Читать книгу Wolfswege 1 -Amber - Stefanie Worbs - Страница 6

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Die Sucher

„Zoe, Schatz. Wie siehst du denn aus?“ Charlotte sprang auf und lief zu ihrer Tochter. „Miles!“, wies sie dann ihren Ausbilder zurecht.

Der hob entschuldigend die Arme. „Wir werden demnächst an ihrer Koordination arbeiten“, meinte er und verbarg ein Grinsen. Zoe wandte sich ihm zu und streckte die Zunge raus. Sie war die Jüngste der leiblichen Thalan-Geschwister und gerade 17 geworden. Ihre Ausbildung war in vollem Gange und so begleitete sie Miles fast überall hin.

Jetzt jedoch machte sie sich aus den Händen ihrer Mutter los und war mit drei großen Schritten und einem Satz bei Ryan und Koon auf dem Sofa. Sie drängelte sich zwischen die beiden und ließ sich dann mit einem Seufzer gegen ihren Freund fallen. Der grinste und wirkte augenblicklich kein bisschen arrogant mehr.

Seit Koon mit Zoe ging, war er sehr viel feinfühliger geworden. Was nicht nur Ryan aufgefallen war. Zwar war er noch immer der laute Sprücheklopfer, doch in Zoes Nähe wurde er fast zum Welpen.

Noel hatte mal den Fehler begangen und diese Worte laut wiederholt, als der ältere Wolf hereingekommen war. Ein gebrochenes Handgelenk und ein blaues Auge für den kleinen Perkun waren die Folgen gewesen. Koon war loyal und half, wo immer er konnte, doch wenn man an seinem Ego kratzte, wurde er fuchsteufelswild.

Auch Zoe schickte ihm immer wieder solche Spitzen, doch sie war die Einzige, bei der er es sich gefallen ließ und die Scherze mitmachte. Das war schon immer so gewesen und Ryan vermutete, dass Koon schon immer Gefühle für seine kleine Schwester gehabt hatte.

Auch wenn sie zu Anfang sicher nur rein beschützerischer Natur gewesen waren, hatte sich diese Liebelei daraus entwickelt. Und da die nun schon mehrere Monate andauerte, wäre es nicht verwunderlich, wenn daraus echte Liebe werden würde. Das allerdings hing ganz von Zoe ab. Sie war definitiv die Sprunghafte von beiden.

Koon strich ihr jetzt den Pony aus der Stirn und gab ihr einen Kuss auf die leicht zerzausten Haare. Dann zog er ihr einen Zweig aus einer Strähne und grinste, als er ihn betrachtete. Sicher war er in Gedanken schon wieder im Wald.

Ryans Blick glitt zu seinen Eltern, die beide ihre Tochter ansahen. Sie hatten nichts gegen die Beziehung der beiden. Insgeheim waren sie sogar froh, dass ihr kleines Mädchen sich einen aus dem eigenen Rudel genommen hatte. Würde sie einen anderen wählen, liefen seine Eltern Gefahr, nicht nur ein Mitglied, sondern auch ihre einzige weibliche Nachkommin zu verlieren.

Weibliche Werwölfe waren zwar längst nicht mehr so selten wie früher, doch es gab noch immer zu wenige, weshalb auch die Aristokratinnen - also die Reinblüterinnen - und die Royalen - auch Blaublüterinnen - unter ihnen hoch angesehen waren, denn sie waren am seltensten.

Die ganze Familie Thalan war reinblütig, was nur Kaya ausschloss. Deren Mutter war ein Mensch gewesen, sie hatte das Wolfsgen also von ihrem Vater geerbt. Er hatte ihre Mutter noch vor Kayas Geburt verlassen und die Frau hatte ihre Tochter verstoßen, als das Gen sich gezeigt hatte. Charlotte hatte das Mädchen damals gefunden und seitdem wie eine eigene Tochter großgezogen.

Emily und Rahel waren aus anderen Rudeln zu ihnen gekommen. Emilys Intention war Evan gewesen, doch sie waren schon lange kein Paar mehr. Auch wenn immer mal wieder, was zwischen ihnen lief. Rahel war Otis’ Verlobte und mit ihm zu den Thalans gekommen. Rahels ehemaliges Rudel war von Vampiren ausgelöscht worden, nur sie hatte überlebt. Da beide keine Ambitionen hatten ein Eigenes führen zu wollen, hatten sie sich eben einem angeschlossen.

Was Noel und Gero betraf, so waren die beiden Perkun aus ihrem damaligen Rudel geworfen worden. Die Brüder hatten mehrfach gegen die Regeln verstoßen und ihr Alpha hatte sie schlussendlich ausgeschlossen. Sie durften beide nur unter Vorbehalt hier sein, benahmen sich aber meistens vorbildlich. Was auch immer der Grund für ihren Sinneswandel war, nur Tavis und Charlotte kannten ihn.

Nun ließ auch Emily sich auf ein Sofa fallen und streckte sich. „Wir haben sie gefunden“, sagte sie knapp und meinte sicherlich die Fremden. „Sie sind zu dritt und haben uns ebenfalls bemerkt.“

„Wie haben sie reagiert?“, wollte Tavis wissen und strich sich über den Dreitagebart.

Emily zuckte mit den Schultern. „Gar nicht. Sie haben uns gesehen und sie wissen wohl auch, dass wir sie gesucht haben. Wir wussten nicht, ob es dir recht sein würde, wenn wir sie direkt ansprechen, deshalb haben wir es gelassen. Sie haben unsere Anwesenheit registriert, das war es aber auch schon.“

„Was habt ihr beobachtet?“

Miles schaltete sich ein. „Ich denke, sie sind Sucher. Offensichtlich haben sie kein Interesse an einem der Rudel in der Nähe. Wir haben ein paar andere Wölfe nach ihnen gefragt und sie alle bestätigten, dass die drei aus dem Norden kommen.“

Sucher waren Wölfe mit ähnlichen Fähigkeiten wie Späher. Wenn ein Rudel zu sehr ausdünnte oder sich ein neues formieren wollte, suchte man unabhängige Wölfe, die potenzielle neue Mitglieder sein konnten. Sucher begaben sich also auf die Suche nach neuen oder unter Umständen auch mal abhandengekommenen Mitgliedern, während Späher weitestgehend in den Revieren blieben und nach Fremden Ausschau hielten, um ihr Rudel zu warnen.

„In unserer Gegend gibt es keine Solitären. Wir wüssten von ihnen“, stellte Charlotte fest. „Sie sind schon so lange hier, sie sollten es ebenfalls bereits wissen.“

„Vielleicht sind sie einfach schlecht“, teilte Koon seine Gedanken.

Zoe kicherte. „Nur weil du denkst, der Beste zu sein, muss das noch lange nicht heißen, dass alle schlechter sind als du“, stichelte sie und grinste hämisch über Kopf zu ihm.

Er grinste zurück, meinte: „Ich denke es nicht nur, ich bin der Beste“, und stupste ihre Nase mit dem Zeigefinger an. Jeder andere der diesen Spruch losgelassen hätte, hätte mindestens einen Hieb in die Magengrube dafür bekommen, aber hier kamen wieder Zoes Sonderrechte zum Vorschein.

Ryan dachte an das Mädchen in der Gasse. „Vielleicht suchen sie keine Wölfe.“

„Wen denn sonst? Was suchen Sucher denn noch?“, fragte Noel und verzog das Gesicht, als wäre Ryans Feststellung total dämlich.

„Das Mädchen vielleicht?“, meinte Ryan und schaute seinen Vater dabei an.

Der zog die Brauen nachdenklich zusammen. „Warum sollten sie einen Verweigerer suchen? Sie will kein Wolf sein, du hast es selbst gesagt.“

„Es sah danach aus. Was weiß ich was sie von ihr wollen. Vielleicht liege ich auch falsch. Es war nur ein Gedanke.“

„Sie könnte eine Aristo oder Royale sein“, stellte Gero in den Raum und bekam durchweg ungläubige Blicke dafür.

„Royale verweigern nicht“, sagte Xander schlicht.

„Weil?“

„Weil schon wir Reinblüter nicht verweigern. Wieso sollten wir auch? Wir sind, um es mal arrogant auszudrücken, besser als andere. Sorry Kaya.“

Sie nickte nur, weil es Tatsache war, dass Reinblüter den Mischlingen überlegen waren.

„Aristokraten haben mehr Rechte und bekommen Sonderbehandlungen und überhaupt. Wenn sie ganz und gar eine Royale wäre, wäre sie noch über uns und ihre Eltern hätten schon dafür gesorgt, dass sie sich verwandelt.“

„Xander! Hör auf so überheblich zu sein!“, wies seine Mutter ihn zurecht. „Auch wir können wählen. Niemand wird gezwungen, zum Wolf zu werden.“

„Genau genommen schon“, mischte Otis sich ein. „Wir werden alle gezwungen. Der eine lässt es zu, der andere nicht. Da liegt der Unterschied.“

„Wie auch immer“, ergriff nun wieder Tavis das Wort. „Wir werden fragen, wen sie suchen. Vielleicht können wir ihnen helfen. Emily, Hakoon, Evan. Ihr geht morgen noch mal zu ihnen und bietet ihnen ein Gespräch an. Sie sind eingeladen herzukommen, wenn sie Hilfe haben möchten.“

Die drei Angesprochenen nickten.

„Ich will auch mitgehen“, bat Ryan und lehnte sich vor. „Bitte“, fügte er an, denn seine Mum hatte einen missbilligenden Blick aufgesetzt.

„Nein“, antwortete sein Vater knapp. „Sie sind drei, wir schicken drei. Eine Überzahl könnte bedrohlich wirken.“

„Dann bleibt einer von ihnen hier.“ Ryan wies die Reihe rum.

„Nein, Ryan“, wiederholte Tavis und warf ihm einen Vorsicht gebietenden Blick zu.

Ryan ließ sich seufzend in die Kissen zurücksinken und warf die Hände hoch. „Dann eben nicht“, murrte er und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Zickig wie ein kleines Mädchen“, feixte Koon, beugte sich vor und schubste ihn zur Seite.

„Leck mich doch!“

Augenblicklich wurde ihr Späher sauer. „Pass bloß auf, Ry! Anscheinend vergisst du, wer hier der Ältere ist!“

„Und du scheinst du vergessen, wer hier mehr zu sagen hat!“, giftete er zurück und sah Hakoon scharf an.

„Pff. Als würde mich das kratzen.“

„Sollte es“, baute Evan sich ein. „Er ist immer noch ranghöher als du.“

„Ich bin älter!“

„Und wenn du 150 wärst“, meinte jetzt Xander. „Er ist ein gebürtiger Thalan, du nicht. Und jetzt halts Maul.“

Ryan grinste. Auf seine Brüder konnte er sich immer verlassen. Egal welche Scheiße er baute, sie waren auf seiner Seite und für ihn da. Oder eben auch wenn es darum ging ihn zu verteidigen wie jetzt. Sein Grinsen wurde breiter, als er sah, wie Koons Züge sich verfinsterten. Dann hob er die Hand und zeigte ihm den Mittelfinger.

Koon lief dunkelrot an und sprang auf, wobei Zoe vom Sofa fiel. „Reiß dich zusammen, du Arsch!“, fauchte er und strahlte überdeutlich Wut aus.

Auch Ryan war hochgeschnellt, aber nicht zurückgewichen. „Sonst was?“

„Jungs bitte“, sagte seine Mum leicht genervt.

Evan erhob sich, half Zoe hoch, die noch immer baff auf dem Boden saß und trat dann zwischen die beiden, den Rücken zu Ryan. „Koon, setz dich wieder“, forderte er ruhig aber bestimmt. Ryan grinste abermals und zwinkerte Hakoon über die Schulter seines Bruders hinweg zu. Das allerdings war zu viel des Guten, denn der Späher schnellte vor und holte aus.

Evan war jedoch schneller und packte dessen Arm noch im Schwungholen. Er verpasste Koon einen Schlag in die Magengrube und verdrehte ihm dann den Arm so, dass Koon mit dem Rücken zu ihm stand und sich nicht mehr bewegen konnte. „Du wirst es nie lernen, oder?“, sagte Evan leise und drückte Koons Arm noch ein wenig mehr nach oben. „Fass einen meiner Brüder an und ich werde dich windelweich schlagen.“ Er neigte kurz den Kopf und zog eine Schnute, dann fügte er an. „Oder im Falle meiner Schwester erschlagen.“ Ryan konnte ihn bei diesen Worten grinsen hören.

Koon rührte sich etwas, dann stieß er leicht gequält aus: „Ja, verdammt! Ich hab’s begriffen!“

„Das hoffe ich“, meinte Evan - immer noch die Ruhe in Person - und ließ ihn los. Koon richtete sich auf und schüttelte den zuvor verdrehten Arm aus. Sein Blick glitt zu Tavis, der alles schweigend mit angesehen hatte. Er hielt sich immer aus diesen Scharmützeln raus.

Früher hatte er noch versucht, einzugreifen, doch das hatte einfach keinen Sinn. Also ließ er es die Jungs eben selber regeln. Und alle zogen grundsätzlich den Kürzeren, wenn die Rangeleien was mit einem der Thalan-Brüder zu tun hatte. Sie hielten immer zusammen, egal, um was es ging.

„Darf ich gehen?“, fragte Koon nun an Tavis gewandt und wirkte angepisst.

„Darfst du. Ihr dürft alle gehen“, entließ dieser das Rudel und fuhr sich dann mit einer Hand durchs Haar. „Ich glaube, das mit den Cathcards sollten wir uns reiflich überlegen. Nicht nur wegen ihrer Herkunft. Noch so einen Hitzkopf können wir nicht gebrauchen“, meinte er und schaute seine Frau an. Sie unterdrückte ein Grinsen und strich ihm über den Arm.

Ryan klopfte Evan auf die Schulter und dieser wandte sich um. „Wie sieht’s aus. Heute mal drüben?“, fragte er seinen ältesten Bruder und meinte sein Zimmer im Mitgliederhaus.

„Klar. Ich hol Bier“, antwortete Evan und machte sich auf den Weg in die Küche.

„Ich geh davon aus, dass ich auch eingeladen bin“, meinte Xander und warf ihm von unten her einen fordernden Blick zu.

„Als würden wir ohne dich Bier trinken“, gab Ryan ihm zurück. Im Vorbeigehen klopfte er auch ihm auf die Schulter und zerstörte dann dessen perfekte Frisur. Xander sprang auf und Ryan floh aus dem Haus und Richtung Nachbargebäude, Rahels und Kayas Lachen in den Ohren.

Wolfswege 1 -Amber

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