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Die Edelprostituierte verrät ihre Kniffe

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Wir fangen unsere Recherche in Sachen gutem Sex in einem Milieu an, mit dem wir uns eigentlich nicht so gut auskennen – wir fragen eine Prostituierte. Allerdings nicht irgendeine, sondern eine von den besten. Wir wenden uns an den exklusivsten Club unserer Stadt. Wirtschaftsbosse und Topmanager, so heißt es, gingen hier ein und aus. Wir wählen die Nummer des Clubs und fragen einfach nach derjenigen Dame, die von den Kunden am häufigsten gebucht wird.

Die Frau an der anderen Seite der Telefonleitung muss nicht lange nachdenken: "Lisa. Sie ist die beste", sagt sie sofort. Nach Lisa verlangen die Kunden am häufigsten, bei ihr werden die Männer am liebsten zu Wiederholungstätern, was in dieser Branche nicht unbedingt üblich ist, und für Lisa muss man am längsten vorbestellen. Unzählige Männer hat Lisa in den letzten Jahren schon verwöhnt. Wer könnte also besser wissen als sie, was ihnen wirklich gefällt?

Zu unserem Gespräch kommt die Dreißigjährige auf High Heels. Unter dem Morgenmantel glänzen halterlose Strümpfe. Die blonde, junge Frau wirkt auf den ersten Eindruck fast ein bisschen zu schmal und zu ernst für dieses Geschäft mit dem Spaß und der unbeschwerten Lust. Aber im Gespräch zeigt sich schnell, wie entspannt und humorvoll sie über ihren Job zu reden vermag.

Wir nehmen auf den roten Plüschsofas Platz, schildern ihr noch einmal das Ziel unserer Recherche und lassen Lisa dann einfach erzählen.

In Wirklichkeit heiße ich anders, doch im Club kennen mich alle nur unter dem Namen Lisa. Eigentlich promoviere ich an der Hochschule für Bildende Künste. Hier im Club verdiene ich das Geld, das ich zum Leben brauche. Ich bin schon seit drei Jahren hier.

Verglichen mit vielen anderen Sexworkerinnen arbeite ich zu traumhaften Bedingungen. Der Club gilt als besonders niveauvoll, mich würde man wohl als Edelhure bezeichnen, und mir reicht ein Abend in der Woche, um finanziell gut über die Runden zu kommen. Das meiste, was mal einer für mich gezahlt hat, waren 3.000 Euro für zwei Stunden beziehungsweise 7.000 Euro für eine halbe Nacht. Aber längst nicht alle Kunden sind so wohlhabend, dass sie sich das so ohne weiteres leisten können. Einige sparen auch eigens darauf hin, sich dann bei uns etwas ganz Besonderes zu gönnen.

Der Preis richtet sich zum einen nach den Wünschen der Männer. Alles aus dem SM- und Fetisch-Bereich zum Beispiel ist deutlich teurer als der sogenannte Girlfriendsex. Manchmal handele ich aber auch einfach ein bisschen mehr Geld heraus, zum Beispiel, wenn ich das Gefühl habe, der Mann kann es sich leisten, oder ich muss mich auch ein bisschen extra dafür bezahlen lassen, dass er mir im normalen Leben niemals gefallen hätte.

Ungepflegte Männer lehne ich grundsätzlich ab, das ist hier kein Problem, das kommt aber auch nur sehr selten vor. Einige Männer wiederum sind sehr attraktiv. Da bin ich ehrlich gesagt auch schon mal großzügig und achte weniger auf die Zeit. Ich glaube, das ist menschlich, obwohl ich natürlich versuche, den Job rein professionell zu betrachten und alle Kunden gleich zu behandeln.

Gefühle sind von meiner Seite aus eigentlich nie im Spiel, es sein denn, man bezeichnet Neugier schon als ein Gefühl.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass viele Männer nach mehr als nur dem reinen Sex suchen. Sie wollen sich entspannen, sich etwas Gutes tun, ein paar genussvolle Stunden erleben. Und ich glaube, sie wollen auch ein bisschen Wärme und Zuneigung mitnehmen. Ich denke schon, dass ich einiges über Männer gelernt habe, seitdem ich hier arbeite.

Die kürzeste Zeit, die man uns buchen kann, sind eineinhalb Stunden, doch die meisten Männer bleiben länger. Denn es gibt im Keller einen großzügigen Wellnessbereich mit Sauna und Whirlpool und einen kleinen Pool auf der Dachterrasse, wir schenken hervorragenden Champagner aus und man kann viele interessante Extras buchen. Ob nun einer Windeln tragen oder sich an den Knöcheln nackt unter der Decke aufhängen will – wir bemühen uns, auf alle Wünsche einzugehen und wenn möglich darauf vorbereitet zu sein.

Die überwiegende Mehrzahl der Männer, die hier für Sex bezahlen, hat aber keine besonders ausgefallenen Wünsche. Unser SM- und Fetischbereich genießt zwar über die Stadtgrenzen hinaus einen guten Ruf und zieht daher viele Fans an, aber sie bleiben immer noch die Minderheit. Es heißt ja immer, Männer, die zu Prostituierten gehen, wollten vor allem eines: einmal so richtig die Sau rauslassen, all die Dinge treiben, die sie mit ihren eigenen Frauen nicht tun können.

Das erscheint mir stark übertrieben. Die Männer erwarten von uns gar keine besonders ausgefallenen oder abartigen Sexpraktiken, die meisten wollen vor allem aufmerksam und freundlich behandelt werden.

Sie erwarten, dass die Frau ohne Hemmungen mitmacht, was sie sich wünschen, und das ist vermutlich schon deshalb viel mehr verlangt, weil viele von ihnen offensichtlich im normalen Leben keine Frau finden, mit der sie wirklich vergnüglichen Sex haben können. Viele sind auch liiert, aber ihre eigene Freundin hat keine Lust mehr, mit ihnen zu schlafen. Da läuft grundsätzlich etwas falsch in vielen Beziehungen, so mein Eindruck. Was ich so höre, scheint ganz oft die Frau nach spätestens einem Jahr die sexuelle Lust auf ihren Partner zu verlieren, sicherlich müsste man hier nach Ansatzpunkten suchen, wenn man über guten Sex nachdenkt! Aber das ist natürlich auch eine einseitige Sichtweise, denn das sind ja die Fälle, die dann zu mir kommen.

Zurück zu den Männern. Was die Männer hier vor allem wollen, ist eine Frau, die gerne und unverbindlich mit ihnen schläft, selbst wenn die Frau nur vorspielt, dass es ihr Spaß macht. Männer wollen ja insgeheim doch irgendwie, dass es der Frau gefällt, und wenn es "nur" eine Prostituierte ist. Deshalb sind alle Gesten gut, die ihnen das Gefühl geben, dem sei auch tatsächlich so.

Das setzt natürlich voraus, dass man kein Problem damit hat, gute Gefühle weiterzugeben. Vielleicht reicht es dabei schon, immer ein wenig im Hinterkopf zu haben, dass man mit seinen Berührungen dem anderen etwas Gutes tun will. Selbst wenn man den Menschen auf den ersten Blick nicht gleich besonders mag. Aber eigentlich finde ich dann doch immer etwas, was mir gefällt. Schöne Hände, ein netter Blick, eine freundliche Geste, die Kunst besteht darin, etwas zu entdecken am anderen, das ihn liebenswert erscheinen lässt. Ich sage mir immer: Wir sind alle Menschen, wir waren alle einmal unschuldig und klein, wir haben alle schöne Seiten an uns und vielleicht ist es nicht unser Fehler, wenn sie mit dem Älterwerden ein bisschen verschüttet werden.

Vielleicht ist es das, was Sex dauerhaft gut machen könnte: dass man immer wieder Wege findet, mit Gesten Zuwendung auszudrücken. Das ist wahrscheinlich nicht unbedingt der Ratschlag, den man von einer Prostituierten als erstes erwartet und er scheint vielleicht nicht sonderlich originell. Aber für meine Arbeit ist das tatsächlich essentiell. Wenn ich es nicht beherrsche, ein bisschen Zuwendung vorzuspiegeln, kann ich diesen Beruf nicht ausüben.

Und jeder Mensch sollte das ein wenig können, insofern lässt sich das vielleicht auch auf den Alltag von Paaren übertragen: hingebungsvoll zu streicheln, Offenheit zu signalisieren. Es gibt ja die These, dass Menschen, die lächeln, auch glücklicher sind. Vielleicht ist es beim Sex genauso. Wer vorgibt, dabei Spaß zu haben, der hat ihn auch.

Dennoch ist es eben nicht damit getan, einfach laut zu stöhnen, damit der Typ endlich kommt. Küssen zum Beispiel ist wichtig. Das darf man nicht unterschätzen.

Viele Männer mögen es, wenn ich während des gesamten Liebesspiels viel Lippenkontakt halte und auch die Innenseite der Lippen in den Kuss mit einbeziehe, und wenn ich mit der Zunge wirklich tief in ihren Mund hineinfahre. Das klingt vielleicht komisch, aber ich kann mir das nur so erklären, dass es auch Männer erotisch finden können, wenn man etwas in sie hineinsteckt, gerne auch einen Finger, die Zunge, die Spitzen der Brüste, es ist jedenfalls eigentlich nie verkehrt, ihnen etwas zum Lutschen, Beißen, Küssen in den Mund zu geben. Zu analen Varianten komme ich gleich, vorher noch etwas Wichtiges zum Thema Oralsex.

Viele Männer lecken die Frau auch gerne, allein der Geruch macht sie heiß, vorausgesetzt natürlich, die Frau riecht auch wirklich gut. Wenn dem nicht so ist – und gerade Prostituierte leiden häufig unter leichten Infektionen in diesem Bereich – muss die Frau unbedingt etwas dagegen unternehmen. Schweißgeruch oder Käsefüße sind fast irrelevant dagegen, ein schlechter Intimgeruch ist der absolute Lustkiller, das höre ich immer wieder.

Viele Männer mögen auch einen Finger oder gar einen kleinen Dildo in den Po. Man kann sie damit auch überraschen, einen Versuch ist es wert, wenn sie erst mal in Fahrt sind, lassen sie das eher einmal mit sich geschehen. Im Nachhinein geben die meisten dann zu, dass es ihnen sehr gefallen hat. Überhaupt, die Initiative übernehmen, Stellungswechsel anbieten, sich mit Blicken verständigen, das nehmen die meisten Männer dankbar an. Irgendwann entwickelt man ein Gespür dafür, wann eine Abwechslung gefordert ist, und wann sie eher als lästige Unterbrechung empfunden werden würde; wann der Mann lieber selbst die Initiative ergreift und wann er bedient werden möchte.

Auch hier gilt eigentlich wieder: Aufmerksam und offen sein für den anderen. Ich als Prostituierte muss das sowieso beherrschen, aber vielleicht sollten sich Paare dieses Bild einfach mal zum Vorbild nehmen, sich sozusagen auch ein wenig "zur Hure machen", damit meine ich natürlich Männer wie Frauen.

Sich als Dienstleister am anderen zu begreifen – wechselseitig – und sich nicht zu schade dafür sein, das geil zu finden, was den anderen gerade anmacht – das ist mein bester Tipp für entspannten Sex. Dann kann der eine genießen, was der andere ihm gerade gibt, und der andere kann sich eigentlich genauso entspannen, denn so betrachtet: Er trägt ja dann keine Verantwortung mehr für die schmutzigen Dinge, die er dem Partner zuliebe da gerade mitmacht. Vielleicht kann diese Sichtweise beiden helfen, sich beim Sex noch mehr gehen zu lassen und den zensierenden Kopf ein wenig auszuschalten.

Aus meiner Erfahrung als Dienstleisterin kann ich übrigens noch einen weiteren Rat geben. Denn um mein privates Sexleben muss ich sehr kämpfen. Ich gebe große Acht, dass es etwas Besonderes, anderes bleibt. Und dabei hilft mir eine Erfahrung: Generell ist Sex am besten, wenn er möglichst vom Alltag entkoppelt ist und man ohnehin schon in einem anderen Zustand ist, wenn man im Urlaub ist oder gerade eigentlich viel zu müde, zu betrunken, zu übernächtigt, total erledigt vom Sport. Sex wie einen Termin in die Tagesplanung zu integrieren, turnt ab, dann fühlt es sich an wie ein Job. Vermutlich geht das nicht nur mir so.

Für immer guter Sex

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