Читать книгу Wolfswege 3 - Stefanie Worbs - Страница 5

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Reise Reise

16 Leute, auf vier Autos verteilt, fuhren vom Rudelsitz los und machten sich auf den Weg nach Wales. Dort - in Haverfordwest - war der Teil vom Rat zu Hause, der die Zeremonie mit den Thalans durchführen würde. Sie hatten also eine lange Reise vor sich.

Das wäre nicht weiter tragisch gewesen, wenn nicht ausgerechnet Evan das Auto gefahren hätte, in dem auch Ryan mitfuhr. Ergo war auch Amber bei ihnen. Ryan hatte versucht zu tauschen, hatte aber zeitgleich niemanden beleidigen wollen und saß nun neben Kaya auf der Rückbank von Evans Wagen. Amber saß dankenswerterweise vorn.

Die Strecke zog sich extrem, denn sie kamen in einen Stau nach dem anderen. Gegen Mittag hielten sie an einem kleinen Imbiss und vertraten sich die Beine. Ryan war so froh, aus dem Auto zu kommen, dass er, ohne auf die anderen zu warten, in das kleine Gebäude ging und auf dem Männerklo verschwand.

Xander folgte ihm jedoch und sah ihn fragend an, nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte. „Geht’s dir gut?“

Humorlos stieß Ryan die Luft aus. „Ich sitze seit drei Stunden in einem Auto mit Amber.“

„Gut erkannt.“

Ryan wandte sich um und sah seinen Bruder an. „Ich kann das nicht.“

„Es ist nur eine Autofahrt, Ry.“

„In einem winzigen Auto.“ So klein war Evans Wagen gar nicht, doch ganz ohne Ausweichmöglichkeiten war es definitiv zu klein für Ryan und das Azurmädchen gemeinsam.

Xander seufzte. „Warum machst du so ein Drama daraus? Im Haus wart ihr auch ständig zusammen.“

„Ich mache kein Drama daraus, es ist ein Drama! Du hast keine Ahnung.“

„Nein offensichtlich nicht. Sie ist nur ein Mädchen. Ich versteh nicht, warum du so fixiert bist.“

„Ich hab sie gefunden!“, knurrte Ryan unvermittelt.

„Ey! Komm runter!“, wies sein Bruder ihn zurecht und richtete sich auf. „Ich weiß das, aber ehrlich mal, du benimmst dich, als wäre sie dein Eigentum.“

„Was?!“

„Ja. Oder auch als wäre sie deine Ex, die mit einem anderen rummacht, und du kannst nichts tun, weil sie mit dir Schluss gemacht hat.“

Ryan ließ die Schultern sinken und stellte fest, dass Xander vollkommen recht hatte. „Tut mir leid.“

Sein Bruder kam herüber und lehnte sich neben ihn an die Waschbecken. „Warum machst du so einen Aufstand?“, wollte er wissen und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Das mache ich doch gar nicht“, murrte Ryan.

„Doch irgendwie schon. Warum kannst du nicht akzeptieren, dass sie zu Evan gehört?“

„Kann ich doch.“

„Nein kannst du nicht. Liebst du sie?“, fragte Xander offen und musterte Ryan.

„Nein.“

„Aber du willst sie.“

„Ja.“

„Trotz, dass du akzeptiert hast, dass Evan sie bekommt?“

„Mhh.“

„Ry. Schließ ab. Es ist alles scheiße gelaufen für dich, aber ändern kannst du es nicht. Such dir eine andere und vergiss Amber.“

„Wie soll ich sie vergessen? Sie ist ständig in meiner Nähe. Selbst wenn ich wollte ...“

„Du willst nicht.“

„Ich hab’s doch versucht! Ich versuche es immer wieder, aber es klappt nicht“, gab Ryan zu und senkte den Blick. „Ich hab keine Ahnung, warum das so schwer ist. Ich weiß, dass sie Evan heiraten wird. Ich kenne die Gründe und es sind gute und akzeptable Gründe. Aber ich finde es nicht richtig. Sie hatte keine Wahl.“

„Denkst du, sie hätte sich für dich entschieden?“

„Kein Plan. Aber so wäre es fairer gewesen.“

„Jetzt siehst du mal, wie ich mich die ganzen Jahre gefühlt habe“, grinste Xander und versuchte offenbar, ihn damit aufzuheitern. Sonst war der mittlere Thalan immer der Letzte gewesen, den die Mädchen gewählt hatten.

„Mit dem Unterschied, dass die Mädchen entscheiden durften. Amber durfte nicht“, erinnerte Ryan ihn.

„Man, Ry, ehrlich. Es ist wie es ist. Nimm’s hin.“

Kurz herrschte Schweigen, dann sagte Ryan leise: „Ich kann nicht.“

Xander musterte ihn mit gerunzelter Stirn. „Du kannst nicht oder du willst nicht?“

„Ich kann nicht. Es geht nicht. Wenn du wüsstest, wie sehr ich es will, aber es klappt nicht. Scheiße, man.“ Ryan warf einen Blick zur Tür, stellte sich dann mit dem Rücken zu ihr vor seinen Bruder und sah ihn eindringlich an. Fast unhörbar flüsterte er: „Selbst wenn ich mit Kaya im Bett bin, sind meine Gedanken nur bei Amber. Ich kann nichts dagegen tun. Die Kleine ist wie ... wie ... keine Ahnung mit was ich das vergleichen kann.

Alter, ich kann machen, was ich will, sie kommt mir in den dämlichsten Momenten in den Sinn. Beim Essen, beim Duschen, beim Laufen als Wolf! Xander, ich habe noch nie - hörst du - noch nie von etwas Menschlichem geträumt, wenn ich Wolf war. Seit drei Nächten träume ich ständig von Amber.“ Kurz herrschte Stille, in der die Brüder sich gegenseitig ansahen. Xander nachdenklich und Ryan leicht aufgebracht.

Dann sprach Ryan weiter. „Ich träume von den Dingen, die sie tagsüber getan hat und von den wenigen Gesprächen zwischen uns. Ich träume menschliche Träume, als Wolf! Das geht mir tierisch auf den Zeiger!“

Xander nickte, denn er verstand. Als Wolf träumte man keine menschlichen Träume. Als Wolf waren es Träume vom Jagen oder Laufen, aber nie etwas, was man als Mensch erlebt hatte.

Ryan schloss die Augen, fuhr sich mit den Händen übers Gesicht, durchs Haar und ließ sie dann an seinem Hinterkopf liegen. „Ich werd sie nicht los, Xander. Egal, was ich tue. Nicht mal mein Wolf lässt sie mehr los.“ Er flüsterte noch immer, nun aber mehr zu sich selbst.

Die Hand seines Bruders legte sich auf Ryans Schulter. „Den Rest der Strecke fährst du bei Gero und Noel mit. Ich rede mit ihnen.“

„Was willst du denn sagen? Erzähl ihnen das bloß nicht!“

Xander grinste. „Hab ich jemals was ausgeplaudert?“ Das hatte er nie. Geheimnis war Geheimnis und nicht mal unter Brüdern wurden sie weitererzählt. Und das hier war definitiv als Geheimnis eingestuft.

Ryan seufzte. „Was soll ich tun?“

Xander hob die Schultern und schob die Unterlippe vor. „Lerne, damit zu leben. Was anderes bleibt dir nicht übrig.“ Er klopfte Ryan auf die Schulter und verließ ihn dann. Einen Moment lang stand Ryan einfach da und atmete bewusst ein und aus.

Lerne, damit zu leben, dachte er und wusste, dass es nicht annähernd so einfach war, wie diese vier Worte auszusprechen. Wie soll ich das anstellen? Warum ist es überhaupt, wie es ist? Er hatte schon andere Mädchen geliebt oder war mindestens verliebt gewesen, aber das mit Amber?

Das war kein Verliebtsein oder lieben. Er schüttelte den Kopf. Was es auch immer war, er musste es loswerden. Es machte ihn fertig und wenn es jetzt sogar seinen Wolf beeinflusste, war es einfach zu viel.

Der Wolf war Ryans Zuflucht, seine Auszeit. Egal, was geschah, er konnte sich immer ins Wolfsein flüchten, abschalten und vergessen. Nicht aber bei Amber. Nicht mehr. Und das ärgerte ihn.

„Lerne, damit zu leben“, sagte er laut und wusste, dass es schwer werden würde.

Den Rest der Fahrt brachte Ryan, dank Xander, im Wagen von Gero hinter sich. Xander hatte gemeint, er wolle mal wieder mit Evan reden und so waren Kaya und Ryan zu den Perkun-Brüdern umgezogen und Xander mit Zoe zu Evan.

Es war eine Wohltat, auch wenn Ryans Gedanken trotzdem ständig bei Amber waren. Er überlegte, ob sie eine Ahnung hatte, warum die Brüder wirklich getauscht hatten. Sie hatte ihm einen seltsamen Blick zugeworfen, als er in das andere Auto gestiegen war. Ob sie es ihm übelnehmen würde, wenn sie es herausfand? Oder ob sie es einfach hinnahm?

Am frühen Abend erreichten sie endlich Haverfordwest und damit den Sitz des ansässigen Diamantrudels. Ein älteres Ehepaar begrüßte die Ankömmlinge und führte sie in ihre Zimmer. Alle Pärchen bekamen ihr eigenes, doch Ryan sollte zu seinem mittleren Bruder ziehen.

„Ich will mit Kaya in ein Zimmer“, ließ er die Frau, Mary-Ann, wissen und rückte zu seiner Rudelschwester auf.

„Ich bitte um Entschuldigung, doch wir haben unsere Anweisungen“, gab sie ihm zurück und deutete auf das Zimmer der Jungs. „Für Ms Geving wurde ein Einzelzimmer vorbereitet.“

Ryans Miene wurde düster. „Warum denn?“ Emily und Zoe schliefen auch in einem. Jeder hatte mindestens einen Zimmergenossen nur Kaya nicht. Er wusste, dass sie sich so schon unwohl fühlte. Es würde ihr noch unangenehmer sein, allein ein Zimmer zu bewohnen, dazu eben noch im Haus eines vorherrschenden Rudels.

„Wir haben unsere Anweisungen“, wiederholte Mary-Ann simpel.

„Ryan, bitte leg einfach deine Sachen ab und gut ist“, baute sein Vater sich ein und warf ihm einen eindringlichen Blick zu. Ryan verzog das Gesicht, machte einen Schritt ins Zimmer, warf seine Tasche vor das nächste Bett und hob die Arme, als wolle er fragen: „Zufrieden?“. Tavis schüttelte missbilligend den Kopf, doch Mary-Ann lächelte.

Kayas Zimmer lag ziemlich weit abseits und war das Letzte auf dem Flur. Ryan kam nicht umhin zu bemerken, dass es wohl Absicht der Diamanten war. Zwar hatten seine Eltern gemeint, der Rat wäre aufgeschlossen, doch es schien seine Grenzen zu haben.

Mary-Ann und ihr Begleiter führten die Thalans durch das Haus und zeigten ihnen die für sie relevanten Räumlichkeiten. Sie verabschiedeten sich mit der Bitte, dass alle zum Abendessen kommen sollten und ließen das Rudel dann allein im Hauptflur stehen.

Charlotte wandte sich ihren Wölfen zu. „Ihr dürft tun, was immer ihr wollt. Seid nur pünktlich zum Essen zurück und ich bitte euch, tadellos aufzutreten. Es wird ein förmliches Dinner, bei dem alle vorgestellt werden.“

Ihre Kinder nickten.

Tavis fügte an: „Es wird einige Dinge geben, die euch unpassend erscheinen und die euch sicherlich nicht gefallen werden.“ Sein Blick flog kurz zu Ryan. „Bitte nehmt es nicht persönlich und seht es als gegeben. Solange wir hier sind, haben wir uns zu fügen. Der Rat setzt eine gewisse Umgangsform voraus und wir werden diese einhalten, bis wir sie verlassen.“ Abermals glitt sein Blick über die Gruppe vor ihm. „Die Zeremonie ist für morgen Mittag angesetzt. Wenn alles so läuft, wie es soll, werden wir Übermorgen früh wieder abreisen. Bis dahin erwarten wir vollen Gehorsam.“

Wieder nickten alle.

„Gut“, war es wieder Charlotte, die sprach. „Dann geht jetzt und benehmt euch.“ Sie wandte sich an ihren Mann und hakte sich bei ihm ein. Gemeinsam ließen sie den Rest des Rudels zurück.

„Und was machen wir jetzt?“, fragte Noel in die folgende Stille.

„Was wir wollen.“ Gero hob die Hände und warf einen Blick in die Runde.

„Ich will laufen“, ließ Ryan die anderen wissen und wandte sich um. Er wartete nicht, ob sich jemand anschloss. Er würde auch allein gehen. Sein Wolf drängte nach außen und er gab ihm gerade nur zu gern nach.

Wolfswege 3

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