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2. Warum passiert mir das?

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Dieses Buch handelt von Fremdgängern, die auch immer Grenzgänger sind. Menschen, die sich plötzlich in Situationen befinden, an die sie nie und nimmer gedacht hätten. Von anderen, die diese Situationen bewusst herbeigeführt haben, um eine momentan für sie unbefriedigende Lebenssituation erträglich zu machen. Andere wiederum spüren den Mangel nicht, den sie in ihrem Gefühlsleben haben. Er wird zugedeckt mit anderen Aktivitäten. Manchmal auch einer Krankheit. Bis ein Gegenüber auftaucht, vermeintlich aus heiterem Himmel. Plötzlich bekommt die Sehnsucht ein Gesicht. So deutlich und klar, so unentrinnbar.

Unser gewöhnliches Leben lässt unseren Liebeshunger oftmals ungestillt. Eine Partnerschaft wird schnell zu einem Projekt mit Kindern, Beruf und finanziellen Belastungen. Dienstleistungen, die von beiden erbracht werden, ersetzen die Aufmerksamkeit füreinander. Häufig fühlt sich einer der Partner, oder beide, emotional allein gelassen. Die Partnerschaft ist in einer anstrengenden und verwirrenden Welt sehr oft der Platz, an dem man sich ausruhen und geborgen sein möchte. Die Vorstellung, dass dies von ganz alleine geschehen wird, geistert noch immer durch die Köpfe. Gerade hier jedoch, zuhause, muss am meisten geleistet werden, um dauerhaft erfolgreich zu sein. Wohl kaum jemand begibt sich in eine feste Beziehung mit dem vorsätzlichen Willen, untreu zu sein. Und doch sagen die Statistiken: 60 Prozent der Menschen gehen fremd. Manche in längeren Außenbeziehungen, andere wiederum nur ab und zu.

Was sind wir in unseren Berufen so kreativ und engagiert, lebenslanges Lernen, wir sind dabei! In unseren Beziehungen sind wir, leider, oft nachlässig. Im täglichen Umgang übernehmen Gewohnheiten rasch die Oberhand. Austausch, Interesse, tiefer Respekt, erhält eine Beziehung am Leben. Mal ganz zu schweigen von Komplimenten, Lob, Zuwendung und Zeit für Zärtlichkeit. Dem besonderen Kleber, der Liebende verbindet und der so notwendig ist, wenn das Lebensschiff durch stürmisches Gewässer steuert. Wirklich dabei zu bleiben, wie geht das? Wie es gelingen kann, auch wenn es, zugegebenermaßen, anstrengend ist, darauf findet dieses Buch Antworten und Anregungen, die sofort, noch heute, umsetzbar sein könnten. Es lohnt sich allemal, in die eigene Beziehung zu investieren - und sei es aus ganz egoistischen Gründen. Wenn es meiner Beziehung gut geht, geht es auch mir gut. Doch zurück zu den Fremdgängern.

Es gibt auf der Ebene der Körperzellen zwei Zustände: Wachstum oder Schutz. Beide sind notwendig und wechseln sich gegenseitig ab. Nach Zeiten der Pflicht und der Verantwortung, und manchmal, überraschenderweise, gerade mittendrin, entdecken wir ein Gegenüber, das in uns selbst einen Menschen erweckt, den wir selbst gar nicht kannten oder den wir schlicht vergessen hatten im täglichen Getriebe.

Die Ursache für das Fremdgehen ist oft ein Mangel. Meistens an Aufmerksamkeit, Zärtlichkeit und, natürlich, Sex. Dieses Gefühl, für einen Moment oder eine Weile für jemanden der allerwichtigste Mensch auf der Welt zu sein, ist schlicht unwiderstehlich. Im Anderen, im Fremden, kann ich Aspekte von mir finden, die ich zu lange oder überhaupt verborgen habe. Es ist immer auch eine Chance zur persönlichen Entwicklung. Manchmal schmerzhaft, manchmal heilsam, manchmal zukunftsweisend, manchmal nur für einige glückliche Stunden, in denen wir uns selbst wieder neu entdecken. Um in schwierigen Beziehungen oder Situationen emotional zu überleben kann fremdgehen manchmal helfen. Eine Person von außen, die unterstützt und heilsam wirkt.

Wir sind alle so furchtbar liebebedürftig. Hungrig nach körperlicher Liebe, nach Zärtlichkeit, nach Berührung. Da hilft alle Sublimierung oder Verdrängung wenig. Wenn sich die Chance ergibt ist (fast) jeder verführbar.

Das Erleben, besonders zu Beginn, ist extrem. Man ist nicht mehr Herr seiner Sinne, eine Art Schockzustand. Panik und Vorfreude zugleich. Herzklopfen, Schmetterlinge im Bauch, die Hormone laufen auf Hochtouren. Es heißt nicht umsonst: Die Liebe ist eine milde Form des Wahnsinns. Die Situation wirkt wie eine Droge. Im Grunde kann man es eigentlich nicht lassen, man muss es zulassen. Niemals wieder ist man so glücklich wie in dieser ersten Zeit der Verliebtheit. Alles ist wieder fühlbar, alles ist möglich. Wie lange war man denn blind gewesen? Den Schlaf der Vernunft hatte man zu lange geschlafen, jetzt ist man erwacht. In den Adern rauscht das beste Aphrodisiakum der Welt, die Verliebtheit. Der ganze Mensch erstrahlt und benimmt sich wie in der Pubertät. Sehnsuchtsanfälle sind an der Tagesordnung, alle Mittel der Kommunikation werden eingesetzt und die Begegnungen sind der Himmel auf Erden.

Intensives Erleben ist unersetzbar. Vom Verstand allein lässt sich der Körper nicht nähren. Warum passiert mir das? Wie gehe ich jetzt damit um? Warum geht mein Partner fremd? Man muss lernen, den anderen gegenüber manchmal untreu zu sein, um sich selbst treu zu bleiben. Davon erzählt dieses Buch: Von emotionaler Disziplin, von Verführerinnen und Verführern. Von der Mentalität der Kapitäne. Vom Tod des guten Mädchens und vom Verlieben als Strategie um zu überleben. Von neuen Bausteinen, aus denen zu oft nur dasselbe alte Haus gebaut wird. Von Sexbeziehungen, langen Lieben und Knoten durchtrennenden One Night Stands. Von der Liebessuppe im erotischen Restaurant geht es zur Komplimentdiät. Drama Designer, mutige Schwestern, zu Tode betrübte und Himmelhoch jauchzende Liebende. Vom System der Logen und dem Prinzip der ersten Reihe gelangen wir zur Ehe 3.0.

Sex ist bei all dem nur ein Symptom. Aber was für eines!


Fremdgehen um zuhause zu bleiben

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