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Kapitel 1

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20. September 2019, Sacramento, Kalifornien, FBI Zentrale

Die Sonne schien angenehm kühl auf die nur wenig benutzte Straße vor der Sacramento FBI Station. Es war ein Mittwoch Anfang Herbst und die Blätter fielen schon von einigen Bäumen herunter auf die Straße. Die FBI Station war recht klein im Vergleich zu einigen in den umliegenden Großstädten wie San Francisco. Das Gebäude hatte auf der Vorderseite nur wenige Fenster und war in monotonem Grau gestrichen. Vor der schmalen Hintertür stand ein mittelgroßer Mann mit blond-braunen Haaren und einem leichten Dreitagebart. Er sah auf eine gewisse Weise gut aus, aber seine Augen hatten keinerlei Freude in sich und ihr Licht war schon lange erloschen. Sein markantes Gesicht war sonnengebräunt und an seiner linken Schläfe hatte er eine kleine, feine Narbe. Man konnte sie nur schwer erkennen, aber Menschen, die ihn kannten, wussten, dass sie da war. Sein Name war Adam Stevens und er war 34 Jahre alt. Vor drei Jahren war er wie aus dem Nichts in Sacramento aufgetaucht und keiner wusste wo er herkam oder warum er kam. Nun arbeitete er für das FBI und war einer der erfolgreichsten Ermittler, auch wenn ihn keiner so richtig mochte. Mit seinen meergrünen Augen starrte er gedankenversunken in die Ferne und machte plötzlich kehrt. Er öffnete die Tür hinter sich und betrat das Gebäude. Der Flur vor ihm hatte an jeder Wand nur zwei Fenster, aber man konnte trotzdem die gesamte Umgebung rund herum beobachten. Adam ging durch eine weitere Tür und betrat einen großen, offenen Raum mit vielen Schreibtischen und mehreren Türen, die zu den Büros der Chefs führten. Adam arbeitete mit einer kleinen Gruppe, die aus drei Männern und zwei Frauen bestand, zusammen. Er ging quer durch den Raum und blieb schließlich vor einem großen Schreibtisch aus Eichenholz stehen. Dahinter saß eine etwa 32-jährige Frau mit braunen, schulterlangen Haaren. Auf der einen Seite hingen ihre Haare über ihr Ohr und fielen leicht gewellt in ihr Gesicht, auf der anderen Seite hatte sie sie hinter ihr Ohr gesteckt und legte so einen kleinen, silbernen Ohrring frei. Sie war hübsch, aber Adam hatte dafür keine Augen. Ihr Name war Blake Summer und sie war die Chefin von Adams Einheit. Sie sah auf und blickte Adam ins Gesicht. „Guten Morgen, Mr. Stevens. Ich habe ihnen die Akten eines neuen Falls auf den Schreibtisch gelegt. Ich würde mich sehr freuen, wenn sie sich die ansehen würden und uns mittteilen würden, wenn sie etwas herausfinden. Ich weiß, sie tun sich damit schwer, aber sie arbeiten nicht allein und wir würden uns liebend gerne beteiligen“, sagte sie mit strenger, kalter Stimme, aber Adam nickte nur und ging an ihr vorbei zu seinem eigenen Schreibtisch. Er war ziemlich leer. Es befanden sich nur ein Laptop, einige Akten und eine kleine Uhr darauf. Als Adam sich setzte zog er sein Handy aus seiner Tasche und startete seinen Laptop. Bevor er sich den Akten widmete sah er noch einmal auf und fand sich einem großen Mann mit schwarzen Haaren und braunen Augen gegenüber. Er hieß Brian Trash und war 35 Jahre alt. Er arbeitete seit vielen Jahren für Blakes Team und war ein guter Freund von ihr. Auch Adam verstand sich gut mit ihm, denn sie waren beide intelligente Männer und Brian stellte keine dummen Fragen, was Adam sehr schätzte, aber er konnte ihn nicht zu seinen Freunden zählen. Er hatte keine Freunde. „Na, wie geht´s dir so?“, fragte Brian locker. „Ach, ganz gut und dir?“, antwortete Adam ebenfalls locker. Brian nickte und meinte: „Ja, mir geht es auch ganz gut. Sag mal, hast du von unserem neuen Fall gehört?“ „Ich wollte ihn mir gerade ansehen, wieso? Worum geht es?“, wollte Adam wissen. „Es geht um einen Mord an einer Frau“, erklärte Brian, „sie war zu Besuch hier und wollte gerade an einem Bed & Breakfast anhalten, als sie von einem Jeep brutal von der Straße gestoßen wurde und in einen Graben fiel. Es war ein heftiger Sturz, den die Frau jedoch überlebt hat. Das gefiel dem Angreifer offensichtlich nicht, denn er stieg aus, ging zu ihr hinüber und schoss ihr mit einer Kugel in den Kopf. Sie hatte keine Chance.“ „Verdammt, wo ist es genau passiert?“, fragte Adam nach, aber Brian zuckte mit den Schultern: „Ich weiß es nicht genau, aber es müsste in den Unterlagen stehen. In zehn Minuten fahren Clair und ich los. Du kannst ja mitkommen.“ „Gerne, wenn ich hier noch ein paar Dinge erledigt habe“, antwortete Adam und verabschiedete sich von Brian. Clair McLogan war die Vierte im Team. Sie war 31 Jahre alt und hatte blonde Haare. Sie war noch relativ neu im Team und noch nicht sehr erfahren, aber sie war klug und Adam sah viel Potenzial in ihr. Der Fünfte und letzte aus dem Team hieß Greg Harlo und war 26 Jahre alt. Er war erst vor einer Woche ins Team gekommen und Adam hatte ihn erst einmal gesehen, aber bisher noch nicht mit ihm gesprochen. Adam nahm sich nun die oberste Akte, die auf seinem Tisch lag und begann zu lesen. Die Tote hieß Lisa Nashal und war gerade mal 23 Jahre alt. Sie hatte keine Geschwister, aber anscheinend war sie von ihren Eltern sehr geliebt worden. Ihre Eltern waren Millionäre und besaßen eine große Villa in San Francisco. Sie wollte in Sacramento für zwei Wochen Urlaub machen und einen Freund besuchen, aber das hatte sich leider frühzeitig geändert. Adam wusste nicht wen sie treffen wollte, aber sie hatte es eilig, denn sie hatte ihren Eltern nur einen kurzen Brief hinterlassen und war losgefahren. Sie ist um 23 Uhr auf dem Highway kurz vor einer Ortschaft gerammt worden. Ihre Leiche war am Morgen von dem Besitzer des Bed & Breakfast gefunden worden. Adam fragte sich, was der Mörder wohl von ihr gewollt hatte und wieso er es getan hatte. Adam sah kein sinnvolles Motiv, denn wenn er das Geld ihrer Eltern gewollt hätte, dann hätte er sie entführt und nicht getötet. In der Akte lag ein kleines Foto von der Leiche. Sie hatte rötliche, lange Haare, die lockig über ihr Gesicht vielen. Mehrere Ohrringe zogen sich an ihrem linken Ohr entlang und ein Piercing schmückte ihre Lippe. Das Mädchen war hübsch gewesen, aber jetzt, da es Gesicht entstellt war, konnte man davon nicht mehr viel erkennen. Unwillkürlich musste Adam an seine Zeit vor dem FBI denken. Er hatte in San Diego in einem Haus gelebt und hatte jeden Tag die Verbrecher der Stadt gejagt. Es hatte ihm Spaß gemacht, doch nun war es nicht mehr als ein Zeitvertreib. Etwas das er tat, um sich von anderen Dingen abzulenken, von denen niemand wusste. Plötzlich klingelte sein Handy und er sah auf die Uhr. Es war bereits 9:30 Uhr. Adam wusste, dass er schon vor zehn Minuten am Tatort hätte sein sollen und warf sich schnell seine Jacke über. Er rannte zum Haupteingang, wobei er an Blakes leerem Schreibtisch vorbeikam und lächelte. Er riss die Tür auf und rannte auf den Parkplatz. Dort standen nur wenige Autos und man konnte Adams von allen anderen leicht unterscheiden. Er fuhr einen alten Bentley mit knalliger roter Lackierung. Adam sprang hinein und trat das Gaspedal bis zum Anschlag durch. Sofort schoss der Wagen einige Meter nach vorne, bevor Adam ihn unter Kontrolle brachte und auf den Highway fuhr. Schon nach wenigen Minuten erreichte er den Unfallort. Die Straße war im weiten Bogen gesperrt worden und überall standen Rettungsfahrzeuge. Adam stieg aus und lief auf das Absperrband zu. Ohne Rücksicht riss er es nach oben und ging darunter hindurch. Es lagen mehrere Autoteile auf der Straße und man musste nur den Reifenspuren zu folgen, um das Auto zu finden. Es war ein kleines Auto, das sicher nicht über viele Dinge verfügte, aber anscheinen doch über einiges, denn fast jedes Teil, dass das Auto besaß lag irgendwo in der Umgebung verstreut. Adam ging näher an das Auto heran und sah schon aus einiger Entfernung die Leiche in dem Auto liegen. Einige Personen waren gerade dabei sie daraus zu holen, aber noch waren alle Verletzungen gut sichtbar. Adam ging weiter und sah Blake, Brian, Clair und Greg etwas von dem Auto entfernt stehen. „Auch schon da?“, fragte Blake genervt, „vielleicht könnten sie sich ja angewöhnen mal pünktlich zu Unfallorten zu kommen, denn dann müssten wir nicht jedes Mal auf sie warte!“ „Jaja, ich freue mich auch sie zu sehen, Ms. Summer“, erwiderte Adam gelassen. „Und gibt es schon Verdächtige?“, fragte er nun die Gruppe. Brian nickte: „Ja, wir haben ihre beiden Eltern, ihren Exfreund und ihre beste Freundin herkommen lassen. Wir verdächtigen sie zwar nicht, aber vielleicht können sie uns etwas sagen.“ „Wieso verdächtigen wir den Exfreund nicht?“, wollte Adam wissen. „Ähm, weil wir noch mit nichts sicher sein können und wir keine Ahnung haben worum es hier geht. Es haben ihn schon einige Kollegen befragt, aber er hat ein wasserfestes Alibi. Er hat sich noch nie etwas zu Schulden lassen kommen und eine komplett weiße Weste“, meinte Brian, aber Adam war nicht überzeugt: „Ach du weißt genauso gut wie ich, dass niemand eine komplett weiße Weste hat, aber wenn du meinst. Warum nicht ihre beste Freundin?“ „Weil sie ihre beste Freundin ist natürlich!“, meinte Greg plötzlich. Adam nickte und sah ihn forschend an: „Und sie meinen also, dass sie, weil sie die beste Freundin ist unschuldig ist? Das ist ja mal ein interessantes Alibi. Wissen sie eigentlich, wie oft das vorkommt? Also das die beste Freundin die Mörderin ist. Oft ist sie neidisch auf sie oder hat was mit ihrem Freund. Ich wette mit ihnen allen, dass sie und der Exfreund Lisa umgebracht haben.“ Blake grinste: „Ja klar.“ „Sie werden sehen“, meinte Adam nur und stieg zurück in sein Auto. Als er zurück bei der FBI Station war, waren die Angehörigen und Freunde von Lisa bereits im Vernehmungssaal. Adam ging gemeinsam mit Blake zu ihrem Exfreund und befragte ihn. Er hatte schulterlange, blonde Haare und wirkte verängstigt. „Wie heißen sie?“, fragte Adam. „I…ich bin Timothy Linch“, antwortete er leise. Blake notierte es sich, während Adam weiter fragte: „Okay, und wieso haben sie sich von Lisa getrennt?“ „Äh, ich…ich weiß es nicht genau. Wir haben nicht zusammengepasst“, meinte Timothy, „ich meine, sie war zwar hübsch und lustig, aber sie war auch angeberisch und abgehoben. Sie meinte immer, sie sei etwas Besseres und sie fand jeden, der weniger Geld hatte, abstoßend und schlecht. Ich glaube, sie war von ihren Eltern verwöhnt und leicht verzogen.“ „Interessant. Was haben sie gestern Nacht getan?“, fragte Adam direkt. Timothy blickte empört auf: „Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass ich sie ermordet habe! Ich habe Lisa geliebt!“ „Ich habe nie gesagt, dass sie es waren. Ich habe nur gefragt, was sie gemacht haben. Ist das verboten?“, erwiderte Adam gelassen. „Nein, aber…okay ich war einige Kilometer von Sacramento entfernt. Ich war bei einem Freund, weil ich heute eigentlich einen Termin hier hätte. Beruflich“, sagte Timothy und versuchte ruhig zu bleiben, aber man sah ihm an, dass er etwas verheimlichte. „Timothy, ich möchte, dass sie ehrlich sind. Ich weiß, dass sie gestern nicht bei ihrem Freund waren und auch, dass sie heute keinen Termin haben. Geben sie zu, dass sie gestern bei Lisas bester Freundin waren“, meinte Adam anschuldigend. Timothy sprang auf und rief: „Wie können sie es wagen mir solche Anschuldigungen an den Kopf werfen. Ich war nur geschäftlich hier!“ Adam grinste: „Ach ja? Wieso rasten sie so aus, wenn sie so sicher sind, dass sie unschuldig sind? Jemand der unschuldig ist, springt nicht auf und hält nach einem Fluchtweg Ausschau. Ich biete ihnen einen Deal an: Wenn sie zugeben, dass sie es waren und ihre Freundin auch, dann lege ich ein gutes Wort für sie ein. Wenn sie es jedoch nicht sagen, dann schwöre ich ihnen, dass ich jeden Kieselstein umdrehen werde, um sie zu überführen! Und ich schwöre ihnen, dass ich Beweise finden werde!“ Timothy wollte wiedersprechen, aber dann überlegte er es sich doch anders und setzte sich wieder hin. „Also, wieso haben sie es getan?“, fragte Adam nun etwas ruhiger. Timothy holte tief Luft und begann zu erklären: „Ich habe Lisa geliebt, wirklich, aber sie wollte immer mehr haben. Sie war nie zufrieden und ich konnte sie mit nichts beeindrucken. An einem Abend kam ihre Freundin, Antonia. Lisa war nicht da, weil sie noch einige Dinge besorgen wollte, als sie plötzlich vor der Tür stand. Sie war einfach wunderschön und ich war auf den ersten Blick verliebt. Wir wollten es geheim halten, aber so einfach ist das nicht. Sie war immer nett zu mir und sie hat sich über meine Geschenke gefreut. Ich wollte mit ihr abhauen und uns ein wenig Geld von Lisa mitnehmen, aber Lisa ist uns auf die Schliche gekommen. Sie wollte, dass ich aus ihrem Leben verschwinde und sie wollte zur Polizei gehen. Das konnte ich nicht zulassen, also habe ich einen Plan ausgeheckt. Ich wollte sie nicht töten, aber Antonia meinte, dass sie uns so oder so verraten würde. Sie hat die Pistole genommen und Lisa erschossen. Ich wollte das nicht, wirklich nicht!“ „Führt ihn ab!“, meldete sich nun Blake zu Wort und zwei Männer kamen herein, die Timothy festnahmen und abführten. Als sie gegangen waren sah Blake Adam an und fragte ihn: „Woher wussten sie das? Sie wussten es von Anfang an, aber woher?“ Adam lächelte: „Lisas Augen waren geschwollen. Sie hat geweint bevor sie starb und Frauen weinen häufig wegen Männern, vor allem, wenn sie auch noch ein Bild von ihm in der Hand halten. Ich habe mir gedacht, dass es etwas mit einem Mann zu tun hat und da ihr Exfreund hier war, war das offensichtlich. Außerdem fahren Frauen mit Liebeskummer entweder zu ihren Eltern oder zu ihrer Freundin, aber da sie weder zu ihren Eltern noch zu ihrer Freundin gefahren ist, musste ihre Freundin da, mit drinstecken. Also, beide waren es.“ „Okay, okay, sie hatten recht“, gab Blake zu, „jetzt müssen sie nur noch das Gleiche mit Antonia machen und der Fall ist in weniger als zwei Stunden gelöst.“ Die Tür öffnete sich wieder und eine junge Frau mit hellblonden Haaren und Pony kam herein. Sie setzte sich auf den Stuhl vor Blake und Adam. „Also, was wollen sie hören?“, fragte Antonia schroff. „Nun, ich möchte lediglich wissen, wieso sie Lisa umgebracht haben“, sagte Adam entspannt. Antonia setzte sich gerade hin und meinte: „Echt jetzt? Ich war es nicht, wie kommen sie darauf?“ „Ihr Freund hat es zugegeben und ich würde ihnen raten es auch zu tun“, entgegnete Adam knapp. Antonia verlor für einen Moment ihre Fassung, fing sich aber schnell wieder: „Das ist ja unerhört!“ „Ja, ich finde es auch unerhört, wenn Menschen ihre besten Freunde so hintergehen“, stimmte Adam ihr locker zu, „also wollen sie es jetzt freiwillig sagen oder muss ich das gleiche wie bei ihrem Freund, auch bei ihnen anwenden? Glauben sie mir, er hat nicht freiwillig geredet.“ Antonia sah ihn geschockt an und sagte dann langsam und bedacht: „Okay, ich habe sie umgebracht, aber Timothy hat mitgemacht. Er hat den Wagen gerammt und eigentlich hatte er vor sie damit zu töten, aber sie starb nicht, also musste ich nachhelfen. Timothy wollte Lisa Geld klauen und dann mit mir fliehen, aber sie hat ihn durchschaut und wir mussten etwas unternehmen.“ Nun lächelte auch Blake und hob nur die Hand und schon kamen zwei Männer herein und führten sie ab. „Tja, ich würde sagen, Fall gelöst!“, lachte Adam und klatschte mit Blake ein. Sie verließen den Verhörraum und gingen zu ihrem Team hinüber. „Ihr habt es geschafft, juhu!“, rief Clair und umarmte Blake. „Gut gemacht und ich nehme an, dass Adam recht hatte“, meinte Greg beleidigt. „Tja Harlo, ich rate ihnen mir das nächste Mal zu glauben“, entgegnete Adam selbstsicher. Er ging zu seinem Schreibtisch und hörte nicht wie Greg hinter seinem Rücken zu Brian flüsterte: „Wieso ist er so? Wo kommt er her, dass er solche Manieren gelernt hat? Weiß er überhaupt wie man freundlich ist?“ „Harlo, fragen sie ihn doch selbst, denn ich weiß nicht wo er herkommt oder wer er ist. Er hat noch nie jemandem davon erzählt und sobald man über Vergangenheit redet, meldet er sich zwei Tage krank. Glauben sie mir, sie wollen ihn nicht wirklich danach fragen, oder?“, erwiderte Brian kühl. „Ist ja gut, ich lasse es“, gab Greg zurück und setzte sich an seinen Schreibtisch. Währenddessen las Adam einen Bericht nach dem anderen und bald wurde es Abend. Das Büro leerte sich und um 21 Uhr waren nur noch er und Blake da. Sie packte ihre Sachen und wollte gehen, doch als sie Adam sah ging sie zu ihm und fragte: „Wollen sie nicht mal nach Hause? Sie sollten schlafen.“ „Nein, ich gehe noch nicht nach Hause“, meinte Adam und murmelte leise zu sich selbst: „Was soll ich da?“ Er dachte, dass Blake es nicht hörte, doch sie tat es und das ließ sie noch mehr grübeln. Sie wusste nicht, was sie davon halten sollte, doch vor allem fragte sie sich, was so schlimm war, dass er sich nicht einmal nach Hause traute, weil ihn dort Erinnerungen heimsuchten. Blake machte sich Sorgen um ihn, aber sie wollte ihn nicht fragen, denn sie wusste, dass er dazu noch nicht bereit war. Also verließ sie das Büro und fuhr zu ihr nach Hause. Adam blieb noch einige Zeit sitzen bis er keine Berichte mehr sehen konnte und stand auf. Er stieg in sein Auto und fuhr los, doch anstatt nach Hause zu fahren hielt er an einer kleinen Bar am Straßenrand. Das Gebäude bestand aus alten Holzbrettern, die so aussahen, als würden sie gleich zusammenbrechen. Oben auf dem Gebäude drauf stand in großen, schon abblätternden Buchstaben FREE HOUSE. Adam öffnete die Tür und trat ein. Es war ein recht kleiner Raum mit einer Teke und nur wenigen Stühlen. Es war kein anderer Gast da und der Barkeeper stand gelangweilt am Tresen. Als er Adam bemerkte sah er auf und meinte: „Hi, wie geht’s?“ Adam war oft hier, weshalb er den Barkeeper gut kannte. „Hi, Joe. Mir geht’s ganz okay und dir?“, fragte Adam ihn. „Och ja, du weißt ja wie das ist. Das Geschäft läuft immer schlechter und eigentlich ist dieser Laden nur noch wegen dir geöffnet“, sagte Joe und schenkte Adam einen Charly ein. „Danke“, murmelte Adam und setzte sich, „ich weiß echt nicht was ich ohne dich tun würde. Ich glaube du bist echt mein einziger Freund.“ „Da kann ich mich ja glücklich schätzen“, sagte Joe und lachte. Es war ein fast zahnloses Lachen, denn er hatte nur noch wenige Zähne. Joe schenkte auch sich selbst einen Charly ein und fragte: „Was für einen Mordfall hattest du denn heute wieder?“ „Ein junges Mädchen wurde von ihrem Exfreund von der Straße gedrängt und von ihrer besten Freundin erschossen. Das nenne ich mal Freunde“, lachte Adam halbherzig, „ach, ich muss einfach immer wieder an San Diego zurückdenken. Ich weiß manchmal gar nicht, was ich hier überhaupt will oder was ich von den Menschen will. Ich meine, ich bin grundlos immer genervt und tu so, als ob mir die Menschen alle egal sind, aber das stimmt nicht. Ich traue mich einfach nicht, mich mit ihnen anzufreunden oder meine Gefühle zu zeigen.“ Ihm stiegen Tränen in die Augen, aber Joe meinte nur spaßeshalber: „Zum Beispiel deine Gefühle für diese Frau. Wie hieß sie noch gleich? Ach ja richtig, Blake.“ „Ich hasse dich“, antwortete Adam und schubste Joe zurück, aber auch er lachte. Es gab nur wenige Menschen, die ihn jemals lachen gesehen hatten und eigentlich wollte Adam, dass es auch so blieb. Erst spät in der Nacht verabschiedete Adam sich von Joe und verließ die Bar. Er stieg in sein Auto und fuhr nun endlich nach Hause. Er wohnte in einer mittelgroßen Wohnung am Rande der Stadt, keines der Viertel, in denen man sich nachts allein herumtreiben sollte. Adam stieg langsam die Treppenstufen hinauf bis in den fünften Stock. Er liebte die Aussicht, aber meistens war er zu beschäftigt oder überhaupt zu selten da, um sie zu genießen. Er trat an die Wohnungstür und schloss sie auf. Was er dann sah ließ ihn erschrocken einen Schritt zurückspringen. Am Ende des schmalen Eingangsbereiches stand die Tür offen und gab den Blick auf das Wohnzimmer frei. Adam besaß nur eine Couch und einen Fernseher, doch er sah schon von Weitem, dass etwas nicht stimmte. Die Couch stand nicht mehr an ihrem gewohnten Platz und der Fernseher lag kaputt auf dem Fußboden. Langsam ging Adam durch den Flur und in das Wohnzimmer. Dort wo sonst die Couch stand war nun eine blutrote Zeichnung in Form eines Hais. Daneben lag ein kleiner Zettel auf dem stand:

„Hi Adam,

ich wollte mich nur vergewissern, dass du mich nicht vergisst.“

Denk daran, ich bin immer noch hier und ich werde dich niemals in Ruhe lassen, egal wie oft du darum bettelst. Vielleicht werde ich dich irgendwann erlösen, aber vergiss nicht, was ich dir gesagt habe, wer mit dem Tod spielt wird in der Hölle schmoren! Du weißt, ich habe es bisher nicht geschafft dich töten, aber glaube mir, ich werde es noch. Bis dahin…

„Grüß deinen Freund Joe von mir :)

Ich sehe dich!

Du weißt schon wer ich bin

B.S.“

Als Adam ihn fertig gelesen hatte liefen ihm Tränen über sein Gesicht und Erinnerungen überfluteten ihn. Er versuchte zu schlafen, doch er konnte nicht, denn er wusste zu genau, was ihn am nächsten Morgen erwarten würde. Er hatte Albträume und wachte immer wieder schweißgebadet auf. Immer wieder stellte er sich vor, wie Blake, Brian, Clair oder sogar Greg irgendwann von diesem Menschen getötet wurden. Adam wollte es sich nicht vorstellen, aber sobald er die Augen schlosss sah er nur noch Blut und Haie, die ihn umringten, um nicht ihn, sondern sein Leben zu fressen. Um das Leben aller anderen zu zerstören und nur Adam als einsame, verlassene Selle zurück zu lassen. Nach fünf Stunden gequältem Schlaf gab Adam schließlich auf und stand auf. Es war 5 Uhr, also blieben Adam noch zwei Stunden. Er stellte sich unter die Dusche und setzte sich an den viel zu großen Küchentisch, den Blick aus dem Fenster gerichtet. Die Sonne ging langsam auf und der Horizont färbte sich rot…rot wie Blut. Adam konnte nicht aufhören an jedem Gegenstand Blut und in jedem Menschen einen Mörder oder ein Opfer zu sehen. Seine Vergangenheit holte ihn ein und er sah keinen Weg sie zu stoppen. Also sah er einfach weiter zu wie die Sonne aufging und aus dem Blutrot ein wunderschönes rosa und ein bezauberndes Blau wurde.

No Way Back

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