Читать книгу Wolfswege 2 - Stefanie Worbs - Страница 5

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Neuer Wind

Kayas leises Kichern im Ohr versuchte Ryan selbst, sein Lachen zu unterdrücken. Xander lief leicht schräg hinter ihnen und obwohl er klatschnass war, feixte auch er vor sich hin. Er hatte einen unfreiwilligen Abstecher in einen Löschteich gemacht, weshalb er nun aussah wie ein begossener Pudel. Alle drei waren mehr als angeheitert und mussten sich höllisch zusammenreißen, nicht das ganze Rudel zu wecken.

So leise es ihr Zustand möglich machte, schlichen sie die kurze Auffahrt entlang und Richtung Mitgliederhaus. Ein leiser Aufschrei gefolgt von einem dumpfen Aufprall und einem Scheiße lenkte Ryans und Kayas Aufmerksamkeit auf Xander. Sie wandten sich um und sahen ihn der Länge lang auf dem Rücken liegen und scheinbar die Sterne anschauen.

Ryan platzte los vor Lachen und Kaya unterdrückte ihres, als sie ihm auf den Arm schlug, um ihm zu bedeuten, still zu sein. Doch schon einen Moment später kicherte Xander los und verbarg das Gesicht in den Händen. Das brachte auch Kayas Dämme zum Reißen und sie prustete los.

Am Haupthaus hinter ihnen ging das Licht an und die Veranda wurde erhellt. Der Schein drang nicht ganz bis zu ihnen, doch es reichte, um sie sichtbar zu machen. Die Tür flog auf und Ryans Mum Charlotte kam angestürmt.

„Ryan, Xander, Kaya! Was soll das denn hier!“, fauchte sie, hielt aber ebenfalls ihre Stimme leise.

„Sorry Mum“, gluckste Ryan und deutete auf seinen Bruder.

Ihr Blick glitt zu ihm und wurde zornig. „Steh auf! Um Himmels willen, Xander!“

Der kicherte noch immer vor sich hin, bemühte sich aber sichtlich wieder auf die Beine zu kommen. Ryan kam ihm zu Hilfe und auch Kaya griff einen seiner Arme. Gemeinsam schafften sie es, ihn wieder auf die Füße zu stellen.

„Verschwindet sofort in eure Zimmer, ohne Umwege! Ich will keinen mehr auf dem Flur sehen!“, zischte Charlotte wütend. „Ihr könnt froh sein, dass euer Vater beschäftigt ist!“

„Mum, komm runter. Was ist denn los?“, wollte Xander wissen und sagte damit offensichtlich genau das Falsche. Charlotte ließ wortlos die Arme sinken und deutete, mit einem Blick der hätte töten können zum Haus. Die drei machten sich schweigend auf den Weg.

„Und seid bloß leise, wenn ihr durchs Haus geht!“, fauchte sie ihnen hinterher.

Erst als er in seinem Zimmer angekommen war, stellte Ryan fest, dass Kaya ihm gefolgt war. „Ey, falsches Haus“, meinte er und sah sie mit verengten Augen an.

„Pssst. Wir sollen leise sein“, kicherte sie.

Er grinste. „Trotzdem ist das für dich das falsche Haus“, wiederholte er, ließ sich auf sein Bett fallen und stützte sich mit den Ellenbogen ab.

„Ich find’s hier aber gemütlich und Charlotte hat gesagt, wir sollen nicht mehr auf dem Flur wandern gehen.“ Kaya kam zu ihm, beugte sich herunter und über ihn, sodass ihr Gesicht genau vor seinem war. „Jetzt muss ich wohl hier schlafen.“

Sein Grinsen wurde breiter. „Ich hab nur ein Bett.“

„Blöd, oder?“

Ryan hob kurz die Schultern. „Kommt drauf an.“

Sie spiegelte sein Grinsen und kam näher. Ihre Lippen an seinen hauchte sie: „Wollen wir probieren, ob wir noch beide drauf Platz haben?“

„Ein Versuch ist es wert, denke ich.“ Er hob eine Hand, fuhr seitlich in ihr Haar und fasste ihren Nacken. Ohne sich selbst weiter zu bewegen, zog er sie an sich und drückte seine Lippen auf ihre. Sie stieg sofort ein und kam weiter aufs Bett, bis sie schließlich auf ihm saß.

Es war nicht das erste Mal, dass sie miteinander schliefen, von daher wusste jeder, auf was er sich einließ. Das hier war nur Zerstreuung, nichts weiter. Zwar war ihr letztes Mal schon eine ganze Weile her, doch sie verstanden den anderen noch immer.

Ryan wusste genau, was Kaya mochte und sie, was er gern hatte. Der Alkohol machte das Ganze noch ein bisschen freier und am Ende lagen beide nicht mehr im Bett, sondern auf dem Boden davor. Sie scherten sich nicht darum, ob sie laut waren und jemand sie hören konnte. Seine Mum hatte schließlich nur gesagt, sie sollen leise aufs Zimmer gehen und dann nicht mehr auf dem Flur herumlaufen.

Früh am Morgen wurde Ryan vom Klopfen an der Tür geweckt. Er lag noch immer auf dem Boden, Kaya im Arm und nur mit seiner Bettdecke bedeckt.

„Ja?“, krächzte er und hielt sich die Hand vor die Augen. Er spürte einen fürchterlichen Kater.

Die Tür ging auf und wieder zu, dann stand der Klopfer bei ihnen. „Ihr müsst aufstehen“, sagte Xander und klang genauso angeschlagen wie Ryan sich fühlte. Kaya murrte nur und rückte näher an ihn heran.

Ryan ließ die Hand sinken und blinzelte ins Licht. „Wie spät ist es denn?“

„Sieben.“

„Sieben was?“

„7 Uhr morgens“, erklärte sein Bruder und kam in die Hocke. „Mum ist stinksauer wegen gestern. Ich weiß nicht, ob sie Dad was gesagt hat, er ist jedenfalls nicht da. Wir sollen ihr helfen, die Zimmer für die Thorburns vorzubereiten.“

„Können das nicht die anderen machen?“, murrte Ryan und bedeckte die Augen wieder mit der freien Hand.

„Nein. Die dürfen ausschlafen.“

„Warum die und nicht wir? Sollen Evan und Amber sich kümmern, schließlich kommen die wegen denen.“

„Mag sein. Aber wir sind stockbesoffen nach Hause gekommen.“

Ryan brummte. Eine Strafe also. Prima. Er ließ die Hand wieder sinken und schaute zu Kaya hinunter, die noch immer zu schlafen schien. „Hey, aufwachen. Los.“

Sie murrte wieder und legte nun den Arm übers Gesicht. „Nein“, grummelte sie und die Jungs lachten.

„Komm. Betten beziehen, ist Frauenarbeit“, neckte er sie, erhob sich leicht, sodass sie von seinem Arm rutschte und nun auf dem Rücken lag. Kurz glitt sein Blick über ihre Rundungen, die von der leichten Decke nur spärlich verhüllt wurden, dann wieder in ihr Gesicht. Er setzte sich auf und zog ihr den Arm vom Gesicht.

„Lass das! Es ist viel zu hell“, murrte sie und drehte sich zur Seite, was ihm die Decke wegzog.

Xander wandte den Blick ab. „Man, Ry, ehrlich.“

Der lachte auf. „Es ist früh morgens und dir ist die heiße Braut an meiner Seite aufgefallen, oder?“

„Beides ist nicht zu übersehen“, gab ihm sein Bruder zurück und erhob sich. „Ich hab euch Katerfrühstück mitgebracht. Es steht dort.“ Er wies auf Ryans Schreibtisch. „Beeilt euch lieber. Bevor Mum noch vollkommen austickt.“ Damit verließ das Zimmer.

„Heiße Braut?“, kam es von der Seite und Ryan hörte das Grinsen heraus.

Er wandte den Blick wieder zu Kaya und wies an sich hinab. „Beweis genug?“

Sie folgte seiner Geste und sah ihm dann wieder ins Gesicht. Ohne ein Wort richtete sie sich auf und gab ihm einen Kuss, dann meinte sie: „Ich freue mich auf das Rückspiel.“ Sie schlang sich die Decke um den Körper und stand auf. Schnappte sich ihre Sachen und Xanders Katerfrühstück, und verließ das Zimmer. Kopfschüttelnd aber lächelnd machte auch Ryan sich daran den Tag zu beginnen.

Seine Mutter war, wie Xander vorgewarnt hatte, stinkwütend. Sie fuhr ihn an, kaum dass Ryan den Fuß in die Küche gesetzt hatte. Nicht nur, dass er frühmorgens total betrunken nach Hause gekommen war, auch dass er trotz ihres Verbotes noch laut gewesen war, machte sie ihm zum Vorwurf.

Xander hatte seine Standpauke offensichtlich schon erhalten, doch auch Kaya blieb nicht verschont, als sie kurz nach Ryan die Küche betrat. Anscheinend hatte jeder im Haus sie gehört, denn nachdem seine Mutter sich beruhigt hatte, kamen Evan und Amber und warfen ihnen ebenfalls wissende Blick zu. Wobei Evans auch tadelnd war, Ambers aber nachdenklich.

Ryan tat es ab und trank seinen Kaffee, ohne ein Wort zu verlieren. Dann ging er gemeinsam mit Xander ins Haus der Späher und begann es für die Thorburns herzurichten. Seine Mutter kümmerte sich gemeinsam mit Gero und Noel um das Mitgliederhaus. Auch dort wurden Zimmer gebraucht und Ryan musste seines sogar räumen.

„Wie viele bringen die denn mit?“, stieß er gefrustet aus als er seine Sachen auf den Dachboden vom Mitgliederhaus trug. „Und wie lange wollen die bleiben?“

„Ich hoffe doch nicht allzu lange“, murrte Kaya, die ihm half.

Spät am Nachmittag waren endlich alle Zimmer fertig und alle drei Häuser strahlten allgemein wie in neuem Glanz. Die Alphas hatten sogar eine Firma kommen lassen, die sich um den Garten und das Grundstück gekümmert hatte. Selbst der sonst sehr selten genutzte Pool war grundgereinigt und mit neuen Liegestühlen bestückt worden. Nicht dass es sonst aussah wie bei Hempels unterm Sofa, aber das Grundstück war nun mal groß, da fanden sich immer Ecken, die eben nicht tadellos aussahen. Das war jetzt nicht mehr so. Wo man hinsah, war alles aufgeräumt, sauber und teilweise sogar neu.

„Ich habe euch Sachen rausgelegt“, meinte seine Mum, als sich alle nach getaner Arbeit in der Küche vom Haupthaus einfanden.

„Mum!“, empörte Xander sich. „Wir sind doch keine fünf mehr!“

„Das weiß ich. Trotzdem will ich, dass ihr tadellos ausseht, wenn die Thorburns kommen.“

„Du weißt schon, dass wir das wissen?“, meinte Ryan.

Der Blick seiner Mum richtete sich finster auf ihn. „Ich erinnere euch nicht an heute Morgen“, knurrte sie leise. „Solange Ambers Familie hier ist, benehmt ihr euch!“

„Als würden wir das sonst nicht tun“, kam es leise von Noel, der mehr zu sich selbst gesprochen hatte.

Charlotte funkelte nun ihn böse an. „Offensichtlich nicht!“

Noel hob den Blick und starrte sie verwundert an. „Ich hab doch gar nichts getan!“

„Nein. Und bevor du was tust, überleg zweimal!“

Sein verwunderter Blick ging zu Ryan, der meinte: „Später.“

„Geht euch für das Abendessen fertig machen!“, wies Charlotte offensichtlich gefrustet alle an und sie trollten sich.

Vor dem Restaurant standen Leute, die um Einlass baten, doch heute war die Gesellschaft geschlossen. Die Thalans hatten die Räume gemietet und diese waren mit ihrem Rudel und dem der Thorburns komplett ausgelastet.

„So ein Blödsinn“, murrte Ryan und fummelte an seiner Krawatte herum. „Da putzen wir das ganze verfluchte Haus und dann essen wir nicht mal zu Hause.“

„Wo sollen die denn alle hinpassen?“, Kaya kam zu ihm und half, den Knoten seiner Krawatte neu zu binden. „Wenn jeder jeden kennenlernen soll, geht das nur so.“

„Der Garten wäre groß genug gewesen“, murrte er weiter und vergrub die Hände in den Taschen, während sie an ihm werkelte.

„Als würde ich eine Gartenparty geben für so einen Anlass“, fauchte seine Mum von der Seite. Sie war nach wie vor angespannt und jeder achtete darauf, in ihrer Gegenwart nichts Falsches zu sagen. Ryan verkniff sich eine Antwort, verdrehte aber in Kayas Richtung die Augen.

Sie grinste nur und verpasste ihm dann einen freundschaftlichen Klaps auf die Wange. „Du siehst heiß aus. Anzüge stehen dir.“

„Danke. Du solltest auch öfter solche Kleider tragen“, gab er ihr das Kompliment zurück. Sie sah wirklich gut aus in dem langen dunkelroten Abendkleid. Und wieder musste er feststellen, was für schönen Kurven die Werwolffrau an seiner Seite hatte.

Sie bemerkte seine Musterung und grinste. „Gewöhn dich da nicht dran. Kleider sind unpraktisch.“

„Aber sexy.“

Wieder grinste sie und hakte sich dann bei ihm ein. Kaya war für diesen Abend seine offizielle Begleitung und damit war er der Einzige, neben seinem Dad und Evan, der eine hatte. Miles, Otis, Hakoon, Gero, Noel und Xander mussten sich vorerst allein begnügen. Otis hätte Rahel gehabt und Koon Zoe, doch beide Frauen waren nicht anwesend und damit waren ihre Männer Strohwitwer.

Ihre Einsamkeit sollte sich allerdings bald ändern, denn die Thorburns hatten sicher Frauen dabei, die eine Begleitung brauchten. Charlotte hatte erklärt, dass es - wenn möglich - immer so gehandhabt wurde, dass jeder einen Partner für den Abend hatte.

Als sie das erwähnt hatte und alle erkannten, sie würden fremde Frauen vorgesetzt bekommen, hatte Ryan sofort einen hilfesuchenden Blick zu Kaya geworfen. Alle anderen hatten das auch getan, doch sie hatte ihn gewählt und Ryan hatte den anderen Jungs eine lange Nase gemacht. Auch das würde sich noch rächen, aber für den Moment war er fein raus.

Eine Autokarawane näherte sich und alle wurden aufmerksamer. Vornweg fuhr der Wagen von Tavis. Miles hatte ihn begleitet, um die Azuriten abzuholen. Wie Ryan wusste, hatten sie einen Zwischenstopp am Haus eingelegt und das Gepäck abgeladen. Sicher hatten die Azur sich auch noch für das Abendessen vorbereitet. Jedenfalls waren die Thalans aufgebrochen, bevor die anderen am Anwesen eingetroffen waren.

Sie warteten seit zwei Stunden am Restaurant und endlich kam der Adel aus dem Norden. Evan und Amber traten vor, gefolgt von Adrian, der wie immer Ambers Schatten spielte, und alle anderen bis auf Charlotte gingen ein Stück zurück. Sie lief sofort zu Tavis, als sein Wagen hielt und er ausstieg. Auch das Auto hinter ihnen hielt, doch die Insassen warteten, bis ihnen die Türen von anderen geöffnet wurden.

Ein Mann erschien und kam um das Auto herum. Er hielt einer Frau seinen Arm hin, in den sie sich einhakte, dann schritten die beiden, als wären sie auf einem roten Teppich unterwegs, zu Ryans Eltern, um auch Charlotte zu begrüßen. Ryan seufzte innerlich. So ein Getue schon zu Anfang?

Das konnte was werden.

Wolfswege 2

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