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2.

25. August 2071 NGZ

Zur LEUCHTKRAFT!

Die RAS TSCHUBAI benötigte zwei Stunden Flugzeit, um vom Sidbandsystem zur Äquivalenzzone zu gelangen.

Deshalb verbrachten wir zuerst die drei Tage der Vorbereitungen im Sidbandsystem, denn der Hypertraktor musste erkundet und anschließend mit der STATOR-FE koordiniert und synchronisiert werden.

Der Hypertraktor war ein Traktorstrahlprojektor, der über diverse Hyperräume hinweg, wie Kano Blautvind es ausdrückte, auf Objekte zugreifen und sie bewegen konnte. Er sollte leistungsstark genug sein, die LEUCHTKRAFT aus der Kluft zu heben.

Vosskon der Gaukler hatte ihn uns übergeben – wobei er ihn selbst auf geheimnisvolle Weise von einem namenlosen, unbekannten Schiff in einem altertümlichen Container erhalten hatte, mit dem Auftrag, ihn »Perry Rhodan oder Atlan« zu übergeben.

Atlan hatte er nicht getroffen, aber mich – schon kurze Zeit nach der Übergabe des Hypertraktors an Vosskon selbst.

Und nun befand er sich an Bord der STATOR-FE, dem Beiboot der LEUCHTKRAFT. Der Hypertraktor war jedoch nur eine der beiden Voraussetzungen, die benötigt wurden, um die Kosmokratenwalze aus der Kluft bergen zu können.

Die zweite Voraussetzung war überraschenderweise Gry O'Shannon, wie wir von dem Zwergandroiden Blautvind bei unserem ersten Vorstoß in die LEUCHTKRAFT erfahren hatten.

Technische Fähigkeiten allein genügten bei dieser Bergung nicht, hatte er uns erklärt, denn die aufwendigen Bemühungen würden nicht unbemerkt bleiben und könnten den Konflikt zwischen den Hohen Mächten – den Kosmokraten auf der einen und den Chaotarchen auf der anderen Seite – eskalieren lassen.

Aber es gab jemanden, der von der chaotarchischen Seite nicht als Gefahr erkannt werden konnte und deshalb bei der Bergung womöglich von entscheidender Bedeutung war.

Die Beschreibung, die Blautvind uns gegeben hatte, passte hundertprozentig auf Gry und ihren »kosmischen Sinn«. Blautvind hatte die Beschreibung von Alaska Saedelaere erhalten, und dieser wiederum von der Kosmokratin Mu Sargai, die dem Kommandanten auch den Hinweis auf den Hypertraktor gegeben hatte. Sie fürchtete die Eskalation verständlicherweise am meisten – denn die Kosmokraten waren unter ihrer Ägide »mit irgendetwas« in der Milchstraße zugange.

FENERIK war dabei gewesen, besagtes kosmokratisches Geheimnis in der Milchstraße aufzudecken – aus diesem Grund hatte sich die LEUCHTKRAFT auf Mu Sargais Geheiß dem Chaoporter in den Weg geworfen.

Seither lagen beide Raumschiffe – falls das überhaupt ein zutreffender Begriff für diese beiden Machtinstrumente war – havariert in der Kluft.

*

Nun hatten wir alles beisammen, was wir für die Bergung benötigten: den Hypertraktor, der hoffentlich korrekt arbeitete, und Gry O'Shannon, neu in meinem bewährten Team aus Gucky, Lousha Hatmoon – die eigentlich Soynte Abil hieß und sich als ursprünglicher Faktor VII der Meister der Insel bezeichnete –, dem Tamaron Vetris-Molaud und dem Paddler Kemur, der sein mobile Werft KE-wohlfeil an der STATOR-FE angedockt hatte und sich weigerte, sie zu verlassen. Ich konnte das durchaus verstehen, denn seine Ambulanz war sein Zuhause, dort fühlte er sich wohl und sicher. Es war auch nicht schlecht, noch ein zweites Raumschiff, so klein es auch sein mochte und nicht mehr als eine fliegende Werkstatt, in der Hinterhand zu haben.

Pilot und Kommandant der STATOR-FE war weiterhin Vimuin Lichtschlag, und mit ihm war das Team vollzählig.

Immer, wenn ich ihn ansah, erinnerte er mich von der Statur her ein wenig an Alaska Saedelaere. Er war zwei Meter groß und sehr hager, und sein Gesicht ähnelte vage dem jenes Menschen, der Alaska vor jenem folgenreichen Transmitterunfall gewesen war, der ihn letztlich in unsere Unsterblichenriege geführt hatte. Lichtschlag hatte schwarze Haare und schwarze Augen, die helle Haut wies einen leichten Blaustich auf. Was genau er war, wusste ich nicht – jedenfalls kein Zwergandroid, die zu Zeiten Samburi Yuras die Besatzung gestellt hatten. Aus seiner Warte stand er als Commo'Dyr dem LEUCHTKRAFT-Kommandanten nahe und bewunderte, ja, verehrte ihn.

»Du kannst es kaum erwarten, zurückzukehren, nicht wahr?«, fragte ich Lichtschlag, während wir den Start vorbereiteten.

Wir hielten uns in der Zentrale auf; Lichtschlag saß in dem mit einer Art SERT-Haube ausgerüsteten Pneumosessel auf dem Podest und ließ seine Finger über das halbrunde Band einer Holoprojektorphalanx gleiten.

Wegen der Verbindung sowohl mit dem Chaotreiber als auch der Paddler-Ambulanz war die STATOR-FE stark modifiziert und in einigen ihrer Funktionen beeinträchtigt. Hinzu kamen Schäden, die sie sich bei der Flucht aus der Kluft zugezogen hatte – und ihre Metamorphose, ein autonomes Programm, das sich damals aktiviert hatte, als Lichtschlag das Beiboot verließ, um die von Alaska Saedelaere angekündigte Hilfe zu finden. Ihre Rückverwandlung dauerte derzeit noch immer an.

Momentan befand sich die STATOR-FE also in angeschlagenem Zustand und in der aktiven Rückverwandlung aus der petrifizierten Gestalt. Sie konnte daher nicht mehr als sieben Personen an Bord aufnehmen.

Blautvind hatte gemeint, wir könnten die Bergung auch aus der Ferne versuchen, aber da wir die aktuellen Verhältnisse in der LEUCHTKRAFT nicht kannten und Alaska verschwunden war, hatten wir uns zu einem zweiten Vorstoß entschlossen und waren übereingekommen, die Bergung direkt vor Ort zu koordinieren.

»Ich muss dringend zurück«, sagte Lichtschlag. »Ich weiß nicht, was dem Kommandanten zugestoßen ist – ich muss ihn suchen und befreien. Das hat Vorrang vor allem anderen. Ohne ihn können wir die LEUCHTKRAFT nicht bergen.«

»Wir werden Alaska finden«, piepste Gucky zuversichtlich. »Er ist unverwüstlich. Mir macht jedoch etwas anderes Sorge – nämlich, wie es Anzu geht.«

Wir hatten Anzu Gotjian wegen ihrer Parasicht auf der LEUCHTKRAFT zurückgelassen. Der Zwergandroid hatte darum gebeten. Damit steckte sie sozusagen in ihrem ersten großen Soloauftrag, denn sie konnte laut Blautvind von Nutzen sein.

»Blautvind hat versprochen, sie zu beschützen«, versuchte ich ihn zu beruhigen. »Ich bin sicher, das bekommt er hin, Kleiner.«

»Dein Wort im zwergandroidischen Gehörgang, Perry«, gab er wenig überzeugt zurück. Normalerweise war der Ilt ein grenzenloser Optimist, aber auch Gucky kannte Murphys Primärgesetz, dass, wenn etwas schiefgehen konnte, es auch schiefgehen würde. Zumal in einer Lage wie dieser – im Zusammenhang mit Chaosmächten musste man immer auf alles gefasst sein, und wenn selbst eine Kosmokratin wie Mu Sargai besorgt war ...

*

Wir näherten uns der Äquivalenzzone mit aller gebotenen Vorsicht. Wie zu erwarten, war das Gebiet schwer bewacht. Einige Dutzend Trikuben der Munuam kreuzten in Gefechtsbereitschaft, begleitet von mehreren Scherbenraumern der Arynnen. Kein Wunder nach dem Diebstahl des Chaotreibers. Wir waren gewiss nicht willkommen, selbst wenn wir freundlich um die Durchreise baten.

»Macht euch bereit für die Ausschleusung, Perry!«, funkte der ertrusische Kommandant Cascard Holonder herüber.

»Sind wir«, gab ich zurück. »Ihr könnt loslegen.«

Ich gab Kemur Bescheid; er war zwar angedockt, dennoch musste er ebenso vorbereitet sein wie wir und anschließend seinen Anteil an der Aufgabe übernehmen, um zur LEUCHTKRAFT zu gelangen.

Die RAS TSCHUBAI unternahm eine kurze Transition und eröffnete nach der Materialisation das Feuer. Die Offiziere an den Bordgeschützen suchten sich dabei keine bestimmten Ziele aus, sondern schossen auf alles, was sich in der Nähe befand.

Es ging darum, für wenige Sekunden ein energetisches Chaos auszulösen. Deshalb kamen MVH-Sublicht-Kanonen, Paratronwerfer und Impulskanonen zum Einsatz.

Die Munuam beantworteten die Schüsse umgehend ebenso mit ihren Geschützen und formierten sich. In diesem Durcheinander der ersten Sekunden eines drohenden Gefechts wurden wir abgesetzt.

Wir hatten vereinbart, dass die RAS TSCHUBAI gleichzeitig Scout- und Investigator-Sonden ausschleuste und anschließend fliehen und in fünf Lichtjahren entfernt abwarten sollte. Mehrere Hyperfunksprüche sollten von dort aus an eine Tarn-Empfangsstation gesendet werden mit dem Inhalt, dass die Mission fehlgeschlagen sei und man sich zurückziehen müsse, um das weitere Vorgehen zu planen.

Der gesamte Vorgang durfte nicht mehr als zwei Minuten in Anspruch nehmen, denn die Hilfsvölker des Chaoporters waren nicht nur in der Übermacht, sondern verfügten auch über äußerst effektive Waffen.

Die Einheit aus STATOR-FE und Kemurs Ambulanz war durch ihr Diffusor-Optik-Feld vor Ortung und Strahleneinwirkung geschützt, sodass wir unsere Mission erfolgreich starten konnten, während die RAS TSCHUBAI für die nötige Ablenkung sorgte.

Bis unsere Gegner herausfanden, dass das nur eine Finte gewesen war, um jemanden in die Kluft einzuschleusen, waren wir unter Garantie längst auf dem Weg zur LEUCHTKRAFT. Und dann wüssten sie immer noch nicht, wovon genau die RAS TSCHUBAI abgelenkt hatte, denn sie würden keine Spur von uns finden.

Die STATOR-FE ließ sich ihren angeschlagenen Zustand nicht anmerken, sie reagierte ohne merkliche Verzögerung auf alle Kommandobefehle Lichtschlags und flog mit höchster Geschwindigkeit.

Wir tauchten in die Kluft ein – wissenschaftlicher formuliert: eine Sextadimhalbraum-Exklave, die der Chaoporter um sich erzeugte, um zwischen den Universen zu reisen. Im Bathos, dem Abgrund, ruhte der Chaoporter während der Reise, der äußere Bereich war der Limbus, der eine extreme Herausforderung für die Navigation darstellte.

Beim ersten Mal hatten wir es dank Anzu Gotjian bis zur Kosmokratenwalze geschafft, da sie uns, von Kemur unterstützt, durch den Limbus navigierte.

Diesmal musste es auch ohne sie an Bord gelingen. Dank des Chaotreibers, den mittlerweile vorhandenen Daten sowie der unterstützenden Navigation von Kemur mit seiner Erfahrung vom ersten Mal bewältigten wir den Limbus in kurzer Zeit und ohne von Wächtern aufgehalten zu werden.

Bald erreichten wir das Bathos und steuerten auf die Position zu, an der wir die LEUCHTKRAFT beim letzten Mal verlassen hatten.

»Sie ist nicht da«, bemerkte Vimuin Lichtschlag niedergedrückt. Die Situation schien dem Commo'Dyr mehr und mehr zu schaffen zu machen, obwohl unsere Aussichten besser denn je standen.

»Es ist nicht unerwartet, dass sie weiter abgedriftet ist«, sagte ich. »Ich bin aber sicher, dass sie in der Nähe ist. Wir werden sie bald finden.«

»Das geht mit mir ohnehin ganz flink«, behauptete Gucky unbescheiden – und zog bald ein langes Gesicht.

»Was ist?«, fragte ich alarmiert.

»Anzu ...«, murmelte er verwirrt. »Eigentlich sollten ihre Gedanken mich wie ein Leuchtfeuer leiten.«

»Du kannst sie nicht espern?« Meine schlimmsten Befürchtungen wurden hoffentlich nicht wahr.

»Doch«, antwortete der Kleine. »Ich erkenne ihr Muster. Aber ... etwas stimmt nicht mit ihr.«

»Aber sie lebt?«, drängte ich, das war die wichtigste Information. Alles andere konnten wir beheben.

»Ja, sie lebt, Perry ... obwohl ... Ich weiß nicht, ob man das so bezeichnen kann. Ihre Gedanken stehen auf mir unbegreifliche Weise still.«

»Gedanken, die stillstehen? Wie bei einer tiefen Meditation?«

»Nein, sie ... sind wie kristallisiert. Auch falsch. Schneeflocken, ich spüre Schneeflocken. Ihre Gedanken sind vereist, und alles, was ich von ihr empfange, ist: kalt.«

»In Ordnung. Sorg dich nicht, Kleiner! Möglicherweise ist es so etwas wie eine Stasis ... aber sie lebt. Kannst du feststellen, wo sie ist?«

»Ihre letzte fragmentarische Erinnerung übermittelt mir ein Bild von Alaska. Vielleicht ist sie bei ihm.«

Ich fragte nicht, ob Gucky Alaska espern konnte – genau wie beinahe alle Unsterblichen war der Maskenträger gegen telepathische Horchversuche geschützt. Solange er die Sperre nicht freiwillig senkte, konnte nichts empfangen werden. Dass das trotz seines Hilfeersuchens an uns nicht geschehen war, konnte viele Gründe haben.

Den naheliegendsten Grund sprach Lousha Hatmoon völlig gelassen aus – sie hätte nicht so schonungslos sein müssen, aber im Grunde hatte sie recht. Wir mussten nun einmal mit allem rechnen, nachdem wir bei unserem ersten Besuch schon keinen Kontakt zu Alaska aufnehmen konnten.

»Ich nehme an, dass Alaska Saedelaere sich genauso in Gefangenschaft befindet wie offensichtlich Anzu. Falls er vereist wurde, so wie sie, kann er die Mauer der Mentalstabilisierung nicht senken, und Gucky kann ihn nicht espern.«

»Wir müssen sie suchen! Beide!«, forderte Vimuin Lichtschlag.

»Das werden wir«, beruhigte ihn Vetris-Molaud. »Deswegen sind wir schließlich hergekommen.«

»Wenn ich wenigstens Blautvind espern könnte!« Gucky zog frustriert seine Ohren nach unten.

»Selbst wenn das bei Zwergandroiden möglich wäre, was es nicht ist«, setzte Lichtschlag zu einer Erklärung an, »würde das nichts nützen. Sie haben keine dauerhafte materielle Identität.«

»Das bedeutet?«, hakte Lousha Hatmoon nach.

»Sie sind temporäre Manifestationen des Schiffes«, antwortete Lichtschlag.

Das war uns allen neu, wie ich an der Reaktion der anderen erkannte.

»Bedeutet das, sie können die LEUCHTKRAFT nie verlassen?«, wollte Vetris-Molaud wissen.

Lichtschlag widersprach, unterstrichen mit einer Geste. »Doch. Die räumliche Distanz spielt keine Rolle, sondern die Integrität der LEUCHTKRAFT.«

Ich begriff sofort. »Und weil die Chaoradiation die Integrität der Kosmokratenwalze vermindert, verkürzt sich die Verweildauer der Zwergandroiden.«

»Das ist korrekt.« Lichtschlag wirkte niedergeschlagener als zuvor. »Ich gehe davon aus, dass die Chaoradiation exponentiell voranschreitet. Wir haben schließlich gehört, was Blautvind beim Abschied gesagt hatte – er befürchtete, bald nur noch der einzige dieses Namens zu sein. Vielleicht existiert er gar nicht mehr, und Anzu geriet deswegen in diese ... Gefangenschaft.«

»Mhm«, machte ich und spürte ein Jucken meiner kleinen Narbe an der Nase. »Und wenn da noch etwas anderes im Spiel ist, das zugeschlagen hat, nachdem wir fort waren? Wir müssen noch mehr Vorsicht als beim letzten Mal walten lassen, auch wenn wir den Weg jetzt kennen. Das darf uns nicht zu Leichtsinn verleiten.«

»Alles könnte eine Falle sein«, stimmte Gucky mir zu.

Ich sah ihm an, dass er es nicht aufgab, zu espern, um wenigstens irgendwie Anzu zu erreichen. Ich berührte kurz seine Schulter. »Spar deine Kräfte, Kleiner, wir werden sie noch brauchen.«

»Ich kann eben nicht anders.«

»Sei vernünftig!«, bat ich.

»Ist ja gut«, murrte er.

»Wenn ich kurz unterbrechen darf«, unterbrach Kemur, der permanent zugeschaltet war. »Die LEUCHTKRAFT kommt in Sicht.«

Das war eine gute Nachricht!

Zumindest für eine Sekunde.

Auf dem Zentraleholo erschien die kobaltblaue Walze. Doch ... sie schien verschattet.

»Da ist also doch etwas geschehen«, stellte ich fest, genauso düster wie das Raumschiff dort draußen.

Perry Rhodan 3148: Maskerade

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