Читать книгу AC/DC - Susan Masino - Страница 12

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8 STAND UP

Raus aus den Startlöchern

Eine der ersten Amtshandlungen von Michael Browning als Manager von AC/DC war die Begleichung der beträchtlichen Schulden der Band. Er verschaffte ihnen eine neue Ausrüstung, eine kleine Mannschaft von geschulten Bühnenarbeitern und holte sie nach Melbourne, von wo aus er seine Geschäfte tätigte. Melbourne hielt als Musikhauptstadt Austra­liens für eine aufstrebende junge Band wie AC/DC mehr Möglichkeiten bereit als Sydney.

Die Band kam im Dezember 1974 in Melbourne an und wurde rasch zum Knüller der dortigen Klubszene. Auf größeren Konzerten spielten sie die jeweilige Hauptgruppe des Abends regelmäßig an die Wand. Sie wohnten zusammen in einem verlotterten alten Haus im Stadtteil East St. Kilda und konnten ihrem jugendlichen Feuer freien Lauf lassen, da sie nun – was zumindest für Malcolm und Angus zutraf ‒ zum ersten Mal ganz auf sich selbst gestellt in der Fremde lebten.

Nach der Jahreswende standen auch schon die nächsten Beset­zungswechsel bei AC/DC an. Schlagzeuger Peter Clack konnte Mal­colms und Angus’ Ansprüchen nicht mehr genügen, und als er dann schwer erkrankte, musste er die Gruppe verlassen, während Bassist Rob Bailey deshalb entlassen wurde, weil er, wie verlautete, erstens verheiratet und zweitens zu groß war. Der Schlagzeughocker wurde unmittel­bar darauf an Phillip Hugh Rudd (eigentlich Rudzevecuis) weitergege­ben. Phil wurde am 19- Mai 1954 in Melbourne geboren und konnte als Empfehlung angeben, hinter Angry Anderson bei Buster Brown (ehe­mals Colored Balls) gespielt zu haben, aus denen sich später Rose Tattoo entwickeln sollten.

Für die freigewordene Stelle rechts neben dem Schlagzeug, so die übliche Platzverteilung bei AC/DC, war es schwieriger, einen passen­den Ersatz zu finden. Bon nannte gegenüber der Zeitschrift RAM einige Bedingungen für die Aufnahme in die Band: „Typen von der Sorte, wie wir sie brauchen, gibt es nicht viele. Er sollte kleiner als eins fünfund­sechzig sein und außerdem noch ganz gut Bass spielen.“ Bis der fünfte Mann gefunden war, spielten AC/DC mit nur einer Gitarre und Malcolm am Bass.

Ais sie jedoch auf dem alljährlich im Januar stattfindenden Sunbury-Festival spielen sollten, sprang Bruder George als Bassist ein. Mit Deep Purple als Hauptgruppe – kurz vor dem Ausstieg von Ritchie Blackmore ‒versprach dies ein Auftritt von größter Werbewirksamkeit zu werden. AC/DC sollten unmittelbar nach Deep Purple spielen, aber als es dann so weit war, wurden ihre Bühnenarbeiter daran gehindert, die Anlage aufzubauen. Dies führte zu einem heftigen Streit, der schließlich in eine Massenschlägerei auf der Bühne ausartete – vor den Augen von 20.000 Zuschauern! Das Verhalten des hohen Besuchs aus England ‒ auch schon vor dem Konzert hatten sie ihre australischen Kollegen äußerst herablassend behandelt ‒ machte eins noch klarer: Wenn AC/DC sich Respekt verschaffen wollten, mussten sie im Ausland etwas erreichen.

Im Februar 1975 wurde die erste Langspielplatte von AC/DC veröf­fentlicht, die im vorangegangenen November in Sydney aufgenommen worden war, „in zehn Tagen“, wie Angus bezeugt, „zwischen unseren Auftritten, nach den Konzerten die ganze Nacht durch und bis weit in den nächsten Tag hinein“. High Voltage, so der Name des Erstlingswer­kes, war von George Young und Harry Vanda produziert worden und verzeichnete die Young-Brüder und Bon Scott als Komponisten und Texter. Peter Clack hatte man für ungeeignet für die Aufnahmen gehal­ten und an seiner Stelle einen Studioschlagzeuger namens Tony Kerrante herangezogen. Der Beitrag von Rob Bailey war auf der Plattenhülle unerwähnt geblieben und wurde von den Young-Brüdem später unter Verweis auf Georges Mitarbeit bestritten. Erst in jüngster Zeit hat dieser zugegeben, dass wenigstens für einen Teil der Platte Bassspuren verwendet wurden, die Bailey eingespielt hatte.

Einige Kritiker haben an High Voltage bemängelt, die Stücke seien zu offensichtlich ein Flickwerk aus den Gitarrenriffs der Young-Brüder und den nachträglich eingepassten Strophen von Bon Scott, doch insge­samt war es eine recht gelungene Platte, die einen Monat nach der Veröffentlichung zur Eroberung der australischen Hitparaden ansetzte und den Musikern bald ihre ersten Auszeichnungen einbrachte. Die an Improvisation mahnende Gitarrenarbeit von Malcolm und Angus gibt uns heute eine ungefähre Vorstellung von den frühen Klubkonzerten der Gruppe, und Bon klingt mit seiner anrüchigen Lyrik so frisch wie nie zuvor in seiner damals schon zehnjährigen Karriere.

Hervorzuheben sind besonders die Stücke „Baby Please Don’t Go“, ein alter Bluesstandard von Big Joe Williams, den AC/DC, wenn auch ein paar Takte schneller als im Original, von ihren frühesten Tagen an gespielt hatten, „She’s Got Balls“, in dem Bon, allerdings auf recht entblößende Weise, die gute Figur seiner Frau Irene preist, „Soul Strip­per“, das die Young-Brüder als Stegreifkünstler zeigt, ferner „Show Business“, ein flott vorangetriebener Boogie mit zahlreichen Soloeinla­gen von Angus, sowie das recht ideenreiche Vorspiel zu „Love Song“.

Außer dem Verlegen und Produzieren übernahm Albert Productions auch den Vertrieb der Platten von AC/DC. Die Beziehungen zu dem australischen Zweig von EMI sollten den Anschluss an das internatio­nale Vertriebsnetz dieser Firma bringen. High Voltage erschien auf EMI/Albert, wurde aber nicht außerhalb Australiens veröffentlicht und ist nicht identisch mit der in der übrigen Welt verbreiteten AC/DC-Platte gleichen Namens.

Unmittelbar nach der Veröffentlichung von High Voltage stieß der Bassist Mark Whitmore Evans, geboren am 2. März 1956 in Melbourne, zu AC/DC. Es hielt sich lange Zeit die Legende, Bon habe sich für Mark eingesetzt, als dieser von den Rausschmeißern während eines AC/DC-Konzerts hinausbefördert werden sollte, und so sei es zur Begegnung der Musiker gekommen. Die nüchterne Wahrheit ist aber die, dass der Bassist durch einen Freund, der bei der Gruppe Bühnenarbeiter war, von der freien Stelle erfahren hatte.

Schon damals waren Malcolm und Angus bekannt dafür, gegenüber Außenstehenden ein recht hohes Maß an Argwohn an den Tag zu legen und nicht einmal ihren Bandkameraden vollständig zu trauen. Das wurde ihnen von vielen Beobachtern verständlicherweise als Überheb­lichkeit ausgelegt und brachte ihnen bald einen schlechten Ruf in der Melbourner Musikszene ein. In dieser Hinsicht waren die Young-Brüder das gerade Gegenteil des aufgeschlossenen und kontaktfreudigen Bon. Er war für sie dennoch der Übervater, den sie wegen seiner Erfahrung und Weltgewandtheit bewundern konnten. Er seinerseits fühlte sich seinen jüngeren Bandkameraden zu Dank verpflichtet, da sie es schließlich waren, die seine Karriere gerettet hatten. In seiner Bescheidenheit schien es ihm nichts auszumachen, dass Michael Browning und später auch die Plattenfirma mehr und mehr Angus zum Aushängeschild und Sympathieträger der Band aufbauten. Doch die Tatsache, dass sich die Young-Brüder mit zunehmendem Erfolg der Gruppe mehr und mehr von ihrer Umwelt abschotteten, entfremdete ihn ihnen schließlich immer weiter.

Was aber auf längere Sicht ebenso zu Spannungen führte, war Bons Neigung, sich immer wieder auf der Suche nach größtmöglichem Lust­gewinn leichtsinnig in Gefahr zu begeben, ohne vorher die Folgen zu bedenken. Des Öfteren mussten sich dabei diejenigen, die ihn umgaben, ernsthaft Sorgen um ihn machen. Während er seit seiner Zeit bei Fraternity beständig mehr getrunken hatte und sich an dieser Entwicklung bis zu seinem Tod nichts ändern sollte, gab es nun, am Anfang seiner Zeit bei AC/DC, auch einen Zwischenfall mit Heroin zu beklagen, der ihn das Leben hätte kosten können. Dem für alles aufgeschlossenen Ronnie Roadtest ging auch hier Probieren über Studieren.

Eine weitere eindrückliche Erfahrung war das, was vor dem Haus der Band auf Bon wartete, nachdem er sich zuvor mit einer Siebzehnjährigen im Bett vergnügt hatte: Der Vater des Mädchens gab ihm einen Denkzettel, der sich gewaschen hatte, wie Bon nachher selbst zugeben musste: „Ich bekam eins auf die Nuss wie noch nie in meinem Leben.“ Den größten Schmerz jedoch erzeugte die folgende Zahnarztrechnung über 500 Dollar.

Doch trotz seiner zahlreichen Ausschweifungen war Bon zunächst einmal der liebe Kerl, der seinem ritterlichen Werben um die Gunst einer Dame stets eine Note von Unschuld gab, und er war außerdem ein Vollblutmusiker, der durch die Beschäftigung als Sänger von AC/DC so etwas wie eine Wiedergeburt erlebt hatte und sich von seinen unfallbe­dingten Schmerzen nicht in der Verrichtung seiner Aufgabe einschrän­ken ließ. „Bevor ich zu AC/DC kam, war ich ziemlich frustriert“, erzählte er in einem Interview, „Ich schrieb Lieder wie zum Beispiel ,She’s Got Balls‘, aber ich traute mich damit einfach nicht vor, weil die anderen in der Band [Fraternity] so schlaue Köpfe waren. Und wenn man jahrelang nicht sagen kann, was man eigentlich denkt, kriegt man natürlich einen Frust. Wenn man Rock’n’Roll macht, kann man so richtig Dampf ablassen. Egal was für Sorgen man hat: kein Geld, keine Frauen, kein Alkohol – mit Rock’n’Roll kann man alles einfach abschütteln.“ Und so stand Bons Darbietung der verrückten Bühnenshow von Angus in nichts nach, wenn er sich zum Beispiel auf dem Boden wälzte und splitternackt oder aber als Schulmädchen verkleidet über die Bühne rannte.

Die Schuluniform war zwar Angus’ festes Kostüm, aber er hatte sich für die Bühne auch schon als Zorro, als Gorilla und als Supermann (in diesem Falle „Superang“) verkleidet. „Bon stiftete mich immer zu diesen verrückten Dingen an, die ihm im Kopf herumschwirrten“, erinnert er sich. „Vielleicht wollte er mir damit irgendetwas heimzahlen. Im Hordern Pavilion in Sydney hatten wir einmal eine Telefonzelle auf der Bühne, aus der sollte ich im Nebel herausspringen, aber Bon schloss mich in dem Kasten ein und zündete die Rauchbombe für sich selber.“

Die Mißverständnisse, die der Name AC/DC mit sich brachte, waren oftmals nur zu willkommen. So waren sie von der Schwulenszene in Melbourne mit offenen Armen aufgenommen worden, was ihnen zu­sätzliche Auftritte einbrachte. Sie spielten regelmäßig auf den Schwu­len- und Lesbenabenden in Michael Brownings Hardrock Café. „Da waren Frauen, die streckten uns aus dem Publikum Vibratoren entge­gen“, erzählt Malcolm schmunzelnd. „Die hatten vorne Löcher in ihre T-Shirts reingeschnitten, und ihre Möpse schauten raus. Einfach Klasse.“

„Ich bekam oft Angebote von diesen Striplokalen“, erzählte Angus später in einem Interview mit der Zeitschrift Rip. „Einmal brauchte ich Geld und nahm an. Ich stieg also auf die Bühne und stand in meiner Schuluniform einfach so da, während diese Dame um mich herumtänzelte.“ – „Die Dame war übrigens ein Herr“, merkte Bon grinsend an.

Die Single „Baby Please Don’t Go“, zwei Wochen nach dem Album veröffentlicht, wurde ein kleiner Hit, was nicht zuletzt das Verdienst der Melbourner Fernsehsendung Countdown war, die damals in Australien einen ähnlichen Einfluss besaß wie heute Viva und MTV in der übrigen Welt. Der Auftritt bei Countdown brachte der Band eine neue Anhän­gerschicht ein: pubertierende Schulmädchen, die Bon und Angus offen­sichtlich als neue Art von Sexsymbolen sahen.

Im Juni traten AC/DC, kurz vor Erscheinen der Single „High Voltage“, in der Festivalhalle in Melbourne auf, zum ersten Mal als Hauptgruppe in einer großen Rockveranstaltung. Stevie Wright und John Paul Young eröffneten den Abend. Das Konzert von AC/DC wurde von vier Kameras mitgeschnitten, was damals in Australien als gewaltiger Aufwand gelten konnte, und zu einem Videofilm verarbei­tet, der als Werbemittel dabei helfen sollte, die Gruppe auf dem Markt in Europa und Amerika einzuführen. In einem ersten Vorstoß hatten AC/DC die Rockszene von Melbourne in nur sechs Monaten vollstän­dig für sich eingenommen, nun stand die nächste Offensive in ihrem Australienfeldzug an.

AC/DC

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