Читать книгу Erfolg ist ein Mannschaftssport - Stephanie Borgert - Страница 22
Literaturtipps zur intensiven Auseinandersetzung mit Wirkungsdiagrammen:
ОглавлениеBorgert, Stephanie: Unkompliziert!
Meadows, Donella: Die Grenzen des Denkens
Senge, Peter: Die fünfte Disziplin
Sherwood, Dennis: Einfacher managen
Es geht bei dieser Modellbildung immer darum, die Feedbackschleifen in einem System und seine Dynamiken zu begreifen. Unser Alltag ist voll von diesen Rückkopplungen, wir achten nur meist nicht darauf. Ob wir uns die Schuhe binden, joggen, die Zähne putzen oder ein Butterbrot schmieren, wir bewerkstelligen all das, weil es permanente Feedbackschleifen zwischen unserem Gehirn und den Körperteilen gibt. Feedback ist überall und es sorgt für Regelung. Wir erstellen hier ein simples Modell zum Thema »Kaffeeverbrauch im Büro«. Menschen trinken mitunter enorme Mengen Kaffee im Laufe ihres Arbeitstages. Weil er schmeckt, aber auch, weil er wach macht und die Leistungsfähigkeit steigert. An dieser Stelle widersprechen Sie eventuell und das ist in Ordnung. Es ist ein Modell, nicht die Wahrheit. Nehmen wir für den Moment an, dass es einen (zumindest empfundenen) Zusammenhang zwischen Kaffeekonsum und Leistungsfähigkeit gibt. Die Lesart des entsprechenden Wirkungsdiagramms lautet wie folgt:
Je mehr Kaffeekonsum, desto mehr Leistungsfähigkeit. Der Ursache-Wirkungs-Pfeil zeigt vom Kaffee zur Leistungsfähigkeit. Das Pluszeichen steht für »Je mehr von x, desto mehr y«. Nun stellt sich nach einer Zeit ein Gewöhnungseffekt ein, dem viele Menschen mit »mehr Kaffee« begegnen.
Je mehr Kaffeekonsum, desto mehr Gewöhnung. Je mehr Gewöhnung, desto mehr Kaffeekonsum. Der Doppelstrich auf dem Wirkungspfeil Gewöhnung – Kaffeekonsum steht für eine zeitliche Verzögerung, denn der Körper gewöhnt sich über die Zeit und nicht sofort. Nun ist eine Rückkopplungsschleife oder Feedbackschleife entstanden. Je mehr Kaffeekonsum, desto mehr Gewöhnung. Je mehr Gewöhnung, desto mehr Kaffeekonsum. Sie wirkt eskalierend und das ist eine Dynamik, die Sie alle bestens kennen: Wachstum. Nach diesem kleinen Modell würde es jetzt immer so weitergehen. Das geschieht in der Realität natürlich nicht, es gibt kein unendliches Wachstum.
Betrachten wir also weitere Elemente dieses Systems. Nervosität ist ein Effekt, der bei reichlich Kaffeekonsum häufig auftritt und dafür sorgt, dass der Mensch weniger Kaffee zu sich nimmt.
Je mehr Kaffeekonsum, desto mehr Nervosität (verzögert). Je mehr Nervosität, desto weniger Kaffeekonsum. Das Minuszeichen steht für »Je mehr von x, desto weniger y«. Diese zusätzliche Feedbackschleife wirkt balancierend. Generell gesprochen wirkt sie auf ein Ziel oder einen bestimmten Wert hin. Damit haben wir ein Beispiel für die Arbeit mit Wirkungsdiagrammen konstruiert, das die wichtigsten Erkenntnisse zusammenfasst:
• Unser Alltag ist voll von Feedbackschleifen, wir müssen sie nur erkennen.
• Feedbackschleifen wirken eskalierend oder balancierend, es gibt nur diese zwei Dynamiken.
• Wirkungsdiagramme sind Modelle und nicht die Wahrheit.
Gleichzeitig fehlt ein wichtiger Blickwinkel, denn so betrachten wir das Modell »Kaffeetrinken« rein statisch. Damit entgehen uns wieder wichtige Erkenntnisse über das System. Wollen wir die Dynamiken verstehen, dann brauchen wir den Blick über die Zeit. Wie aber verhält sich das System im zeitlichen Verlauf?
Schauen wir noch einmal auf die erste Feedbackschleife. Um dem Gewöhnungseffekt entgegenzuwirken, wird mehr Kaffee konsumiert. Es entstünde exponentielles Wachstum.
Nun wirkt aber die zweite Rückkopplungsschleife ausgleichend und damit entsteht ein klassisches Systemmuster, Oszillation nämlich.
Gemeinsam ein Modell des Problems oder der Situation zu entwerfen und dabei die wirkenden Rückkopplungsschleifen und das zeitliche Verhalten zu betrachten, ist ein mächtiges Werkzeug zur Analyse. Gleichzeitig haben Wirkungsdiagramme eine nicht unerhebliche Einschränkung. Mit ihnen lassen sich Bestände und Bestandsveränderungen nicht erfassen. Dieser Aspekt ist aber von zentraler Bedeutung, denn viele Problemdiskussionen drehen sich im Organisationsalltag um Mess- und Zählbares. Üblicherweise fokussieren wir auf die entsprechenden Bestände wie Anzahl der Aufträge, gewonnene Kunden, Budget, Mitarbeitende und so weiter. Die Zu- und Abflüsse sind jedoch entscheidend, denn darüber regelt sich der Bestand. Und das wiederum ist eine sehr dynamische Angelegenheit und selten in kurzen Kausalketten zu beschreiben. In Kapitel 8 werden Sie ein solches Stock-Flow-Diagramm zur Erläuterung von nachhaltigen Systemen kennenlernen, weshalb ich hier die wesentlichen Elemente am obigen Kaffeebeispiel kurz darstelle.
Der Kaffeebestand ist hier beispielsweise die Menge Kaffeebohnen in kg. Ein Bestand lässt sich bestimmen, zu jedem beliebigen Zeitpunkt. Bestände sind zeitpunktbezogen. Die Menge Kaffeebohnen verändert sich als Bestand nie direkt, sondern über die Zu- und Abflüsse (siehe Ventilsymbol in der Grafik oben). In diesem Beispiel ist es allein der Kaffeekonsum, der für eine Bestandsverminderung sorgt. Es könnte auch Diebstahl, Nutzung für Coffee Chili oder Ähnliches sein. Zu- und Abflüsse jedoch sind zeitintervallbezogen, denn wie sie auf den Bestand wirken, kann nur über einen Zeitraum gemessen werden. Auch verändert sich die Menge Kaffeebohnen nicht schlagartig, was bedeutet, dass Bestände träge sind und die Effekte von Zu- und Abfluss immer erst zeitverzögert sichtbar werden. Die Arbeit mit Stock-Flow-Diagrammen kann schnell herausfordernd und auch unübersichtlich werden. Spielen Bestände in dem System, das Sie modellieren, eine wichtige Rolle, sind sie trotzdem die erste Wahl.