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Das kleine Glück des Augenblicks

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Monika liegt in einem dieser wunderbaren Korbnester oberhalb des Pools. Schaut hinunter ins türkise Wasser, auf dem die Sonne glitzernde Sprenkel tanzen lässt. Die Sonnenschirme schaukeln gemächlich in der lauen Sommerbrise. Eine Frau im roten Badeanzug setzt sich wie ein Ausrufezeichen von der Farbe des Wassers ab, in dem sich das Blau des Himmels spiegelt, auflöst und immer neue Klangfarben produziert. Berauscht von dieser Farbenpracht blickt Monika wieder hinunter ins Tal, dessen Grüntöne sich von hellem Gelbgrün über Gras- bis hin zu Tannengrün in einem Farbgemisch präsentieren, das an manchen Stellen beinahe schon an Schwarz heranreicht. Auf den Berggipfeln funkelt noch Schnee. Unglaublich, denkt sie, Schnee bei 32 Grad.

Das Lochmuster des Korbgeflechts zeichnet im Spiel von Licht und Schatten hübsche Muster, die Monikas Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Ihr Atem wird immer ruhiger. Sie fühlt sich sicher und geborgen, lauscht dem Insektengesumm, das mit dem Rauschen des Windes wie ein sanftes Schlaflied klingt. Ihr Blick fällt auf die Wiesenblumen, die rund um ihr Nestchen wuchern. Gelb, weiß, rot, lila – nur die Butterblumen und Margeriten kennt sie mit Namen. Und natürlich die Gänseblümchen, die sie in ihre Kindheit zurückversetzen. Seit Jahren hat sie nicht mehr an die Ausflüge zur Steinbachtalsperre gedacht, die sie an manch einem Sonntag mit ihren Eltern und Sebastian, dem ersten Irish Setter ihres Lebens, unternahm. Sie sieht sich mit dem Hund an der Leine durch den Bach stapfen, in roten Gummistiefeln. Sie sieht sich mit ihrer Mutter Blumenkränze binden, hat das ausgelassene Gelächter im Ohr, als ihr Vater zusammenzuckt, weil neben ihm im hohen Gras ein Hase aufgeschreckt davonhoppelt. Sie lächelt in sich hinein und empfindet wieder dieses tiefe Glück des Augenblicks, das nur die vollkommene Geborgenheit mit sich bringt.


Heute Morgen ist ihr nichts eingefallen, als Jumi sie im Workshop aufgefordert hatte, einen glücklichen Moment mit allen Sinnen zu schildern und in eine kurze Geschichte zu verpacken. Jetzt zückt sie das kleine Büchlein, das sie auf Anraten der beiden Kursleiterinnen bei sich trägt, und schreibt die Erinnerung an einen dieser Kindheitsausflüge nieder. Und während sie schreibt, tauchen weitere Erinnerungen auf, die mit dem Hund verbunden sind. Und mit dessen Nachfolgern, die sie alle geliebt hat. Jeden einzelnen Hund und jeden mit seinen besonderen Charakterzügen und Eigenarten. Wolfi wollte nie Verantwortung für ein Tier übernehmen. So, wie er auch nie Kinder haben wollte. Wie ein Blitzlicht taucht die Frage auf, warum sie das so untertänig akzeptiert hat. Schnell ersetzt sie den Gedanken, indem sie mit der Möglichkeit spielt, einen Tierheimhund zu adoptieren, wenn sie erst wieder zuhause ist. Ein schöner Gedanke! Endlich hätte sie einen Grund, am frühen Morgen im Wald spazieren zu gehen. So ganz alleine kommt sie sich blöd vor dabei, macht es ihr einfach keinen Spaß. Einsame Sonntage wären damit auch passé. Schreibend entwirft sie ein Leben mit einem vierbeinigen Freund an ihrer Seite. Dabei geschieht etwas Merkwürdiges: Monika erlebt dieses Zusammensein mit dem Tier so intensiv, als wäre es real.

Als sie von ihrem Block aufschaut, fängt sie einen Blick von Konstantin auf, der unten am Pool sitzt. Komischer Typ. Irgendwie – sie weiß nicht, wie sie ihn genau findet. Bei der Vorstellungsrunde sollten sie gestern Metaphern für sich selbst finden und vorlesen. Von ihm war ihr hängen geblieben, dass er bei der Rubrik „Getränk“ gesagt hatte, er sei ein kostbarer, nur wirklichen Kennern bekannter Whiskey. „Angeber“, hatte sie gedacht und einmal mehr bedauert, dass Männer in der Gruppe unterrepräsentiert sind. Außer Konstantin gibt es nur noch einen jungen Mann namens Jan, Anfang dreißig, und einen weiteren in ihrem Alter, der sich als Charly vorgestellt hatte. Ein attraktiver Kerl, leider in Begleitung seiner Frau unterwegs. Mariam heißt sie, eine wunderschöne Frau mit persischen Wurzeln.

Ob die Kellner Konstantin wohl auch gefragt haben, ob er am „Freundschaftstisch“ Platz nehmen wolle, fragt sie sich. Oder ob das nur allein reisenden Frauen angeboten wird? Sie hatte es jedenfalls als Affront empfunden, als eine übergriffige Frechheit. Als ob sie nicht allein an ihrem Tisch sitzen könne! Naja, egal. Inzwischen kann sie darüber fast lachen. Darüber sollten die uns mal schreiben lassen, denkt sie.

Ups, schon 16.00 Uhr! Wenn sie vor der nächsten BodyMindART-Session noch Haare waschen möchte, muss sie sich sputen. Sie packt ihre Sachen und klettert diesmal über die Wiese in Richtung Terrasse, weil sie aus unerfindlichen Gründen nicht an Konstantin vorbeigehen möchte.

Pünktlich um 17.00 Uhr steht sie dann wieder hinter ihrer Matte und freut sich auf die Musik, die Jumi für ihren Workout ausgesucht hat. „Rather be“ ist ihr derzeitiges Lieblingsstück. Klingt nach sehnsüchtigen Sommernächten. Leider gibt es in ihrem Leben jetzt niemanden mehr, für den sie ans Ende der Welt gehen würde. Für Wolfi hätte sie es getan.

BodyMindART im Ritzlerhof

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