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2.5 Förderung & Besteuerung
ОглавлениеEinen nicht unerheblichen Einfluss auf die Entwicklung im Energiesektor haben die politischen Rahmenbedingungen. Ein wichtiges Instrument zur Unterstützung alternativer Energietechniken ist dabei die Förderpolitik.
Das bekannteste Förderinstrument im stationären Energiesektor dürfte das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG, Einführung 1. April 2000) sein, das erheblich zur Etablierung der regenerativen Energien beigetragen hat. Im EEG ist geregelt, dass Stromerzeuger das Recht haben, Strom aus erneuerbaren Energien in das Netz einzuspeisen. Demgegenüber sind die Netzbetreiber verpflichtet, eine festgelegte Mindestvergütung an den jeweiligen Erzeuger zu zahlen. Die Kosten dafür werden nach dem Verursacherprinzip auf alle Stromkunden verteilt: Wer wenig Elektrizität verbraucht, zahlt auch wenig. Per Definition handelt es sich somit um keine staatliche Beihilfe oder Subvention. Ähnlich dem EEG zur Förderung nachhaltig erzeugten Stroms ist mittlerweile auch ein Wärme-EEG eingeführt worden.
Zur Förderung alternativer Kraftstoffe gab es im Jahr 2001 von Seiten der Europäischen Kommission einen Aktionsplan und zwei Richtlinienvorschläge. Die Kommission war der Ansicht, dass Kraftstoffe aus landwirtschaftlichen Rohstoffen (d. h. Biokraftstoffe) kurz- bis mittelfristig gute Aussichten böten, sukzessive die fossilen Energieträger zu ersetzen. In dem Aktionsplan wurde eine Strategie skizziert, durch die im Straßenverkehrssektor eine allmähliche Substitution herkömmlicher Otto- und Diesel-Kraftstoffe durch Alternativsprit erreicht werden sollte. Als aussichtsreiche Kandidaten mit realistischen Chancen auf dem Kraftstoffmarkt wurden genannt:
1. kurzfristig: Biokraftstoffe der 1. Generation (Biodiesel, Rapsöl, Ethanol)
2. mittelfristig: Erdgas
3. langfristig: Wasserstoff
Als geeignete Maßnahme zum Erreichen dieser Ziele wurde die Festlegung eines Mindestanteils von Biokraftstoffen an allen verkauften Kraftstoffen vorgeschlagen. Dieser Vorschlag ist inzwischen in der EU-Richtlinie 2003/30/EG umgesetzt worden.
Vom 1. Januar 2004 an gab es zudem eine Steuerbefreiung für Biokraftstoffe, die nach damaliger Vorgabe eigentlich bis zum 31.12.2009 erhalten bleiben sollte. Auf diese Weise sollte in allen EU-Mitgliedsstaaten erreicht werden, dass bis zum Jahr 2010 rund 5,75 % aller mineralölischen Kraftstoffe durch biogene substituiert werden. Nach damaliger Planung sollte der Anteil im Jahr 2020 bei 10 % liegen. Das erklärte Ziel lautete, die Abhängigkeit von Rohölimporten zu senken.
TAB. 4: MINERALÖLSTEUER AUF REINE BIOKRAFTSTOFFE
Die Bundesrepublik änderte jedoch im Sommer 2006 diese EU-Vorgaben. Trotz erheblicher Proteste aus der Biobranche beschloss die Regierungskoalition, Biokraftstoffe ab dem 1.8.2006 stufenweise zu besteuern (s. Tab. 4). Für reinen Biodiesel fielen bei der Einführung des novellierten Energiesteuergesetzes zunächst Abgaben in Höhe von neun Cent pro Liter an. Am 1.1.2008 erhöhte sich der Steuersatz auf 15 Cent pro Liter reinen Biodiesels und auf 10 Cent pro Liter reinen Pflanzenöls.
Diese Steuersätze basierten auf der Berechnung der Bundesregierung, gemäß der Biokraftstoffe zuvor besser gestellt waren als fossiler Sprit. Reiner Biodiesel und auch Beimischungen waren vorher steuerfrei, was nach Meinung der Regierung eine Überkompensation gegenüber fossilem Diesel darstellte. Biokraftstoffe sind zwar in der Herstellung kostenintensiver als fossiler Kraftstoff (s. Tab. 5), aber das dürfte – nach Politikermeinung – nicht dazu führen, dass man gänzlich auf eine Besteuerung verzichtet.
In der Konsequenz nahm der Absatz von Biokraftstoffen der ersten Generation in den Folgemonaten spürbar ab. Insbesondere Anfang 2008 gingen zahlreiche Biodiesel-Hersteller und -Tankstellenbetreiber Pleite. Der Markt für reinen Biodiesel wurde für tot erklärt. Wegen zahlreicher Proteste wurde allerdings die für 2009 geplante Steuererhöhung um sechs Cent pro Liter auf drei Cent pro Liter beschränkt.
Zum 1. Januar 2007 folgte zudem die Einführung des Biokraftstoffquotengesetzes (BioKraftQuG). Dieses sieht vor, dass der geforderte Anteil biogenen Sprits zu Dieselkraftstoff zunächst 4,4 Vol.-% beträgt. Der entsprechende Kraftstoff wird dann als B5 bezeichnet: Diesel mit bis zu 5 Vol.-% Biodieselbeimischung. Ursprünglich sollte dieser Anteil ab 2009 6,25 % betragen. Die im Jahr 2008 sehr vehement geführte Debatte um Vor- und Nachteile von Biokraftstoffen führte jedoch dazu, dass die Beimischungsquote des Agrarsprits bei Diesel zwischenzeitlich auf 5,25 % beschränkt wurde. Für den Zeitraum von 2010 bis 2014 sind 6,25 % vorgesehen. Der so genannte B7-Diesel ist damit der Regelkraftstoff für Dieselfahrzeuge, bevor dann ab 2015 die Biokraftstoffe der zweiten Generation eingeführt werden.
TAB. 5: BERECHNUNGSGRUNDLAGE DER ÜBERKOMPENSATION BEI BIODIESEL
Bei Ottokraftstoff betrug die Mindestquote 2007 zunächst 1,2 %. 2008 stieg sie auf 2 %. Ursprünglich war vorgesehen, die Mindestquote von Bioethanol an Benzin auf 10 % festzulegen (E10). Das damalige Ziel der Bundesregierung lautete, bis zum Jahr 2020 einen Anteil von 17 % Bioenergie im Kraftstoffbereich zu erzielen. Im Frühjahr 2008 kam es jedoch zu einem Stopp dieser Pläne, jedenfalls was die biogenen Anteile in Ottokraftstoffen betraf. Es hatte sich herausgestellt, dass zahlreiche Altfahrzeuge in Deutschland einen Anteil von 10 % Ethanol im Kraftstoff nicht vertragen. Die betroffenen Autohalter hätten bei Einführung von E10 (Super-Kraftstoff mit Ethanolbeimischung) den deutlich teureren Super-Plus-Kraftstoff tanken müssen, was insbesondere sozial Schwächere unangemessen belastet hätte. Aus diesem Grund nahm die damalige Regierung Abstand von ihren ursprünglichen Plänen und beließ es bei einer Beimischungsquote von 5 % bei Benzin. E85, ein Kraftstoff-Mix aus 85 % Ethanol und 15 % Benzinbeimischung, wurde hingegen als besonders förderungswürdig eingestuft und ist bis 2015 von der Mineralölsteuer befreit.
Das Ziel der EU lautet weiterhin, bis zum Jahr 2020 einen Biokraftstoffanteil von 10 % am Kraftstoffmarkt zu erreichen.
Währenddessen entwickeln sich die konventionellen Fahrzeugkraftstoffe Benzin und Diesel ebenfalls weiter und passen ihre Eigenschaften an die veränderten politischen Rahmenbedingungen an. So wie vor Jahren das bleifreie Benzin Einzug in die Speicherbehälter der Tankstellen hielt, findet derzeit eine zunehmende Verdrängung des umweltschädlichen Schwefels statt. Seit dem 1. Januar 2003 sind an deutschen Tankstellen flächendeckend schwefelfreie Kraftstoffe (Diesel und Benzin) erhältlich, obwohl dies in der EU erst seit 2009 verbindlich vorgeschrieben war. Als schwefelfrei gelten Kraftstoffe mit einem Gehalt von weniger als 10 ppm (parts per million) Schwefel. Diese Spritsorten können mit allen Autotypen problemlos getankt und gefahren werden.
ABB. 13: ENTWICKLUNGEN IM STRASSENVERKEHR
[Links: NOx-Emissionen [kt/a]]; [Rechts: Fahrleistung [Mrd. km/a]]
Für die Umwelt sind mit schwefelfreien Brennstoffen deutliche Vorteile verbunden: Gegenüber schwefelhaltigen Kraftstoffen wird bei Katalysatorfahrzeugen eine Verringerung des Abgasausstoßes von Stickoxiden und flüchtigen Kohlenwasserstoffen um rund 40 % erzielt. Diese Emissionen sind mitverantwortlich für den Sommersmog, das Waldsterben, die Versauerung von Böden sowie die Verwitterung von Gebäuden und Denkmälern. Die Treibstoffe sind darüber hinaus eine Voraussetzung für den Einsatz sparsamer Motortechniken (z. B. für direkt einspritzende Benzinmotoren, Magerkonzept) sowie für Dieselrußfilter. Es gibt somit zahlreiche Ansätze, mit Hilfe neuer Techniken die Kraftstoffe zu modifizieren und dadurch deren Schadstoffausstoß zu reduzieren. Ebenfalls von Vorteil aus Sicht der Umwelt ist, dass trotz des Anstiegs der Fahrleistung zukünftig mit einem verminderten Kraftstoffbedarf gerechnet wird, weil der Verbrauch neuer Fahrzeuge in der Regel niedriger als bei Altfahrzeugen ist. Von Seiten der Mineralölindustrie wird erwartet, dass ein deutlicher Rückgang beim Benzinverbrauch innerhalb Deutschlands auftreten wird. Im Jahr 2020 wird der Verbrauch unter anderem wegen sparsamerer Motoren voraussichtlich um 40 % unter dem Verbrauch des Jahres 2000 liegen und nur noch 17 Mio. t betragen. Beim Dieselverbrauch wird ein Rückgang von 28,9 Mio. t auf 28 Mio. t erwartet. Insgesamt könnte der Mineralölverbrauch bis 2020 um 16 % sinken.