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Hat sie ein Helfersyndrom?

Als frischgebackene Oma bekommt ihr Singlehaushalt ein neues Gesicht.

Ich schmunzle jedes Mal, wenn Ihr Enkel, der kleine Paul, sich freut, wenn sie laut die Nase schnaubt.

Und er gern mit dem verstaubtem Zuglufttier spielt. „Ein Löwe“, sagt er, zum Gruseln seiner Eltern, die wohl eher die Hausstaubmilben zählen würden.

Nein, alt sein will sie nicht! Und sie freut sich, wenn Paulchen bei ihr zu Besuch leidenschaftlich gern mit einer Matroschka spielt. Spannend wird es, wenn er mit zarten Fingern aus der kleinen eine noch kleinere zaubert. Alle rufen auf Kommando: und nicht in den Mund stecken! Als ehemaliges DDR-Kind hat sie sowas aufgehoben. Die Familie ihres Vaters pflegte die Hausmusik. Nachzulesen in unendlichen Briefen, die ihr Opa mit Schreibmaschine getippt hatte. Die Oma fügte wohlweislich ein Gemisch aus Druckbuchstaben in „Sütterlin“, einer Geheimschrift ähnlich, hinzu.

Ein musikalisches Kind war sie schon immer. Unglaublich, dass sich die Wege Susannes und ihres Vaters später wieder kreuzten. Er genoss die musikalische Ausbildung in den 40ern im „Musischen Gymnasium zu Leipzig“. 2 Villen standen den Schülern damals zur Verfügung. Susanne ging in einer der Villen Anfang der 80er zur Arbeit. Sie hatte in einer Qualifizierung eine Ausbildung zur Bibliotheksassistentin abgeschlossen. „Musikbibliothek“, stand an der Villa geschrieben. Stolz berichtet sie ihren Eltern, Herr Masur und Frau wollten bestimmte Noten und haben mit der Leiterin geplaudert. Und eine andere Kollegin saß am Schreibtisch vor dem großen Fenster der alten Villa als Musikwissenschafterin bei der Arbeit. Es ist Cornelia Krumbiegel, die Mutter von Sebastian Krumbiegel. Dem Sänger der „Prinzen“. Die Familie Krumbiegel hatte die Kollegen eines Abends in die schöne Wohnung in der Wiederitzscher Straße eingeladen. Susanne erinnert sich daran. Sebastian, der damals noch bei den Thomanern war, musste einige Rügen des Vaters über sich ergehen lassen. Die Tochter Ulrike konnte nicht dabei sein. Etwas schüchtern verabschiedet sich Susanne am späten Abend.

Sie wohnte damals noch mit ihren Eltern in Dölzig, dem kleinen Ort, 20 km entfernt von Leipzig.

Erschrocken stand Susanne in der Straßenbahn, die sie erstmal zur Buslinie bringen sollte.

Die unerfahrene Leipzigerin merkte zu spät, dass ihr die Gegend fremd vorkam. Sie war in die falsche Richtung gestiegen. Als sie am Leipziger Hauptbahnhof ankam, sah Susanne vom Bus nur noch die Rücklichter. Der letzte Bus in ihre Gegend fuhr erst in 2 Stunden. Taxi Geld hatte sie keines. Verschiedenes ist ausgeblendet, sie kam als einziger Fahrgast froh zu Hause an.

4 Kolleginnen sind fast zur gleichen Zeit schwanger; Susanne glücklich verliebt mitten unter ihnen. Die Leiterin der Musikbibliothek nennt die Phänomene mit den dicken Bäuchen: „Unsere Mubikinder!“ Was für ein großartiges Gefühl war es, mit dem Kinderwagen vorzufahren und das kleine Wunder den „Mubianern“ zu zeigen. So was vergisst man nicht, schwärmt Susanne.

Sie ist nun ganz in die Fußstapfen der Mutter getreten, die als Leiterin einer Bibliothek jeden Morgen mit dem Linienbus nach Leipzig zur Arbeit fuhr. Und die ehemalige Tanzpädagogin erzählt später Susanne aus ihrem Leben. Ja, Zeitgeschichte interessiert sie heute! Als die 90-Jährige erzählt, kommt sie mit dem Schreiben nicht mehr nach. Sie verschlingt die Worte fast. Stolz ist sie auf die beiden Töchter. Maria und Katharina. Schiffbruch in der Ehe! Susanne ist paar Jahre richtig krank! Bis sie einen anderen eigenen Weg fand. Die Töchter gründen Familien und haben Männer, die sie auf Händen tragen. Das stellt sich Susanne oft vor und freut sich, wenn man sich zu Geburtstagen und Feiertagen trifft. Den Wunsch der Eltern, eine musikalische Laufbahn einzuschlagen, konnte sie nicht erfüllen. Interessen wurden gefördert, gute Anlagen erkannt. Als Kind mit 6 Jahren am Cello, wer kann das schon? Susanne mochte den musiktheoretischen Unterricht nicht leiden. Daran scheiterte eigentlich das ganze Celloprojekt. Was sie heute sehr bedauert. Ein Segen war für sie das Spiel auf der Blockflöte. Das Spiel fiel ihr leicht. Musiklehrer und die musikalische Familie sagten: „Susanne, du hast einen schönen Ton!“ Auftritte in der Aula der Schule folgten.


So hält Susannes Vater, der Maler und Grafiker Johannes Burkhardt, Susanne und ihren Mann als junges Paar in einer Skizze fest.

Schnell hat sie mit 55 die Kurve gekriegt. Ich konnte die ehrenamtliche Tätigkeit mit einer Schreibgruppe verbinden. Erzählt sie manchmal.

Diesem und Jenem in der Schreibgruppe von Roswitha Scholz über die Schulter gucken. Ist dann im Wohngebiet „Die Grünauer Platte“ hängengeblieben. Und in der amtierenden Schreibgruppe von Silke Heinig eingestiegen. Und auch dabeigeblieben.

Mach was aus deinem Leben. Diese Worte sieht sie vor sich, wenn sie ihre Wohnungstür aufschließt, um Sinnvolles aufzuspüren. Es war der Leitsatz des Vaters: „Carpe diem!“ Nutze den Tag!

Der als Maler und später als Schreiber tätig war. Und wenn sie ihn heute im Seniorenheim besucht die alten Briefe vorzulesen. Aufgeschriebenes, was in Vergessenheit geraten ist, ein Lächeln in seinem Gesicht entstehen lässt. Und manchmal auch in meins, sagt Susanne und lacht.

Ich erinnere mich noch, wenn sie als Kind in der Schule nach ihrem Vorbild gefragt wurde, sagte sie immer: „Otto Grotewohl“. Ja, der Sozialdemokrat imponierte ihr. Sie machte sich damit nicht so beliebt. Einige Jahre später verließ sie die beste Freundin …! Als Susanne es erkannte, war nichts wieder gut zu machen. Was hatte sie falsch gemacht? Keiner konnte ihr bisher die Antwort geben. Ihr fiel nichts ein. Fragt man sie heute: „Susanne, was ist dein Lieblingsfilm?“ „Gundermann!“ Na, weils in der Platte spielt. Am Drehort des Neubaugebietes hat sie einige Jahre gewohnt.

Und die Aufnahmen mit dem Tagebau, wie die Bagger gearbeitet haben. Ach, dieses „Kalte schwarze Gold“! Auch in Dölzig wurde der Berliner Ofen im Wohnzimmer damit geheizt. Und Gundermann, so stelle ich mir meinen besten Freund vor. Sie kaufte sich gleich noch die Musik zum Film. Musste sie haben, obwohl sie eigentlich kein Geld dafür hat. Aber manchmal gelten bei ihr Sonderregeln. Mit Paulchen die Welt erkunden, das möchte sie ab und zu. Und ich weiß, wenn sie am See in die Wolken schaut, warum. Sind Ideen im Kopf entstanden für ein neues Märchen oder eine der für sie typischen Geschichten. Ganz sehr wünsche ich ihr, den Traummann zu finden. Um auf Wolke sieben zu schweben. Sowas können Omas wie Susanne gut!


Licht und Sonne prägen eine fantasievolle Kindheit in ländlicher Umgebung in Dölzig, bis zum Umzug ins Hochhaus nach Leipzig Grünau.

– Zeichnung Johannes Burkhardt –

Rosenblüten – neue Märchen und Gedichte

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