Читать книгу INGRATUS - Das Unerwünschte in uns - Tabea Thomson - Страница 5

Intro

Оглавление

»Fünf – drei – eins – normaler Raum«, verkündete Pilot Torks vom Bergungs-Shuttle Assertor beim Erreichen der Zielkoordinaten. Sie lagen auf der Rückseite von Luna dem Erdenmond.

Während Torks zählte, beobachtete er das linke Display. Ein Lidschlag genügte und er hatte die Gewissheit: Wir sind nicht sichtbar. Er machte einen erleichterten Atemzug, und gleichlaufend drehte er sich langsam Richtung Copilot. Abrupt hielt er inne. Auf dem rechten Display stimmte was nicht. Für einen flüchtigen Moment stierte er fassungslos auf die gestrichelten Umrisslinien der Hecksektoren. Schlagartig durchlebte Torks noch einmal den letzten Befreiungseinsatz. Dabei war, so schien es, die Flinke als auch wendige viergliedrige Assertor zu langsam. Doch bei dem Hinterhalt wäre es selbst für das lebendige Vorbild, dem gepanzerten Gulco (Sandwurm) vom Planeten Advenu, brenzlig geworden.

Für das Shuttle bedeutete es: Die organische Außenhaut und das Trägermaterial der Bug-Sektoren (Cockpit und Alkoven) übersäten oberflächlich nur leichte Kampfspuren. Die zwei hinteren Sektoren (Heiler-Bereich sowie deren Cockpit) traf es um so heftiger. Sie erhielten bei dem feindlichen Kampfschiff Inferno irreparable Schäden. Aber selbst so hatten die Segmente noch einen Nutzen.

~

An der Stelle vom Dateneintrag gab Torks über die Tastatur den Befehl: Phantom Sektor löschen. Sein Blick rutschte unterdessen zum Copiloten. Der Begleiter saß reglos im Sessel und stierte geradeaus. Zunächst dachte Torks, der Nebenmann kommuniziert mental mit jemanden, aber die erforderlichen Schwingungen fehlten.

»Sire?«, sein Tonfall klang irritiert. Der Angesprochene reagierte nicht sofort, er tippte ihn an die Hand. Die seichte Berührung ließ dem Copiloten wie bei einem Stromschlag zusammenzucken, und beim nächsten Atemzug versenkte er, im schnellen Fall, die Nase zum Overallärmel. Bevor sie im weichen Stoff aufschlug, keuchte er zwischen gierigen Atemzügen: »Probeflug ... stopp!«

~

Indessen die Technik den Befehl ausführte, überprüfte Torks alle relevanten Daten. Als er das positive Ergebnis vortrug, brach unter der zwei Personen Besatzung, eine eigenartige Stimmung aus. Der schmalschultrige Aiws Pilot Torks, eine künstliche intelligente Lebensform mit angegrauten strubbeligen vom Kopf abstehenden Haaren und einem ovalen und kantigen Standard Aiws Gesicht, jubelte begeistert. Sein humanoider Copilot dagegen saß schweißgebadet und wie fest gemauert im Sessel. In den verkrampften Fingern hielt er ein schnörkelloses weißes Taschentuch. Dahinein tauchte er alle paar Atemzüge die Nase.

Torks Augensensoren erkannten darin eine emotionale Überbelastung. Zuerst dachte er, es ist, weil sie sich im feindlichen U P C Gebiet aufhielten. Allerdings die sensiblen Geruchssensoren filterten aus dem Taschentuch besorgniserregende Duftpartikel. Verwundert darüber zog er die beweglichen Augenbrauen schräg nach oben. »Boss?«

An Stelle einer Antwort versenkte der Angesprochene seine wohlgeformte Nase ins Taschentuch. Gierige Atemgeräusche brachten den unstillbaren Durst zum Ausdruck. Erst als Torks den Copiloten an der Schulter berührte, hob der Shumerer Ukel Kerun Peshk die Nase im Zeitlupentempo aus dem Stoff. Für etliche Herzschläge stierte er zum nebenan sitzenden Torks, dann endlich konnte der hochgewachsene Mensch vom Planeten Advenu den Blick befreien. »Mich hat es eiskalt erwischt«, flüsterte er kümmerlich, und mit jedem gesprochenen Wort rutschte der späte Jugendliche, er hatte erst neunzig Lebensjahre erreicht, in sich zusammen.

Torks wollte nicht glauben, was er sah. Er kannte den spitzohrigen Boss als stahlharten Anführer der Shumerer Freiheitskämpfer. Kerun strotzte sonst nur so vor Selbstdisziplin und unendlicher Kampfstärke. Von alldem keine Spur. Neben ihm saß jetzt nur ein Häufchen Unglück, mehr nicht. Als er das dachte, tauchte Keruns Nase wieder tief in das für seinen Verstand so unwiderstehlich duftende Taschentuch. Am ungesättigten Blick vom Boss erkannte Torks: jeder weitere unersättliche Schnaufer trägt den Geist sonst wo hin, nur nicht ins Cockpit. Er zog es daher in Betracht, Kerun in den Alkoven zu bringen. Just in dem Moment, wie er es umsetzen wollte, unterbrach sein Boss die Inhalation. Er atmete mehrere Male kräftig durch, als er neutrale Luft in der Lunge hatte, siegte der Verstand über die Sucht. Dessen ungeachtet entströmte seiner Kehle ein gequälter Schrei. Unmittelbar danach zeigte er, mit zittrigen Händen, auf das Tuch.

»Ich hoffe, dass ich mich hierbei auf deine Verschwiegenheit verlassen kann.«

Als Zeichen des Mitgefühls legte Torks eine Hand auf die vom Boss. »Ja Sire.«

Gleichwohl er damit rechnete, fuhr sich Kerun aufgekratzt übers stoppelkurz geschorene Haar. »Gut, dann können wir uns um das Wohlbefinden der Assertor kümmern.« Sein vernebelter Blick schweifte über die angezeigten technischen Werte vom alternativen Antrieb. »Prima! Besser konnte der Probeflug nicht sein.« Er klopfte dem Piloten anerkennend auf die Schulter.

Torks wiederum wiegte den Kopf hin und her. »Sire ihr Lob speichere ich erst ab, wenn die Außenhaut beim Dimensionssprung keinen Schaden erlitt.« Seine Finger huschten dazu über die Armaturenkonsole, auf dem Button: Bestätigen, hielten sie inne.

Vor ihm auf dem Display flogen im Weltraum unzählige, gleichsam getarnte fliegende Sensoren, sie scannten die Assertor Außenhaut. Und noch bevor Keruns Nase wieder dem Drang verspürte abzutauchen, lag das Scan Ergebnis vor: ›Keine Schäden vorhanden.‹

Die Mitteilung ließ sie, wie zwei überdrehte unreife Knaben aufspringen, jubeln und hüpfen.

»Dann nichts wie weg von hier!«, befahl Kerun mit aufgedrehter Stimme, »Kurs zum Eridani Alpha System aufnehmen«, ergänzte er mit erzwungener stimmlicher Disziplin. »Tarnung beibehalten. Alternatives Antriebssystem. Sol fünf.«

»Aye Sire.«

Sekunden später war um die Assertor eine stabile Bend Blase aufgebaut, sie verzerrte vor dem Shuttle die Raumzeit. Hinter der Blase streckt sie sich wieder.

~ ~

(Die Verzerrung erzeugt neben einer Weg verkürzenden Krümmung auch einen Zeittunnel. Dadurch beträgt die Reisezeit vom Startpunkt bis zum Zielpunkt fünf Erden Stunden. Ohne die Raumkrümmung dauert die Reise neunhundertzwanzig Jahre.

In der Assertor läuft die normale Zeit weiter.)

~ ~

Noch bevor die Bend Blase aufgebaut war, überkam Kerun ein weiterer Anfall. Zitternd stand er auf, und mit Handzeichen gab er Torks zu verstehen, das er gedenkt, dem starkem Verlangen nachzugeben.

* *

Vier Stunden später. Der Flug verlief störungsfrei, daher gönnte sich Torks ein Vergnügen, der besonderen Art. Er hatte sich entspannt im Pilotensessel zurückgelehnt, die Füße ruhten auf der Ablage über der Armatur, und mit weit aufgerissenen Augen genoss er die grandiose Aussicht der vorbeihuschenden Sternenstreifen. Erst der Citraa (Computer) Hinweis: ›Vor uns liegt das verstrahlte Ugari System‹, lenkte die Aufmerksamkeit von der Cockpit Frontscheibe wieder auf das vor ihm angezeigte. Allen Warnungen zum Trotz wählte er auf dem virtuellen Display den Button S T P Raum-Zeit-Weg. Damit erhielt er Zugriff auf den Bend Faktor ...

~ ~

(Der Bend Faktor ist die Einheit, mit welchem die vierdimensionale Raumzeit um das Bergungs-Shuttle gekrümmt wird. Durch jene Krümmung bewegte sich die zu überwindende Entfernung zwischen Bend Blase und Zielpunkt aufeinander zu. Was im entferntesten mit einem Weg verkürzenden Tunnel durch einen Berg, statt darüber oder drum herum, vergleichbar ist.

Der Bend Faktor wird in Sol – Überlichtgeschwindigkeit angegeben.

Das Bergungs-Shuttle Assertor, welches zur Sprint Klasse gehört, kann mit normalen Shumerer Standard Antrieb maximal mit Sol vierzig den Raum krümmen. Das alternative Antriebssystem schafft maximal Sol neun.)

~ ~

… Nachdem Torks den S T P Button aktivierte, öffnete sich ein Dialogfenster. Dort erhöhte er auf der stufenlosen Sol Skala die Raumkrümmung von drei auf vier Sol.

Den rasanten Anstieg gab die uralte Shumerer Antriebstechnik ungedämpft ans Cockpit weiter. Torks sind jene kraftvollen Vibrationen seit Ewigkeiten vertraut. Die Geräuschharmonien, aller Antriebskomponenten, ließen sein makelloses Gesicht, welches jetzt nach einem dreißigjährigen Shumerer Menschen aussah, freudig strahlen. Er – der Maschineningenieur hatte wie immer gute Arbeit geleistet. Obwohl Torks das wusste, überprüfte er auf den antiken Flachmonitoren in der Trennwand alle relevanten Werte. Bevor er zurückging, überflog er noch die vom alternativen Antriebssystem. Sein Nicken bestätigte, alles läuft optimal. Dessen ungeachtet ertönte unvermutet ein schrilles Warnsignal dazu leuchtete auf dem Hud ein Button rot.

~ ~

(Im Hud – Head-up-display sind alle wichtigen Informationen direkt im Sichtfeld des Piloten dargestellt. Das virtuelle Bild wird in einer Projektionseinheit erzeugt.)

~ ~

Als Torks erkannte, um welchen Button es sich handelt, aktivierte er ein weiteres Hud. Ein Lidschlag genügte ihm, um das darauf angezeigte Echtzeit Szenarium zu erfassen. Torks Interesse galt den am Horizont angezeigten dutzenden scharfen Weltraumminen. Sie sahen wie kleine Asteroidensplittern aus.

An der vordersten Minenlinie stand die Zeit bis zum Kontakt. Von der Distanzanzeige schwenkte seine gelangweilte Mimik über die Armatur, bei der Borduhr stoppte der Blick. An seinen zuckenden Augenbewegungen konnte man sehen, dass er etwas berechnet. Es kümmerte ihm nicht, dass die tödliche Gefahr immer näher rückte. Selbst als auf dem Hud weitere rote Warnbuttons blinkten, blieb er gelassen, und mit Ruhe in den Fingern aktivierte er das normale Wecksignal vom Alkoven. Als es lauter wurde, schlug Torks den Kragen vom Overall lässig nach oben. Ebenso führte er dort seine linke Hand zum Hemdknopf großen Interface Sensor. Kurz vom Sensorkontakt nahmen die Finger eine Lauerstellung ein. Erst als sein Boss das Wecksignal abstellte, berichtete Torks mit neutraler Stimme: »Sire, wir erreichen in Kürze das Minenfeld.«

Das Wecksignal schleuderte Keruns vernebelten Geist schlagartig ins reale Leben. »Minenfeld«, murmelte er rammdösig. So nach und nach realisierte er, was das Wort bedeutet. Letztendlich überfiel ihm von einem Moment zum anderen Unbehagen. Was nicht dem Wort entsprang, sondern sie sind nicht mehr weit vom Rettungsraumschiff Visitor α (alpha) U P, dem Zielpunkt ihrer Reise.

An Bord gab es gleich zwei Gründe, die ihm die Unruhe in den Geist trieben. Zum einem lag es an seinem Sohn, der konnte nach über drei Jahren wieder ins reale Leben zurück. Und zum anderen wartete dort ein delikater Nasenkitzel mit bittersüßen Beigeschmack, der wurde durch einen ahl pii erzeugt.

Der ahl pii ist ein Pheromon, das aus allen Hautporen, Speichel und Haaren entsteigt. In dem Fall entsprang es der blutjungen, bildhübschen sowie üppig gewachsenen, Mischlings Shumerer Sophie Minn. Seitdem das Energiebündel reift, steckte ihr körpereigener Duft sein "zweites ich" in Brand. Was daran lag, weil sein ahl pii bis ins Detail mit dem Weiblichen harmoniert.

Ein Löschen dieses leidenschaftlichen Flächenbrandes ist durchaus machbar, allerdings im Moment war es unerwünscht. Somit blieb Kerun dem Weib kampflos ausgeliefert.

Nur allzu gern möchte er das Gewissen von der Last befreien. Bloß zum jetzigen Zeitpunkt versteht es weder sie noch seine Familie. Ihm blieb nichts anderes übrig als zu schweigen. Und damit er weiterhin das gut gehütete Geheimnis wahren konnte, nahm er einen Enzym Blocker. Was ihm allerdings Sorgen machte, ist: ›was passiert, wenn ich es einmal vergesse zu injizieren, und wenn ich vielleicht noch mit ihrem Speichel in Berührung komme …‹

Auf das Vergnügen wollte er in diesem Fall gern verzichten. Er akzeptiert Sophie bedingungslos mit allen ihren Launen und Eigenarten. Dennoch will er niemals eine feste Partnerschaft mit ihr eingehen. Folglich hatte er nicht das Bedürfnis; sich auf sie – die Auserwählte – zu prägen. Seine tiefen Gefühle galten alleinig seinem Capac Eheweib Eda. Und genau bei ihr lag das Problem, denn ihre Shumerer Gattung verschmelzt nicht die ahl pii.

~

Bisher verabreichte Kerun sich den Blocker stets pünktlich. Aber unter Zeitdruck oder war es nur Aufregung, vergaß er es. Das Vorkommnis geschah am Vorabend vor Sophies Reise zum Rettungsraumschiff Visitor α U P, auf dem Planeten Advenu in der Stadt Sinu i, im Hause Phlox.

Die außen Temperatur an dem frühen Nachmittag hatten mit den zweiundvierzig Grad einen Wohlfühlfaktor. Tai Minn mit Tochter Sophie, Kerun Peshk sowie der Gastgeber Mahid Phlox und ein Aiws Pilot wählten für die Zusammenkunft die Südterrasse. Sie ist von dichten mannshohen Hecken ummantelt.

Entgegen sonstigen dienstlichen Gepflogenheiten hatte ihr Umgang heute was sehr Familiäres. Wodurch Tai, ein stattlicher Gatte mit extra breiten Schultern und wachsamen moosgrünen Augen, endlich mal sein strenges Organisationstalent ruhen ließ, aber stattdessen wirkte er nunmehr sehr besorgt. Seine Tochter Sophie wiederum, eine ansonsten sehr resolut auftretende, zeigte neben der eigentlichen anmutigen Shumerer Erscheinung, eine schüchterne als auch scheue Seite. Selbst Kerun, ein scharf kalkulierender Kämpfer mit strengen Regeln, zeigte sich von einer lockeren Seite. Der Aiws Pilot ignorierte sogar das Protokoll. Dessen Stelle übernahm sein redegewandtes und durchaus humorvolles Wesen.

Nach einem Begrüßungstrunk setzten sich alle, dicht gedrängt, an einen kleinen runden Tisch und besprachen Sophies bevorstehende Reise mit der Fracht-Bark. Diese wird sie vor dem Tor der Stadt Dahl brie abholen und Nonstop zur Visitor bringen. Doch zunächst besprachen sie organisatorisches. Über allem stand Sophies Wohlergehen. Das war wegen ihrer schweren Erkrankung besonders schwierig umzusetzen. Deshalb nahmen an der Besprechung zusätzlich noch drei Visitor Heiler via holografischer Interface Konferenz teil. Zu den Teilnehmern zählten: Luckas – ein überaus fürsorglicher mit einer großen Portion Warmherzigkeit, sowie Doc Pieter – der allzeit bereite Helfer, mit dem Drang nach skurrilen sowie Chris – einem dem so schnell nichts in den emotionalen Schwitzkasten brachte.

Doc Pieter wird während der Reise über ihre Biodaten wachen. Er versicherte: »... sollten Sie Sophie Probleme bekommen weiß die Kalab ihres Gatten, was zu tun ist. Notfalls bekommt er von uns die exakte Anweisung. Machen Sie sich keine Sorgen, genießen Sie einfach seine Nähe.«

~

Allein der Gedanke, den Gemahl gegenüberzustehen, ließ Sophies ahl pii überquellen. Ihr bis eben noch verschlossenes und scheues Wesen blühte auf. Selbst ihr ansteckendes Lachen, kam überschäumend zurück.

Die aufgetaute Stimmung wurde dann bei einer Besprechungspause zu Keruns Albtraum. Er scherzte und flirtete mehr als sonst mit Sophie. Sie ließ nichts unbeantwortet. Das eine oder andere Mal geschah es mit vollem Mund. Dadurch sprudelten nicht nur erheiterte Wörter aus Sophie. Etliche winzige Speicheltröpfchen landeten so auf den Speisen.

Kaum das Kerun einen verhängnisvollen Bissen zwischen seinen Zähnen hatte, schnappte die Enzym-Falle zu. Anfangs hatte er keine auffälligen Symptome. Das änderte sich erst als im Peshk Anwesen, im privaten Fitnessraum, ein lange hinausgeschobener väterlicher Wettkampf zwischen Tai Minn – Sophies Vater – und Kerun stattfand. Es war insofern ungewöhnlich, weil Kerun zuvor noch nie derlei sportliches Duell verloren hatte. Hinzu kam noch, er witterte seltsame Gerüche und er war überreizt. Er begründete seine Wahrnehmungen damit, dass sein Eheweib Eda demnächst in die monatliche fruchtbare Phase; das Ponvaa kommt.

Obgleich die Erklärungen logisch erschienen, schmälerten sie Tai's ungute Vorahnungen nicht. Die Bestätigung erhielt er von den beauftragten I P S Sensoren, sie zeigten: Kerns Libido ist ausgeprägter wie das von Edas.

~

Am anderen Morgen erwachte Kerun trotz der ausgiebigen Liebesnacht weit vor dem glückselig schlummernden Eheweib. Die Frische des Tages wollte er für den Fitnesslauf nutzen und auf dem Rückweg kann er die Bestellungen in der zentralen Nahrungsmittelverteilung abholen.

Bevor er aufbrach, überprüfte er nochmals die Einkaufsliste. Hingegen seiner Annahme berechnete der Citraa, das er nur einen Rucksack braucht. Die stehen stets einsatzbereit unten in der gemeinschaftlichen Küche. ...

~ ~

(Die öffentlichen Wohnräume sind im Erdgeschoss.

Zu den zählen unter anderen die gemeinschaftliche Küche und der daran anschließende gemeinschaftlichen Wohnraum.

Auf dem Peshk-Gwen parkähnlichen Anwesen steht rechts und links je ein viereckiger Wohnturm mit Glasfassade zum Garten. Dazwischen sind die zuvor genannten Räume. Vom Peshk Wohnturm gelangt man zuerst in den zum Feiern einladenden Wohnraum und dann in die viel benutzte Küche. Und vom Gwen Wohnturm aus gesehen ist es gerade andersherum.)

~ ~

… Allerdings wird er weder die Rucksäcke noch die Abholliste vorfinden, denn Sophie und der Butler Nexus sind bereits damit unterwegs. Davon ahnte Kerun nichts, bis er die Tür öffnete und Sophies zurückgelassene verheißungsvolle Botschaft in seine Nase schoss. Einem hungrigen Raubtier gleich verschlang ihm die ahl pii Sucht. Sein Ego wehrte sich gegen das urwüchsige Verlangen. Der reife Körper jedoch unterwarf sich bereitwillig. Er entzündete mit hitzigen Schweißausbrüchen und zittern am ganzen Körper geradezu ein Freudenfeuer in seinem anschwellenden Phallus. Sein ohnehin schon triebhaftes Verlangen nach dem verführerischen Weib wuchs ins unermessliche, aber Sophies und er sind mit einem unzerbrechlichen Eid an einen anderen Partner gebunden. Sein Schwur verhinderte nun, dass er dem steinharten Verlangen nachgab, und gleichzeitig löste er einen geistigen Konflikt aus, qualvoll stöhnend sackte er zusammen. ...

Die I P S Sensoren hatten Tai bereits bei den ersten Anzeichen benachrichtigt. Und nachdem er dem Freund auf den Rücken neurale Blockaden gesetzt hatte, flüsterte Kerun mit erschöpfter Stimme: »Das Lysanders Vermächtnis so fordernd sein wird, damit rechnete ich nicht.« Verbissen lächelnd blickte er Tai an. »Schöner Schlamassel! ... Und nun?«

»Yep! ...« Tai klopfte dem Freund mitfühlend auf die Schulter, er kannte bereits seit Jahrzehnten Keruns Geheimnis. »... Im Moment dürfen wir deine ahl pii Übereinstimmung nicht ändern. Und zur Sucht Behandlung müssen wir auf ungewöhnliche Therapien ausweichen.«

Kerun nickte zustimmend, dabei tupfte er den erneut einsetzenden heißen Schweiß von der Stirn. »Ich akzeptiere alles. Nur gib es sofort, bevor es wieder unerträglich wird.«

Entgegen seiner Erwartung injizierte Tai nichts Linderndes. Er schlug stattdessen vor: »Sobald die beiden geweckt sind, werde ich dich von dem lästigen Befinden befreien. Bis dahin, und damit wir einen weiteren Zusammenbruch verhindern und gleichfalls die Sucht im Zaum behalten, brauchst du ständig Sophies ahl pii. Den beschaffst du dir am unauffälligsten bei der Abreise ...«

Kerun setzte die verordnete Therapie konsequent um. Dafür trug er zu Sophies Abreise den von Tai präparierten Overall. Bei der Verabschiedung drückte er, so unauffällig wie möglich, Sophie fest an sich heran. Dabei gelangten genügend ihrer ahl pii Moleküle an seinen Overall. Allerdings ihr fesselnder Wohlgeruch brachte Kerun fast um den Verstand, und das, obwohl ihr ahl pii wegen der Medikamente fast vollständig neutralisiert wurde.

Sobald Sophie nach Dahl brie portiert war, rannte Kerun ins Labor. Mit zittrigen Fingern entkleidete er sich und dann gab er den bis eben getragenen Overall und zwei neue Stofftaschentücher in einen spezial Behälter. In dem hatte Tai eine Tinktur aufgebracht, die es ermöglicht das, während eines Portiervorganges, Duftmoleküle in Geweben dauerhaft konserviert werden. Sowie das Präparierte mit Sauerstoff in Berührung kam, erblühte ihr zarter Duft zu einem kräftigen Bouquet.

An den köstlichen Lockstoff klebte jetzt Keruns vor Durst dahinschmelzender Verstand. Je mehr er von dem Duft trank um so stärker schwoll das Verlangen nach ihrem Schoß an. Es bereitete ihm unermessliche Qualen davon abzulassen und den bereitliegenden Amphispray an die pulsierende Halsader zudrücken. Bei jedem Sprühstoß schrie er den Groll heraus.

Auf Linderung wartend, fiel er auf die Knie. … Als er dann in einen ungetragenen schwarzen Overall schlüpfte, sah er erschöpft aus.

Der Overall entsprach überhaupt nicht seiner hageren Körperfülle. Ihm störte es nicht das er damit, wie eine halbe Portion aussah. Solange daraus nicht Sophies ahl pii entströmte, war es ihm egal.

* *

Auf dem Weg zum Cockpit überkam Kerun ein anderes Verlangen. Den Appetit nach einem belebenden Advenu Kaffee wollte er sofort am Nahrungsreplikator nachgeben. Mit flotten Schritten legte er die schier endlosen Meter, über denn schmalen Gang zum Cockpit zurück. Dort führte sein Weg schnurstracks zum Nahrungsreplikator.

Indessen er dann den Kaffee auswählte, wechselte das Standard Dämmerlicht in ein beständiges grelles Rotlicht.

Unbeirrt davon bestellte er: »Kaffee Nummer drei.«

Während das Gewünschte aufbereitet wurde, blickte er ins glühend Rot erleuchtete Cockpit. Der Anblick weckte bittere Erinnerungen an einen über drei Jahre zurückliegenden Befreiungseinsatz. In Gedanken sah er hier, Sophie und seinen Sohn schwerverletzt auf der Portierplattform liegen. Unwillkürlich rieselte ihm ein eisiger Schauer übern Rücken. Nur gut, dass der würzige Duft des Kaffees in die Nase stieg und ihm so, aus den Gedanken riss. Gleich Vorort schlürfte er genüsslich die ersten Schlucke.

Unterdessen Kerun trank, hafteten Torks Augensensoren für Nanosekunden im kurzwelligen Auf und Ab vom roten Alarm. Die eifrigen Pupillen Bewegungen signalisierten, dass er Daten aus seinem alten Leben vom pironischen Datenspeicher einlas. Die dazu hinterlegten Erinnerungen, beförderten ihm ein verschlagenes Grienen ins Gesicht.

Kerun beobachtete den treuen Torks. An der lebhaften Mimik ahnte er, in was für verstaubte Dateien der Aiws herumstöbert. »Sehnsucht danach?« Neckte er mit herausfordernder Stimme.

Grinsend rutschte über Torks wohlgeformte Lippen: »Nein Sire, zu keinem Zeitpunkt.« Synchron dazu blickte er zum Steuerpult. Auf dem Eingabefeld vom virtuellen Display wählte er den Button zum Deaktivieren der Weltraumminen. Ein Signal bestätigte den Befehl. Gleichzeitig streckte Torks einen Mittelfinger lässig nach oben.

Die Kampfansage belustigte Kerun.

Obwohl Torks wusste, diese Gemütsverfassung ist gut für den Boss, unterband er den Spaß mit Handzeichen.

Kerun kannte dieses Gebaren. Um herauszufinden, was diesmal dahintersteckt, löste er die mentale Lärmunterdrückung. Und nachdem der Druck auf den Ohren nachließ, analysierte er vom alternativen Antrieb das Vibrieren sowie Stampfen. Der lief, weil Torks ihm eine intensive Pflege zukommen ließ, wie ein geöltes Uhrwerk. So verwunderte es nicht, dass sie bereits nach wenigen Sekunden zufrieden mit ihren Augenbrauen zuckten.

Aus der akustischen Verzückungen riss sie die fordernde Citraa (Computer) Stimme: ›Warnung! Das unsichtbare energieabsorbierende Gitter ist in Sensoren Reichweite ...‹

»Zeigen!«, befahl Kerun mit stahlharten Tonfall.

Bereits bei den ersten sichtbaren Bildern blickte Pilot Torks ehrfürchtig auf das dargestellte Gitter, das zeigte nur ein winziges Bruchstück von dem, was das gesamte Eridani Alpha System umspannt. Dieses Teilstück jedoch genügte Torks, um auf der Steuerkonsole die Buttons für Bend Kraftfeld Generator und alle Maschinen stopp zu aktivieren. Innerhalb von Sekunden fiel die Assertor in den normalen dreidimensionalen Raum, dann trieb sie antriebslos im All.

Kerun trat an den Platz, rechts neben Torks. Der hastig getrunkene heiße Kaffee bescherte ihm Hitzewallungen. Bevor er sich hinsetzte, öffnete er den Overall bis auf Brusthöhe, und dann setzte er sich hin. Die wedelnden Hände sorgten zusätzlich für Kühle. Als es erträglicher wurde, signalisierte er mit bedächtigem Kopfnicken, das er zur Eingabe der erforderlichen Sicherheitschiffre bereit ist.

Ohne sichtbares Handeln nahm Torks Kontakt zur Gitter Leitstelle auf. Wenige Datenzeilen später kam im Cockpit ein grüner Energiestrahl zum Datenabgleich an. Er scannte nur den Menschen. Die biometrischen Daten stimmten mit den vorgegebenen Werten überein. Vor Kerun materialisierte eine virtuelle Tastatur. An der Ruhe, die seine sehnigen Finger beim Eintippen der Zahlenfolge ausstrahlten, sah man, er macht es andauernd.

Am Ende der Zeichenfolge angekommen, hob er die Hände von der Tastatur. Sofort verschwand die Eingabehilfe. Synchron dazu verließ ein unsichtbarer Leitstrahl das Gitter.

Beim Einsetzen der kraftvollen andockenden Schwingungen sah Torks den Boss an. »Sire, wir haben dreißig Sekunden.«

»Na dann los!«

»Aye Sire.«

Zwei Stupser auf dem virtuellen Display genügten, dass die Assertor auf dem Leitstrahl mit ein Sul, Unterlichtgeschwindigkeit durch das Gitter glitt. ...

~ ~

(Unmittelbar vor dem Gitter, ist es nicht möglich, eine stabile Bend Blase aufzubauen. Erst hinter dem Gitter ist es wieder gefahrlos.)

~ ~

… Auf der anderen Seite angekommen, setzte die Assertor die Reise in einer neuen Bend Blase mit Sol acht fort. Die Route führte sie am äußeren Ausläufer unserer Galaxie – der Milchstraße entlang. Daran grenzt das Eridani Alpha System. Dort etwa im vorderen Drittel beginnt das geschützte und dicht besiedelte Ugari Gebiet. Das streiften sie nur, ihr Ziel lag auf einem benachbarten, lebensfeindlichen Planeten.

* *

Der Flug verlief störungsfrei. Kerun gönnte sich nach dem anstrengenden Suchtanfall ein wenig Zeit zum Kraftschöpfen. Er hatte es sich dazu im Sessel bequem gemacht. Wie er nun so im Halbschlaf lag, strandeten seine Gedanken bei einer Begebenheit, die einundzwanzig Jahre zurücklag.

Von dem damaligen Besuch hat er gleichfalls Video Aufzeichnungen. In Gedanken versetzte er sich dahin zurück. ›… Es war ein unruhiger August Tag. Über der schottischen Stadt Perth lag schwüle Luft. Am Horizont zog eine rasch herankommende Gewitterfront auf. Tiefschwarze Vorboten erstreckten sich bereits zum Ufer jenseits des Flusses Tay, wodurch es diesseits am frühen Nachmittag bereits an die hereinbrechende Dunkelheit im Winter erinnerte. Kräftige, fein geäderte Blitze tauchten alles in ein gespenstisches Licht. Der tobende Sturm peitschte die Bäume in der Gannochy Road mächtig durch.

Das Unwetter kümmerte die vierköpfige Familie Minn in ihrem Anwesen nicht. Sie wussten, der Schutzschild trotzte den entfesselten Naturgewalten.

Vater Tai und der neunjährige Sohn standen am Fenster und hielten Ausschau nach dem Besuch.

Auf dem Sofa lag Mutter Vinoda. Der üppigen Figur hingen noch etliche Schwangerschaftspfunde an. In den Armen hielt sie das jüngste Familienmitglied. Im Schutz der Mutter nahm selbst das winzige, kaum drei Wochen alte Geschöpf keine Notiz von dem Donnern und Grollen. Sie saugte genüsslich an der Brust. ... Für einen Moment unterbrach sie die Mahlzeit. Sogleich, ohne die Milchquelle loszulassen, huschte ein stilles Lächeln übers zarte Gesicht.

Mutter Vinoda erwiderte es und streichelte der knuffigen Tochter liebevoll die pausbäckigen Wangen. »Ob die Süße spürt, wer draußen unterwegs ist.«

Vater Tai wandte sich lächelnd um. Indessen er zu seinen Weibern lief, antwortete er: »Ich denke ja ...«, mitten in seinem Satz preschte der aufgeweckte rot haarige Sohn: »Sie kommen zu Fuß! … – … Sie sind gleich am Hauseingang«, seine Stimme überschlug sich fast.

Vier Minuten später erschallte das Türsignal. Zeitgleich erzitterte heftiger Gewitterdonner die Erde.

Bloß gut das der Hauseingang Schutz bietet‹, sprach Tai, als er zum Eingang eilte.

Bevor er die große mächtige Eisentür öffnete, sie führt in den privaten Wohnbereich, holte er noch mal kräftig Luft.

Nach einer herzlichen Begrüßung stellte ich Tai – meine Shumerer Begleitung vor. Zu meiner Rechten stand mein überaus bezauberndes, junges, blondes Erden Eheweib Lisa Gwen. An ihrer Hand hielt sich unser Sohn fest. Er war im neunten Lebensjahr. Sein Geist wirkte abwesend und der Blick nervös. Ich fühlte gleichsam, was in meinem Sohn emotional vorging. Sanftes streicheln über sein lockiges, nachtblaues Haar drückte mein Mitgefühl aus. Im Geist sprach ich zu ihm: ›Nur Geduld, gleich bist du wieder bei ihr.‹ Jede meiner Silben wurde mit einem inneren aufgewühlten Beben meines Sohnes begleitet.

Noch bevor es mir gelang, den Knaben mental zu beruhigen, stürmte er ins Haus. ›Mea Mulier, Mea Mulier …‹, schrie er mit erregter Stimme.

Tai schmunzelte zufrieden. ›Sie sind oben im Wohnzimmer‹, rief er den Knaben freundlich nach.

Ich holte schwer Luft. ›Das es bereits jetzt so stark bei ihm ausgeprägt sein könnte, damit hatten wir nicht gerechnet.‹

Tai nickte verständlich und dabei tätschelte er mir mitfühlend auf die Schulter ...‹

Jene Berührung fühlte sich jetzt wie ein fester Schultergriff an ...‹

»Sire es ist gleich soweit.«

»Was ... ist ... soweit?«, Keruns Flüsterstimme klang verwirrt.

Torks lächelte und zeigte auf das Hud. »Na die Passierprozedur an der "Weltentor-Passage".«

Kerun fiel es sichtbar schwer, den Grips ins Cockpit zu bringen. »Davor brauche ich noch einen großen Kaffee«, murmelte er schlaftrunken.

* *

Gerade als Kerun den letzten Schluck Kaffee trank, war die "Weltentor-Passage" in greifbarer Nähe. Sie sah für ungebetene Besucher, die es eventuell bis hierher geschafft hatten, wie eine schier unendliche hochexplosive Gaswolke aus. Und das war sie! Erst wenn es einen Code übermittelt bekam, wurde die mit einer nebelartigen Substanz gefüllte Passage sichtbar. Auf der anderen Seite des Weltentores beginnt das sagenumwobene und nirgends kartografierte Shumerer System. Kein ungebetener Besucher bekam es jemals zusehen.

Das Ziel vom Bergungs-Shuttle Assertor ist diesmal nicht der Heimatplanet Advenu, sondern das Rettungsraumschiff Visitor α U P. Es liegt nur wenige Flug Kilometer von der Passage vor Anker.

Bevor die Assertor dort festmachen konnte, mussten sie noch dir Weltentor Anmeldeprozedur durchlaufen. Nach der Kennziffern Eingabe erfolgte ein vom Weltentor ausgehender Shuttle Scan. Bei dem wurde vom Shumerer Menschen das Spaa Gen und beim Aiws die Biomatrix abgefragt. Eine gelbe Anzeige auf dem Cockpit Hud zeigte an, dass sie einfahren durften. Synchron zur Bestätigung öffnete das Weltentor. Wobei der Spalt nicht viel größer wurde, als das Bergungs-Shuttle Assertor. Torks bugsierte es gekonnt hindurch. Auf der anderen Seite, fuhr ihre Tarnung zurück.

~

Die Assertor, was der Befreier bedeutet, wurde bereits seit Jahrtausenden als solcher eingesetzt.

Technisch gesehen ist sie auf dem neusten Shumerer Stand. Aber! Bei besonderen Einsätzen oder Schäden kann die Besatzung auf altbewährte Technik als auch auf einen analogen zuverlässigen alternativen Antrieb zugreifen. Damit erkundeten bereits die Ur-Shumerer die Galaxien.

~

Wenn die Assertor komplett war, hatte sie wegen ihres verdrillten und viergliedrigen, Aussehens den Spitznamen Sandwurm. Jener Gulco sah auf den zweiten Blick genauso altertümlich wie die Assertor aus. Der Eindruck vertiefte sich noch durch die Shuttle Außenhaut. Sie sieht nach stark verwittertem Stoff aus. Dem war mitnichten so. Die Außenhautbespannung besteht aus der lebendigen organischen Materie der Nochos. Deren eigentlicher Lebensraum liegt in der Vierten sowie in höheren Dimensionen.

Ebensolche Wesen umspannten die vier, rund um den Shuttle Rumpf verteilten, doppelten Tragflächen. In diesen sind – beziehungsweise waren – die autark arbeitenden Sol Antriebsgondeln untergebracht.

Im kompletten Zustand bestand es aus vier Segmenten.

Der Bug war erheblich kleiner als das Heck. Jede Seite besaß ein Cockpit. Ebenso gab es vorn wie hinten zwei Maschinenräume und Heiler-Sektoren sowie die Überlebensalkoven. Frontseitig gab es einen winzigen Alkoven für maximal drei Personen. Am Heck standen zehn große Doppeldecker Alkoven für je fünfundzwanzig Mann zur Verfügung. Im Bedarfsfall war es möglich, die komplette Assertor, in zwei Segmente zuteilen. Abgekoppelt konnten sie unabhängig voneinander geflogen werden. Waren sie jedoch miteinander verbunden, führte mittig ein langer schmaler Gang, vom Bug und Heck Cockpit, zu den beidseitig gelegenen Maschinenräumen. Linksseitig waren die Alternative und rechts die normale Antriebstechnik untergebracht. Ungefähr auf halben Weg befanden sich auf der linken Seite die Alkoven. Sie waren nur mit dem Nötigsten zum Überleben ausgestattet.

Die Sparsamkeit trifft ebenso für die Stellflächen der Maschinenräume zu. An der Qualität der Technik wurde nicht gespart. Die freigesetzten Flächen verfügten über holografische Technik, sie stand den Heiler-Sektoren zur Verfügung. Es konnten dann im Bug maximal drei und im Heck fünfzig Staze Biobetten bereitgestellt werden.

In den vergangenen fünf Monaten wurden so über zweitausend aus Gefangenschaft befreite versorgt. Wobei es sich dabei vorwiegend um Sklaven, entführte Rebellen und Aufständische aus dem unterdrückten U P C Terrain handelte.

~

Die Assertor ist schon seit vielen Zehntausenden Dekaden im Einsatz, wenn man den Antriebsgeräuschen lauscht, kommt es einen so vor, dass man die Siegesgesänge der längst vergangenen Besatzungen hört.

~

Auf der anderen Weltentor Seite drosselte die Assertor ihre Geschwindigkeit bis zum Stillstand. Der Grund hierfür war ganz simpel: Im gesamten Eridani Alpha System herrscht stets dichter Flugverkehr. Daher mussten sie, weil sie sich nicht im Rettungseinsatz befanden, auf einen der nächsten freien Flugkorridore warten. Während sie warteten, kreuzte das Rettungsraumschiff Julian ihre Flugbahn. Sie wird in den nächsten Tagen da festmachen, wo die Visitor α U P jetzt liegt.

Die Julian ähnelt im weitesten Sinne, in Form und Farbe, einem irdischen Rochen.

*

Als es vorbeifuhr, kam ein Funkgruß für Torks an. Der Absender war die erste Maschineningenieurin der Julian. Wie er nun ihre netten Worte las, gingen seine Erinnerungen noch mal zum letzten Befreiungseinsatz: »Wir vom "Sandwurm" – Bergungs-Shuttle Assertor waren wegen der gebotenen Eile wohl zu unachtsam gewesen. Als Folge dessen gerieten wir in den Hinterhalt eines U P C Kampfkreuzers. Wodurch unsere zwei hinteren Sektoren heimtückisch von Partikelstrahlen, wie ein Sieb durchlöchert wurde. Einige Treffer landeten im Steuerraum vom Maschinenraum. Wodurch der Hardron-Sol-Antrieb und die Hardron-Sol-Kerne kollabierten. Der hinterhältige Verfolger roch in unserem holprigen Flug schon den kapitulierenden Atem. Mit der nächsten Salve wollten sie ihm uns ganz nehmen. Doch kurz bevor die feindlichen Partikelstrahlen uns erreichten, bretterten wir aus der Bend Blase. –

Dem Feind waren wir entkommen. Aber das!; was uns danach erwartete hat, war auch nicht besser. Ungebremst und hart schlug die Assertor im normalen Raum auf. Wodurch es uns unkontrolliert durch den Weltraum katapultierte. Es dauerte Sekunden, eher der Pilot alles zur Stabilisierung erforderliche ausbalancieren konnte. Der Copilot wollte parallel laufend den alternativen Antrieb hochfahren. Doch dessen Zündmagneten und Nesto C-Spulen sprangen nicht an. – Das gab es noch nie! – Das roch nach Sabotage! – Wer steckt dahinter? Nur zu gern hätten wir die vorliegenden Daten ausgewertet. Bloß wir rechneten damit: Die Feinde verfolgen uns noch. Und sobald die hinterhältige Höllenbrut unseren Sandwurm auf den Monitoren sieht, wird unsere Situation so gut wie aussichtslos sein.

Das mussten wir verhindern! Wir drei Ingenieure gaben alles, damit die Technik wieder lief. Auf die Schnelle gelang es uns nur, einen Bose-Konvektor in Gang zu setzen. Bloß der nützte uns wenig, solange die Hardron-Sol-Antriebe nicht ansprangen.

Mitten in dem Dilemma meldeten die Langstrecken Sensoren: ›Feind im Anflug. Verbleibende Zeit bis in Schussreichweite, fünf Minuten.‹

Das reichte gerade, um eine Abschiedsbotschaft an unseren Flottenverband zu senden oder kampflos zu kapitulieren.

Wir taten beides! Allerdings bereiteten wir damit unser würdevolles Abtreten vor. Dass es uns gelang, lag einzig an unserem Boss Kerun Peshk. Er gehört zur Gattung Wissensanwender. Verschlagen grinsend kramte er aus seinen Shumerer Kalab Gehirnzellen die Idee hervor, wie wir mit dem Bose-Konvektor unseren Abgang vergolden können.

Kerun lieferte den Plan und ich die dafür erforderliche Sequenz. Den Triadensender sowie den einsatzfähigen Konvektor brachte ich in die irreparablen Shuttle Sektoren.

Am Zielpunkt modifizierte ich den Konvektor synchron zu Keruns Anweisungen. – Es brachte uns eine gute Zeitvorlage, sodass ich auf dem Rückweg noch drei Störsender anbringen konnte. Sie werden die Hardron-Sol-Kern Explosion simulieren. ... Und gerade als ich in der "Sicherheit" zurück war, vermeldete der Citraa: ›Feind in Schussreichweite‹, und unsere Sensoren blickten in die geladenen feindlichen Waffenrohre. So wie nun unsere Blutsfeinde die ersten Salven abfeuerten, detonierten unsere irreparablen hinteren Sektoren. Der Schub sprengte uns weit genug weg. Das!, was dann in den Augen des Feindes, wie harmlose Gravitationswellen Ausläufer aussah, verbarg im Inneren unsere Rückfahrkarte. Kurz danach, die feindlichen Partikelstrahlen brachen gerade zu unseren wehrlosen Shuttle-Sektoren auf, erreichten die Ausläufer der "harmlosen Welle" den Kampfkreuzer. Als diese mit den Schutzschild zusammenkrachten, verschmolzen sie zu einem unruhigen Energiestrudel. Die Schwingungen öffneten unmittelbar vorm feindlichen Bug einen Subraum Colche Dimensionsspalt. Binnen Nanosekunden flutete es Millionen energiehungrigen Kokons in unsere Dimension. Sie umspannten mit ihren Triaden (Fangarme) – die wie Spinnennetzfäden aussahen, den feindlichen Kampfkreuzer. So wie sie ihn berührten, zogen sie von allem die Energie ab. Der vom geöffneten Spalt ausgehende Sog saugte alles in der Nähe befindliche in die Colche. Als wir Sekunden später gleichsam dort ankamen, hatte alles an Bord des vormals angriffslustigen, feindlichen U P C Kampfkreuzer kein einziges Körnchen Energie. … Unsere Kokons hatten wie immer ganze Arbeit geleistet.

~

Unsere Schadensbilanz sah danach wie folgt aus: Glücklicherweise blieb unsere Crew bei dem Hinterhalt unverletzt. Alles Übrige, wie die verlorenen Hecksektoren sowie die sabotierte Antriebstechnik, konnte in einem Trockendock auf unseren Heimatplaneten Advenu repariert werden.

Dorthin brachte uns das zur Hilfe kommende Rettungsraumschiff Julian.

~

Während der Reise arbeitete die überaus bezaubernde erste Maschineningenieurin mit mir zusammen.« –Als Torks an sie dachte, lenkte er den Blick wieder auf ihre netten Zeilen von eben. Still in sich hinein schmunzelnd beantwortete er ihren Funkspruch. Just in dem Moment, wie er ihn absetzte, erhielt die Assertor die Weiterflug Genehmigung.

Mit der vorgeschriebenen Unterlichtgeschwindigkeit – Sul fünf, flog nun die Assertor zum nahegelegenen kleinen lebensfeindlichen Planeten. Dieser sowie zwei weitere zogen in unmittelbarer Nachbarschaft zum Gas Planeten Pir die Bahnen. Der Größte, der drei Planeten, trägt den Namen Gatta. Auf dem wurde das Raumschiff Visitor α U P im Trockendock stationiert. Die Assertor wird daran andocken.

~

An Bord der Visitor wurde Kerun bereits erwartet. Doch zunächst musste noch der Anflug über dem mit hohen Gebirgen übersäten zudem stark zerklüfteten, heißen und trockenen Planeten erfolgen. Das Landemanöver nutzte Kerun, um mit Sophie Minn ein recht angeregtes Gespräch zu führen. Somit verging die Zeit, bis zum Andocken, wortwörtlich – wie im Flug.

* * *

INGRATUS - Das Unerwünschte in uns

Подняться наверх