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Der Gesangverein

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Der Umzug nach Bad Wildbad und die große Geburtstags-, Führerschein- und Abschiedsparty von Nina waren vorbei und die kleine Familie Groß lebte sich gut in ihrer neuen Wohnung ein. Ninas Party hatte auch keine größeren Probleme oder Ärger verursacht.

Mariella konnte sehr schnell an der Grundschule der kleinen Kurstadt mit ihrer Arbeit beginnen und auch Nina hatte Glück. In dem Gymnasium in Neuenbürg wurden genau die Leistungskurse angeboten, die sie wollte und sie fand auch sehr schnell Anschluss.

Da sie auch die Führerscheinprüfung bestanden hatte, durfte sie oft mit dem Cabrio ihres Vaters zur Schule fahren.

Jakob, Mariella und Nina fühlten sich in ihrer neuen Heimat sehr wohl.

Da Mariella in der Regel täglich erst gegen 14 Uhr von der Schule nach Hause kam, verbrachte Jakob seine Mittagspause mit einigen Kollegen gerne in einem kleinen Cafè in der Nähe seiner Arbeitsstelle. Dort lernte er schnell den Wirt und dessen Ehefrau kennen. Jakob verstand sich sehr gut mit den Wirtsleuten und so wurde dieses Cafè schnell zu Jakob´s und Mariella’s Stammlokal, nicht zuletzt auch, weil es in diesem kleinen Lokal ausgezeichnete Speisen gab.

Neben den Wirtsleuten freundeten sich Mariella und Jakob auch mit anderen Stammgästen an, die unter anderem auch Mitglied in einem Gesangverein waren. Jakob und auch Mariella fanden die Erzählungen über die Konzerte, Konzertreisen und Ausflüge, aber auch die Geschichten über das Vereinsleben, amüsant und hoch interessant. So dauerte es auch nicht lange, bis sich das Ehepaar Groß überreden ließ bei einer Probestunde des Gesangvereins mitzumachen. Jakob hatte bisher zwar nichts mit Chormusik am Hut, aber Mariella hatte sich bereits länger Gedanken gemacht, wie sie Jakob gestand, in einen Chor einzutreten. Jakob ging deshalb nur Mariella zuliebe mit zur Probestunde. Er hatte keine Ahnung in welcher Stimmlage er singen konnte und so war die Probestunde eine kleine Tortur für ihn. Er konnte keine Noten lesen und so brummte er einfach mit seinem Nebenmann mit und irgendwann im Verlauf der Chorprobe machte es Jakob dann doch Spaß im Chor mitzusingen. Bei dem anschließenden gemeinsamen Ausgang der Chormitglieder wurden Mariella und Jakob sehr herzlich aufgenommen und gebeten auf alle Fälle wieder zu kommen.

„Aber ich kann doch gar nicht singen“, sagte Jakob.

„Natürlich können sie singen“, erwiderte der Chorleiter Tom Grau lachend.

„Ich kenne aber nicht einmal die Noten“, erklärte Jakob.

„Das ist doch kein Problem, da helfen wir ihnen weiter. Sie müssen nur mitmachen, dann klappt das schon“, antwortete Herr Grau freundlich.

„Na gut, ich werde es mir überlegen“, lachte nun auch Jakob.

Das Ehepaar Groß verbrachte einen schönen Abend im Kreis der Chormitglieder und so war es auch kein Wunder, dass Jakob und Mariella neue Mitglieder des Gesangvereins wurden.

Nina wunderte sich sehr über das neue Engagement ihrer Eltern, freute sich aber auch, dass diese so in der neuen Heimat Anschluss gefunden hatten. Sie selbst bereitete sich intensiv auf ihre Wertungsklausuren und ihre Abiturprüfungen vor, immer ihr Ziel vor Augen Psychologie studieren zu wollen und deshalb ein sehr gutes Abitur abzulegen. Diesem Ziel kam sie immer näher und hatte nur noch ein paar Monate Schule vor sich. Denn Ende März begannen die Abiturprüfungen.

Kurz vor den Sommerferien bekam Mariella die Chance, durch eine Weiterbildung an einer katholischen Akademie, ihr berufliches Profil zur Reformpädagogin aufzuwerten. Dieses Studium wurde berufsbegleitend angeboten und so konnte sie, neben ihrem Job an der Schule, auch studieren.

Als Mariella dies Jakob berichtete, war dieser sehr froh, dass Mariella sich in ihrem Job nun auch noch gegenüber ihrer früheren Heimat wesentlich verbessern konnte. Er riet ihr deshalb dieses Angebot unbedingt wahrzunehmen. Mariella war sehr glücklich über Jakob´s Freude und sagte bereits am folgenden Tag ihrer Rektorin zu. Start des Studiums sollte bereits im Oktober sein und über knapp 2 Jahre hinweg gehen, meistens an den Wochenenden oder auch Feiertagen.

Auch für Jakob lief es in seinem Beruf sehr gut und er stand kurz vor einer Beförderung zum Alleingeschäftsführer des Klinikkonzerns, für den er arbeitete.

Mariella und Jakob, und auch Nina waren jetzt allesamt sehr froh, doch den Umzug in eine neue Stadt gewagt zu haben.

Auch im Gesangverein konnte Jakob seine Unsicherheit beim Notenlesen immer besser abbauen. Er sang einfach so, wie sein Nebenmann und kam immer besser zurecht.

Anlässlich einer Chorprobe, teilte dann Fritz Einsel der Vereinsvorsitzende mit, dass der Chor Ende Mai des nächsten Jahres, an einem europäischen Chorwettbewerb im südfranzösischen Frejus mitmachen soll. Nach einer kurzen Diskussion der Sängerinnen und Sängern wurde beschlossen diese Chorreise zu unternehmen und auch die beiden anderen Chöre der Stadt mit einzubeziehen.

Der Chorleiter, der auch diese Chöre leitete, versprach sich umgehend mit den Vereinsvorsitzenden in Verbindung zu setzen und ein ansprechendes Programm auszuarbeiten.

Jakob und Mariella freuten sich sehr auf diese Konzertreise, weil sie selbst noch nie an so etwas mitgewirkt hatten. Und dann noch nach Südfrankreich zu kommen, wenn auch nur für wenige Tage, war für beide etwas Besonderes.

Mariella checkte zu Hause gleich, ob der Reisetermin mit den Abiturprüfungen von Nina kollidieren würde, was aber nicht der Fall war. Der Termin fiel genau in Ninas große Abiturreise nach Rom. Auch ihre Studienkurse wurden von dem Termin nicht durchkreuzt, so dass einer Teilnahme an der Konzertreise nichts im Wege stand.

Die folgenden Wochen vergingen wie im Flug. Nina büffelte für ihre Klausuren um die erwarteten Einreichungsnoten zu bekommen und Jakob übte mit Mariella Noten zu lesen und zu singen. Für Mariella war dies kein Problem, da sie hervorragend Klavier spielen konnte und Jakob hatte den Ehrgeiz bei der Konzertreise gut und sicher singen zu können.

Im Oktober begann dann Mariellas Zusatzstudium. Jakob ließ es sich nicht nehmen, seine geliebte Frau und auch ihre Kollegin Patrizia, selbst in die Nähe von Ulm zu fahren und nach 4 Tagen wieder abzuholen.

Mariella berichtete ihrem Jakob nach den ersten Kursen überschwänglich, wie toll es war und dass sie sich mit einigen Studienkolleginnen angefreundet hatte.

Kurz vor Weihnachten fand das traditionelle weihnachtliche Chorkonzert des Vereins auf dem Programm. Jakob hatte Lampenfieber, da er selbst noch nie bei einem Konzert gesungen hatte. Mariella war in dieser Hinsicht viel cooler und beruhigte ihren Mann. Nina hatte versprochen sich dieses Konzert anzuhören, obwohl es absolut nicht ihre Musikrichtung war. Die Aufführung fand in einer Kirche mit einer schönen Akustik statt und war bis auf den letzten Platz ausverkauft. Der Gesangverein trug ein weihnachtliches Oratorium vor und erhielt einen sehr, sehr großen Applaus der Besucher. Jakob war erleichtert, dass er dies dank Mariella und auch Dank des Chorleiters Tom Grau gut überstanden und keinen hörbaren Fehler gemacht hatte.

Auch Nina war begeistert. Sie hätte nie gedacht, dass ihr Vater in der Lage war fehlerfrei zu singen.

Nach dem Konzert gingen alle Chormitglieder mit ihren Angehörigen und Freunden gemeinsam zum Essen. Hier teilte der Chorleiter dann auch mit, dass dieses eben aufgeführte Oratorium auch in Südfrankreich gesungen werden wird. Der Vereinsvorsitzende erklärte dann auch noch zusätzlich, dass das Rahmenprogramm bereits stehen würde. Geplant war, dieses Konzert bei dem europäischen Chorfestival und anschließend auch noch in der südfranzösischen Partnerstadt Cogolin, die nur wenige Kilometer von Frejus entfernt ist, in einer sehr alten Kirche aufzuführen.

„Neben dem musikalischen Bereich, haben wir, die anderen Vereinsvorsitzenden und ich, uns auf ein schönes Rahmenprogramm geeinigt“, sagte der Vereinsvorsitzende Einsel, „wir werden in unserer Partnerstadt in einem Hotel direkt am Meer wohnen, unseren Partnerverein treffen und einen Tagesausflug nach Monte Carlo machen. Wir fahren mit drei großen, modernen und vor allem bequemen Reisebussen. Ich hoffe das ist so in eurem Sinn.“

Der Applaus der Sängerinnen und Sänger war Zustimmung genug und so gab es nur noch ein Thema an diesem Abend, Südfrankreich.

Die Weihnachtsfeiertage und das anschließende Neujahrsfest waren vorbei und Nina wartete auf die Einreichungsnoten für das Abitur. Endlich im Februar war es soweit. Mit einem leicht betrübten Gesicht kam Nina nach Hause zu Mariella und Jakob.

„Dieser Idiot von Französischlehrer“, schimpfte Nina, „haut der mir doch eine 1,75 rein, weil ich im mündlichen etwas schwächer sein soll. Mit dem Durchschnitt hab ich keine Chance auf Psychologie. Ich brauche eine 1,25 und komme jetzt auf eine 1,5.“

Jakob und Mariella versuchten ihre Tochter zu beruhigen, was ihnen aber nicht gelang. Sie verschwand in ihrem Zimmer. Nach einiger Zeit kam sie und erklärte ihren Eltern:

„Der Idiot kann machen was er will. Ich bekomme meine 1,25 oder noch besser beim Abitur. Ich werde mich einfach zusätzlich noch mündlich prüfen lassen, wenn es im schriftlichen nicht zu einer glatten 1 reicht und dann kann der mir mal den Rücken runter rutschen, der Idiot.“

Jakob und Mariella fingen an zu lachen und auch Nina lachte.

„Genau so mach ich das“, rief sie und umarmte ihre Eltern.

„Kleines, du machst das schon richtig. Und wenn es nicht so funktioniert wie du dir das vorstellst geht die Welt auch nicht unter“, erklärte Jakob und Mariella nickte.

„Ich möchte aber Psychologie studieren und da brauch ich eben diese 1,25“, antwortete Nina.

„Hast du einen Plan B, falls das nicht funktionieren sollte?“ fragte Mariella.

„Nein, das will ich auch nicht. Ihr wisst doch, Psychologie war schon immer mein Traum. Ich will etwas mit Menschen machen“, erwiderte Nina.

„Wie wäre es mit Medizin? Mit Pädagogik? Und da gibt es noch viele andere Berufe, die mit Menschen zu tun haben“, meinte Mariella.

„Nein, Psychologie oder nichts“, erklärte Nina trotzig.

„Okay, bei einer 1,5 hast du doch trotzdem die Chance das Studium zu machen. Eventuell musst du ein oder zwei Semester Wartezeit in Kauf nehmen. Wäre doch auch nicht schlimm“, schlug Jakob vor.

„Die ganze Diskussion bringt nix. Warten wir ab, wie das Abi läuft“, entgegnete Nina wieder friedlich, „was macht eigentlich eure Konzertreise?“

„Es läuft alles. Bin sehr gespannt auf dieses Cogolin, das soll in der Nähe von Saint Tropez sein. Und wenn wir in Monte Carlo sind, ist zeitgleich der Formel 1 Grad Prix dort. Das ist bestimmt auch sehr spannend“, freute sich Jakob.

„Das glaub ich dir. Das ist doch eher dein Ding als zu singen“, lachten Mariella und Nina gemeinsam.

„Nein, das Singen macht mir jetzt ja auch Spaß“, lachte Jakob zurück.

Als Jakob und Mariella später im Bett lagen, fragte Jakob: „Du erzählst gar nichts mehr von deinem Studium. Macht es keinen Spaß mehr?“

„Natürlich macht es mir großen Spaß. Es ist alles wunderbar und in Ordnung“, antwortete Mariella zögerlich.

„Wenn ich dir helfen kann, sag es nur, ich tu es gerne“, erwiderte Jakob.

„Lass uns schlafen“, würgte Mariella das Thema ab und drehte Jakob den Rücken zu.

Irritierte machte er seine Nachttischlampe aus und schlief schnell ein.

Der Reisetermin rückte immer näher und Ninas letzte schriftliche Abiturprüfungen standen an.

Mariella, Nina und Jakob waren zuversichtlich, dass die Prüfungen so verlaufen werden, wie Nina es sich wünschte. Jakob wusste, seine Tochter hatte einen wahnsinnigen Ehrgeiz und trotzdem eine unfassbare innere Ruhe. Er ließ es sich nicht nehmen, sie zum Abschluss des schriftlichen Teils des Abiturs selbst zur Schule zu fahren und dort auf sie zu warten. Nach 2 langen Stunden kam Nina lachend aus dem Gebäude.

„So, das war es. Dem blöden Idioten von Französischlehrer hab ich es gezeigt“, lachte Nina und stieg ins Auto ein, „in einer Woche haben wir das Ergebnis, aber ich bin sehr zuversichtlich.“

„Wenn das so ist, lade ich dich zum Essen ein, was meinst du?“ fragte Jakob lachend.

„Gerne, und wo? Ich hätte mal wieder Lust auf Fastfood. Hab schon lange keine Burger mehr gegessen“, erklärte Nina und so fuhr Jakob zum nächsten Fast-Food-Restaurant in Pforzheim. Dort aßen sie mit Wonne ihre Burger und Pommes Frites, holten dann Mariella von der Schule ab und fuhren nach Hause.

Die Woche war schnell vorbei und Nina fuhr zum Gymnasium um zu sehen, wie sie abgeschnitten hatte. Vor dem großen Aushang stehend rief sie plötzlich: „Ja, ja.“ und reckte ihre Faust nach oben. Sie hatte es tatsächlich genau so geschafft wie sie wollte. Sie rief deshalb von unterwegs aus an: „Daddy, eine 1,1“, lachte sie, „denen hab ich es aber gezeigt. Ins mündliche Abi muss ich auch nicht. So und jetzt können wir alle in Ruhe in Urlaub fahren. Vielleicht brauchen Mom und ich noch neue Klamotten für die Reise?“

„Okay, Okay hab ich deiner Mutter ja auch versprochen. Wir werden morgen fahren. Aber komm jetzt erstmal nach Hause, oder triffst du dich noch mit deinen Freunden?“, beschwichtigte Jakob seine Tochter.

„Eher weniger. Einige haben gesagt, dass sie sich jetzt voll laufen lassen wollen. Aber das ist nicht mein Ding. Ich werde jetzt los fahren. Also bis gleich“, flötete Jakob´s Tochter ins Telefon.

„Mariella, Nina hat ne 1,1. Das ist doch der Wahnsinn, oder?“ rief Jakob seiner Frau zu, die gerade in der Küche hantierte.

„Was hat sie?“ fragte Mariella ungläubig nach.

„Na einen 1,1 Durchschnitt und ins mündliche muss sie auch nicht. Sie ist fertig und hat definitiv ihr Ziel erreicht“, lachte Jakob erlöst.

„Ja, das hat sie und den Studienplatz wird sie bestimmt auch bekommen“, sagte Mariella nachdenklich.

„Was ist denn mit dir? Freust du dich nicht?“ fragte Jakob besorgt.

„Doch, doch, ich freue mich auf der einen Seite und auf der anderen Seite muss ich daran denken, dass unser Baby bald aus dem Nest fliegen wird und das macht mich traurig“, antwortete Mariella.

„Sie wird studieren, das wollten wir doch auch und ich glaube nicht, dass sie sehr weit weg gehen wird. Mit Tübingen und Heidelberg sind doch die besten Unis nicht sehr weit weg von hier. Außerdem ist sie bereits 19 Jahre alt, da will man sich doch selbständig machen oder nicht?“ lachte Jakob.

„Stimmt ja alles was du sagst, trotzdem wird sie mir fehlen“, lächelte Mariella.

„Meinst du, wir sollten ihr ein Auto zum bestandenen Abitur kaufen? Brauchen wird sie es bestimmt sowieso“, schlug Jakob vor.

„Ja, das wird wohl so sein. Machen wir das. Kümmerst du dich drum?“ erwiderte Mariella, „und morgen gehen wir alle drei nach Pforzheim oder Karlsruhe shoppen. Wenn wir nach Südfrankreich fahren, möchte ich tolle Klamotten haben und Nina soll auch vernünftige Sachen haben, wenn sie nach Rom fährt. Hast du eigentlich schon diese komischen Blusen gesehen, die wir bei den Auftritten anziehen sollen?“

„Also das mit dem shoppen gehen ist gebongt und nein, eure Blusen hab ich noch nicht gesehen“, antwortete Jakob.

„Elvira hat sie mir heute in die Schule gebracht. Die sind echt krass. Richtiger Oma-Look. Ob ich die anziehen werde, weiß ich noch nicht, aber vielleicht finde ich morgen eine in der gleichen Farbe, die nicht so grauenhaft und altmodisch aussieht“, erklärte Mariella.

„Ich glaub das solltest du mit eurer Obersängerin abklären. Aber zeig mal her“, sagte Jakob.

Mariella holte die Bluse und hielt sie an sich. Jakob musste laut lachen „das geht aber gar nicht. So eine hatte meine Oma vor 40 Jahren an. Wir werden morgen mal sehen, ob es nicht etwas Besseres gibt. Dann ziehst du die an und sagst einfach, dass die andere Bluse Rotweinflecken bekommen hat.“

„Das hab ich mir auch gedacht. Die kann man, vor allem ich, nicht anziehen; außerdem 100% Polyacryl. Da schwitzt man und bei meiner Haut gibt es bestimmt auch eine allergische Reaktion“, erklärte Mariella.

„Da hast du doch deine Entschuldigung für eine neue Bluse. Vielleicht gibt es noch andere Sängerinnen, denen es ebenso geht“, überlegte Jakob.

„Wir haben jetzt noch eine Chorprobe, da werde ich das sagen mit der Allergie und dass ich eine neue Bluse in der gleichen Farbe habe“, lachte jetzt Mariella.

Kurze Zeit später traf Nina zu Hause ein. Nach einer überschwänglichen Begrüßung und Beglückwünschung zum bestandenen Abitur sagte Nina „Denen hab ich’s aber jetzt gezeigt. Bin mal gespannt, ob der doofe Französischlehrer beim Abifest etwas sagt. Und morgen shoppen geht klar?“

„Natürlich, wo wollen wir hin fahren? Pforzheim oder Karlsruhe, von mir aus Stuttgart, mir ist es egal. Wo soll es hin gehen?“, fragte Jakob.

„Ich denke wir sollten zuerst nach Pforzheim und wenn wir da nichts finden nach Stuttgart fahren. Was meinst du Nina?“ erwiderte Mariella.

„Also ich kenn mich in Stuttgart aus, in Pforzheim nicht, aber wenn du meinst, eine neue Erfahrung schadet ja nie“, lachte Nina.

Jakob, der seinen beiden Frauen zuhörte, musste lachen.

„“Hey, lachst du uns aus?“ fragte Mariella.

„Nein, das würde mir nie einfallen. Ich freue mich nur über eure Diskussion, eine echte Mutter-Tochter-Diskussion“, lachte Jakob.

Als sie über Jakob´s Worte kurz nachdachten, mussten Mariella und Nina auch herzhaft lachen. Sie waren sich ja einig, hatten aber trotzdem weiter diskutiert.

„Also endgültig, morgen fahren wir zuerst nach Pforzheim und sehen uns dort die Geschäfte an und wenn ihr nichts findet, können wir ja immer noch nach Stuttgart fahren“, entgegnete Jakob lachend, „wie sieht es aus, wollen wir heute Abend noch ein wenig feiern und schön ausgehen?“

„Das ist eine gute Idee, lieber Ehemann. Heute ist ja ein besonderer Tag“, antwortete Mariella lachend.

„Und wann bekomme ich mein Geschenk für das bestandene Abitur? Ausgehen ist doch nicht alles, oder?“ schimpfte Nina lachend.

„Also liebe Tochter, heute ist zwar ein besonderer Tag, du hast deine Abi-Note erfahren, aber dein Zeugnis und die Urkunde hast du noch nicht. An diesem Tag bekommst du dann auch dein Geschenk, in Ordnung?“ erwiderte Jakob.

„Schade, hatte gedacht ich bekomme es bereits heute. Aber was ist es denn? Schmuck, Geld oder was?“ drängelte Nina.

„Was würdest du dir denn wünschen?“ erkundigte sich Mariella.

„Ein kleines Auto wäre toll, dann bräuchte ich nicht ständig euer Auto zu nehmen, Klamotten, Schmuck oder auch Geld wären auch okay. Aber ein kleines Auto würde ich mir schon wünschen“, phantasierte Nina.

„Na, dann warte einfach mal ab, was es sein wird. Eines kann ich aber sagen, du brauchst nicht zu suchen, es ist nicht hier im Haus“, lachte Mariella und nahm ihre Tochter in die Arme.

„Na meine Damen wie sieht es denn aus, wollten wir nicht ausgehen und ein wenig feiern? Dann macht euch mal schön“, schubste Jakob seine beiden Frauen an.

Mariella und Nina flitzten in das Schlafzimmer bzw. in Ninas Zimmer und zogen sich rasch um. Jakob, der auf die beiden wartete, hatte in der Zwischenzeit Cocktails gemixt, die er den beiden Frauen reichte.

„Wow, toll seht ihr aus. Dir Nina noch einmal herzlichen Glückwunsch zum bestandenen Abitur“, sprach Jakob und hob sein Glas um mit beiden anzustoßen.

„Hey, da ist ja Alkohol drin. Dann müssen wir wohl jetzt zu Fuß in die Stadt gehen?“ erklärte Mariella entrüstet.

„Nein, wir nehmen ein Taxi. Das wird bestimmt auch gleich da sein und zurück nehmen wir auch ein Taxi, okay?“ lachte Jakob.

Sie hatten gerade angestoßen und einen Schluck getrunken, als der Taxifahrer bereits klingelte.

„Also, dann mal los meine Damen“, sagte Jakob, ging zur Tür und öffnete dem Taxifahrer, „wir sind sofort da, einen kleinen Moment noch.“

Der Taxifahrer nickte und ging zu seinem Auto.

Sie fuhren in die Stadt und ließen sich am Hotel-Restaurant des Hotels „Goldener Engel“ absetzen. Nina freute sich sehr, als sie sah, wohin ihre Eltern sie ausführten und drückte ihrer Mutter einen Kuss auf die Wange. Im Hotel wurden sie vom Hotelier persönlich zu ihrem Tisch geführt. Jakob und Mariella kannten den Inhaber gut und so traute der sich auch zu fragen: „Gibt es heute etwas zu feiern?“

„Ja klar, unsere Nina hat heute das Abitur bestanden und das mit einer 1,1. Das muss man doch feiern“, erklärte Jakob stolz.

„Ja, da habt ihr aber recht, das muss gefeiert werden. Nina, darf ich sie und ihre Eltern zu Champagner einladen?“ entgegnete der Hotelier.

„Ja, gerne“, freute sich Nina.

Dieser rief eine Kellnerin heran, orderte den Champagner und flüsterte ihr noch etwas ins Ohr. Die Kellnerin nickte und lächelte. Kurze Zeit später kam sie mit zwei Flaschen Champagner an den Tisch.

Sie öffnete eine Flasche und schenkte ein.

„Mmh, der schmeckt aber toll“ lachte Nina.

„Ja, das ist auch ein ganz besonderer Champagner, den habe ich selbst bei einem Winzer in der Region Montagne de Reims ausgewählt und mitgebracht. Der ist nur für ganz besondere Anlässe und ihr Abitur ist ein solcher Anlass. Die zweite Flasche ist für sie persönlich als Geschenk von mir. Lassen sie sich den Tropfen gut schmecken. Lasst uns jetzt anstoßen“, erklärte der Hotelier stolz.

Jakob, Mariella und Nina erhoben sich und stießen mit dem Hotelier an. Anschließend verbeugte er sich kurz und ließ die kleine Familie alleine.

„Ich würde gerne für uns ein spezielles Menü bestellen, seid ihr damit einverstanden?“ fragte Jakob und beide Frauen nickten.

Jakob bestellte für alle ein 7 Gänge Menü, das keine Wünsche offen ließ. Nina glaubte wie auf Wolken zu schweben, das lag aber nicht an dem außergewöhnlichen Champagner oder dem hervorragenden Bordeaux, den ihr Vater ausgesucht hatte. Es lag wohl daran, dass jetzt allmählich die Anspannung der vergangenen Wochen von ihr abfiel und auch an der Atmosphäre des Sternelokals und der liebevollen Fürsorge ihrer Eltern. Als sie kurz vor Mitternacht aufbrachen, hatten Nina und Mariella einen kleinen Schwips und Jakob führte seine Damen zu dem bestellten Taxi, das sie sicher nach Hause brachte.

Jakob, der am folgenden Tag wie immer im Büro seiner Arbeit nachging, übergab kurz vor Feierabend seinem Vertreter die Geschäfte und wollte gerade gehen, als seine Sekretärin, Frau Albert, eine freundliche End-50gerin, in sein Büro kam und ihm noch einen an ihn persönlich gerichteten Brief, auf dem „Eilt sehr“ stand, übergab.

Jakob öffnete schnell das Kuvert und hatte einen Brief in der Hand, der aus Zeitungsbuchstaben zusammengesetzt war. Jakob las laut: „JAKOB GROß, ICH KRIEG DICH! MACH DEIN TESTAMENT! DU WIRST NICHT MEHR LANGE LEBEN! DU BIST SCHULD AN MEINEM UNGLÜCK!“

Frau Albert, die gerade aus dem Büro gehen wollte, hörte den Text und fragte:

„Was ist das denn?“

„Keine Ahnung was das soll. Irgendein Spinner spielt sich wohl auf und will mir Angst einjagen. Packen sie das weg. Ich gehe jetzt nach Hause und in Urlaub“, erklärte Jakob nachdenklich.

„Soll ich den Brief nicht der Polizei geben?“ fragte Frau Albert besorgt.

„Nein, werfen sie den Müll weg und dann ist es vergessen“, grinste Jakob und verließ sein Büro.

Auf dem Heimweg überlegte er, ob er Mariella davon erzählen sollte, entschied sich aber ihr nichts davon zu sagen. Mariella hätte sich bestimmt unnötig Sorgen gemacht.

Trotzdem fragte er sich wer ihm denn so einen Brief schicken würde. Er fand keine Erklärung und schob die Gedanken an diesen Brief einfach weg. Jetzt wollte er einfach unbeschwert mit seinen beiden Frauen einkaufen gehen. In ein paar Tagen waren Nina, Mariella und er sowieso für eine Weile nicht mehr in der Stadt.

Saint Tropez im Frühling

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