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Vorwort

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Regierende kontrollieren und manipulieren Menschen am einfachsten, indem sie ihnen Angst machen. Das hat schon immer funktioniert. Die Angst nimmt dabei stets die Form der Zeit an. Das, was früher das Fegefeuer war, ist heute die Furcht vor dem Ende des Wohlstandes, oder banaler: die Furcht vor dem Ende der Annehmlichkeiten. Bereits eine geringe Gefährdung reicht aus und schon opfern viele Menschen ihre Grund- und Freiheitsrechte. Dies, um sich – für nur sehr kurze Zeit – Sicherheit zu erkaufen. Ich meine damit den sich bereits formierenden Orwell‘schen Überwachungsstaat, den die Menschen als „Schutz vor Terroristen“ bereitwillig hinnehmen: Im Namen der Freiheit wird die Freiheit nun abgeschafft. Überhaupt bedient sich die Politik wieder des Angstmachens: Mit den Schlagworten „too big, to fail“ bzw. „Systemrelevanz“ zwingt man die Bürger in jedes noch so unsinnige politische Vorhaben, Rettungsprogramm oder in die Schuldenunion.

Die Angst unserer Tage ist aber auf eigentümliche Weise gefahrvoller als früher: Denn mit dem äußeren Erfolg Europas nach dem Zweiten Weltkrieg ging ein tiefe geistige Krise einher. Nihilistische Sozialutopien – wie diejenige von der befreiten Gesellschaft –, falsch verstandene Toleranz und ein einseitiges Geschichtsbild führten zu einem „Sich-selbst-nicht-mehr-mögen“ der Europäer, einer pathologischen Absage an das Eigene und zu einer inneren Leere, die gerade in der nicht-europäischen Welt wie in Asien den Eindruck erweckt, dass unsere Wertewelt bereits abgetreten ist. Was geistig in Europa – neben einem großen geschichtlichen Rahmen und bodenloser Wohlfühl-Ethik – real existiert, ist Materialismus. Sonst nichts. Auch wenn er im modernen Kleid der befreiten Gesellschaft daherkommt. Und je materialistischer die Menschen sind, desto auswegloser wird ihre Angst und ihre Abhängigkeit vom bequemen Leben: Denn ist man Materialist durch und durch, glaubt man also in letzter Konsequenz, dass, wenn dieses Leben vorbei ist, alles zu Ende sei, dann wird jede (Be-)Drohung ganz schnell existentiell. Man hat ja nichts anderes mehr als das eigene „Hiersein“ und das soll möglichst komfortabel sein und bleiben. Man wird sehr leicht erpressbar.

Fasst man hingegen das Leben geistig-seelisch – „transzendent“ – auf, dann gibt es Punkte, an denen der Mensch durch keine Macht der Erde mehr eingeschüchtert werden kann. Nur schon der Glaube an das, was unvergänglich ist, wird zum „Sieg der Idee über die Materie“. Es formt sich eine Einstellung, die im Menschen das Gefühl reifen lässt, jeder Situation gewachsen zu sein. Es verwundert nicht, dass in vielen Diktaturen schon die bloße Verwendung des Wortes „Transzendenz“ verboten war. Und es verwundert auch nicht, dass „der Mut“ sehr vielen in unserer materialistischen Welt als vernachlässigbare Sekundärtugend gilt; was eine ganz besondere Dummheit ist.

Meine hier chronologisch wiedergegebenen Kolumnen aus der Krone Bunt samt den bislang nicht publizierten Vorträgen „Der gläserne Mensch“ und „Regulierungswahn“ sollen ein bescheidener Beitrag zu einer unzeitgemäßen Haltung sein.

Wien, im August 2015

Der Verfasser

Offen gesagt

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