Читать книгу Für Immer und Einen Tag - Sophie Love, Софи Лав - Страница 8
KAPITEL ZWEI
ОглавлениеAm nächsten Morgen erwachte Emily früher als sonst und fühlte sich beschwingt. Sie hüpfte nach unten, um Frühstück zu machen. Sie kochte ein Festmahl aus Eiern, Toast, Speck und Pfannkuchen und summte die ganze Zeit fröhlich vor sich hin. Ein bisschen später kam auch Daniel mit Chantelle runter. Nach einer Weile schaute Emily schaute auf die Uhr und begann sich Sorgen zu machen, da ihr Vater noch nicht erschienen war.
„Warum klopfst du nicht an seine Tür?“, schlug Daniel, der die Gründe für ihre verstohlenen Blicke erkannt hatte, vor.
„Ich möchte ihn nicht stören“, antwortete Emily.
„Ich kann das machen“, sagte Chantelle und sprang von der Frühstücksbar auf.
Emily schüttelte den Kopf. „Nein, du isst. Ich werde gehen.“
Sie war sich nicht sicher, warum sie sich überhaupt Sorgen darum machte, ihren Vater zu stören. Vielleicht war es das nervende Gefühl in ihrem Hinterkopf, dass er nicht da sein würde, wenn sie klopfte, dass sich alles als Traum herausstellen würde.
Sie ging vorsichtig zu seinem Zimmer, räusperte sich und fühlte sich albern. Sie klopfte laut.
„Papa, ich habe Frühstück gemacht. Bist du bereit runter zu kommen?“
Als sie keine Antwort bekam, spürte Emily erste Panik aufwallen. Aber sie redete sich selbst ein, dass alles okay sei. Roy könnte gut unter der Dusche sein und sie deshalb nicht hören.
Sie drückte den Türgriff runter und fand die Tür unverschlossen. Sie öffnete sie und spähte in sein Zimmer. Sein Bett war leer, aber aus der offenen Badezimmertür drang kein Geräusch fließendes Wasser, es gab kein Zeichen von Roy.
Emily konnte ihre Angst nicht länger unterdrücken. Plötzlich wurde sie davon überrollt. Hatte sie ihn letzte Nacht zu sehr gedrängt? Hatte sie es ihm unerträglich gemacht zu bleiben?
Sie eilte aus dem Zimmer in den Korridor und flog die Treppe hinunter in die Küche. Nur Chantelle, die immer noch an der Frühstücksbar saß und sie verwirrt anschaute, hielt sie davon ab, nach Daniel zu schreien. Stattdessen blieb sie stehen und schaffte es, sich zu sammeln.
„Daniel, kannst du mir schnell helfen?“, sagte Emily und versuchte zu verhindern, dass ihr Fassade zusammenbrach.
Daniel sah auf und runzelte die Stirn. Offensichtlich konnte er durch ihr aufgesetztes Lächeln hindurchsehen. „Wobei?“
„Ähm ...“ Emily fuhr herum. „Etwas Schweres zu heben.“
„Was musst du heben?“, hakte Daniel nach.
Emily platzte das erste Wort heraus, das ihr einfiel. „Toilettenpapierrollen.“
Chantelle kicherte. „Schwere Toilettenpapierrollen?“
„Daniel“, blaffte Emily. „Bitte! Hilf mir einfach für einen Moment.“
Daniel seufzte und stand vom Tisch auf. Emily griff nach seinem Arm und zog ihn in den Korridor hinaus.
„Es ist wegen Papa“, flüsterte sie. „Er ist nicht in seinem Zimmer.“
Durch die Veränderung in Daniels Ausdruck wusste Emily, dass er endlich begriffen hatte, warum sie sich so seltsam benahm.
„Er ist nicht gegangen“, beruhigte Daniel sie und rieb ihre Arme. „Er ist wahrscheinlich auf dem Gelände unterwegs.“
„Das weißt du nicht“, antwortete Emily. Sie gab ihrer Panik jetzt vollständig nach und war kurz davor, in Tränen auszubrechen.
„Ich werde den Hof überprüfen“, sagte Daniel. „Schau du im Haus nach.“
Emily nickte, froh, dass sie eine Anweisung erhalten hatte. Ihr eigener Verstand war von ihrer Angst blockiert.
Daniel eilte nach draußen, und Emily raste die Treppe hinunter, zwei Stufen auf einmal nehmend. Sie überprüfte jedes der offenen Gästezimmer, aber ohne Erfolg. Durch die Fenster im Treppenabsatz konnte sie Daniel auf dem Hof herumeilen sehen. Also hatte er auch kein Glück gehabt.
Dann hatte Emily einen Gedankenblitz. Sie rannte zum Ende des Korridors und riss die Tür zu Roys Arbeitszimmer auf.
Das Zimmer war dunkel, die Vorhänge waren zugezogen, aber die Schreibtischlampe brannte und erzeugte einen Spotlight-Effekt auf der Holzoberfläche. Hinter dem Schreibtisch zeichnete sich die unverwechselbare Silhouette von Roy Mitchell ab, der sich über etwas gebeugt hatte, an dem er herumbastelte.
Emily stieß einen großen Seufzer aus und lehnte ihre Schulter gegen den Türrahmen, so dass er sie stützen konnte, als die Spannung ihren Körper verließ.
„Oh, guten Morgen“, sagte Roy ahnungslos, als er zu ihrem geräuschvollen Ausatmen aufschaute. „Ich habe das gerade repariert.“ Er hielt eine Kuckucksuhr hoch, deren Hintertür offenstand. Er schloss sie sanft und der Kuckuck sprang aus dem Loch in der Vorderseite. Lächelnd legte er die Uhr zurück. „So gut wie neu!“
Emilys Panik verschwand und wurde genauso schnell von einem Glücksgefühl ersetzt. Zu sehen, wie ihr Vater herumgebastelt hatte, schien so seltsam vertraut. Es war, als wäre er schon immer dort gewesen. Der Anblick erfüllte sie mit Freude.
„Bist du bereit für ein Frühstück?“, fragte Emily.
Roy nickte und stand auf. Als sie zusammen nach unten gingen, klopfte Emily an das Fenster des Treppenhauses, wo sie Daniel durch den Garten hetzen sehen konnte. Er sah zu dem Geräusch auf und Emily zeigte ihm ein Daumen hoch. Sie beobachtete, wie er vor Erleichterung aufatmete.
Sie gingen in die Küche, wo Chantelle noch immer ihr Frühstück aß, ohne auf das Treiben zu achten.
„Sieht so aus, als hättest du ein Festmahl aufgetischt“, sagte Roy und gluckste, als er sich neben Chantelle auf den Platz setzte.
„Wie hast du geschlafen, Opa Roy?“, fragte Chantelle. Sie war am Abend zuvor beim Aufräumen ihres Zimmers eingeschlafen und sah ihn erst jetzt wieder.
Roy schenkte sich ein Glas Saft ein. „Wunderbar, danke meine Liebe. Das Bett war genauso bequem wie das, in dem ich geschlafen hatte, als dies mein Haus war.“
Als sie seine Worte hörte, hatte Emily plötzlich Sorgen. Das Haus gehörte immer noch ihm. Sie hatte angenommen, dass er vermeintlich tot war, aber jetzt, wo das nicht mehr der Fall war, hatte er legal jedes Recht, es von ihr zurückzuholen.
Daniel kam herein, um dem Familienfrühstück beizuwohnen.
„Frühmorgenspaziergang?“, fragte Roy ihn, als er sich setzte.
Daniel fing Emilys bittenden Blick auf. „Nichts ist wie die frische Luft am Morgen“, sagte er mit einem Hauch von Sarkasmus, von dem Emily wusste, dass sie dafür verantwortlich war.
„Opa Roy hat mir gerade erzählt, dass das mal sein Haus war“, informierte Chantelle Daniel.
„Nun, das ist es eigentlich immer noch“, erklärte Emily. Sie sah besorgt zu ihrem Vater auf. „Willst du es zurück?“
Roy fing an zu lachen. „Meine Güte, nein! Ich bin überglücklich, dass du es hast, Schatz. Es ist ja nicht so, als würde ich zurück nach Sunset Harbour kommen.“
Emily hätte froh darüber sein sollen, bestätigt zu bekommen, dass ihr Vater nicht vorhatte, ihr das Haus wegzunehmen. Aber stattdessen empfand sie Traurigkeit bei seiner Bestätigung, dass er nur vorübergehend hier war. Sie war sich nicht sicher, was sie gedacht hatte, ob sie überhaupt so weit voraus gedacht hatte. Aber jetzt fühlte es sich sehr danach an, als ob er sie wieder verlassen würde.
Sie bearbeitete niedergeschlagen ihre Grapefruit und nahm einen bitteren Bissen.
„Wie lange wirst du bei uns bleiben?“, fragte Chantelle fragte in der unschuldigen Art eines Kindes.
„Nur bis nach der Hochzeit“, erklärte Roy mit sanfter Stimme, die er nur für Chantelle abzurufen schien. Eine Stimme, so erinnerte sich Emily, die er auch bei ihr benutzt hatte, als sie in diesem Alter war. „Darum bin ich hier. Um bei den Vorbereitungen zu helfen.“ Er sah zu Emily auf. „Gibt es etwas, bei dem ich dir helfen kann?“
Emily versuchte immer noch die Tatsache zu verdrängen, dass Roys Gastrolle in ihrem Leben nur kurz und flüchtig sein sollte und dass er kaum zurückkehrt, wieder gehen würde. Das Letzte, woran sie jetzt denken konnte, waren die Dinge, die organisiert werden mussten! Und außerdem war er ein wenig spät dran. Es war gerade mal noch eine Woche bis zur Hochzeit, also waren die meisten Dinge schon erledigt.
„Du könntest Chantelle im Auge behalten, wenn ich von den Vorbereitungen auf Trab gehalten werde“, sagte Emily. „Wenn es ihr nichts ausmacht?“
Chantelle grinste. „Wir können Trevors Gewächshaus reparieren!“
Roy sah interessiert aus. „Trevors Gewächshaus?“
„Trevor Mann, unser Nachbar“, begann Emily. Dann versagte ihr die Stimme. Ihr Kummer über Trevors Tod war immer noch frisch. Sie war sich nicht ganz sicher, wie sie die Situation erklären sollte. „Wir sind erst kürzlich Freunde geworden und dann ist er gestorben. Er hat mir in seinem Testament sein Haus hinterlassen.“
Roys Augenbrauen hoben sich. Emily konnte an seinem Gesichtsausdruck erkennen, dass seine eigene Beziehung zu Trevor nicht die beste gewesen war.
„Trevor Mann hat dir sein Haus hinterlassen?“, fragte Roy überrascht.
Emily nickte. „Ich weiß. Es war eine ungewönliche Freundschaft. Ich war am Ende für ihn da.“
„Wie ist er gestorben?“, fragte Roy leise.
„Vielleicht sollten wir das nicht bei Tisch besprechen“, unterbrach Daniel und sah zu Chantelle hinüber, die ziemlich blass geworden war.
Roy richtete seine volle Aufmerksamkeit auf Chantelle. Er ließ seine Stimme in seine beruhigende, väterliche Stimme fallen.
„Ich würde gerne das Gewächshaus mit dir reparieren“, sagte er. „Du könntest der Boss sein und mir sagen, was zu tun ist.“
Chantelles Gesicht hellte sich augenblicklich auf. Seit Trevors Tod hatte sie verzweifelt nach den Obstbäumen sehen wollen, aber Emily hatte sie immer zurückgehalten, immer noch nicht bereit, diese Wunde zu öffnen.
„Kann ich es Opa Roy jetzt zeigen?“, fragte Chantelle und sah zuerst zu Daniel und dann zu Emily.
Daniel zeigte auf Emily und überließ ihr die Entscheidung. Sie hatte ihm so oft gesagt, dass sie noch nicht bereit war, das Haus zu betreten. Er hielt es für das Beste, sie die Entscheidung treffen zu lassen, anstatt Chantelle etwas zu versprechen, das sie nicht halten konnten.
„Sicher, okay“, sagte Emily.
Sie zögerte ein wenig, in das Haus des Verstorbenen zu gehen, aber mit ihrem Vater und ihren Lieben an ihrer Seite würde es vielleicht nicht so schmerzhaft sein, wie sie befürchtete.
*
Emily holte tief Luft und drehte den Schlüssel in Trevors Tür. Sie schwang auf und die abgestandene Luft, die sich monatelang im Haus gesammelt hatte, strömte heraus. Der Flur lag im Dunkeln und Emily zitterte und war verunsichert.
Sie ging zuerst hinein und ging voran. Hinter ihr hielt Daniel Chantelles fest bei der Hand und beruhigte das kleine Mädchen.
Während sie den Korridor entlangging, erinnerte sich Emily bruchstückhaft an die Gespräche, die sie mit Trevor geführt hatte. Als sie den Anblick des Tisches wahrnahm, an dem sie gesessen und Tee getrunken hatten als ein Stück Putz von der Decke gefallen war, während ein Sturm das Haus durchschüttelte, überrannten sie die Erinnerungen. Dieser Ort war voller Erinnerungen an Trevor. Daran zu denken, eines Tages diesen Ort beräumen zu müssen, war überwältigend.
„Zum Gewächshaus geht es hier entlang“, sagte Chantelle.
Emily trat zurück und erlaubte dem Mädchen, das Kommando zu übernehmen. Sie alle folgten ihr durch den Hinterausgang und durch die Glastür des Gewächshauses.
Obwohl Trevor es in seinen letzten Wochen genossen hatte, hier draußen zu sitzen, war das Gewächshaus in einem schrecklichen Zustand. Alle schauten sich um und erkannten die enorme Menge an Arbeit, die getan werden musste, um diesem Ort wieder seinen früheren Glanz zu verleihen.
Chantelle zog ihren Notizblock heraus und fing an, sich Notizen zu machen. „Ich denke, wir brauchen einen Brunnen“, sagte sie. „Und Bänke, damit wir im Sommer hier sitzen und lesen können. Eine Schaukel. Einen Platz, an dem Papa sein Gemüse anbauen kann. Und ein Blumengarten.“
„Ich weiß alles darüber, welche Pflanzen in welchen Klimazonen wachsen“, erzählte Roy Chantelle. „Ich kann dir helfen, die richtigen Sorten auszuwählen.“
Er nahm Chantelle sehr ernst, was Emily erfreute. Er trug sogar ihren Notizblock und den dazu passenden Stift mit der rosa Feder, mit denen er nun die benötigten Sachen aufschrieb.
„An welches Farbschema hast du gedacht?“, fragte Roy sachlich.
„Gelb und Pink“, sagte Chantelle. „Oder Regenbogenfarben.“
„Alles ausgezeichnete Möglichkeiten.“ Er schrieb ein paar Notizen in den Block. „Wir werden neues Glas brauchen“, fügte er hinzu. „Um sicherzustellen, dass dieser Ort wasserdicht ist und um ihn warm zu halten. Willst du einen Ausflug in den Baumarkt machen?“
Chantelle nickte aufgeregt. „Dann können wir zu Raj gehen und die Samen für die Blumen holen.“
„Sag mal, hast du deine eigenen Gartengeräte? Handschuhe? Eine Schürze?“
Chantelle schüttelte den Kopf.
„Dann müssen wir all das auch einkaufen“, erklärte Roy. „Jeder Gärtner braucht sein eigenes Outfit. Du würdest in einem grün-karierten ziemlich großartig aussehen.“
Chantelle grinste und Emily stellte fest, dass sie selbst genauso breit lächelte. Als sie sah, wie sich ihr Vater mit dem Kind durch das Gewächshaus verband, war das ein Moment, den sie für immer schätzen würde. Sie dankte Trevor im Stillen dafür, dass er ihr so ein großzügiges Geschenk gemacht hatte, das nun einen so schönen Moment ermöglichte.
Daniel zerzauste Chantelles Haar. „Komm schon! Ich werde dich und Opa Roy in die Stadt fahren.“
Sie gingen zurück in Trevors Garten, dann überquerten sie den Rasen in Richtung der Einfahrt, wo Daniels Pick-up geparkt war.
„Kommst du auch mit, Emily?“, fragte Chantelle, als sie das Auto erreichten.
Emily öffnete die Hintertür und half ihr hinein. „Ich kann nicht“, erklärte sie. „Ich erwarte Gäste, Amy und Jayne. Du erinnerst dich bestimmt an sie.“
Chantelle verzog das Gesicht. Sie hatte Emilys Freunde in New York City nicht besonders gemocht, als sie das letzte Mal dort gewesen waren. Emily konnte es ihr nicht verdenken. Sie waren keine Kuscheltypen und nicht so ruhig wie Opa Roy.
Emily schloss die Tür und Daniel erweckte den Truck zum Leben.
„Habt Spaß“, rief sie und winkte ihrer Familie zu, als der Truck aus der Einfahrt kroch.
Sie entsprachen vielleicht nicht dem konventionellen Bild einer Familie, aber sie gehörten zu ihr, und das war es, was Emily wichtig war.
Gerade als sie um die Ecke bogen und außer Sichtweite waren, sah Emily, wie Amys Wagen am anderen Ende erschien. Sie hatte plötzlich das seltsame Gefühl, dass, egal, wie verrückt sich die Dinge gestern angefühlt haben mögen, der Wahnsinn gerade erst begonnen hatte.