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Vorwort

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Der Zug wackelt und rattert. Auf den blauen Sitzüberzügen liegen weiße Spitzendeckchen. Vor mir sitzt eine Frau, die braune Haut in Falten, die Kleidung schwarz. Sie reicht mir kleine Brötchen gefüllt mit Schweinefleisch. Wenn sie lächelt, zeigt sie ihre Zahnlücken, eine unten und eine oben. Sie spricht nicht mit mir. Ich würde sie sowieso nicht verstehen. Ich schaue aus dem Fenster und fühle mich entspannt, zufrieden, leicht. Ich bin glücklich. Draußen ziehen Hügel mit braunem Gras vorbei, hier und da stehen ein paar kleine Häuser.

Der Zug fährt von Dali nach Kunming, beides in der Yunnan-Provinz im Südwesten Chinas. Die Fahrt dauert sieben Stunden. Ich bin die einzige Nicht-Chinesin in meinem Wagen. Nach dem Brot teilen die Frau, ihre Tochter und der Enkelsohn noch Törtchen mit mir und getrocknete Kirschen. Meine Brötchen wollen sie dagegen nicht essen.

Fünfeinhalb Monate Weltreise liegen in diesem Moment schon hinter mir. Fünfeinhalb Monate Ausnahmezustand, fünfeinhalb Monate Unabhängigkeit, fünfeinhalb Monate Spaß. Ich überlege, ob ich meinem ehemaligen Chef nach meiner Rückkehr eine Dankesmail schreibe. Hätte er mich nicht versetzen wollen, hätte ich nicht gekündigt, hätte ich diese Reise nicht gemacht. Was für ein Verlust.

Ich bin 34 Jahre alt, Schwäbin, ein Sicherheitsmensch. Absolut. Zumindest war ich einer. Das Kind meiner Eltern. Streng dich an, dann wird was aus dir, hieß die Devise zu Hause. Ich bin weit gekommen damit. Aber ein bisschen Leichtigkeit im Leben, ein bisschen „Alles wird gut, sowieso“ hätte auch nicht geschadet. Zwar habe ich nach dem Abitur Saxophon studiert. Aber letztlich hat mir das Studium den Spaß an der Musik verdorben. Danach fällte ich die großen Entscheidungen unter der Maxime Sicherheit. Immer schön vernünftig. Das Praktikum bei einer deutschen Zeitung in Namibia habe ich abgesagt, weil ich lieber die Festanstellung bei einer Tageszeitung in Deutschland haben wollte. Das geplante Masterstudium in London ließ ich für eine bessere Position bei meiner Zeitung im Schwabenland sausen. Schließlich hatte ich da schon die unbefristete Festanstellung „bis zum Eintritt ins Rentenalter“. Was will man mehr mit 31 – und eben als Sicherheitsmensch?

Doch dann kam die Vertreibung aus meinem Paradies. Einberufung von der Landeshauptstadt Stuttgart zurück aufs Land, nach Oberschwaben. Schluss mit der geliebten Korrespondententätigkeit, mit Hintergrundgesprächen, die ab und an wirklich Klartext boten, mit Mauscheleien in der Landespolitik, nervigen Fragen bei Pressekonferenzen, für mich einfach der richtigen Mischung aus Emotion und Information. Und vor allem: Schluss mit dem Großstadtleben in Stuttgart, der verkannten Schwaben-Perle. Stattdessen ab ins lyrische Oberschwaben. Ravensburg. Agenturen über den Newsticker beobachten statt Politiker im Landtag. Ein Schreibtischjob. Grauenvoll. Und vor allem: Zurück in die Kleinstadt. Natur pur statt das pure Leben. Ravensburg ist eine wunderschöne Stadt, aber als junge Frau, als Single? Da habe ich gesagt: mit mir nicht.

Die sechsmonatige Kündigungsfrist (wie verrückt ist das eigentlich?) hat mir Luft verschafft, meine Reise um die Welt zu organisieren. Alles hat eben sein Gutes. Mit der Wunschort-Liste ins Reisebüro gehen, One-World-Ticket kaufen, sich gegen Gelbfieber impfen lassen, Zwischenmieterin suchen, Kontakte zu Zeitungen knüpfen, denen ich Artikel von unterwegs aus anbieten kann.

Ein bisschen sparen musste auch noch sein. Saxophon verkaufen, Bausparvertrag auflösen und fünf Monate keine Klamotten mehr kaufen half enorm. Letztlich konnte ich noch zwei Monatsgehälter für die Reise ausgeben, weil ich dank meines Resturlaubs sechs Wochen vor Vertragsende das letzte Mal in der Redaktion war.

Gearbeitet habe ich auf der Reise dann doch nicht. Ich musste nicht – und ich wollte nicht. Am Anfang habe ich eine Geschichte geschrieben und verkauft. Darüber, wie schwer es ist, in Zeiten von Facebook und Skype trotz Weltreise den Abstand zum Zuhause zu bekommen. Das war's. Ich habe mich ins Blog-Schreiben für meine Freunde verliebt. Aber sonst bin ich nur gereist. Einfach gereist.

Willkommen, liebe Leser

Veröffentlicht am Oktober 24, 2013 von stefaniejaerkel

Willkommen auf meinem Blog “jak’s world”. Auf dieser Seite möchte ich Euch vom Leben am anderen Ende der Welt erzählen, Verrücktes und Schönes zeigen und Sehnsüchte wecken. Ich hoffe, Ihr bleibt mir die sechs Monate als treue Abonnenten erhalten.

Eure Steffi

Gepackt

Veröffentlicht am Oktober 30, 2013 von stefaniejaerkel

Ich bin bereit. Mein stiller Begleiter ist bereit. Zarte 17, x Kilo wiegt mein Rucksack. Leichter ging es nicht. Beim ersten Probepacken waren es noch knapp 13 Kilo, beim zweiten 16. Ja, ich habe probegepackt – was habt Ihr erwartet?

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