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Kapitel 2

Kaum waren sie vor dem Gebäude des Scotland Yard angekommen, sprangen die beiden Beamten auch schon aus dem Verschlag der Kutsche. Der Wagenlenker half noch beim Abladen des schweren Reisegepäcks und wurde anschließend angewiesen sich, an der Kasse im Eingangsbereich, für die Fahrt entlohnen zu lassen. Henderson hingegen schwitzte unter der Last des Koffers und seiner Hoffnung, die sich so schnell zerschlagen hatte – nicht zuletzt auch aus Angst vor dem, was nun auf ihn zukommen würde. Hätte er doch dieses verfluchte Gepäckstück nur stehen gelassen. Er dachte sich gleich, dass damit etwas nicht stimmen konnte. Allerdings war die Gier stärker als seine Vorsicht gewesen und nun bezahlte er den Preis für seine Dummheit.

»Wohin wollten Sie eigentlich mit dem Koffer?«, fragte ihn der lange Polizist.

»Wohin?« Henderson erlaubte sich ein leicht entrüstetes Lächeln.

»Spreche ich so undeutlich?«

»Ich habe ihn gefunden; herrenlos und vergessen. Es gibt nur einen Ort wohin ich wollte: natürlich zum Fundamt. Als ehrlicher und aufrechter Bürger der Stadt London würde mir nichts anderes in den Sinn kommen.«

»Das Nächste befindet sich unmittelbar am Bahnhof Paddington. Sie hätten nur durch zwei Türen gehen müssen und wären praktisch hineingestolpert. Nicht zu verfehlen. Selbst für Einen wie Sie nicht.«

»Ich wollte eben zum Zentral-Fundamt!«, versuchte sich Henderson herauszureden. »Und jetzt wird mir auch noch ein Strick daraus gedreht, dass ich jemandem nur behilflich sein wollte.«

»Das Zentral-Fundbüro liegt genau in der Gegenrichtung«, stellte der kleinere Beamte lächelnd fest. »Sie wollen uns wohl auf den Arm nehmen oder halten Sie uns für blöder als wir aussehen?«

»Natürlich nicht … aber … als ich in der Kutsche saß, fiel mir siedend heiß ein, dass ich noch eine Erledigung hatte, die sich gut mit der Fahrt verbinden ließ.«

»Was für eine Erledigung?«

»Das ist ja wohl meine Privatsache«, erwiderte Henderson und gab sich entrüstet.

»Mag sein! Aber es ist keine mehr, wenn Sie sich als Detektiv ausgeben und offensichtlich vor der Polizei fliehen.« Der Lange deutete auf den Koffer. »Ich sage Ihnen auf den Kopf zu, dass Sie dieses Reisegepäck stehlen wollten.«

»Wie kommen Sie nur darauf?« Henderson setzte einen unschuldigen Gesichtsausdruck auf und unternahm einen letzten Versuch sich herauszuwinden, aber in seiner Stimme war schon mehr Resignation als Kampfeswille.

»Und jetzt ... seien Sie bitte so freundlich und öffnen den Koffer«, knurrte der Kleinere. »Vielleicht finden sich darin Hinweise auf den tatsächlichen Eigentümer.«

Godric Henderson hatte bereits danach gefiebert, trotz der Niederlage, wenigstens die Höhe des Verlustes, also den Inhalt des Gepäckstücks, kennenzulernen und nahm die Gelegenheit mit geradezu widernatürlichem Eifer wahr. Der Koffer war mit einem hübsch verzierten Schloss versehen. Henderson war so in seiner Betriebsamkeit gefangen, dass er ohne zu zögern und ohne Scheu ein niedliches Metallwerkzeug hervorholte, das ihm schon des Öfteren durch Türen oder über Schlösser hinweggeholfen hatte. Die Dietriche waren ein Familienerbstück. Er besaß seine diebischen Fähigkeiten schließlich nicht umsonst.

Im dritten Anlauf klappte es endlich. Das Gepäckstück ließ sich öffnen und Frauenkleider kamen zum Vorschein, fleckig und zerknüllt.

Gierig tauchte Henderson mit einer Hand hinein und schob die Kleider zurück.

Doch schon im nächsten Augenblick nahm sein Gesicht eine grünliche Farbe an, wie man sie an verdorbenem Fleisch bewundern konnte. Nur mühsam kam er wieder auf die Beine. Er stöhnte laut auf, wankte drei vier Schritte zurück in eine Ecke des kahlen Raumes und erbrach sich schwallartig auf seine Füße.

Auch die beiden Uniformierten atmeten schwer. In ihren Augen spiegelte sich das nackte Grauen.

»Das sieht mir ganz nach einer Lieferung für Scotland Yard aus«, murmelte Henderson mit zitternden Lippen.

Eine Leiche zum Lunch

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