Читать книгу Die Wut in der Blechkiste und die Kunst zu überleben - Stefan Rumpf - Страница 7

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Kapitel 2: Wie alles begann

Im Jahre 2000 ging es für mich beruflich in den Außendienst und ich bekam meinen ersten Firmenwagen.

Heute für mich etwas Selbstverständliches, damals etwas ganz Besonderes.

Keine Kosten für mich für Versicherung,

Werkstatt, Sprit und auch noch private

Nutzung war mit drin.

Zwar zahl ich über die 1% Regel doch ein wenig, allerdings kann man meiner Meinung nach günstiger kein Auto fahren.

Kleiner Steuertipp am Rande:

Wenn die berufliche Nutzung deutlich größer ist als die private, lohnt es sich ein

Fahrtenbuch zu führen.

Einfach gesagt weist man dadurch nach, dass man mit den bezahlten 1% Privatnutzung zu viel bezahlt hat. Somit bekommt man Geld vom Finanzamt zurück. Ich persönlich habe das einige Jahre nicht gewusst, und echt Geld verschenkt…

Zurück zum ersten Firmenauto, ein VW Passat

Variant mit 150 PS, jetzt keine Rakete, aber schon ganz ordentlich.

Und da der Sprit von der Firma bezahlt wurde, habe ich natürlich erstmal Gas gegeben.

Da waren Verkehrsregeln eher hinderlich und die Straßenverkehrsordnung ganz weit im Gehirn nach hinten geschoben. Jeder andere Verkehrsteilnehmer war lediglich ein Bremsklotz…

Kurz gesagt:

Ich bin gefahren wie ein Terminator (da komm ich später nochmal zu) ich, ich, ich und nur schnell ans Ziel kommen.

Einmal habe ich mir sogar mit einem Audi-Fahrer auf der A1 ein Rennen geliefert mit einem Audi Fahrer auf der A1.

Die Autobahn war dreispurig und es herrschte recht viel Verkehr. Ich fuhr natürlich links und wollte schnell nach Hause.

Hinter mir tauchte dann plötzlich der Audi auf. Natürlich fuhr er zu dicht auf. Ich dachte, was will der Arsch denn in meinem Kofferraum?

Ich lies mich provozieren und fuhr schneller, er natürlich auch.

So schaukelte sich das rauf, bis ich bei 200 km/h angekommen war.

Es war unmöglich für mich bei dieser

Geschwindigkeit nach rechts zu fahren, da die

Lücken dort viel zu klein waren.

Ich war wie im Wahn… Irgendwann überholte mich der Audi Fahrer dann rechts, scherte vor mir wieder ein und nötigte mich zu bremsen. Die Schlacht war zu Ende, ich hatte verloren.

Gedacht hatte ich mir dabei nichts und mir war auch nicht klar, welchen Gefahren ich mich und andere Verkehrsteilnehmern ausgesetzt hatte.

Aus heutiger Sicht ist es mir völlig unverständlich wie ich mich da so verhalten konnte…Zum Glück ist nichts passiert.

Ärgerlich waren dann die regelmäßigen Tickets, die ich mir in dieser Zeit eingefangen hatte, hier mal 20 €, da mal 30 €, usw….

Irgendwann kam dann auch die erste missachtete rote Ampel (für mich war natürlich noch gelb…aber der Polizist sah das anders).

Ich hatte zwar einen guten Grund, ich war nämlich auf dem Weg ins Krankenhaus und wollte nicht zu spät kommen zur Geburt von Isabell. Aber auch das half nichts. 150 € und der erste Punkt, meinen Führerschein durfte ich zum Glück behalten.

Ja, so ging das munter weiter, zahlen und fröhlich sein, war die Devise.

Unachtsamkeit (beim Autofahren kann man ja so viele Dinge nebenbei machen) führten so zu kleineren Auffahrunfällen.

Blöd nur, dass jedes Mal der Arbeitgeber informiert wurde, weil beim Firmenwagen immer Polizei dabei sein musste.

Und dann kam es wie es kommen musste, mein erster selbst verschuldeter Unfall mit Totalschaden des Firmenwagens.

Ich war mal wieder abgelenkt…

Ich telefonierte mit meinem Kollegen im Innendienst (die Firma war also live dabei), zwar über eine Freisprecheinrichtung, aber trotzdem war ich einfach abgelenkt.

Ich stand an einer Kreuzung und wollte in eine Vorfahrtsstraße einfahren. Dabei übersah ich ein Fahrzeug und knallte dem mit voller

Beschleunigung mitten in seine Fahrerseite.

Zum Glück gab es keine Personenschäden.

Der Tag war trotzdem für mich gelaufen…

Selbstverständlich kam ich in der Firma an das „schwarze Brett der Schande“. Solche Geschichten sind ein gefundenes Fressen für die nächste Vertriebstagung und halten sich jahrelang in der Firma.

„Solche Geschichten“ dürfen natürlich nicht öfter passieren, auch wenn Versicherungen das Finanzielle, damals ohne eine Selbstbeteiligung, für mich geregelt haben.

Einmal sah ich auf der Gegenfahrbahn ein lichterloh brennendes Fahrzeug stehen. Der Unfall war noch nicht so lange her, da noch keine Feuerwehr vor Ort war, nur die Polizei.

Aber dieses Bild von dem brennenden Auto, wo gerade noch alle gefahren sind, brannte sich in dem Moment in meine Pupillen ein. Ein grauenvoller Anblick, der keinen kalt lässt. Nach den Pupillen brannte sich dieses Bild bis heute auch in meinem Gehirn fest…

Durch solche Geschichten begann bei mir das Umdenken…

Zum einen war da der Gedanke an das hart verdiente Geld, welches durch die Blitzerei zusammenkam, zum anderen hätte das mit dem Totalschaden auch mit Personenschäden einhergehen können.

Dann der Gedanke an meine eigene Sicherheit, an meine Familie, an meine Kinder, die ich nicht zu Waisen machen wollte…

Wie gesagt, mein Umdenken begann da erst, es sollte noch so einiges passieren…

Einige Monate später, war ich mal wieder länger auf der A44 Richtung Kassel unterwegs, eine gut ausgebaute zweispurige Autobahn.

Wiedermal hatte ich einiges an Büroarbeit abzuarbeiten, während der Fahrt.

Damals dachte ich noch, wenn ich während der Fahrt telefonierte, Kundentermine machte und Angebote verfolgte, würde ich mein Arbeitspensum besser schaffen und erfolgreicher sein…

Heute weiß ich, dass das totaler Blödsinn ist und nichts bringt. Und zusätzlich ist es super gefährlich.

Wenn ich durch einen Unfalltod auf der Straße sterbe, nutze ich meiner Firma gar nichts mehr und von meiner Familie ganz zu schweigen…

Also, ich fuhr da so auf der A44. Völlig im

Arbeitswahn, griff ich nach rechts auf den

Beifahrersitz (dort hatte ich in einer

Kunststoffbox meine Arbeitsunterlagen abgelegt) um eine Telefonnummer abzulesen.

Bei solchen „Arbeiten im Auto“ fuhr ich normalerweise immer rechts (immerhin) und klemmte mich hinter einen LKW, der mit 90 km/h fuhr, da fühlte ich mich sicherer…

Da ich allerdings gerade auf der linken Spur mit ca. 140 km/h unterwegs war, setzte ich den Blinker und wollte nach rechts die Fahrspur wechseln…

Im letzten Moment sah ich im Augenwinkel, dass neben mir ein anderer PKW fuhr.

Ich riss das Lenkrad zurück, um eine Kollision zu vermeiden. Natürlich übersteuerte ich, riss das Lenkrad wieder zur anderen Seite, um nicht die Mittelleitplanke zu touchieren.

So ging das mit immer kleineren

Lenkradausschlägen, bis ich mich und mein

Auto wieder gefangen und unter Kontrolle hatte.

Mein Herz schlug mir bis zum Hals! Ich zitterte am ganzen Körper und bekam kaum noch Luft!

Mir ging nur eins durch den Kopf…Du hättest sterben können…Du hättest sterben können…

Ich fuhr dann erstmal zum nächsten Parkplatz zum Durchatmen. Was tust Du hier? Wofür?

Was ist der Sinn? Meine Gedanken hatten Kirmes…

Seit diesem Tag war zumindest diese

“Nebentätigkeit“ beim Fahren vorbei.

Ich überlegte nun, was kann ich noch machen im Auto und was geht nicht mehr.

Auch dann machte ich immer noch viel zu viel nebenbei. Aber es war ein Schritt in die richtige Richtung.

Mit Verkehrsinseln habe ich auch so meine Erfahrung gemacht. Die tauchen einfach so auf….

Es war früh morgens im November, es regnete (Du merkst, ich suche Ausreden) und es war irgendwo in Wuppertal. Wenn ich genau wüsste wo, würde ich Dich warnen.

Gerade von der Autobahn abgefahren, war ich auf dem Weg zum ersten Kunden, in

Gedanken und vielleicht auch nicht ganz hellwach…

Die Straßenführung machte eine Kuhle. Als ich wieder herausfuhr aus dieser Kuhle, knallte es plötzlich laut auf der linken Seite.

Ich wusste nicht was passiert war, merkte nur sofort, da war irgendwas im Weg. Der linke Vorderreifen war platt und eierte…ans Fahren war nicht mehr zu denken.

Ich dachte in dem Moment nicht an das Auto. Ich dachte nur daran, ob ich evtl. einen Menschen angefahren haben könnte…

Ich eierte an den Straßenrand, schaltete die Warnblinkanlage an und stieg aus.

Liegt da evtl. jemand auf der Straße, oder was war los?

Erleichtert stelle ich fest, es war nur eine Verkehrsinsel mit einem hohen Bordstein und einem Schild, rund blau, weißer Pfeil nach rechts unten.


Zeichen 2222

„Rechts vorbei“

Das Schild und die ganze Verkehrsinsel hatte ich wohl komplett übersehen.

Neben dem Ärger über mich selbst, den

Gedanken daran was das alles an Zeit und

Aufwand kostet, bis das Auto wieder fährt, dachte ich auch an das Brett der Schande.

Zum Glück war es ja nur ein weiterer

Blechschaden.

Kurz überlegte ich, wie doof doch der

Verkehrsplaner gewesen sein muss, an diese

Stelle, direkt nach der Kuhle, nicht einsehbar, direkt auf der Kuppe, so eine Verkehrsinsel hinzupflanzen.

Wozu braucht man diese Inseln überhaupt?

Hier die Antworten:

Verkehrsinseln dienen vorwiegend:

• zur Trennung der gegenläufigen Verkehrsströme an Gefahrenstellen wie Einmündungen oder Knotenpunkten.

• der leichteren Überquerung der Straße. Diese Querungsanlagen (Sprunginseln) sind dabei meist bei Fußgängerübergängen angebracht und teilen die Fahrbahn. Verkehrsinseln ermöglichen dadurch Fußgängern ein Anhalten; sie können die Fahrbahn „in zwei Etappen“ überqueren.

• bei Ortseinfahrten zur Geschwindigkeitsreduktion. Dabei wird meist der, in den Ort führende Fahrstreifen etwas versetzt.

• als Haltestelleninsel mit der Funktion eines Bahnsteigs der Straßenbahn oder Bussteigs, um ein gefahrloses, teilweise auch höhengleiches Ein- und Aussteigen zu ermöglichen.

Natürlich gibt es auch für Verkehrsinseln eine Richtlinie:

Die „Richtlinien für die Anlage von Knotenpunkten“ (RAS-K) unterscheiden zwischen folgenden Inselformen:

• Fahrbahnteiler außerorts (große und kleine Tropfeninsel)

• Fahrbahnteiler innerorts

• Dreiecksinsel

Im Nachhinein betrachtet, fällt „meine“

besondere Verkehrsinsel wohl unter den Punkt

„Gefahrenstelle“ wegen der Kuppe.

Trotzdem für mich eine ärgerliche Sache.

Es half alles nichts, die Vorderachse war gebrochen, Felge kaputt, Teillackierung,

Werkstatt, Leihwagen, usw.

Ein Schaden von ca. 6000 €…und natürlich das Brett der Schande… was viel schlimmer war.

Irgendwann folgte dann der zweite

Totalschaden.

Es war auf der Autobahn im Raum

Mönchengladbach. Mal wieder Stau, was ja in

NRW nichts Außergewöhnliches ist.

Ich fuhr an das Stauende heran,

Warnblinkanlage an und dann stand ich.

Plötzlich knallte es und plötzlich war Stille.

Ein Moment, ich weiß nicht wieviel Zeit vergangen war, wusste ich nicht wo ich war und was passiert war. Filmriss, aber ich war am Leben, das war schon mal gut. Schmerzen fühlte ich gerade auch nicht.

Dann sah ich was um mich herum passiert war. Ein Fahrer eines Audi A4 hatte das Stauende übersehenen und war voll auf das hinter mir stehende Fahrzeug aufgefahren. Ein anders Fahrzeug hing in der Mittelleitplanke fest und ich bin auf das vor mir stehende Auto geschoben worden.

Irgendwann, nachdem ich also feststellte, dass ich noch lebe, stieg ich aus. Auch mal was Neues auf der Autobahn…

Schnell versammelten sich die Beteiligten und woher auch immer war auch die Polizei schon da.

Jetzt erst merkte ich, die Verletzung an meiner

Hand (Schnittwunde durch umherfliegendes

Glas) und meine Halswirbel schmerzten.

Eine andere Frau blutete etwas stärker, allerdings schien niemand wirklich schwer verletzt zu sein.

Ich kann auch nicht einschätzen mit welcher

Aufprallgeschwindigkeit der Unfall passiert

war. Mir hat der Knall in jedem Fall den Tag versaut.

Jetzt könntest Du sagen: „Na diesmal hattest Du ja keine Schuld“. Das habe ich mir auch gesagt. Trotzdem denke ich noch heute daran, ob ich den Unfall hätte verhindern können.

Ich kann mich z.B. nicht mehr daran erinnern, ob ich vor dem Aufprall in den Rückspiegel gesehen hatte.

Hätte ich ihn kommen sehen, hätte ich dann noch zur Seite fahren können?

Hatte ich dazu überhaupt genug Abstand zum Vordermann gehalten?

Ich denke, ich hätte den Unfall nicht verhindern können, egal was ich gemacht hätte.

Heute allerdings, schaue ich am Stauende immer sofort in den Rückspiegel und halte mehr Abstand zum Vordermann, als früher. Auch den Polizisten am Unfallort werde ich nicht vergessen. Er brauchte für seinen Unfallbericht die Anzahl der Verletzten und stellte von sich aus fest, eine Verletzte, die Frau die blutete.

Bevor er seine Feststellung aufschreiben konnte, erhob ich Einspruch. „ICH BIN AUCH VERLETZT“ rief ich.

Der Polizist fragte zurück: „Wo sind sie denn verletzt“ Nach dem Motto stellen Sie sich doch nicht so an, so kam es zumindest bei mir an…

Ich antwortete trocken und etwas verärgert „Sind sie auch noch nebenbei Arzt, dass sie beurteilen können ob ich verletzt bin oder nicht, meine Halswirbel schmerzen, also bitte zwei Verletzte aufnehmen“.

Ja ist doch wahr, als wenn der Unfall nicht blöd genug war, kommt mir nun auch noch ein Polizist so.

Sorry an alle Polizisten, vielleicht war ich in dieser Ausnahmesituation auch etwas empfindlich….

All diese geschilderten Erlebnisse und die vielen täglichen Gefahrensituationen, denen wir alle im Straßenverkehr ausgesetzt sind, haben mich ins Grübeln gebracht.

Ich bin ein Mensch der gern selbst die volle

Kontrolle über alles hat. Im Straßenverkehr geht das allerdings nicht (vielleicht geht das auch in anderen Lebensbereichen nicht, aber ich rede mir das gern mal ein).

Wenn ich nicht die volle Kontrolle habe, was kann ich selbst tun, um mein persönliches Gefahrenpotenzial beim Autofahren zu minimieren???

Und da fiel mir die Straßenverkehrsordnung (StVO) wieder ein.

Ich fing an, mich einen Tag an die Straßenverkehrsordnung zu halten.

Geschwindigkeitsbeschränkungen beachten, auf meinen Abstand achten, einfach mal so zu fahren, wie ich es in der Fahrschule gelernt hatte.

Nach so vielen Jahren Autofahren, ohne viel nachzudenken, hörte sich das für mich erst mal sehr suspekt an. Was soll das?

Aber, als ich nach einem Tag feststellte, Mensch das hat doch ganz gut geklappt, habe ich es einfach eine Woche versucht, danach einen Monat, usw.

Nun bin ich soweit, dass ich seit über einem Jahr vernünftig fahre. Nun ist das mein Normalzustand geworden.

Auch ich bin kein Engel und es kostet mich jedes Mal wieder Überwindung, dran zu denken, mich an die Verkehrsregeln zu halten und mich nicht anstecken zu lassen von dem Wahnsinn der Anderen.

Natürlich nervt es mich manchmal auch, wenn ein Drängler hinter mir so gar kein Verständnis dafür hat, dass ich gerade die Schilder beachte, aber das ist mir egal.

Wenn ich heute an die Rennfahrt auf der A1 zurückdenke, läuft es mir kalt den Rücken herunter. Wie konnte ich mich damals so provozieren lassen? Wie konnte ich mich und Andere damals so in Gefahr bringen?

Heute habe ich gelernt, mit solchen

Provokationen entspannt umzugehen. Ich mache Platz, lasse den Anderen vor, und halte auch dichtes Auffahren aus, ohne auf die

Bremse zu treten, oder sonst wie zu provozieren…

Dabei helfen mir auch nützliche Apps auf meinem Handy, dazu später mehr…

Seit mehr als einem Jahr halte ich mich nun an die Geschwindigkeitsbeschränkungen, halte entsprechenden Abstand und nehme Rücksicht.

Ich beachte einfach ein paar Regeln, die ich mal in der Fahrschule gelernt habe. Und was soll ich sagen, es funktioniert. Es ist nicht immer einfach, aber es funktioniert.

Ich komme auch ans Ziel, jeden Tag und vor

allen Dingen ich fühle mich wesentlich

sicherer als früher…

Für mich hat sich diese Umstellung auf jeden

Fall gelohnt.

2 (StVO, Anlage 2, Abschnitt 3, lfd.Nr. 10, § 41 Absatz 1 kein Datum)

Die Wut in der Blechkiste und die Kunst zu überleben

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