst zu versagen. Sie ist immer diejenige von uns, die mit den besten Ergebnissen abschneidet, eine kleine Streberin. Nein, es ist die Angst, mich zu verlieren. Und das Traurige ist, dass ich nichts dagegen tun kann. Habe ich nicht eben noch versprochen, dass ich für sie da bin. Tolles Versprechen, hat genau mal eine Minute gehalten. Tolle große Ersatzschwester. Ich bin so naiv, wie konnte ich nur daran glauben, dass ich für Asha da sein kann.
»Du musst mich gesund spritzen!«, sage ich zu Asha. »Ich werde bei der praktischen Prüfung so gut abschneiden, dass sie mich behalten müssen«, sage ich und weiß, dass es diese Spritze nicht gibt. Dennoch stehe ich entschlossen auf. Zu schnell, der Schmerz in meinem Bauch zwingt mich wieder in die Knie und die Tränen steigen mir in die Augen. 7. Gebot, keine Schwäche zeigen, denke ich. Verdammt. Ich weine nicht vor Schmerz, sondern wegen Asha, weil es aussichtslos ist.
»Die Gesandten haben mich beauftragt, dieses Jahr den Zeitplan für die Prüfungen aufzustellen.« Trish macht eine Pause. Ich spüre, wie schwer es ihr fällt, das jetzt auszusprechen. »Ich setze dich ans Ende der Liste. Mehr kann ich nicht für dich tun«, sagt sie und geht. Das Ende der Liste? Ich werde die Letzte sein, die zur Prüfung muss. Da die Prüfung für jedes Teammitglied einen ganzen Tag dauert, habe ich sechs Tage Zeit. Nicht mehr, nicht weniger.
Sechs Tage?
Nicht annähernd die Zeit, die ich brauche, um völlig gesund und dann auch wieder fit zu werden. Nicht ausreichend Zeit, um alles das zu lernen, was ich bei den Prüfungen wissen muss.