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6 AIN’T NO FUN (WAITING ’ROUND TO BE A MILLIONAIRE)

Eile hat Weile

Unmittelbar nach Bekanntgabe der Trennung der Valentines zwei Monate vor ihrer offiziellen Auflösung bekam Bon einen Anruf von Bruce Howe, der ihm anbot, als Sänger bei seiner Gruppe Fraternty einzusteigen. Die von der Presse hochgejubelte neue Formation hatte sich aus den Levi Smith Clefs von Barrie McAskill entwickelt, deren 1970er Album Empty Monkey schon deshalb ein bedeutendes Werk in der australischen Musikgeschichte ist, weil es neben den üblichen Singles eine der wenigen Langspielplatten ist, die in jener Zeit in Australien produziert wurden. In dem Neuaufbruch der Hippiemusik, die nach dem Woodstock-Festival schließlich auch den Fünften Kontinent erreicht hatte, fühlten sich Fraternity dazu berufen, die australische Antwort auf die Country-Gospel-Rocker The Band hinter Bob Dylan zu liefern.

Als Bon, der jetzt einen Bart trug, zu Fraternity stieß, hatte die Gruppe schon eine Single, „Why Did It Have To Be Me“, aufgenommen. Sie hatten einen Vertrag mit der unabhängigen Plattenfirma Sweet Peach und waren deshalb nicht von dem Boykott der Radiosender betroffen. Sie kamen ursprünglich aus Sydney, verlagerten aber nun ihren Stützpunkt nach Adelaide, das zwar in musikalischer Hinsicht weitab vom Schuss lag, wo jedoch ihr Manager und wohlhabender Gönner, Hamish Henry, immer in greifbarer Nähe war. Dieser hatte die Gruppe unter seine Fittiche genommen und ihnen Unterkunft, Ausrü­stung und ein regelmäßiges Einkommen verschafft. Das Gerücht, MCA in Amerika habe Interesse an Fraternity bekundet, führte die Presse dazu, ein reichliches Maß an Vorschusslorbeeren auszuteilen. Der Sunday Mirror in Sydney verkündete gar, sie seien „auf dem direkten Weg, die größte Rockgruppe Australiens zu werden“.

Die Musiker lebten abgeschieden auf einem Bauernhof in einer Hügellandschaft 30 Kilometer außerhalb von Adelaide, wo sie sich an der durch die Legende verklärten Lebensweise ihrer amerikanischen Vorbilder, The Band, ausrichteten, deren Leben in einer Hippiekommu­ne seinerzeit das klassische Album Music Front Big Pink hervorgebracht hatte. Da sie aber in Hamish Henry jemanden hatten, der ihre Rechnun­gen bezahlte, und sie sich auch sonst nicht unter Druck fühlten, etwas hervorzubringen, konnte der Bauernhof, auf dem fast ständig gefeiert wurde, ihre Schaffenskraft nicht beflügeln. So waren denn auch auf den beiden Langspielplatten, die die Band in der dreijährigen Zeit ihres Bestehens aufnahm, zusammen nur ein knappes Dutzend Eigenkom­positionen enthalten. Bei der lässigen Arbeitseinstellung der Musiker konnte die Gruppe aus den guten Voraussetzungen in der Zeit nach Woodstock, die für die australische Rockmusik insgesamt äußerst fruchtbar war, keinen Nutzen für sich ziehen. Dass sie den „Battle of the Sounds“ des Jahres 1971 gewannen, förderte nur ihre Selbstzufrieden­heit, wenn es in der Band überhaupt etwas bewirkte. Der Wettbewerb hatte in jener Zeit schon längst nicht mehr die Bedeutung von einst.

Obwohl die Gruppe, dem Namen Fraternity entsprechend, nach außen hin das Bild einer brüderlichen, auf Gleichheit aufgebauten Gemeinschaft von sich entwarf, herrschte in der Gruppe eine festgefüg­te Rangordnung, in der Bon, trotz seiner Stellung als Frontmann, nur wenig zu sagen hatte. Nur selten durfte er etwas aus seiner eigenen Feder beisteuern, und viele seiner Texte aus jener Zeit sollten erst einige Jahre später in den Stücken von AC/DC auftauchen.

Über ihren Erfolg als Livegruppe konnten sich Fraternity nicht be­klagen. Die häufigen Auftritte in Adelaide machten sie bald zu Helden der Stadt. In den Konzerten verzichteten sie auf den künstlerischen Anstrich, den sie sich im Studio gaben, und spielten härter und lauter. Hin und wieder bekamen sie tatsächlich Schwierigkeiten wegen des großen Lautstärkepegels. So geschah es, dass bei einem Auftritt in dem ziemlich konservativen Bundesstaat Queensland im Nordosten des Landes die Polizei auftauchte und die Band dazu aufforderte, die Ver­stärker herunterzudrehen. Der gewitzte, aber in politischen Dingen recht einfaltige Bon hielt daraufhin auf der Bühne eine Protestrede, die der Ordnungsmacht als Vorwand dazu dienen konnte, das Konzert abzubrechen.

Einige Höhepunkte in der recht kurzen Karriere von Fraternity sind etwa die Australientournee als Vorgruppe des legendären amerikani­schen Rock’n’Roll-Stars Jerry Lee Lewis und der Auftritt im Rahmenpro­gramm des von Hamish Henry finanzierten Myponga-Festivals, das mit Black Sabbath als Hauptgruppe das größte Rockmusikereignis in Ade­laide darstellte, seit die Beatles im Jahre 1964 300 000 Menschen ange­lockt hatten.

Fraternity sollte es jedoch nicht gelingen, die glaubhaft überlieferte Eindringlichkeit ihrer Konzerte auf ihren Schallplatten wiederzuge­ben. Ihre erste Single, noch aus der Zeit vor Bons Einstieg und im September 1970 veröffentlicht, brachte es nicht weit in den Hitpara­den, und auch der Nachfolger „Seasons Of Change“ fand nicht den gewünschten Anklang. Im Oktober 1971 wurden gleich zwei Singles veröffentlicht, „The Race“ und „If You Got It“, eine schnörkellose Boogie-Nummer, die es bis auf Platz 2 der südaustralischen Hitliste brachte. „The Race“ wurde noch von Sweet Peach herausgegeben, für „If You Got It“ hatten sie eine eigene Plattenfirma mit Namen Raven gegründet. Die Langspielplatte Livestock, die schon Ende 1970 fertig­gestellt worden war, mit Bon am Mikrofon und an der Blockflöte, war zunächst auf Eis gelegt worden, bis sie schließlich erst über ein Jahr später, wenig erfolgreich, veröffentlicht wurde. Die Australier konnten mit der eigenwilligen Mischung aus straff gehaltenen, einfallsreichen Rocknummern und gespreizten, überfeinerten Kunstwerken nicht viel anfangen.

Trotz des Erfolgs der Vorabveröffentlichung von „If You Got It“ versprach die im April 1972 folgende Langspielplatte Flaming Galab, für die Hamish Henry einen Vertrag mit der Plattenfirma RCA erwirkt hatte, wenig für die Zukunft von Fraternity. Nur drei der Stücke waren neu, der Rest bestand aus altem Material, das überarbeitet und neu aufgenommen worden war.

Fraternity hatten ursprünglich vorgehabt, 1972 eine Konzertreise durch Amerika zu unternehmen. Stattdessen entschlossen sie sich nun dazu, ihren Stützpunkt ganz nach England zu verlagern, wo Hamish Henry Beziehungen zum Musikgeschäft hatte. Rückblickend hat sich dies als Fehlentscheidung erwiesen. Eine Amerikatournee hätte der Gruppe neuen Auftrieb geben können. Großbritannien jedoch wurde zu jener Zeit von der ersten Glamrock-Welle heimgesucht, von der Künstler wie David Bowie, Marc Bolan und Mott the Hoople in die Hitparaden gespült wurden, und der Stallgeruch des australischen Hin­terlandes, der Fraternity umgab, konnte kaum hoffen lassen, bei den Engländern Begeisterung auszulösen.

Hamish Henry brachte die Gruppe mit dem großen Konzertveran­stalter MAM und dem Manager Tony MacArthur zusammen, der über weitreichende Beziehungen verfügte, doch die zermürbenden, erfolg­losen eineinhalb Jahre in dem Londoner Vorort Finchley untergruben den anfänglichen Kampfgeist und Schwung der Gruppe. Der Um­stand, dass sie alle zusammen mittellos unter einem Dach leben mussten, förderte die Reibereien zwischen den Bandmitgliedern nur noch. Auch die Beziehung zwischen Bon und seiner Frau Irene, die er unlängst in Adelaide geheiratet hatte, wurde in Mitleidenschaft ge­zogen.

Obwohl Fraternity einen großen Konzertveranstalter hinter sich hatten, spielten sie nur ein paarmal in England, unternahmen eine kurze Tournee durch Deutschland und saßen ansonsten herum, wäh­rend ihre Ehefrauen das Einkommen durch Gelegenheitsarbeiten auf­besserten. Bon musste sich schließlich dazu überwinden, eine Stelle in einer Perückenfabrik anzunehmen.

In dem Bemühen, dem Publikumsgeschmack der Glamrock-Ära ein Stück weit entgegenzukommen, legte die Gruppe den bedeutungs­schweren Namen Fraternity ab und benannte sich in Fang um, was durchaus als Phantasiename durchgehen konnte. Im April 1973 eröffneten sie ein paar Konzerte für die Glamrocker Geordie aus Newcast­le. Bei dieser schicksalhaften Begegnung war es vor allem die Reibei­senstimme des Sängers Brian Johnson, die sich Bon ins Gedächtnis grub und die er einige Jahre später, so will es jedenfalls die Legende, seinen Bandkameraden bei AC/DC empfehlen konnte. Auch die Büh­nenshow von Geordie, bei der Brian Johnson den Gitarristen auf den Schultern trug, sollte Bon nicht mehr vergessen ...

Im Mai hatte die Band ein paar Auftritte als Vorgruppe der deut­schen Art-Rock-Band Amon Düül, was keine besonders gute Kombina­tion war. Ein Konzertbericht im Cloucestershire Echo gibt uns eine ungefähre Vorstellung davon, wie merkwürdig sich Fang neben der Hauptgruppe angehört haben mussten. Dort hieß es, ihre Musik sei „anspruchslos, aber laut“ und ihre Stücke hörten sich an „wie das Rhythm-&-Blues-Material der aberhundert Möchtegern-Rolling-Stones Anfang der Sechziger“.

In dem Maße, wie sich die Stimmung innerhalb der Band ver­schlechterte, prägte sich Bons gleichgültige Haltung gegenüber dem eigenen Leib und Leben aus. Einmal gerieten seine Mitbewohner in helle Aufregung, nachdem er eine Überdosis Stechapfel zu sich genom­men hatte, einer giftigen Pflanze, der man eine bewusstseinserweitern­de Rauschwirkung zuschreibt.

Im August 1973 gab die Band auf einem kleinen Festival in Windsor ihr letztes Konzert. Bald darauf stieg Hamish Henry aus. Er hatte viel Geld in die Gruppe gesteckt und viel Geld dabei verloren. Zuletzt hatte er von den Musikern ungerechtfertigte Vorwürfe zu hören bekommen, woraufhin er beschloss, den Geldhahn zuzudrehen.

Es war also zum großen Knall gekommen, und während die ersten Gruppenmitglieder nach Australien zurückgingen, blieb Bon zunächst in London, wo er in einer Kneipe als Barkeeper arbeitete. Er und Irene kehrten erst Ende des Jahres nach Australien zurück, von wo an sie getrennte Wege gingen. Sie hatten sich in nur knapp zwei Jahren Ehe vollständig einander entfremdet.

Der Gedanke, Fraternity in der Heimat wiederzubeleben, lag in der Luft, es tat sich aber nichts Bemerkenswertes. Bon war der Boden entzogen. Schließlich nahm er eine Stelle in einer Dünge­mittelfabrik an. Nebenher sang er hin und wieder bei den Mount Lofty Rangers, einer anderen Gruppe aus Adelaide.

An einem Abend im Februar 1974 steuerte Bon, der zuvor mit Irene und auch mit den Rangers gestritten hatte und der ziemlich betrunken war, seine schwere Triumph mit hoher Geschwindigkeit in ein entge­genkommendes Fahrzeug. Schon längst hatte ihm seine Geneigtheit, alles wenigstens einmal auszuprobieren, und im Besonderen sein leicht­sinniges Verhalten im Straßenverkehr, den Spitznamen Ronnie Roadtest eingebracht. Er trug Knochenbrüche, schwere Gesichtsverletzungen und eine Gehirnerschütterung davon, verlor ein paar Zähne und lag drei Tage im Koma. Er erlebte in diesem Zustand einen Herzstillstand, konnte aber wiederbelebt werden. Nachdem der das Bewusstsein wie­dererlangt hatte, war er vier lange Wochen im Streckverband. Es war gewiß kein Zuckerschlecken für den freiheitsliebenden Bon, mit ver­drahteten Kiefern seine Flüssignahrung ‒ Whiskey! ‒ durch einen Trink­halm einsaugen zu müssen. Seine Bewegungsfreiheit war ihm immer über alles gegangen, und nun war er hilflos ans Bett gefesselt.

Er genas recht schnell, wenn er die Narben auch zurückbehielt und für den Rest seines Lebens Schmerzen haben sollte. Die verbliebenen Musiker von Fraternity versuchten noch einmal, den Kahn wieder flott­zumachen, doch Bon sah nur die Enttäuschungen und Rückschläge, die ihm die Gruppe in den drei Jahren zuvor gebracht hatte.

Sobald er wieder auf den Beinen war, verschaffte ihm Vince Lovegrove die eine oder andere Gelegenheitsarbeit, um ihn bei Laune zu halten. Sein alter Freund von den Valentines, der nun ebenfalls in Adelaide wohnte, schrieb für Go-Set und die Adelaide News und mode­rierte eine Musiksendung im Fernsehen. Irgendwann in jenen Tagen gab Vince ihm auch den Hinweis, dass es da eine aufstrebende junge Band aus Sydney gab, die auf der Suche nach einem neuen Sänger war – AC/DC.


Die ersten Gehversuche in Übersee: AC/DC im April 1976 in einem englischen Pub

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