Читать книгу Filthy Smells Of Death - Stephan Schöneberg - Страница 8
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Ich wähle über die Sprechanlage die Nummer von Route69. Es klingelt drei Mal bis jemand abnimmt:
„Hallo, sie sprechen mit Andrea und befinden sich auf der Route69.“ Ich lächle innerlich und denke mir: „Ne, Interstate 5!“.
Aber ziemlich sicher schreibt es das Corporate Identity vor, eine Affinität des Namens Route69 zum Truckerleben herzustellen.
„Hallo, Anna Wood, ich habe heute Nachmittag …“, ich mache eine bedeutungsschwere Pause, „um siebzehn Uhr einen Termin mit Mister Gray.“
Aus den Boxen erklingt ein deutliches „Oh!“
„Oh?“
„Ja, ich fürchte Mister Gray wird leider erst etwas später zur Verfügung stehen.“
Mein anderes Ich springt jubelnd auf: TSCHAKKA!
„Oh …“, antworte ich ebenso betroffen.
„Er bekam keine Freigabe für seinen Helikopterflug und konnte erst mit deutlicher Verspätung in Calgary losfliegen. Gut, dass sie anrufen. Ich hätte mich gleich gemeldet.“
Schon klar! Ist aber jetzt auch egal.
„Er fliegt von Calgary nach Seattle mit einem Hubschrauber!?“
„Ja, er fliegt gelegentlich gerne, dabei fliegt er manchmal auch etwas länger. Dieses Mal hat er Pech gehabt. Die Freigabe wurde zu spät erteilt. Es wird eher nach 19 Uhr, vielleicht sogar 21 Uhr werden. Wenn es ihnen nichts ausmacht, dann buchen wir ihnen ein Zimmer und verschieben den Termin auf morgen früh?“
Ich schaue kurz auf meine Cartier, wir haben nun 16: 15 Uhr. Ich kann locker in zwei Stunden in Seattle sein. Das reicht sogar noch, um in den nächstbesten Baumarkt zu hüpfen und die heute schmerzlich vermisste große graue Werkstatt-Putzrolle zu kaufen. So ein 'Faux-Pax' wie bei Taylor passiert mir nicht nochmal. Eigentlich arbeite ich nach dem alten Pfadfinder-Motto: Allzeit bereit!
„Ist es vielleicht möglich, auch einen Abendtermin zu bekommen?“, frage ich Andrea.
Sie antwortet nicht sofort. Wahrscheinlich hat sie wohl erst einmal tief Luft geholt.
„Nicht hier in der Firma, Miss Wood.“
„Na und?!“, denke ich.
JAHAAAA!
Meldet sich mein scheinbar gerade notgeiles zweites Ich. Das sollte doch eigentlich erst einmal genug haben?
Ich seufze laut auf.
„Ich soll also ein Zimmer bestellen und Mister Gray wird sie morgen empfangen, Miss Wood?“, versucht Andrea meinen Seufzer zu interpretieren.
Nu halt doch mal die Klappe, du blödes Unterbewusstsein, schimpfe ich im Geist mit meiner inneren Stimme.
Versuchen wir mal die Situation zu retten …
„Ich möchte Mister Gray keine Umstände machen“, bemerke ich. „Können sie in der Leitung bleiben, ich frage ihn dann gerade?“, sagt Andrea im typischen 'Sekretärinnensprech'.
„Ja sicher!“, antworte ich und denke weiter: „Na, super … jetzt steht und fällt mein Date mit der Überzeugungsarbeit einer mittelprächtigen Telefonfachkraft. Die Welt ist seit heute Mittag irgendwie gegen mich, wie es scheint. Der Morgen war ja noch ganz gut …“
Während sie mit Mister 'Eigentlich-Geil' spricht, höre ich zirka 90 Sekunden irgendwas Operettenhaftes. Dann raschelt es kurz in der Leitung und mich bellt jemand an: „Gray!“
Ich bin ehrlich überrascht … und frage: „Was war das denn?“
„Was?!“ Ich vernehme die laute, strenge Stimme eines etwas überrascht klingenden Dorian Gray.
„Na, die Musik in der Warteschlange?“, antworte ich mit einer Gegenfrage.
„Das war ein Auszug aus einer Operette, „Einer wird kommen“ von Franz Lehar. Gefällt es ihnen?“
MANN, HÖRT SICH DAS SCHEIßE AN! Revoltiert mein metal-verwöhntes Unterbewusstsein.
Aber dieser Titel …, lächle ich still in mich rein.
BLOß NICHTS ANMERKEN LASSEN, ANNA.
„Gar nicht so übel!“, antworte ich lakonisch und so nichtssagend wie irgend möglich.
„Möchten sie es länger hören, ich habe Zeit, der Flug ist lang.“
Ich kann sein breites Grinsen fast bildlich vor mir sehen.
KOTZ, WÜRG… NE, LASS MAL …
„Später vielleicht … hat sie Andrea informiert?“
„Ach, Andrea … es ist so schwer gutes Personal zu bekommen. Sie ist halt blond. Sie wusste nicht einmal mit wem sie gesprochen hat.“
CHAUVINIST!
„Mein Name ist Anna Wood. Sie erinnern sich?“, kurze Pause „Vielleicht ist mein rot-brünettes Haar in Wahrheit gefärbt?“, erwidere ich.
Es dauert drei Sekunden bis er mit einer Frage antwortet: „Ist es?“
Eine ehrliche und direkte Frage verdient eine ehrliche und direkte Antwort.
„Nein“, antworte ich lachend.
„Gut, ich mag dein Haar. Tut mir leid, dass ich unseren Termin heute absagen muss, ich hatte mich ehrlich auf sie gefreut, Miss Wood. Sie scheinen ja auch Probleme mit ihrem Personal zu haben? Wie kann man nur ein komplettes Tonbandgerät in der Waschmaschine vernichten.“ Oh-ho, interessant. Er freut sich also und er scheint Kate und mir nicht zu böse zu sein. Wenn er sich ja nur mal entscheiden würde, du oder Miss Wood?
ICH HEIßE ANNA, DU GEILE SAU. A - N - N - A.
Mensch, Anna … beim ersten Interview hattest du es doch auch nicht so nötig, aber irgendwas ist heute anders an ihm, die Stimme hört sich anders an, vor allem die Betonung.
Okay, ist ja gut, immer ruhig mit den wilden roten Pferden. Wie komme ich jetzt eigentlich auf ein rotes Pferd, und irgendwie schwirrt mir noch der Name Joanna im Kopf herum. Dazu noch Bilder von tanzenden Menschen … Ich hatte doch nicht etwa ein vergessenes, vorheriges Leben auf einer Partyinsel?
„Kate ist gelegentlich ein kleiner Schussel“, murmele ich in die Sprechanlage.
„Nun?“
„Hä?“
„Wann treffen wir uns?“
„HEUTE, BEI DIR ZU HAUSE?“, fragt mein forsches Unterbewusstsein und ich spreche es natürlich auch genauso ungefiltert aus. Ich halte mir kurz die linke Hand vor den Mund und schließe die Augen … zu spät, es ist raus! … … schnell korrigiere ich meine Fahrtrichtung mit dem Lenkrad, als ich schon am Schotter neben der Straße kratze. Puh! - Augen auf im Straßenverkehr. Das hilft enorm, wenn man mit 130 Meilen die Straße entlang rast, auch wenn sie überwiegend geradeaus verläuft. Anna, kannst Du nicht ein einziges Mal deine vorlaute Schnauze halten?
„Anna, Anna - was soll ich bloß mit Ihnen machen?“
Oh, er geht tatsächlich darauf ein? Ich freue mich innerlich, irgendwas tief in meinem Bauch zieht sich zusammen und es ist nicht wegen den Resten von Taylor, die ich versuche zu verdauen. Aber, na was denn nun? Anna, oder Miss Wood? Aber vielleicht geht ja auch beides? Ich kann den Typen irgendwie noch nicht so richtig einschätzen.
DER VERBIRGT IRGENDWAS!
Ach komm, wenn hier irgendjemand was zu verbergen hat, dann bin das doch wohl eher ich, oder nicht?
„Mir sagen, wo ich hinfahren soll, wäre schon mal ein Anfang!“, spreche ich geradeheraus aus, was ich denke.
Ich hätte nicht gedacht, dass er mir so einfach seine Adresse gibt. Zudem verrät er mir dazu den Code für die Tiefgarage. Der Mann denkt mit. Vielleicht wird er meinem kleinen psychiatrischem zweitem Ich doch noch sympathisch? Mir ist schon klar, dass es einfach nur mit ihm ficken möchte … Na gut, ich vielleicht auch - so ein kleines bisschen … Meine zweite Stimme schweigt während der ganzen restlichen Fahrt bis ins Nobelviertel von Seattle. Vielleicht ist sie beleidigt, da ich auch Interesse am gleichen Kerl habe?
Nach exakt 2 Stunden und 11 Minuten parke ich Kates SLS in der Tiefgarage von Dorian Grays opulentem Anwesen. Tiefgaragen haben ja ihren eigenen erotischen Flair. Ich mag dieses triste unpersönliche Grau. Zudem ist man meist unter der Erde. Die graysche Tiefgarage ist allerdings wirklich anders als die meisten öffentlichen Tiefgaragen. Nicht, dass sie unbedingt kleiner ist. Aber sie ist definitiv … sauberer. Der Mann hat sein Personal unter Kontrolle - Respekt dafür! Vielleicht beschäftigt er im Gegensatz zu den öffentlichen Garagen auch einfach genug Putzkolonnen? Was mache ich mir eigentlich für komische Gedanken? Interessiert doch sowieso kein Schwein, wie sauber nun die Tiefgarage von Dorian Gray ist? Nur der Vollständigkeit halber will ich noch erwähnt haben, dass ich kurz vor Seattle noch einen Baumarkt gefunden habe, der Reinigungstücher vorrätig hatte. Leider nur die gängigen Blauen. Ich war leicht genervt, hab mir aber trotzdem welche mitgenommen.
Meinen Rucksack nehme ich natürlich mit ins Haus. Der SLS findet sicher problemlos Anschluss. Es gibt ein paar nette Kumpel hier: Da steht unter anderem ein schwarzer Lambo neben einem großen grauen Rolls und einem anthrazitfarbenen Porsche Panamera. Interessanter Fuhrpark! Mit all denen kannst du gerne reden, Prolli, aber lass dich nicht mit dem roten Ferrari ein, der hat einen bösen Blick und natürlich die falsche Farbe.
Ich drücke den Knopf für den Fahrstuhl. Nach ungefähr 15 Sekunden geht die Fahrstuhltür auf. Wow, alles so geräuschlos. Der Aufzug ist passiv beleuchtet und besteht komplett aus Marmor … hätte ich gedacht und irgendwie cool gefunden. Ich mag Marmor. Stattdessen ist er vollkommen verspiegelt, inklusive Decke und Boden. So viel zum Thema putzen - welche arme Sau muss das wohl sauber halten? Und … er hat keine sichtbaren Knöpfe. Woher weiß der denn wo ich hin möchte? Egal, ich steige ein und warte mal ab. Nach zirka 20 Sekunden öffnet sich die Tür wieder und … ich bin in einer komplett anderen Welt.
Ein Traum in Weiß, Schwarz und GRAU! Ich bin … verliebt. Wer hätte DAS gedacht? Eine freundliche und doch erotische weibliche Stimme aus dem Fahrstuhl sagt: „Willkommen im Gästebereich von Dorian Gray.“ Ich blinzle zwei-drei Mal, der Fahrstuhl war noch nicht fertig: „Fühlen sie sich wie zu Hause, Miss Wood. Mister Gray meldet sich, sobald er eingetroffen ist!“
HOLLA! ER WEIß WIE MAN JEMAND BEEINDRUCKT. Meinem zweitem ich scheint es jedenfalls auch zu gefallen.
Nur … er hat nicht gesagt, wann er denn nun 'erscheint'. Ein Blick auf die Uhr sagt mir, dass es gerade kurz nach 18 Uhr ist. Seine hohlbirnige aber dafür wahrscheinlich ultraschlanke, langbeinige Sekretöse meinte, es würde mindestens 19 oder gar 21 Uhr werden. Aber … wo? Bis er hier ist? Bis er landet? Bis er komplett geschminkt und onduliert in einem coolen grauen Freizeitdress vor mir steht, bereit zu allen Schandtaten?
Keine Ahnung … Ich fluche leicht vor mich hin. Der Fahrstuhl ist mir wohl gefolgt, hat aber sein Geschlecht gewechselt: „Wenn sie etwas benötigen, Miss Wood, dann brauchen sie dies nur laut zu sagen“, ertönt eine Stimme irgendwo aus der Decke.
„WAS? … für 'ne abgefahrene Scheiße“, denke ich.
Ich probiere mal was: „Kann ich mit Mister Gray sprechen?“, spreche ich laut vor mich hin.
„Moment, ich versuche es“, spricht die Stimme irgendwo aus dem 'off'.
„Gray!“
HIMMEL NOCH MAL, KANN DER SICH NICHT MAL VERNÜNFTIG UND VOR ALLEM FREUNDLICH MELDEN?
„Hallo, hier spricht …“, soll ich es versuchen? Kurz geschwankt - egal - ich mach's einfach mal: „Anna … Können Sie mir sagen, wann sie mich ungefähr empfangen oder abholen werden?“
„Hallo Miss Wood. Ich befinde mich noch ungefähr eine Stunde von Seattle entfernt. Ich werde in ungefähr zwei Stunden bei ihnen sein. Ich hole sie persönlich ab.“
„Danke“, antworte ich kurz.
„Bitte! wir sehen uns gleich. Gray Ende.“
Er hat aufgelegt.
Na, aus dem soll mal einer schlau werden. Mal ist er freundlich, mal eher nicht. Immerhin weiß ich jetzt, dass ich noch gut 2 Stunden Zeit habe, um mich aufzuhübschen. Vor allem eine Dusche würde dabei enorm helfen. Dann wollen wir mal sehen …
„Äh, hallo?“, frage ich in den Raum.
„Ja?“, antwortet die Stimme sofort.
„Wo ist denn hier die Dusche?“ … „Bitte?“
„Sie müssen sich um 90 Grad drehen und den Gang heruntergehen. Es steht Bad dran.“
ÖHM.
„Wer auch immer sie sind, sie können mich sehen?“, frage ich.
„Ich bin der Hauscomputer und ja, ich kann sie sehen.“
„Auch im Bad?“
„Ja“
„Kann Mister Gray mich auch sehen?“
„Wenn er das möchte.“
„Kann man das ausschalten?“
„Wenn sie dies möchten.“
„Ich möchte dies.“
„Sie möchten was?“
BISSERL SCHWER VON BEGRIFF, DER JUNGE.
„Ich möchte, dass im Bad die Kameras und Mikrofone ausgeschaltet werden!“
„Sie können dann keine Anweisungen mehr geben.“
„Ich weiß?!“
„War das eine Frage?“
Ich rolle genervt mit den Augen.
„Nein!“
„Was möchten sie?“
„Ich - möchte - dass - im - Bad - die - Kameras - und - Mikrofone - ausgeschaltet - werden! Es ist mir egal, ob ich dann noch Anweisungen geben kann.“
Danke, ich bin schon groß, ich kann alleine duschen und mich abtrocknen.
„OK“
GEHT DOCH!
Also, wenn er sich das schon später anguckt - die geile Sau - dann kann ich ja auch ein bisschen 'teasern'. Ich entscheide mich also hier und jetzt, mich im Schlafzimmer bis auf die Unterwäsche auszuziehen.
„Hey!“ Stille.
„Computer?“
„Ich heiße James“, erklingt es aus der Decke.
„Eine Mimose ist der also auch noch! Das passt zu dir, du selbstverliebtes steifes Brett!“, denke ich.
HMMM, STEIF …
Ruhe, du Kopfkino, du!
„Okay … James, wo ist das Schlafzimmer?“
„Drehen sie sich in die andere Richtung um 90 Grad und gehen sie den Gang bis zum Ende hinunter“. Gang passt übrigens ausgezeichnet. Es gibt kein Fenster nach draußen. Das hier ist fast wie der Flur eines großen Hotels. Mit einem entscheidenden Unterschied: Das ist um mindestens dreihundert Prozent geschmackvoller eingerichtet und beleuchtet. Im Schlafzimmer ziehe ich mich tatsächlich bis auf meinen Spitzen-BH und das Höschen aus. Es ist wohl unnötig zu erwähnen, wie toll es hierin aussieht, aber direkt VIER Kleiderschränke mit Doppelschiebetüren? Das ist doch wirklich schon ein bisschen dekadent?
Ich schaue an mir runter. Victorias Secret macht schon tolle Sachen, keine Frage. Die Kleiderschränke lasse ich links liegen … erst mal muss ich mich ein wenig restaurieren. Es ist nicht so, dass ich das wirklich nötig hätte. Aber wie sieht 'Frau' halt aus, wenn sie mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 135 Meilen pro Stunde von Portland nach Seattle gerast ist, nachdem sie einen Kerl durchgepimpert und danach teilweise gegessen, sowie vollständig zerstückelt hat?
Schließlich gilt es, einen guten Eindruck zu hinterlassen. Warum? Weiß ich irgendwie auch nicht so genau - ist doch bloß ein Interview? Worum geht es mir denn eigentlich nun genau? Wenn ich das nur so genau wüsste?
Vor allem geht es erst einmal darum, peinlichst genau nach Stellen zu suchen, an denen noch Blut kleben könnte.
Ich gehe - nur in Unterwäsche bekleidet - zum Ausgangspunkt zurück und drehe mich einmal um die eigene Achse, mit beiden Händen hinterm Kopf und rausgestreckter Brust. Tja, wer hat der hat und wer kann der kann. Ich habe und ich kann, warum soll ich es nicht zeigen? Schließlich gehe ich weiter den Gang hinunter und öffne die Tür an der 'Bad' dran steht …
Das ist kein Bad - das ist ein Wellness-Tempel. Auch wenn es nicht so wirklich pompös und riesig daherkommt, wie der Fahrstuhl oder die Tiefgarage, ist hier doch alles fantastisch eingerichtet und so sauber, dass man vom Boden essen könnte. Nicht, dass ich das nicht auch anders gewohnt wäre und trotzdem ziemlich oft genötigt bin, genau das zu tun: Vom Boden zu essen … Aber das hier? … ist unglaublich.
Vorsichtig trete ich ein, schließe die Tür und mache einen Test: „Hallo? Computer?!“, keine Antwort. „James?“, Stille. GUUUUUUUT.
Ich ziehe mich komplett aus, bis auf die Cartier. Das Bad hat sogar eine große Eck-Badewanne. Hmmm, nein … die Zeit reicht vielleicht, aber ob das so gut ist? Duschen ist wohl besser! Ich gehe einmal quer rüber und schaue um die Ecke in die gemauerte Dusche. Sehr schön, eine Regenwasserdusche mit extra breitem Duschkopf: Von Grohe, die gehobene Ausstattung - wow! Die schaut teuer aus, war sie wahrscheinlich auch.
Für mich ist viel wichtiger, dass die Dusche neben den obligatorischen Seitendüsen auch eine Handbrause hat.
Das taylorsche Schlachtfest ist noch nicht ganz aus meinen wenigen Körperöffnungen und Spalten entfernt. Diese Reinigung hole ich jetzt erst einmal nach! Dabei widerstehe ich kurz dem Drang, mich in der Dusche selbst ein wenig auf Touren zu bringen. Kurz verharrt mein linker Zeigefinger auf meiner Klitoris. Ein, zwei kreisende Bewegungen. OK, noch drei bis vier hinterher. LASS ES ANNA!
Die Körperhygiene hat jetzt erst einmal Vorrang. Ich brauche fast 30 Minuten bis ich keine Reste von Blut mehr auf und in meinem Körper entdecken kann. Tropfend trete ich aus der Dusche hinaus und … Kacke … Wo sind denn die Handtücher?
„Hallo!?“, ach, verdammt!
Leise und ein wenig beschämt, stampfe ich zur Badezimmertür und strecke einen pudelnassen Kopf heraus: „Hallo!?“
„Ja, Miss Wood?“, antwortet der Computer.
„Öhm, wo sind denn die Handtücher?! Bitte?“
„Sie brauchen Handtücher?“
JA WAS DENN SONST, DU SCHNELLMERKER?
„Äh, ja?!“
„Die Dusche hat doch einen Ganzkörperföhn!“
„Die Dusche hat bitte was?“
„Einen Ganzkörperföhn zum Trocknen eines gerade geduschten weiblichen oder männlichen Körpers inklusive Haarföhnfunktionalität, der bei Damen automatisch hinzugeschaltet wird, bei Herren nur auf Anforderung.“
Ich schüttele verwundert meinen Kopf. Offensichtliche Fragen verwirren Mister Gates anscheinend und enden in einer etwas längeren Erklärung. Aber so zickig wie der sich anstellt ist es eher Mister Jobs. Zum Glück ist es kein Mister Ballmer.“
„Und wie funktioniert der?“
„Sie brauchen lediglich 'Föhn an' zu sagen, wenn sie fertig geduscht haben.“
Na super, sogar für die Brause braucht man hier 'ne Bedienungsanleitung. Ich schließe die Tür und mache mich auf den Weg zurück zur Dusche. Auf halbem Weg fällt mir ein was ich vergessen habe und ich drehe um.
Erneut stecke ich den Kopf zur Tür raus: „Dusche, Föhn an!“, rufe ich in den Flur.
„Gerne! Wie lange?“, kommt zurück.
BIS ICH TROCKEN BIN, DUMMBATZ!
„Zehn Minuten, bitte.“ Gut die Hälfte vom Duschwasser ist ja schon quer durchs Bad verteilt.
„OK“.
Ich vernehme ein deutliches Rauschen, welches von der Duschkabine ausgeht und muss am Ende sagen: Das hatte tatsächlich was. Wenn ich einmal reich bin, will ich auch so was haben! Meine gebrauchte Unterwäsche ist eigentlich viel zu schade für meine frisch gewaschene samtweich föhngetrocknete Zombiehaut. Aber, ich hab nix anderes mit. Vielleicht muss ich es später nur gut verkaufen. 'Ich bin ein heißes dreckiges Stück!', hört sich doch gut an. Besser als: 'Ich habe, nachdem ich einen Kerl aufgefressen, mit dem ich heute Morgen gevögelt habe, leider keine andere Wäsche zur Verfügung gehabt und die ist jetzt halt ein wenig verschwitzt und blutig.'
Also … ausziehen sollte ich mich, wenn es zum Äußersten kommt, alleine. Will ich das?
JA, WILLST DU! Sagt mein Unterbewusstsein, dass sich irgendwie auch nie so richtig festlegen kann.
Gerade fällt mir ein, dass ich Kate noch eine Nachricht schicken muss. Ich komme heute definitiv nicht mehr nach Hause. Wir hatten das schon einkalkuliert, dass sie Hannah ins Bett bringt. Aber eigentlich sollte ich morgen früh das Frühstück machen.
„Ist gut, Liebes“, kommt zurück: „Du schläft bei Mister Gray? Wow? Oder sogar mit?“
Ich werde leicht rot, als ich den Text lese. So kenne ich mich ja gar nicht. Ich beschließe, vorerst nicht darauf zu antworten. Aber Kate kann sehen, ob ich ihren Text gelesen habe.
Da ist sie wieder, die Stimme von Mister Bytes: „Mister Gray wird sie in 15 Minuten abholen.“
Achso … der schon wieder, Okay - ist gut. … Bitte WAS?!?
Ich steh hier in Unterwäsche in einem fremden Bad und in FÜNFZEHN Minuten soll ich Mister Superreich daten? Das ist unmöglich! Bei mir macht sich 'etwas' Panik breit. Ich hab noch keine Haare gemacht, das Schminkset noch nicht ausgepackt und noch nicht einmal einen Spiegel gefunden. Ja, OK, die letzte Aufgabe ist einfach, umdrehen reicht. Jetzt aber los Anna!
Also denn, keine Ahnung worauf Mister Gray so steht. Ich entscheide mich für die 'leicht-dunkel-geschminkt-mit-etwas-rouge-auf-den-Wangen' Variante. Die geht schnell und kommt meinem Typ entgegen. Aber auch für die braucht man - wenn man es einigermaßen vernünftig machen möchte - mindestens 20-30 Minuten. Unter Zeitdruck wird das eher zu einem 'nuttig-komm-lass-uns-ficken' Look.
ABER GENAU DAS WILLST DU DOCH, meldet sich einmal mehr mein Unterbewusstsein. Egal, beim ersten Mal war ich auch nicht so auffällig geschminkt und hab dafür keine negativen Kommentare eingefangen.
Na ja, … ja … nein, doch nicht so direkt. Ach Manno, wenn ich, doch nur wüsste was ich wirklich will?!
Mitten beim Ziehen des Lidschattens höre ich das deutliche „Ping“ des Fahrstuhls.
Mist!
„Miss Wood?“, erklingt es aus dem Flur.
Es hilft nix - ich kann doch nicht in Spitzenunterwäsche vorbei an ihm ins Schlafzimmer flitzen?
Okay, das war 'ne blöde Idee, das mit dem Teasern!
„Ich bin noch nicht ganz fertig“, rufe ich aus dem Bad und hoffe, dass man es draußen hören kann.
„Ich werde hier am Fahrstuhl warten“, ruft er zurück.
Kacke! Kann nicht auch mal was klappen?
„Ich habe meine Sachen im Schlafzimmer“, rufe ich zurück.
Stille. Entweder grinst er sich jetzt einen, sein einer bewegt sich, oder er ist stinkig. Und ich kann nichts von all dem beeinflussen, da ich ihn ja nicht einmal sehen kann. Was für eine beschissene Situation!
„Ich warte oben auf sie, Miss Wood, sie haben noch 30 Minuten Zeit!“, ruft er zurück. Verdammt, das klingt eher nach 'Stinkig'. „Der Fahrstuhl fährt sie hoch“, ruft er noch hinterher.
Ist klar! Und sollte ich ihn nach 31 Minuten betreten, fährt er wieder runter und setzt mich in der Tiefgarage ab.
Ich höre erneut das „Ping“. Er ist wohl wieder nach oben gefahren.
Viel Zeit habe ich logischerweise nicht, um mir Gedanken über das gerade Geschehene zu machen. Jetzt heißt es: Schnellschminken!
Mein Rückweg ins Schlafzimmer ist eher ein 'hektisches Spurten'! So viel zum 'erotischen Teasern'.
Im Schlafzimmer achte ich peinlichst darauf, nicht meine Schminke zu verwischen, als ich meine helle Bluse und den knielangen Rock wieder anziehe. Zum Glück sind es Spiegelschränke, da kann ich noch die eine oder andere Falte in der Kleidung richten, die sich zwangsläufig ergeben hat, als alles unbeteiligt rumlag, während ich mit Taylor beschäftigt war. Ich bewahre mir einen Rest Würde, indem ich nicht vom Schlafzimmer zum Fahrstuhl hetze, sondern meinen 'Modelgang' benutze. Der nicht gerade leichte Rucksack unterstützt mich dabei sogar. Brust raus, Anna! Kate sagt, dass ich mindestens so gut wie Naomi Campbell gehen kann. Kate schafft es immer wieder mich aufzubauen, auch wenn es mir absolut beschissen geht. Gutes Stichwort, ich habe tatsächlich etwas 'Schiss in der Hose'. Natürlich nicht wirklich, aber ich habe schon einen ziemlichen Respekt vor all diesem Prunk hier. Wie er wohl ist, wenn er nicht im Büro ist?
Einigermaßen gut gestylt und in Form gebracht, betrete ich den Fahrstuhl. „Nächster Halt, Privatbereich Dorian Gray, ich wünsche einen angenehmen Aufenthalt, Miss Wood“, sagt die erotische Stimme und hört sich dabei so an, als wollte sie mich gerade ein wenig verarschen. Ob sie auch einen Namen hat? Ich habe keine Zeit mehr, zu fragen. Der Fahrstuhl hält an, die Tür geht auf.
Und da steht er …
Moment … da steht er? Er hat die ganze Zeit vor dem Fahrstuhl gewartet!?
„Mister Gray?“ frage ich freundlich, genau in dem Tonfall, der ein 'Hallo' ersetzt und blicke ihn dabei mit einem leichten Hundeblick von unten an.
Er schaut streng, aber schließlich lächelt er mich doch an. Irgendwie ist dieser Mister Gray zu Hause anders als der Mister Gray im Büro. Ich kann noch nicht genau sagen, wie ich darauf komme. Er scheint sogar anders zu stehen?
ANNA, DU PHANTASIERST. DU HAST IHN JETZT GERADE EINMAL FÜR EIN PAAR SEKUNDEN HIER STEHEN SEHEN?!
Hmm, ja, da muss ich meiner inneren Stimme wahrscheinlich sogar Recht geben.
„Miss Wood … willkommen in meinem bescheidenen Heim.“
Er antwortet stilistisch genau auf die Art und Weise, wie ich ihn begrüßt habe, wohl wissend, dass sein Heim vieles ist, aber mit Sicherheit nicht bescheiden.
Ich hebe leicht die Augenbrauen.
„Sie sehen fantastisch aus, Miss Wood! Ich bin froh, ihnen noch einmal bis zu 30 Minuten gegeben zu haben, von denen sie auch tatsächlich 28 Minuten ausgenutzt haben.“
Meine Augen verengen sich etwas. Im Büro hat er nichts über mein Aussehen gesagt.
„Ich bin kein geduldiger Mensch“, ergänzt er.
Was soll ich schon darauf antworten? Schließlich formt mein Mund ein unverbindliches: „Nun?“
„Ja sicher, unser Interview - das zweite Interview!“
Es war klar, dass er genau das noch einmal zur Sprache bringt. Daher bin ich nicht geschockt, als er es erwähnt.
„Es tut mir leid …“, beginne ich meine vorher auswendig und zurechtgelegte Entschuldigung zu rezitieren.
„Miss Wood, bitte! Wenn ich es ihnen nicht verziehen hätte, wären sie jetzt nicht hier“, fällt er mir ins Wort. Dabei sieht er mir in die Augen. DIESE Augen! Die sind mir auch beim ersten Interview definitiv nicht so sehr aufgefallen! Darin könnte ich mich ewig verlieren …
ANNA!
„Danke! Wollen wir das Interview eigentlich hier im Flur führen?“, frage ich und gehe nicht mehr weiter auf unseren schlechten Start ein.
Er lächelt. „Oh nein, natürlich nicht - bitte folgen sie mir.“ Na, er ist doch immer noch typisch Macho-Mann. Natürlich will er zeigen, was er hat. Alle Männer wollen immer alle Frauen beeindrucken, dabei ist es meist gar nicht das, was wir Frauen wollen.
HOFFENTLICH KANN ER AUCH NOCH MIT WAS ANDEREM BEEINDRUCKEN.
Meldet sich mein Unterbewusstsein. Ich verdrehe die Augen. Zum Glück sieht er das nicht, er hat ja hinten keine Augen. Dafür einen echt tollen Hintern und sein Gang ist kräftig und sehr elegant. Der macht sicher so einiges an Sport. Ich würde jetzt auf keinen Fall sagen: „Im Gegensatz zu mir!“
Menschen umbringen ist sehr oft auch eine sportliche Tätigkeit. Die Wenigsten sterben freiwillig. Oft genug ist das eine ziemliche Rennerei und zudem habe ich ja einiges dafür getan, dass ich möglichst effektiv und schnell meinen Job erledigen kann. Allerdings - das geht auch mal schief, und dann kann das ganz schnell auch mal sehr körperlich werden.
Wir betreten sein Arbeitszimmer. Ein Traum in grau! Der Boden, dunkelgrauer Marmor. Die Wände in weißem Strukturputz mit einer grau abgesetzten Bordüre, gelegentlich unterbrochen durch weiße Regale oder ein aufwendig grau gerahmtes Kandinsky-Bild als Farbtupfer. Aber … die können nicht echt sein, dann wären sie unbezahlbar. Sie sind wahrscheinlich aufwendig nachgemalt. In die Decke sind Strahler eingelassen. Der ganze Raum ist unverschämt riesig und sicherlich an die 100 Quadratmeter groß. So sieht also ein persönliches Arbeitszimmer aus. Er bittet mich zu seiner großen Couch im 'Westflügel' des Arbeitszimmers und setzt sich auf die andere Seite der viel zu großen Garnitur. Meinen Rucksack 'parke' ich erst einmal auf dem ebenfalls viel zu großen Couchtisch. Im Stehen mache ich mich auf die Suche …
„Nun, Miss Wood, erinnern sie sich noch an das letzte Interview?“
Als ob ich das vergessen hätte …
Ich schaue ihn mit einem halb bösen Blick an.
„Ich sehe schon! Aber natürlich nicht Wort für Wort, befürchte ich.“
ACH? WESWEGEN BIN ICH DENN SONST HIER, SMARTASS?
„Deswegen sehen wir uns ja auch schon so bald wieder“, fügt er noch an.
GENAU!
„Das wiederum freut mich sehr!“
Ach guck, er kann ja doch freundlich sein, wenn er nur will!
Ich krame weiterhin nervös in meinem Stanley-Rucksack herum. Ich suche mein Diktiergerät. Nicht dass mir jetzt irgendein Kabelbinder, oder, noch schlimmer, das Messer oder der Zimmermannshammer heraus fällt. Die Kramerei dauert natürlich viel zu lange und gibt ihm Zeit eine Frage in meine Richtung abzufeuern: „Was machen sie eigentlich beruflich, Miss Wood?“
„Ich helfe in einem Baumarkt aus, um mein zweites Studium zu finanzieren“, antworte ich nervös und ohne aufzublicken. Verdammt, wo ist das denn?
„Ihr zweites Studium?“, fragt er sichtlich interessiert.
Während ich die nächste große Tasche durchsuche, antworte ich halb abwesend: „Examinierte Biologin war mir noch nicht genug!“
Mann! Dieser Rucksack hat aber auch viele kleine Taschen.
„Biologie, soso, interessant …“, fabuliert er amüsiert vor sich hin und kratzt sich mit dem linken Zeigefinger lässig an der Nase indem er den Ellbogen auf dem rechten Unterarm abstützt, den er um seine Brust geschlungen hat. Zudem legt er den Kopf leicht schief und lächelt vor sich hin.
Er scheint Gefallen darin zu finden, dass ich zunehmend unentspannter werde.
„Und jetzt? Psychologie? Was haben sie vor? Möchten sie das Gefühlsleben von Viren und Bazillen erforschen?“, fragt er immer noch belustigt.
Ich kann gerade nicht lachen, aber immerhin, für ein Lächeln hat es gereicht.
Ja gut, so schlecht war der Witz ja auch nicht … Er kann ja nicht wissen, dass ich Kate aushelfe, die das Interview zusätzlich für ihr Studium angefragt hat. Sie studiert nämlich zusätzlich Philosophie und benötigt es für eine Semesterarbeit. Sie ist immer noch ein wenig kränklich, mittelschwere Sommergrippe.
Ha! Endlich. Triumphierend halte ich das Diktiergerät hoch und blicke zu ihm herüber. Er sitzt lässig auf seinem riesigen grauen Ledersofa. Sein Kinn ruht nun komplett auf seiner linken Hand, mit dem Zeigefinger fährt er über seine obere Lippe. Er lächelt immer noch um seine Mundwinkel, ich lächle ebenfalls. Was will ein einzelner Mann, egal wie sexy er auch ist, eigentlich mit einer so riesigen Couch?
„Es ist von Rolf Benz - EGO - Serie. Eine Sonderanfertigung.“
Er muss gesehen haben, dass ich das Sofa gemustert habe.
ANNA, PASS AUF - ER BEOBACHTET DICH SEHR GENAU.
EGO, das passt zu ihm.
„Es ist normaler gehobener Standard und sehr bequem, setzen sie sich doch“, lädt er mich ein, endlich Platz zu nehmen.
Ich stehe wirklich noch. Das kann man ändern! Ich nehme den Rucksack vom Tisch, platziere ihn neben dem Sofa und setze mich ihm gegenüber auf die andere Seite der U-förmigen Couch. Das graue Leder fühlt sich kühl auf meinen Beinen an. Vielleicht hätte ich doch einen längeren Rock auswählen sollen?
„Bevor sie fragen: Das Leder ist echt, es wird in dieser Farbe sehr häufig irrtümlich für ein Kunstimitat mit einem sehr unflätlichem Namen gehalten.
„Froschfotzenleder“, spreche ich das aus, was er wohl im Sinn hatte.
Er lacht kurz auf: „Nun, jetzt ist es raus!“, bestätigt er meine Vermutung. „Der Tisch ist auch von Rolf Benz, ein Standard-971er“, ergänzt er nüchtern, „Keine Sorge, der kann was ab, und wenn nicht, ist das auch nicht so schlimm, er ist nicht so teuer.“
Ich schaue ihn fragend an. Was hat er denn jetzt genau gemeint? Ah, ja der Rucksack, den ich eben einfach so drauf gestellt habe! „Etwas über 3000 Dollar, so wie er vor ihnen steht.“
Ich schließe kurz die Augen und hole deutlich Luft.
„Die Kandinskys sind natürlich keine Originale, sie sind von einem örtlichen Künstler nachgemalt.“
„SIE sehen toll aus!“, bestätige ich.
Er hält kurz in seiner Erklärung inne und ergänzt dann sanft: „Deswegen habe ich sie aufhängen lassen.“
ER HAT EINE SEHR SCHÖNE STIMME, DAS IST MIR LETZTENS GAR NICHT SO AUFGEFALLEN. Oh je, mein Unterbewusstsein ist auch eingeschüchtert. Ob er die Doppeldeutigkeit meiner Feststellung bemerkt hat?
Unsere Blicke kreuzen sich kurz. Dabei halten wir beide kurz inne, als sich unsere Augenpaare treffen. Ich nehme noch zusätzlich meine Frageliste aus dem Rucksack. Hierzu muss ich mich ein wenig strecken und meine Bluse rutscht ein wenig hoch. Er grinst erneut und streicht sich noch einmal mit dem Zeigefinger über die Oberlippe. Ich richte sie unbeholfen und schüttele ein wenig die Schulter. BRUST RAUS, ANNA! Bauch rein ist nicht nötig, der ist straff und fest.
„Können wir?“, frage ich forsch.
„Bereit, wenn sie es sind, Miss Wood“, antwortet er immer noch leicht lächelnd. Was auch immer so amüsant an mir ist?
„Das Interview erscheint immer noch in der Studentenzeitung, nehme ich an?“, fragt er halb desinteressiert.
„Aber natürlich“, antworte ich.
Ich schalte das Aufnahmegerät ein.
„Ich freue mich, heute einen der interessantesten Persönlichkeiten dieses Landes zu interviewen, Mister Dorian Gray.“
Ja, sein Name ist schon lustig, er wird genauso geschrieben wie die Romanfigur von Oscar Wilde.
„Guten Abend Mister Wilde, ähm … Mister Gray. Ich freue mich, dass es doch noch mit uns geklappt hat“, fahre ich fort.
„Guten Abend Miss Wood“, antwortet er höflich-sachlich und geht nicht weiter auf meinen Versprecher ein.
Ich bin ihm dankbar, dass er nicht auch noch mal näher auf unser Missgeschick mit dem gewaschenem und getrocknetem ersten Diktiergerät eingeht.
„Nun, ich habe so einige Fragen an sie, deren Antworten unsere Leser sicherlich brennend interessieren werden.“
„Na, dann feuern sie mal ihre Fragen ab“, antwortet er leicht, aber wirklich nur leicht, gelangweilt.
Wie alt er wohl ist?
„Für die Leitung einer solchen Firma kommen sie eigentlich viel zu seriös und zu sachlich daher. Zudem ist ihr Alter nach wie vor ein Geheimnis. Trotzdem ist ihr Hauptunternehmen 'Route69' wohl das erfolgreichste weltweit in seiner Branche. Woher kommt dieser Erfolg eigentlich?“
Er hebt leicht die rechte Augenbraue und lächelt. Er wirkt dabei ein wenig müde. Ich kann nicht sagen, ob er gelangweilt oder ein wenig enttäuscht antwortet:
„Es ist vor allem eine Frage der Qualität. Trotz allem Spaß und der - zugegebenermaßen - Schlüpfrigkeit der Artikel, wenn sie mir diese Anmerkung gestatten möchten, ist es nur ein Unternehmen. Dieses Unternehmen möchte geführt werden. Sie können Mitarbeiterführung nur bedingt lernen. Vor allem aber bedarf es dazu sehr guter Menschenkenntnis und dem Einsatz der richtigen Personen am richtigen Ort. Ich investiere viel Zeit darin, die richtigen und passenden Menschen für meinen jeweiligen Lebensbereich zu finden. Ich dulde keine Zweitklassigkeit in meiner unmittelbaren Nähe.“
Hmmm, Schlüpfrigkeit hat er bei meinem ersten Interview nicht gesagt, da bin ich mir absolut sicher. Warum darf eigentlich ich ihn befragen, wenn er doch keine Zweitklassigkeit mag? Ich entscheide mich, das Interview ein wenig abzuändern.
Mein Mund grinst minimal als ich frei heraus spreche: „Und warum habe ich dann die Ehre, sie zu interviewen?“
Überrascht hebt er auch noch die zweite Augenbraue.
„Betrachten sie es tatsächlich zunächst als Ehre, Miss Wood. Das war es auch schon beim ersten Mal. Eigentlich hätte ich bei ihrer zweiten Anfrage sagen sollen, dass sie mich mal 'sonst wie' können. Aber, es ist nicht ihre persönliche Schuld gewesen. Ich bin kein Unmensch, zumindest nicht ohne Grund.“ Er wird etwas leiser. „Zudem kollidiert ihre Anwesenheit mit meiner zweiten Aussage über passende Menschen. Sie sind ein interessanter Mensch. Ich habe nicht gelogen, als ich vorhin erwähnte, dass ich mich freue sie zu sehen.“
Hoppala! Hier scheint was in der Luft zwischen mir und Mister Gray zu liegen.
„Ich irre mich nur selten in einem Menschen, ich kann sie lesen, sogar steuern und manipulieren, wenn ich möchte oder muss. Ich bevorzuge es jedoch, dass sie lernfähig sind und selbst denken können. Ich muss zugeben, ich sehe in ihnen etwas.“
Meint der jetzt mich, oder Menschen im Allgemeinen. Er ist tatsächlich wortgewandt. Hmmm, ok, das ist prinzipiell ja gut … den 'dumm-aberfickt-gut-Typ' hatte ich ja heute Morgen schon.
Er sieht mich mit seinen grauen Augen direkt an. Wahrscheinlich meint er tatsächlich eher mich.
„Zudem bezahle ich gut und bekomme dafür gute Ergebnisse. Unser Erfolg beruht auf einer exzellenten Forschungsabteilung. Wahrscheinlich hat niemand das Thema 'Lust' besser erforscht als unsere Firma. Unsere Kunden wissen das. Sie vertrauen uns.“
„Naja, ob es nötig war, zum Beispiel die deutsche DIN-Norm für Kondome zu übernehmen und ein Präservativ erst bei einem Inhalt von 5 Litern platzen zu lassen?“
„Oh, sie haben recherchiert? Das ist gut, Aber dann recherchieren sie bitte auch richtig. Seit 1996, das ist schon deutlich über 20 Jahre her, gelten in ganz Europa die gleichen DIN-Vorschriften für ein Kondom. Sie sind 17cm lang und zwischen 4,4 und 5,5 cm breit. Sogar die Art und Weise der Belastungstests ist geregelt. Seit dem Jahr 2002 wurde fast die gleiche Norm internationalisiert, die besagt, dass ein Präservativ 16cm lang sein muss. Die Breite scheint international keine Rolle zu spielen, Testmethoden werden auch nur bedingt eingehalten.“
Ich huste leicht. Er weiß, wovon er redet.
„Naja, das lässt in der Größe ja nicht so viel Spielraum …“, sage ich, fast flüsternd.
„Unsere Kondome sind mehrfach geprüft, wir benutzen die beste Latex-Kautschuk-Mischung, die nach allerneuester Forschung möglich ist. Unsere Zutaten sind mehrfach allergisch geprüft. Sofern sie sich für ein feuchtes Kondom entscheiden, sind sie zusätzlich auch noch trocken geprüft. Alle unsere biologischen Kondome sind vollkommen pflanzlich und damit überwiegend vegan. Die Geschmacksrichtungen sind niemals durch Geschmacksverstärker hergestellt, sondern echt. Wenn SIE an einem Erdbeerkondom saugen, dann schmecken sie echte Erdbeere und garantiert nicht Glutamat. Sie sind annähernd so stabil wie Präservative auf Silikonbasis, die wir natürlich auch führen.“
Nun werde ich auch noch ein wenig rot. Diese Direktheit bei seinen Antworten ist schon extrem erotisch, zumindest kommt es mir, jetzt hier wo ich ihn sehe, so vor. Es fällt mir schwer, seine Augen nicht zu fixieren. Schließlich schaffe ich es, meine Gedanken ein wenig abzulenken und ich denke an etwas anderes:
„Hmmm, ich mag Erdbeere, obwohl sie nicht grau ist. Naja, zumindest mochte ich sie mal. Randnotiz für mich, keine Kondome von Route69 mit Geschmack kaufen. Ist doch irgendwie Mist, wenn einem kotzübel wird, wenn man einem Kerl gerade einen bläst. Andererseits - ICH brauche die sowieso nicht!“
NA, DAS HAT JA FUNKTIONIERT, DAS MIT DEM ABLENKEN.
„Sie kennen sich aus“, antworte ich kleinlaut.
„Das ist mein Job, Anna“, bemerkt er.
ANNA?
Er schüttelt kaum merklich mit dem Kopf, aber ich habe es trotzdem bemerkt. Er war einmal ganz kurz nicht der kontrollierte und beherrschte Mister Gray. Von dem Unkontrolliertem und Unbeherrschtem möchte ich mehr hören … und sehen.
„Ich höre oft, dass die Pariser nicht groß genug sein sollen“, mal sehen, ob ich ihn ein wenig aus der Reserve locken kann.
„Sie haben persönliche Erfahrung?“, seine Antwort kommt direkt und gerade heraus. Verdammt, Touché! Ich laufe nun vollends rot an. So etwas sollte mir nun wirklich nicht passieren, Mist.
Er lächelt und fährt fort: „Natürlich führen wir auch Übergrößen.“ Bei seiner Antwort grinst er mich direkt leicht herausfordernd an. Ich schaue ihm tief in die Augen, er erwidert meinen Blick. So grau …!
Welche Größe führst du denn … ein … Natürlich wage ich es nicht, genau das auszusprechen.
ANNA, DU BIST EIN FEIGLING.
Schnauze halten, du notgeiles zweites ich.
Ich schaue ihm immer noch in die Augen. Ich könnte stundenlang dieses Grau in all seinen Variationen betrachten. Ich schwebe gerade geistig drei Meter über Rolf Benz und seinem Ego.
„Die nächste Frage?“, er holt mich wieder auf die Erde zurück.
„Arbeiten die Menschen gerne für sie?“, hake ich die nächste Frage auf meiner Liste ab.
„Ich zahle gut. Gute Arbeit soll gut entlohnt werden“, erklärt er sachlich. „Ich höre immer wieder 'ich', Mister Gray. Es kommt fast so rüber, als wären sie der einzige Mensch, der in ihrem Unternehmen Entscheidungsgewalt hat?“
Die Frage stand zwar nicht auf meiner Liste, aber bei so viel Selbstwertgefühl, fast schon Narzissmus, musste ich sie einfach stellen.
„Wie sie schon sagten, Miss Wood, es ist MEIN Unternehmen, es gehört mir. Aber natürlich bin ich glücklich ein außergewöhnliches Team zu beschäftigen.“
Sicher, klar! Du hast 'ne ziemlich ausgeprägte Profilneurose und bekommst es nicht einmal mehr mit. Du brauchst mal einen, der dir wieder ordentlich einen runter holt … … … oder so ähnlich.
„Ich kenne mich auf vielen Gebieten perfekt aus. Dafür arbeite ich hart. Meine Entscheidungen sind durchdacht und beruhen überwiegend auf Forschungen und genauer Marktanalyse. Um beim Beispiel Präservativ zu bleiben: Der Markt für die Geschmacksrichtung 'Spinat' ist zum Beispiel relativ begrenzt. Deswegen bieten wir so etwas auch nicht an. Dennoch können sie aus über hundert Geschmacksrichtungen wählen. Eigentlich sollte für jeden oder jede das Passende dabei.“
„Jede?“, ich wundere mich.
„Sie glauben nicht, wie viele Frauen die Kondome für ihren Mann oder ihre Männer kaufen.“
„Ah ja, natürlich …“, spreche ich kaum hörbar aus und denke mir: „Männer können sich ja auch schlecht selbst einen blasen.“
„Haben sie hierzu noch Fragen?“
JA, VIELE …
„Aber wie treffen sie immer so genau den Wunsch ihrer Kunden. In erotischen Zirkeln ist es ja mit ihren Kondomen schon fast so, wie mit dem Mövenpick-Eis.“
„Wie meinen sie das, Miss Wood?“
„Das Mövenpick-Eis des Jahres oder Monats oder der Route69-Pariser. Welche neue Geschmacksrichtung wird es diesmal sein. Und genau DIE ist auch dann gerade mehr wie gefragt.“
Mister Gray schaut mich irritiert an.
„Sie sind gut informiert, Miss Wood. Sind sie sicher, dass sie als Baumarktaushilfe den richtigen Job gefunden haben?“
„Soll das ein Jobangebot sein?“, frage ich.
„Wir haben immer und jederzeit interessante Aufgaben an interessante Persönlichkeiten zu vergeben, auch als Praktikum oder zur Studienunterstützung“, bemerkt er lapidar.
„Interessant …“, denke ich.
HMMM …
„Bekommen sie immer alles, was sie möchten, Mister Gray?“, frage ich einer plötzlichen Eingebung folgend in einem herausforderndem Tonfall.
„Im Allgemeinen schon, Miss Wood!“, antwortet er ruhig und gelassen. „Bei mir haben sie kein Glück“, antworte ich ebenso gelassen.
WAS! HAST DU DEN ARSCH AUF!
Wenn es könnte, würde mein zweites ich mich jetzt erwürgen.
Seine Augen verengen sich etwas … das hat ihm nicht gefallen!
„Glück? Ich benötige kein Glück. Ich bevorzuge es, für meinen Erfolg zu arbeiten.“
Boah, der ist ja so was von sich überzeugt.
„Sie haben gerne alles unter Kontrolle, nicht wahr?“
Oh, oh … hoffentlich war das nicht zu direkt.
„Es erleichtert das Leben ungemein“, antwortet er ohne eine Gefühlsregung.
Dieser Kerl ist un … -möglich, oder -glaublich? Wenn seine Augen nur nicht so tief grau wären.
„Ich habe die Mittel und die Macht dazu“, fährt er in seiner unfassbaren Seelenruhe fort.
Tja, da hat er sogar Recht. Ich bin diejenige die im Baumarkt arbeitet, damit es mir und meiner Tochter gut geht. Hat ja nicht jeder einen stinkreichen Papa, wie Kate. Ich weiß zwar, dass er auch mir helfen würde, aber ich bin auch gerne meine eigene Dame.
„Was wären sie denn ohne ihr Personal?“
Irgendwie muss der doch aus der Reserve zu bringen sein.
„Personal kann man ersetzen“, antwortet er.
Leider lässt er es nicht zu, aus der Reserve gelockt zu werden.
So kommen wir nicht weiter …
„Wie sieht es denn in ihrer Freizeit aus?“, wechsle ich das Thema „Gibt es vielleicht eine Miss Gray?“, denke ich.
Er schaut mich fragend an.
„Was haben sie für Hobbys, was machen sie, wenn sie nicht arbeiten, oder so ähnlich?“, möchte ich wissen.
„Dann teste ich zum Beispiel unsere Neuerfindungen aus dem SM-Bereich“, erwidert er mit einem sehr breiten Lächeln.
Meint der das wirklich ernst?
„Sie testen ihre Produkte selbst?“, frage ich amüsiert.
„Miss Wood, ich kann nur das verkaufen, wovon ich überzeugt bin“, spricht er im Brustton der Überzeugung.
„Wow, und wer ist die weibliche glückliche Testperson?“
Hah! Er stutzt! Jetzt hab ich dich doch mal einen Moment auf dem falschen Fuß erwischt!
Er beschließt, mich nur mit einem müden Lächeln anzusehen. Tja, Mister Neunmalklug, jetzt hast du dich verplappert.
Er mustert mich von oben bis unten. Unter normalen Umständen würde ich sagen, dass er mich gerade im Kopf auszieht.
„Meine Privatsphäre ist mir sehr wichtig, Miss Wood. Mit Verlaub, es gibt Dinge, die gehen niemanden außer mich etwas an“, antwortet er schließlich.
„So reich … und trotzdem hast du niemanden zum Ficken? Armes kleines Hascherl …“, denke ich amüsiert und grinse ein wenig.
„Was ist daran so lustig, Miss Wood?“, fragt er.
VERDAMMT, ANNA! ER BEOBACHTET WIRKLICH SEHR GENAU!
„Nichts, Mister Gray. Ich war nur etwas in Gedanken“, antworte ich ehrlich. Auch ich kann direkt sein.
„Ihre Gedanken gehören ihnen, Miss Wood“, bemerkt er. Die Art und Weise wie er dies ausspricht ist speziell, als wenn er irgendwie Besitzansprüche auf mich anmeldet.
„Haben sie eine Freundin, Mister Gray - oder gar einen Freund?“, gehe ich meine Frageliste durch und stelle, ohne zu überlegen die nächste Frage von meiner Liste.
Er holt hörbar tief Luft.
„Das haben sie in dieser Form vor zwei Tagen nicht gefragt?“, bemerkt er.
„Das stimmt, ich habe diese Frage vor zwei Tagen vergessen. Wie so vieles vorher auch schon.“
„Warum?“, er fragt nur mit diesem einen Wort und lässt mir damit einen gewissen Interpretationsspielraum für meine Antwort.
„Ich frage dies, weil es auf meiner Liste steht.“
Nach einer kurzen Denkpause antwortet er: „Ich habe einige Freunde, Anna, aber nicht DEN einen Freund.“
Freund … Freund? … FREUND?! - warum nicht Freundin?
Ich schaue kurz auf meine Cartier.
„Es ist schon spät …“ bemerke ich.
„Möchten sie noch heute zurückfahren?“, fragt er. Es scheint offensichtlich so, als wäre ihm der Themenwechsel sehr recht.
Möchte ich? Ich brauche etwas Zeit …
„Warum fragen sie?“, möchte ich wissen.
„Ich frage dies, weil ich mich um sie Sorge, Miss Wood!“
Das nehme ich ihm sogar ab. Diese Frage meint er ehrlich.
„Gibt es jemanden, der auf sie wartet?“, fragt er weiter.
Ich werde etwas unruhig. Das Aufnahmegerät läuft ja immer noch. Er wird doch nicht wirklich …? Ich bin versucht, ehrlich mit 'ja' zu antworten, andererseits …
„Nein“, lüge ich, ohne mit der Wimper zu zucken.
„Sie dürfen gerne im Gastbereich übernachten. Sehen sie es als Entschuldigung an, dass ich sie nicht - wie versprochen - pünktlich um 17: 00 Uhr empfangen konnte.“
„Oh, danke - sehr großzügig von ihnen“, antworte ich.
„Das freut mich!“, sagt er mit einem Lächeln.
Hey, ich hab aber eigentlich noch gar nicht zugesagt! Das hat er geschickt gemacht!
„Haben sie alle Fragen gestellt, die sie stellen mochten … diesmal auch wirklich alle?“, fragt er leicht amüsiert.
Ich werde zunehmend nervöser … untenrum. Irgendwas tut sich da zwischen meinen Beinen. Ja, Mister Gray, Fragen habe ich nicht mehr, aber können sie noch mehr Antworten liefern?
„Möchten sie noch etwas essen?“, fragt er.
„Im Moment nicht, ich danke ihnen“, lüge ich. Natürlich möchte ich noch etwas essen. Ich habe IMMER Hunger.
DIE ENTSCHEIDENDE FRAGE IST NUR … AUF WAS?
„Wie sie möchten, Anna“, sagt er höflich.
AHA, JETZT WIEDER ANNA.
„Ich bringe sie runter“, meint er schließlich.
Ich hol dir dann einen runter, formt sich ein Gedanken in meinem Kopf. Dabei lächle ich ein wenig vor mich hin.
„Einen Dollar für ihre Gedanken, Miss Wood“, spricht er ruhig aus, was er wohl gerade wissen möchte.
KANN DER SICH AUCH NUR EIN EINZIGES MAL FESTLEGEN? ANNA ODER MISS WOOD?
Mir doch egal, du komisches Gewissen, ich würde den als Mister Gray oder als Dorian gleichermaßen gerne flachlegen.
Er steht auf, als ich aufstehe.
Ich nehme den Rucksack in die rechte Hand.
„Bereit, wenn sie es sind, Miss Wood“, spricht er und bietet mir eine Hand an, um mich um das Sofa herum zu geleiten.
„Bereit, Mister Gray!“
Soll ich sie annehmen? MACH MAL!
Als sich unsere Hände berühren, knistert es leicht. Immer diese blöden statischen Entladungen. Seitdem ich nicht mehr richtig lebe, passiert mir das fast ständig.
Der Aufzug wartet schon mit geöffneter Tür. Ich schaue wohl etwas überrascht aus.
„Ich habe eine Fernbedienung“, erklärt er.
Meine Lippen formen ein deutlich ausgesprochenes 'O' und sprechen es schließlich auch aus: „Ohhh“.
Er steigt ein und lächelt mir zu: „Vanessa?!“
Bitte wer?!
„Bitte fahre uns gleich in den Gastbereich, sobald ich das Start-Kommando gebe!“
„In Ordnung, Dorian“, antwortet der Fahrstuhl mit einer noch verführerischen Vanessa-Stimme als eben.
„Vanessa, ich bin nicht allein!“
Die Stimme fährt deutlich weniger verführerisch fort: „Ich habe verstanden, Mister Gray“
Ich kann nicht anders, ich muss breit grinsen.
„Sie sehen fantastisch aus, wenn sie lächeln, Miss Wood. Zudem stehen ihnen kurze Kleider sicherlich ebenso fantastisch, wie das halblange brave das sie gerade tragen.“
Wasnnu? Er kann ja auch Komplimente, wenn auch ziemlich direkte und leicht anzügliche … aber irgendwie finde ich das … geil!
„Wenn sie meinen, Mister Gray.“
„Wollen wir, Anna?“
„Ja, sicher, … Dorian!“
Ich steige ein und sehe vielfach gespiegelte wunderschöne graue Augen. „Bitte schließe die Tür, Vanessa.“
Er sieht mich an - ich sehe ihn an. Es geht ja auch nicht anders, das Ding ist ja komplett verspiegelt. Wenn ich ihn nicht ansehen wollte, müsste ich die Augen schließen. Hmmm, ich kaue nervös an meiner Unterlippe.
„Sie haben auch wunderschöne Lippen, … … Anna“, sagt er ruhig.
„Du hast unglaubliche Augen, Dorian“, flüstere ich und öffne die Lippen leicht.
5 Sekunden vergehen und noch einmal 5 Sekunden verstreichen. Nichts tut sich!
DER IST DOCH NICHT ETWA AUCH JUNGFRAU! Mein Unterbewusstsein spricht das aus, was ich ganz kurzfristig denke.
„Ach, Scheiß drauf!“ sagt er plötzlich.
Er greift meine beiden Hände, ich packe ebenfalls zu. In einem weiten Bogen beschreibt er mit meinen Armen einen Kreis und hebt meine Hände weit über meinen Kopf. Mit der rechten Hand fixiert er meine beiden überkreuzten Handgelenke und mit der freien linken Hand zieht er meine Haare kräftig herunter. Ich möchte schon protestieren und öffne dafür meinen Mund. Schon ist seine Zunge in mir und sucht nach meiner.
Wow! - denke ich. Da ist nicht viel Taylor drin.
Ich umkreise seine Zunge und öffne meine Augen wieder, die ich kurz geschlossen hatte. Ich erblicke große graue Augen und explodiere gedanklich und auch körperlich:
„Du willst MICH ficken? DAS will ich auch!“
Ich schlinge beide Beine um seinen Bauch und spüre seine Erektion an meiner Unterwäsche. Es gibt nur keine dritte Hand, mit der ich ihn ausziehen könnte. Die anderen beiden sind über meinem Kopf und werden so festgehalten, als wären sie dort angenagelt.
„Vanessa“, keucht er …
WIE?!?
„Losfahren!“
Die Fahrt dauert ja nicht wirklich lange. Eigentlich nur ein paar Sekunden. Schon öffnet sich die Tür. Er lässt mich los und ich stehe wieder mit beiden Beinen auf dem verspiegelten Boden. Himmel nochmal … wie gut, dass ich Unterwäsche trage, da sieht man ja alles, wenn man nach unten schaut!!
„Wir sind angekommen, Miss Wood, schlafen sie gut“.
WAAAS?!
Vollkommen perplex steige ich aus. Und schaue der Fahrstuhlanzeige nach, wie sie wieder nach oben fährt.
Eine Minute vergeht und ich stehe immer noch total baff vor dem Fahrstuhl. Gerade möchte ich mich umdrehen, in Richtung Bad gehen und kalt - sehr kalt - duschen, da bemerke ich, dass sich der Fahrstuhl wieder in meine Richtung in Bewegung setzt.
Ich lege den Kopf schief und verschränke die Arme vor meiner Brust. Verdammt, die Brustwarzen stehen immer noch deutlich sichtbar ab, selbst durch das Kleid und den BH ist das mehr als gut zu erkennen.
Ich verlagere mein Gewicht auf mein linkes Standbein. Der hatte doch auch ein ziemlich deutlich spürbares drittes Standbein. Was bitte schön war DAS denn jetzt?
Die Tür öffnet sich.
Ich schaue ihn fragend an.
„Ich hatte keine Kondome eingesteckt“, murmelt er entschuldigend mit einem überlegenen Grinsen.
Ich grinse zurück. „Die brauchen wir doch gar nicht, ich nehme die Pille“, lüge ich einfach. Ich kann sowieso keine Kinder mehr bekommen. Aber das muss ich ihm ja nicht gerade jetzt sagen. Ich falle in seine Arme und beginne alles andere wie vorsichtig sein Hemd aufzuknüpfen, während er schon den Reißverschluss meines Kleids heruntergezogen hat und meinen Nacken mit Küssen übersät.
„Wo … ist hier … das Schlafzimmer?“ bringe ich keuchend hervor.
„Wer braucht schon ein Schlafzimmer?“, beantwortet er meine Frage mit einer Gegenfrage.
„Ich hole tief Luft und hebe meine beiden Arme über den Kopf, damit er meine Bluse leichter ausziehen kann. Gleichzeitig schlüpfe ich aus dem Rock und halte kurz inne. Erneut springe ich in förmlich an, diesmal nur mit meiner Victorias Secret Rüstung bekleidet. Ein schwacher Schutz. Hoffentlich zerreißt er bald. Er hat Kraft. Ich wiege immerhin auch fast 60 Kilo. Er trägt mich mühelos bis zur vier Meter entfernten Wand des grauen Flurs. Ich verschmelze mit Dali. Aus den Augenwinkel erkenne ich den Namen des aufwändigen Kunstdruckes, bevor das Bild zu Boden geht: „Die Versuchung“.
Wie passend.
Seine Lenden pressen sich gegen meine. Seine Zunge wandert langsam meinen Hals herunter in Richtung meiner steil aufgestellten Brustwarzen. „Tut mir Leid“, hauche ich in sein Ohr.
„Vergiss es, ich kaufe das Original für dich“, keucht er zurück.
Er löst endlich den Verschluss des BHs. Meine Brüste sind hart und fest. Ich hätte nicht gedacht, dass sie dazu schon wieder fähig sind. Mein Herz beginnt zu schlagen! Und das schon vor dem eigentlichen Sex! Ich stöhne leise, das Gefühl ist sooo … wooow.
Seine Hände fühlen sich wie Feuer an als er meine Brüste berührt. Mit dem Blutkreislauf erwachen auch meine Nervenenden wieder. Es fühlt sich an, als würden sich alle meine Muskeln in meinem Körper gleichzeitig anspannen.
„Mein Gott, bist du geil“, flüstert er.
Dieser Slip muss weg, JETZT! Das denkt er wohl auch. Zum Glück ist er nicht so stabil. Mister Gray, Dorian verlässt mit den Händen meine Brüste, ich kann etwas durchatmen, mein Körper wird weicher. Mit einem Ruck seiner beiden Arme zerreißt er meinen Slip. „Tut MIR Leid“, haucht er in genau dem gleichen Tonfall wie ich eben, als das Gemälde heruntergefallen ist.
„Vergiss es, ich will dich - JETZT“, schreie ich ihn fast an. Die Anspannung ist unerträglich für mich. Ich schaue ihn direkt - flehend - in seine grauen Augen und nicke mit dem Kopf, als ich merke, wie er seine feste Männlichkeit unter meiner feuchten Weiblichkeit in Position bringt … und stöhne laut auf als er das erste Mal in mich eindringt. Und noch lauter als er herausfährt und das zweite Mal in mich eindringt. Beim dritten Mal umfasse ich seinen Hals mit beiden Armen. Meine Fingernägel bohren sich in seinen Rücken. Beim vierten Stoß schreie ich fast. Beim fünften und sechsten Mal verliere ich leicht die Kontrolle über meine Augen. Ich sehe ihm nicht mehr direkt in die Augen, ich schaue durch dieses tiefe Grau hindurch. Ab dem achten oder neunten Stoß beginne ich laut zu schreien. Er stöhnt ebenfalls. Mein Puls ist auf 180. Ich lebe wieder. Und wie! Ich beginne sogar leicht zu schwitzen. Wie konnte ich das nur so lange nicht mehr getan haben. Das ist kein Vergleich gegenüber Taylor. Sein Verlangen wird rhythmischer und noch härter. Ich beginne tatsächlich leise zu wimmern, zwischen meinem Stöhnen und seinen Stößen.
Mein Oberkörper richtet sich steil auf, ich verliere vollkommen die Kontrolle über meine Augen, sie rollen nach hinten. Das darf nicht sein, das kann nicht sein. Niemand sollte so viel Maaaaaacht über mich haben.
Er hält kurz inne. Meine Körperspannung versagt und ich sinke in mich zusammen. Er verlagert kurz sein Gewicht. Verdammt, er trägt mich ja die ganze Zeit, wie schafft der das bloß?
Und er macht weiter mit diesen unerbittlichen Stößen. Mein Körper erstarrt erneut. Die Muskeln irgendwo tief unten in mir drin, die eben noch wie Wachs waren, verkrampfen sich langsam, nur um direkt danach wieder zu zerfließen. Ich merke, wie ich kommen möchte, aber ich möchte das auf keinem Fall vor ihm. Das kann, das darf nicht sein, noch nicht!
„Lass los, und komm für mich“, haucht er in mein linkes Ohr.
„Noch … nicht …“, flehe ich ihn an. Aber meine Bitte interessiert ihn überhaupt nicht, er stößt weiter unerbittlich zu. Ich wehre mich mit allem was ich habe gegen meine steigende Lust und kämpfe gegen den sich immer mehr anbahnenden Orgasmus an, der unerbittlich kommen möchte.
Irgendwann, um mich irgendwie von meinem stärker werdenden Verlangen nach Erlösung abzulenken, habe ich angefangen, seine immer härter werdenden Stöße zu zählen. Das hat eine kurze Zeit geholfen.
„Ich“ - 75 - „kann“ - 76 - „mich“ - 77 - „nicht“ - 78 - 79 - 80 - „mehr!“ - 81 - 82 - 83 - „zurück“ - ich schreie laut auf! Jeder Bauchmuskel und alles darunter entzieht sich meiner Kontrolle - „halten …“ - Das letzte Wort war nur noch ein Wimmern. Ich zucke nur noch wahllos - 90 - 91 - 92 - er wird noch härter und stößt noch fester zu. Ich wundere mich, dass ich das überhaupt noch spüre und aushalte. Ich bin schon längst nicht mehr auf dieser Welt. Er stöhnt ebenfalls laut auf und ergießt sich in mir. Aber das bemerke ich nicht mehr richtig, meine Gedanken sind im Chaos versunken. Ich möchte nicht, dass dieses Gefühl aufhört, es soll endlos so weitergehen. Nein, es soll aufhören, ich kann nicht mehr. Ich weiß nicht, was ich noch möchte.
Er versucht, mich wieder auf meine Füße zu stellen. Aber ich kann noch nicht. Ich sinke sofort wieder in seine Arme. Er hebt mich hoch und trägt mich in entgegengesetzter Richtung des Bades den Flur hinunter. Langsam komme ich auf die Erde zurück. Ich bemerke, wie er mich sanft auf ein Bett legt.
WOW!… DAS WAR DER WAHNSINN!
Er hat sich neben mich gesetzt. Ich bin noch nicht in der Lage mich aufzurichten.
„Du reagierst sehr impulsiv und sehr direkt“, sagt er leise, aber bestimmt.
„Du musst kontrollierter werden, dann wirst du einen viel besseren Orgasmus erleben.“
„Das geht nicht“, flüstere ich kraftlos.
„Doch, das ist möglich“, widerspricht er.
„Nein, es geht nicht! So viel Zeit für dich habe ich nicht“, widerspreche ich im Kopf. Ich kann keine Beziehung eingehen, ich bin ein Zombie! Mein Verstand hat wieder leicht die Oberhand gewonnen.
„Ich möchte dir das gerne beibringen, Anna. Wenn du das auch möchtest.“
Ja!!!
Ach, sieh an. Wäre ja auch ein Wunder, wenn mein zweites ich und ich mal einer Meinung wären.
ES IST BESSER, ALLES MIT ZU NEHMEN, WAS MÖGLICH IST.
Mein Atem geht immer noch leicht im Takt seiner Stöße. Aber immerhin - ich kann schon wieder sprechen.
„Oh wow - das war … ohne Worte“, keuche ich. „Mehr …“
„Was? Du kannst wieder?“, fragt er deutlich verwundert.
ICH MUSS!
„Jaaa!“, sage ich etwas lauter.
„Sie sind unersättlich, Miss Wood“, tadelt er mich lächelnd.
Ich liege rückwärts zu ihm gewandt auf dem Bauch und versuche auf die Ellenbogen zu kommen. Sein Zeigefinger fährt zärtlich von meinem rechten Fußballen über die Achillessehne meine Wade hoch bis in die Kniekehle. Dort verharrt er kurz und streichelt die empfindliche Haut in der Kniebeuge. Langsam fährt er die Rückseite meines Oberschenkels hoch bis zu meinem Po. Er beugt sich vor und bläst leicht in meinen Schritt. Bei mir zieht sich alles zusammen. Schon wieder!
„Ich habe mitgezählt. Sie sind eben beim 136ten Stoß gekommen, Miss Wood!“, spricht er bestimmt, aber sachlich aus, während er mit sanft kreisenden Fingern meinen feuchte Scheide umfährt. Ich stöhne laut auf, als sein Finger in sie rein fährt.
Keuchend bringe ich hervor: „Du beim 146ten.“
Scheinbar hat er früher angefangen zu zählen. Ich war etwas abgelenkt.
Das waren auch mal gerade …“ ahhhh, der 2. Finger! „Zeeeehn mehr“.
Ich schaffe es gerade noch, den Satz zu beenden. Ich verliere erneut den Verstand. Immer noch auf dem Bauch liegend, spreize ich die Beine ein wenig mehr, als ich versuche mich trotz allem auf meinen Armen zu halten. Ich möchte vor Anspannung in die Bettdecke beißen.
„Gut mitgezählt, Miss Wood“, sagt er amüsiert, während er entscheidende zwei seiner Finger bewegt.
„Zur Belohnung werde ich sie härter ficken wie eben.“
WAS HABEN DIESE KERLE NUR IMMER DAMIT.
Wieso ist mein Unterbewusstsein noch so klar bei Verstand.
„Halt die Klappe“, flüstere ich ihm zu.
„Wie bitte?!“, antwortet er und stoppt mit seinen Bewegungen.
Ich keuche vor Lust, bin aber trotzdem froh für die Pause. Das war so kurz davor …
Dann stößt er mit aller Gewalt in mich rein. Ich reiße die Augen auf und schreie laut auf. Mein Rücken biegt sich voll durch und ich kralle beide Hände im Laken fest. Das tat weh, aber auch sooo gut.
„Nochmal!“, schreie ich.
„Wow, das hätte ich nicht erwartet! Braves Mädchen“, sagt er triumphierend. Mein Stöhnen endet in einem Wimmern, als er langsam aus mir herausgleitet und nur seine Spitze in mir drin lässt. Er verändert seine Position und liegt nun halb auf mir drauf. Ich kann nicht mehr weg. Als er erneut zustößt, schreie ich wieder.
„Du willst immer noch mehr!?“, spricht er laut aus.
„Ja“, flüstere ich mit gesenktem Kopf. Und noch einmal, noch einmal und noch einmal stößt er hart zu. Meine Arme werden schwächer. „Nicht nachlassen, Anna“, befiehlt er.
„Mehr!“, flehe ich und versuche schwächer werdende Kraftreserven zu reanimieren.
Er leistet meinem Wunsch sofort Folge und stößt erneut mehrmals zu. Ich denke, es waren acht Stöße. Ich schreie bei jedem einzelnen laut auf und kann mich nicht mehr halten. Es interessiert ihn nicht. Er macht weiter und sendet noch eine Salve von Stößen hinterher. Mein Schreien wird schwächer, meine Beine und mein Arsch zittern. Ich kann es nicht länger aufschieben. Er macht keine Pausen mehr. Ich schreie nicht mehr, ich stöhne nur noch als er eindringt und wimmere als er zurückfährt. Ich schwitze unkontrolliert. Wenn mein Puls eben auf 180 war, dann ist er jetzt auf über 220. Ich habe diesmal nicht mitgezählt, bei zirka 40 habe ich den Verstand verloren. Irgendwann komme ich, es geschieht ohne mein Zutun. Ich habe versucht, es zurück zu halten … es ging nicht mehr. Als ich gekommen bin, war es die schon vorher erhoffte oder auch nicht erwünschte Erlösung. Eine unglaublich schöne Erlösung. Für heute bin ich durch! Noch einmal ist absolut unmöglich. Ich bin restlos erschöpft und glücklich.
„75 - wirklich gut, Anna - aber ohne spezielles Training wird das nichts. Du bist nicht fit genug!“
Er küsst mich sanft auf die Wange und dann auf den Po. Meine Gesäßmuskeln zucken dabei sofort zusammen. Wie macht der das!?
Die Augenlieder werden schwer. Eigentlich pennen doch diese Scheißkerle immer ein, kurz nachdem sie gekommen sind. Aber … er ist ja noch gar nicht gekommen … Verdammt, ich habe verloren! Ich bin verloren! Ich möchte hier nicht weg. Ich kann nicht mehr - ich schlafe ein.
Als ich aufwache ist er nicht mehr da. Er hat mich zugedeckt. Ich kann mich kaum bewegen. So etwas habe ich bei weitem noch nie erlebt. Scheiß auf die gut-fickenden Informatiker. Das hier war wie ein hochmodernes Clustersystem gegen einen alten Apple Macintosh. Aber … wo ist er hin? Neben mir entdecke ich einen handgeschriebenen Zettel und ein … mobiles Telefongerät? Dass es so etwas noch gibt? Zudem einen versiegelten silbergrauen großen Umschlag.
Zuerst der Zettel.
MISS WOOD, ANNA!
DU HAST MICH HEUTE ABEND GUT UNTERHALTEN. IN DIR STECKT SEHR VIEL POTENTIAL. BEVOR DU MICH FRAGST, OB WIR DIESE NACHT WIEDERHOLEN SOLLEN, MUSS ICH DICH VOR MIR WARNEN. ICH BIN NICHT UNBEDINGT DER, FÜR DEN DU MICH HÄLTST. ICH HABE MICH HEUTE, DIR ZULIEBE, SEHR ZURÜCK GEHALTEN. ICH HOFFE, ES HAT DIR GEFALLEN. WENN WIR WEITERMACHEN WOLLEN, DANN KANN ICH DAS NUR ERMÖGLICHEN, INDEM DU MIR DEIN EINVERSTÄNDNIS ZU VERSCHIEDENEN DINGEN GIBST. ICH VERLANGE NICHT WENIG. MEINE BEDINGUNGEN SIND HART UND UNBEDINGT EINZUHALTEN. Wm DU EINWILLIGST UND DICH NICHT AN DIE REGELN HÄLTST, WIRST DU BESTRAFT.
ALS BELOHNUNG VERSPRECHE ICH DIR, DASS DU EINE SEXUELLE REISE WIE NIEMALS ZUVOR IN DEINEM LEBEN ERLEBEN WIRST. WENN DU MIT DEN BEDINGUNGEN BISHER EINVERSTANDEN BIST, DANN DARFST DU DEN VERSIEGELTEN UMSCHLAG ÖFFNEN UND DEN DARIN ENTHALTENEN VERTRAG LESEN. SOFERN DU ES JETZT SCHON KANNST UND MÖCHTEST - DARFST DU IHN AUCH UNTERSCHREIBEN. ICH ERWARTE ABER EIGENTLICH NICHT, DASS DU IHN DIREKT SO AKZEPTIERST. WENN DU MÖCHTEST, DANN RUFE MICH MIT DEM TELEFON AN. KEINE SORGE, ICH BIN IMMER LANGE WACH. DANACH STEIGE IN DEN FAHRSTUHL. ER IST AUF MEINE ETAGE PROGRAMMIERT. ICH ERWARTE DICH DANN AN DER TÜR. STEIGE NICHT IN DEN FAHRSTUHL, OHNE VORHER ANGERUFEN ZU HABEN.
DORIAN GRAY
Hmm … na der macht ja einen auf dicke Hose. OK, gut - kann er auch. Er hat schon richtig was in der Hose und was noch viel entscheidender ist: Er weiß, wie er es einsetzen muss. Was soll ich tun? Was ist mit Hannah, was ist mit Kate? Ich schreibe ihr erst einmal eine Nachricht:
„Hallo Kate, alles in Ordnung, ich komme definitiv heute nicht mehr nach Hause.“ Fast hätte ich schon geschrieben, dass ich so gekommen bin, wie niemals zuvor in meinem Leben. „Ist alles in Ordnung? VLG Anna!“
Es dauert ungefähr zwei Minuten bevor die Antwort zurück kommt. „Anna, hast du schon einmal auf die Uhr gesehen? Hoffentlich war er es wert?“ JA, WAR ER DEFINITIV! „OK, genug geschimpft. Mach dir keine Sorgen, Liebes. Hannah geht es gut. Sie vermisst Dich zwar, aber sie ist gestern recht bald eingeschlafen.“
Ich habe tatsächlich nicht auf die Uhr gesehen. Ich versuche, die Ereignisse einmal zeitlich einzuschätzen. Wir waren um halb neun mit dem Interview fertig. Gegen Neun haben wir es auf dem Flur getrieben und so gegen viertel vor Zehn im Bett weiter gemacht. Das zweite Mal dürfte ich eine halbe Stunde später gekommen sein. Danach bin ich eingeschlafen … Ich schaue auf meine Uhr, die Dorian ordentlich auf den Nachttisch gelegt hat. Aber … wo ist eigentlich meine Wäsche? Ach ja! Scheiße, die ist ja zerrissen. Ich fokussiere ungläubig die Uhr: 2:00 Uhr!!
Junge, junge … Ich bin mit einem ruhig schlagendem Herz eingeschlafen und habe fast 4 Stunden geschlafen! Das ist mir als Zombie noch nie passiert.
Der Umschlag! … ich reiße ihn auf.
Ein Anschreiben:
AN MISS ANNA WOOD,
DIES SIND MEINE REGELN FÜR UNSERE BEZIEHUNG:
DU WIRST DICH DIESEN REGELN UNTERORDNEN. DAFÜR KANNST DU
SELBST AUF DEM DRITTEN BLATT BEDINGUNGEN STELLEN.
Ich schaue kurz in den Umschlag, ah ja - ein Stift liegt bei. Der Rest steht auf gedrucktem Papier …
Ein …'SM-Vertrag'?! Ach du Scheiße … Wo bin ich denn nun reingeraten? Ich fange an, zu lesen …
Ich soll also uneingeschränkt gehorsam sein, alle seine Anweisungen befolgen und IMMER sofort gehorchen …
Regelmäßig Essen und Schlafen; seine vorgeschlagene Kleidung tragen; zudem mehr Sport treiben, sogar mit einem Trainer, den ER zur Verfügung stellt; keine Drogen nehmen; mich 'respektvoll' verhalten und natürlich niemandem irgendetwas darüber erzählen … er will sogar darüber bestimmen, wie ich mich untenrum rasiere! Und wenn ich davon irgendwas nicht mache, dann werde ich bestraft …
Ja … sag mal - hat der sie noch alle! Der hat doch nicht mehr alle Schafe oder Kühe auf der Weide, meinetwegen auch Schweine im Stall. Das ist ja ein … … 'Perverser'!
Aber … erst mal ruhig mit den wilden Pferden …
„HMMM …“, denkt mein Unterbewusstsein nach der ersten Aufregung erst einmal genauso wie ich. Eigentlich interessieren mich seine Verträge einen Scheißdreck! Andererseits könnte es spaßig werden, einmal eine (ganz?) kurze Zeit nach diesen Regeln zu leben …
Mal überlegen:
Ich gehorche ihm so lange, wie ich das möchte und für sinnvoll erachte. Sexuell kann ich tatsächlich mehr als augenscheinlich noch eine Menge von ihm lernen. Die Sache mit dem Gehorsam passt dabei insofern gut, so lange es mir nutzt. Einige Punkte sind doch gar nicht so schlimm, andere sind ungewöhnlich …
SCHLAF: Brauche ich nicht mehr … dachte ich. Wieso zum Teufel habe ich dann jetzt weit über 3 Stunden geschlafen? Dazu muss ich mehr herausfinden.
ESSEN: Er sieht mir nicht beim Essen zu, ich sehe ihm nicht beim Essen zu, supi - passt.
KLEIDUNG: Es ist mir vollkommen egal, was ich trage, so lange er mich so fickt, wie heute!
SPORT: Mir doch egal. Einzige Bedingung, ich kann auch alleine trainieren. Wenn mir sein Trainer auf meinen nicht vorhandenen Sack geht, dann kille ich ihn und fresse ihn auf. Nur so ein kleiner Unfall beim Kampfsporttraining … sollte kein Problem sein!
SAUBERKEIT: Hab ich nach dem ersten Lesen schon wieder vergessen. Zusammenfassend würde ich sagen, dass er mir nicht beim Essen zusieht und ich mich nicht teilnahmslos neben ihn setze, wenn er 'diniert', das wird schon gut gehen.
RASUR: Sogar das ist mir egal, zumindest für den Moment. So viel weniger, wie das, was ich zurzeit „trage“ ist das nun auch wieder nicht. Hauptsache er fickt weiterhin gut und ich auch. Na ja, in Ordnung … es ist mir fast egal, darüber muss ich vielleicht noch genauer nachdenken.
DROGEN: Nehme ich nicht. Die haben bei mir meist sowieso keine Wirkung. Alkohol … - den kotze ich genauso raus, wie normale Menschen auch.
Weiter unten steht noch, dass er mein 'Ein und Alles' sein soll. Das steht 'SO' natürlich nicht da, das ist aber die Kernaussage daraus.
Das hieße ja auch: Keinen Sex mit anderen? Hmmm … vielleicht. Im Moment bin ich tatsächlich vollkommen befriedigt.
Dann noch der entscheidende Punkt - RESPEKTVOLL: Ich? Da lachen ja die Hühner - die noch im Stall sind. Wir werden sehen …
Ich muss mich ja nicht immer 100 Prozent korrekt verhalten, denn ich kann ja auch noch BESTRAFT WERDEN … wie auch immer er DAS überhaupt anstellen möchte …
Zweite Seite … die Erweiterungen …
Da fabuliert er von Grenzen …
KEIN FEUER: Ja Okay … Verbrennungen heilen langsamer als Schnittoder Risswunden
KEINE EXKREMENTE: Gehe ich Konform mit, Magen, Gedärme und Blase lasse ich immer über. Hirn sieht zwar eigentlich auch unappetitlich aus, muss aber leider sein.
KEIN BLUT ODER VERLETZUNGEN: Hmmm, Blut ist ein dehnbarer Begriff, so viel Blut fließt nicht unbedingt, wenn man nicht gerade eine Arterie trifft. Es hat halt den Nachteil, dass es dann länger dauert, bis jemand nicht mehr lebt. Ich akzeptiere das erst mal so, aber dann darf er sich nachher nicht beschweren, wenn er noch lebt, während ich ihm das Hirn auslöffle.
KEINE MEDIZINISCHEN INSTRUMENTE, ES SEI DENN … SIEHE UNTERE RANDNOTIZ: Was soll das denn nun? Andererseits … alles aus dem Baumarkt ist scheinbar erlaubt, Horrido!
KEINE HANDLUNGEN MIT TIEREN ODER KINDERN: Auch da gehe ich absolut konform mit, ein bisschen pervers ist zwar okay, dabei gibt es jedoch klare Grenzen! Die werde ich nicht überschreiten. Er offenbar auch nicht - passt.
KEINE HANDLUNGEN, DIE NARBEN HINTERLASSEN: Mit genügend Hirn heilt bei mir eigentlich alles. Geht doch hier überwiegend um mich, oder?
KEIN WÜRGEN ODER SPIELEN MIT ATEMNOT: Das fällt in die gleiche Kategorie. Versuch doch mal mich zu erwürgen - viel Erfolg dabei!
KEIN ELEKTRISCHER STROM…: Was?! Nö, das fliegt raus! Es gibt zig Geräte, die mit Akkus funktionieren (unter anderem mein geliebter Tacker)
… DIREKT AM KÖRPER, ZUMINDEST NICHT SO BALD: Achso - na gut, darauf können wir uns vorerst einigen.
UNTERE RANDNOTIZ:
Da steht wörtlich geschrieben:
TROTZ ALL MEINER ERFAHRUNG KANN ICH NOCH NICHT ABSEHEN, WO UNSER WEG HIN FÜHRT. ES GIBT GERÄTE UND RITUALE, DIE EVENTUELL LEICHTE VERLETZUNGEN VERURSACHEN. BITTE VERSTEHE MICH NICHT FALSCH. ES LIEGT MIR FERN, DICH ZU VERLETZEN ODER UNNÖTIG ZU QUÄLEN. DENNOCH KANN ES SEIN, DASS UNSER SPIEL MIT DER ZEIT INTENSIVER WIRD. VORERST WERDE ICH DICH VORHER FRAGEN, OB ICH GERÄTE EINSETZEN WERDE, DIE DIR KÖRPERLICHEN SCHADEN ZUFÜGEN KÖNNEN. WENN ICH BEMERKE, DASS DU DARAN KEINEN GEFALLEN FINDEST, WERDE ICH STOPPEN.
Das kann ich alles so weit unterschreiben, selbst die untere Randnotiz. Trotzdem hätte ich so einige Erweiterungen …
Also auf zu Seite 3. Ich schreibe:
KEIN PINK: ACH KOMM, SO SCHLECHT IST DIE ZWAR NICHT, ABER SIE IST EIN BISSCHEN SOFT FÜR MICH ALS METAL-QUEEN :-) - ICH MEINE DAMIT NATÜRLICH DIE FARBE. EINEN KLEINEN SPAß DARF ICH MIR JA AUCH ERLAUBEN, ODER NICHT?
KEINE KONDOME: ICH MAG ES OHNE.
Aus was die bestehen können und vor allem welche Zusatzstoffe da drin sind, habe ich ja nun erfahren. Er wird wohl kaum welche von der Konkurrenz benutzen. Ehrlicherweise muss ich aber zugeben, dass ich auch bei Durex, Ritex oder BillyBoy noch nie auf den Beipackzettel gesehen habe. Meistens war ich emotional etwas abgelenkt als ich die früher einmal benutzt habe.
HILFSMITTEL, SPIELZEUGE, … DIE WÜRDE ICH GERNE VORHER SEHEN, BEZIEHUNGSWEISE MÖCHTE ICH, DASS WIR DIE NOCH IM DETAIL BESPRECHEN.
Wenn man mir etwas Gutes tun will, dann benutzt man graue Sachen. Ob ich eine Liste aller medizinischen Instrumente, die er vorerst einsetzen würde, bekommen kann?
KEIN ANALVERKEHR Ich kann das nicht ab! Konnte ich schon als Mensch nicht. Das ist entwürdigend. Mein Zombie-Arsch bleibt Jungfrau. Damit hat der dann was geschafft, was mein menschliches hinteres Ende nicht geschafft hat. Ist doch auch ekelhaft. Erst in den Arsch ficken lassen und ihm danach einen Blasen? No way!
EIN BESTIMMTES WORT STOPPT JEGLICHE AKTIVITÄT: SOFORT
Ich hab mal irgendwo in irgendeinem Film gesehen, dass das recht sinnvoll sein kann. ICH WÜRDE 'CRANBERRIES' VORSCHLAGEN. Genau, die die 'Zombie' geschrieben haben. Eigentlich schütze ich damit eher ihn, wie mich. Wenn mich mein Hunger übermannt, dann müssen wir aufhören. Nicht bald, nicht gleich - sondern sofort. Mein innerer Zombie kennt keine Freunde, Lover oder Verwandten.
ICH HABE NOCH EIN NORMALES LEBEN: DAS GEBE ICH NICHT EINFACH SO AUF, WIR BEGINNEN MIT EINER WOCHENENDBEZIEHUNG. NACH EINEM MONAT SEHEN WIR WEITER.
Entweder du bist so gut, dass es sich weiter lohnt, oder ich kille dich! Wahrscheinlich eher das Letztere, oder vielleicht auch nicht. Meine Gedanken diesbezüglich sind im Moment nicht eindeutig.
Ach Scheiße, das wird kompliziert, aber Hannah braucht mich auch und ich brauche Hannah. Trotzdem, ich will ihn nicht verlieren, nicht nach dieser Nacht.
ANNA, BLEIB RUHIG, DU HAST GERADE MAL EINE HALBE NACHT MIT IHM VERBRACHT.
Ja, ich weiß du blödes Unterbewusstsein, bisher war's geil.
Ich unterschreibe den Vertrag „UNTER VORBEHALT“, wohlwissend dass ich es somit genauso gut hätte lassen können.
Das wäre es dann fürs Erste. Mit dem Telefon wähle ich die erste eingespeicherte Nummer … … … es klingelt einmal, zweimal, dreimal …
„Gray!“
Verdammt, DAS habe ich vergessen zu ergänzen: Melde Dich vernünftig und freundlich am Telefon! Aber das kann ich ihm auch direkt ins Gesicht sagen.
„Ich bin einigermaßen einverstanden! Mit ein paar Erweiterungen! Ich bringe den unterschriebenen Vertrag mit und steige jetzt in den Fahrstuhl.“
„Anna?“
„Ja, hier Wood, bis gleich!“ Ich beende das Gespräch ohne ein weiteres Wort. Vielleicht hat er es ja kapiert. Wer bitte schön außer mir soll ihn denn nachts um halb drei Uhr anrufen?
Aber … Mist! Ich habe ja nichts mehr anzuziehen. Und jetzt? In eine Bettdecke eingewickelt trete ich ihm nicht gegenüber! Da war ich wohl etwas zu vorschnell. Nur für den Fall der Fälle hüpfe ich also noch einmal ins Bad und wasche mich an den entscheidenden Stellen noch einmal …
Danach steige ich nackt, nur mit einem silbergrauen Umschlag bewaffnet, in den Fahrstuhl.
Schon kommt die Erinnerung zurück. Verdammter Mist, jetzt fange ich auch noch an zu tropfen.
Er erwartet mich an der Tür und kann sich ein Grinsen nicht verkneifen. Mir ist eigentlich nicht zum Lachen zu Mute, aber ich erkenne da ein gewisses Feuer in seinen Augen, zumindest glaube ich das zu erkennen. Ich darf nicht zu lange in diese Augen sehen.
Wortlos übergebe ich ihm den Umschlag.
„Hättest du mich weiter reden lassen, dann hättest du erfahren, dass die Kleiderschränke komplett gefüllt sind. Sämtliche Kleidung darin ist genau an deine Konfektionsgröße angepasst.“
Er sagt dies leicht vorwurfsvoll.
Woher weiß er meine Größen und konnte dies so schnell liefern lassen? Achja … das erste Interview. Aber er kann doch unmöglich? … anscheinend doch.
„Soll ich umdrehen?“, frage ich spitz.
„Nein!“, befiehlt er.
Er mustert mich von Kopf bis Fuß. Langsam …
„Du bist so begehrenswert Anna.“
Und so nass, ergänze ich im Kopf seine Aussage. Mist - wieso kann ich das nicht mehr steuern?
Er zieht sein Hemd aus!
Verdammt, nun laufe ich komplett aus.
Er gibt mir sein Hemd: „Du wirst Dich erkälten!“
Nein, werde ich nicht.
„Lass uns mal sehen, was du ergänzt hast.“
Langsam öffnet er den Umschlag und beginnt zu lesen. Sein anfängliches Lächeln verschwindet. Sein Blick wird ernster. Schließlich sagt er: „Wir müssen verhandeln!“
„Okay!“, antworte ich: „Hier vorm Fahrstuhl?“
„Nein, lass uns in die Bar gehen.“
In die … was? Nein - er hat nicht einfach nur ein Wohnzimmer oder eine Küche - nö! Er hat die Zimmer einfach nach Tätigkeiten benannt. Die Bar, der Pool, den Spa-Bereich … wahrscheinlich gibt es auch noch den 'Bidet-Raum' oder das 'Pinkelzimmer'. Er hat wirklich Kohle ohne Ende. Ich darf mich aber davon nicht zu sehr einschüchtern lassen. Irgendwas hat er an mir gefunden, sonst würde er mir den Vertrag nicht anbieten. Wir betreten … die Bar. Es ist die zweite Tür rechts im rechten Korridor. Natürlich ist das mal wieder ein riesiger Raum, diesmal sogar mit einem Wahnsinnsblick runter auf das momentan nächtliche Seattle. Die Außenterrasse ist mindestens genauso groß, wie die eigentliche Bar - also ebenfalls riesig. Wir bleiben aber im Innenbereich. Er gibt den Barkeeper. Ich bin froh, dass das Personal wohl heute Nacht frei hat. Aber die würden sich wahrscheinlich auch nicht über eine Frau nur mit Hemd bekleidet wundern.
„Darf ich dir was anbieten?“, fragt er höflich.
„Vielleicht ein Wasser?“, antworte ich, einmal mehr, leicht eingeschüchtert.
„Noch darfst du trinken, Anna - der Vertrag ist erst dann gültig, wenn ich ihn abgenommen habe“, bemerkt er lächelnd.
„Ich trinke keinen Alkohol.“
Alles andere außer Wasser könnte ein Problem werden.
„Braves Mädchen!“, sagt er mehr zu sich selbst.
Wir sitzen eine Weile schweigend zusammen; ich auf einem Barhocker, er hinter der Bar. Das Wasser hat eine gute Temperatur, nicht zu warm, nicht zu kalt. Er mixt sich irgendein Getränk mit verschiedenen Alkoholika und füllt am Ende alles mit einer beträchtlichen Menge eines tiefroten Saftes auf.
Was das wohl ist?
„Ich mag Kirsche über alles“, sagt er. „Ich liebe dieses dunkle satte Rot und den Geschmack“. Verdammt, ich bekomme etwas Hunger.
DAS IST GAAAAR NICHT GUT! Ach! … hallo du zweite Stimme. Nett, dass man von dir auch mal wieder was hört.
Nun fang schon an, denke ich leicht genervt.
„Also denn, Miss Wood“
AHA, DER NACHNAME … HMMM …
„Bis auf die letzten beiden Punkte sind wir uns eigentlich weitgehend einig“, beginnt er.
„Das ist doch schon mal gut“, sage ich beschwichtigend.
„Ja“, bestätigt er.
„Anders gesagt, ich erlaube dir schon einmal sehr viel“, bemerke ich etwas forscher.
„Das stimmt schon, ich verlange nicht wenig. Hoffentlich weißt du überhaupt, wozu du einwilligst“, murmelt Mister super Sexy vor sich hin. Das sieht zu süß aus, wenn er so in Gedanken ist.
„Ja, über ein paar Punkte würde ich gerne reden“, gebe ich zu bedenken, nachdem ich mich wieder gefangen habe.
„Okay, dann frage bitte jetzt!“
„Ich mache nichts, was mich vor anderen Leuten erniedrigt“, beginne ich.
„Ich bin kein Schwein, Anna - das wird nicht passieren.“
„Gut!“, ich bin etwas beruhigt.
„Wie sieht die Kleidung aus?“
„Sie wird sich im Laufe der Zeit verändern, sie wird auch unseren gemeinsamen Spielen angepasst.“
Ich hebe leicht die rechte Augenbraue.
„In der Öffentlichkeit, sofern wir zusammen öffentlich auftreten, wird sie züchtig, anständig und elegant sein, wenn nicht, dann werden bei dir zumindest die intimen Stellen bedeckt sein. An dir ist nichts, was nicht gezeigt werden dürfte. Vielleicht ist die Kleidung nicht immer bequem. Aber ich werde dich nicht quälen ohne dass es dir vielleicht Spaß bereitet.“
„Auch gut, denke ich“, beantworte ich seine versteckte Frage. Aber so richtig kann ich mir keinen Reim auf den zweiten Teil der Aussage machen.
„Der persönliche Trainer begleitet mich auf Schritt und Tritt?“, möchte ich wissen.
„Nein, aber ich würde dir empfehlen, mindestens an fünf Tagen in der Woche mit ihm zu trainieren.“
„Das kollidiert mit meinen Erweiterungen“, bemerke ich.
„Allerdings!“, sagt Dorian etwas lauter.
„Ich möchte dich jederzeit um mich haben“, sagt er, ohne lange zu überlegen.
„Du möchtest mich kontrollieren?“
„Ja!“
Diese Aussage duldet keinen Widerspruch.
„Wir haben ein Problem“, spreche ich das aus, was wir beide denken. „Stimmt!“, bestätigt er.
„Ich schlage einen Kompromiss vor“, sage ich.
Er schaut mich emotionslos an, er ist intelligent genug, um mich erst einmal reden zu lassen und dann zu korrigieren. Dorian Gray ist in der besseren Position als die kleine unbedeutende Baumarktaushilfe, die ihm – nur mit einem Hemd bekleidet - gegenübersitzt.
„Du darfst mit mir innerhalb der nächsten vier Wochenenden alles machen, was wir vereinbaren. Ich verspreche, jeden Tag zwei Stunden zu trainieren - sofern mein Körper dies ermöglicht. Das spart dir den Trainer. Innerhalb der Woche muss ich wieder nach Portland zurück. Zumindest vorerst. Freitag abends bin ich hier - Sonntagmittag fahre ich zurück“
Er schaut mich finster an.
„Sie sind ein harter Verhandlungspartner - Miss Wood“, spricht er langsam und bestimmt aus.
„Wenn sie irgendwann mal einen Job brauchen, da findet sich sicher etwas in meiner Firma.“
„Vorerst nicht, danke“, antworte ich.
„Das ist zumindest kein direktes 'Nein'!“, Das war keine Frage, sondern eine Feststellung.
Ich tue so, als hätte ich es als Frage verstanden: „Das ist korrekt, Mister Gray.“
„Ich akzeptiere unter einer Bedingung …“, sagt er.
NA BITTE, GEHT DOCH.
Ich sehe ihn direkt an, aber … ich darf ihm bloß nicht zu lange und zu offensichtlich in die Augen sehen!
„Das Codewort entfällt!“
AUTSCH! Na gut, das ist dann dein Problem, eventuell bist du dann halt dran. Ich schlucke sichtbar und schließe die Augen.
„Ich ersetze es durch zwei Codewörter, eines zur Warnung, eines als Stopp. Ich hatte diesen Passus tatsächlich vergessen. Nun?“, drängelt er. „Einverstanden.“ murmele ich.
Seine Augen leuchten, er schmunzelt leicht. Scheinbar ist er auch erleichtert.
„Ab wann soll der Vertragsbeziehung starten?“, fragt er.
Mir doch egal - aber … halt …
„Ich habe noch diese eine Nacht in Freiheit?“
„Wenn du möchtest. Du bestimmst, wann unser Vertrag beginnt. Ich werde ihn noch einmal ausarbeiten. Danach werden wir ihn wahrscheinlich sowieso noch einmal besprechen müssen.“
„Normalerweise bekommt der Verurteile einen letzten Wunsch.“ „Sofern ich ihn erfüllen kann und möchte …“
„Ich will ficken!“, antworte ich.
„Wie ich sagte, unersättlich …“, erwidert er laut lachend.
KOMM, DU WILLST DAS DOCH AUCH!
„Heißt das, ja?“, frage ich hoffnungsvoll.
„Anna, ich muss heute arbeiten“, sagt er vorwurfsvoll.
Meine Libido zerspringt gerade in tausend Stücke. Mein Kopf sinkt auf die Brust. Er hebt mein Kinn mit seinem gekrümmten Zeigefinger der linken Hand über die Bar hinweg wieder an.
KOMM KÜSS MICH! JAAAAA! DER REST GEHT WIE VON SELBST …
„Ich bringe dich wieder runter, Miss Wood“, tröstet er mich.
Ich stehe enttäuscht von meinem Barhocker auf. Er greift meine Hand. In einer leichten Umarmung gehen wir beide zum Fahrstuhl. Er ohne Hemd, ich ohne Hose. Der Aufzug wartet schon auf uns.
„Vanessa, ein Stockwerk tiefer“, sage ich traurig. Nichts tut sich.
„Vanessa, Stimmerkennung aktivieren. Kennung: Anna Wood. Sicherheitsstufe C, bitte bestätigen“, befiehlt er ruhig und sachlich.
„Hallo Anna Wood! Bitte sagen sie kurz etwas, womit sie mich aktivieren möchten, wenn ich sie einmal nicht direkt erkennen sollte“, antwortet der Fahrstuhl.
„Zombie“, sage ich laut und deutlich.
„Verstanden! Aktivierungscode für Anna Wood lautet: 'Zombie'“, bestätigt Vanessa.
Dorian Gray sieht mich von rechts oben herunter lächelnd an. Er ist nicht ganz so riesig wie Taylor, aber auch deutlich über eins-achtzig groß. „Versuch es“, sagt er. „Du musst vorher 'Vanessa' sagen.“
„Vanessa … Zombie … bitte fahre ein Stockwerk tiefer“, sage ich emotionslos.
„Verstanden Anna, wir fahren in den 3. Stock auf die zweite Gast-Ebene“.
Der Fahrstuhl setzt sich in Bewegung und hält schon nach ein paar Sekunden wieder. Die letzte Fahrt war um Längen besser, denke ich still vor mich hin. Er steigt aus - ich möchte noch nicht aussteigen, ich schwelge noch in Erinnerungen.
„Komm!“, sagt er in freundlichem Befehlston und hält mir eine Hand hin. Lustlos greife ich seine Hand - ich folge ihm in das Schlafzimmer. Auf dem Bett angekommen, schnappe ich mir ein wenig beleidigt die Bettdecke und verkrieche mich darunter. Er sitzt immer noch auf der Bettkante.
„Egal, es ist eh zu spät …“, höre ich ihn sagen.
Ich höre wie seine Hose zu Boden fällt, danach kommt er unter meine Bettdecke. Er fackelt nicht lange und den zwei absolut geilen Orgasmen gesellt sich noch ein dritter nicht minder geiler dazu. Immerhin, auch er ist dieses Mal gekommen, Der Sex war nichts Spektakuläres, wir haben ein paar Stellungen durchprobiert, die ich noch aus vergangenen sexuell aktiveren Zeiten kannte. Er ist so etwas von fit, da stoße ich tatsächlich an meine Grenzen. Andererseits fehlt mir auch die Übung. Meinen letzten richtigen Freund hatte ich vor mehreren Jahren. Wie ich schon erwähnte, hatten wir zumindest im Schlafzimmer durchaus auch unseren Spaß. Aber mit Dorian bin ich deutlich aufgestiegen. Ich denke, dass auch er Gefallen daran gefunden hat. Zwei Orgasmen an einem Abend sind ja auch schon einmal ein guter Wert. Die hatte er definitiv. Männer können, wenn die Frau nur ein wenig Kenntnis über die biologischen Zusammenhänge besitzt, ihren Orgasmus nicht vortäuschen. Ich weiß ja nicht, wie das alles aussehen soll, wenn ich dann wirklich seinen eigenartigen Vertrag unterschrieben habe. Eigentlich finde ich das ganz gut so, wie es momentan läuft. Ich bin jedenfalls noch nie so zufrieden und glücklich nachts um vier Uhr unter die Dusche gesprungen. Er hatte mir vorher gesagt, dass er nun unbedingt gehen müsse. Ein Minimum an Schlaf brauche er schließlich auch. Er bat mich ausdrücklich um meine Erlaubnis zu gehen und um Verständnis dafür, dass er in seinem eigenen Bett schläft. Neben mir würde er ja auch kaum zum Schlafen kommen. Ein Mann, der mich um etwas bittet und der ohne Umwege das sagt, was er meint. Beim Sex ist er unvergleichlich, er hat Kohle ohne Ende und er sieht super aus, gerade für mich und meinen Graufetisch. Worum auch immer er mich gebeten hätte, ich hätte es ihm gewährt.