Читать книгу Sternentropfen - Tanja Lauber - Страница 5

Ich setze mich auf meine Fensterbank, sie ist so breit, dass ich mir darauf einen Sitzplatz eingerichtet habe, mit einem bequemen pinken Kissen.

Pink ist meine Lieblingsfarbe. Natürlich haben mich meine Mitschüler deswegen schon ausgelacht, da sie wohl denken, ein Mensch mit Penis sollte diese Farbe wohl besser nicht mögen oder er sollte es auf jeden Fall geheim halte, falls er sie mag. Also manche Fussballspieler tragen ja auch pinke Schuhe, das wird gerade noch akzeptiert, aber mein pinker Zylinder, den ich gerne trage, das geht ihnen wohl zu weit.

Ich bin da jedenfalls anderer Meinung, ich halte es schließlich nicht für gefährlich Pink zu mögen, nur weil ich ein Junge bin, also warum sollte ich es dann geheim halten? Wenn ich meinen Zylinder aufhabe fühle ich mich irgendwie geschützt, weil ich damit auffalle. Die anderen sehen dann nur den Zylinder an mir, das schreckt sie dann wohl ab, weil sie denken ich sei komisch. Das ist gut so, denn mit allen, die denken ich sei komisch, also mit allen aus meiner Klasse, will ich eh nichts zu tun haben.

So ist es mir gerade recht dass sie mich komisch finden.

Ich genieße es, auf meinem pinken Sitzkissen im Schneidersitz zu sitzen, mit dem Rücken angelehnt am Fensterrahmen. So fühle ich mich wie ein König, dessen kraftvoller Blick in die Welt hinausdringt und gleichzeitig die Welt, die er sieht, an sich heranzieht.

Am liebsten sitze ich da, wenn es regnet, so wie heute.

Der Regen ist laut und klingt als würde er nie mehr aufhören.

Ich stelle mir vor, die Tropfen kämen direkt von den Sternen und sie besitzen eine magische Energie. Jeder Tropfen, der auf die Erde trifft, lädt die Erde mit magischer Energie auf. Diese magische Energie braucht die Erde, um sich drehen zu können.

Solche Dinge sind für mich völlig klar, denn ich glaube, an was ich glauben will. Das macht doch jeder, oder?

Wenn es regnet sollte man nicht aus dem Haus gehen. Denn, wenn der Regen die Menschen berührt, blockieren sie die magische Energieaufnahme und in einem großen Umkreis um einen Menschen herum kann die Erde dann keine Zauberkraft tanken. Deshalb gehe ich nie raus bei Regen, ich will die Natur nicht stören.

Also, wenn es an ganz vielen Orten der Erde gleichzeitig regnet und der Erdenzaubertank wieder ganz voll ist, dann dreht sich die Erde immer ein bisschen schneller, mehr Power eben.

Nach dem Regen wird mir deshalb manchmal schwindlig, weil das dann ganz schön abgeht. Aber ich passe mich der Geschwindigkeit immer wieder an, indem ich mich leicht nach vorne beuge, irgendwann stehe ich dann wie automatisch wieder gerade,

dann ist die Geschwindigkeitsanpassung an die Erdendrehung erfolgreich abgeschlossen.

Ihr müsst wissen, alle sind ja irgendwie komisch, nur die meisten wollen es nicht zugeben.

So wie ich, ich bin nicht komisch, denn wenn ich wollte, könnte ich ganz normal sein und wer normal sein könnte, wenn er wollte, der ist nicht komisch.

Ich bin nur komisch, wenn ich es selbst sein will, das ist also meine freie Entscheidung. Das unterscheidet mich von den wirklich komischen Leuten.

Ich höre jetzt mal auf zu schreiben, weil ich ein Lied singen will, die Sternentrofen sind so schön.