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GOTT IST DIE KRISE
ОглавлениеDas Menschenbild auf Grundlage der Überlieferungen der drei judaistisch prophetisch monotheistischen Religionen gaukelt mit Wörtern vor, der Mensch sei geschaffen als Gottes Ebenbild. Solchem Gedanken folgt die kindlich naive Annahme, seiner äußeren Erscheinung nach und nach seinen Eigenschaften gleiche der Mensch GOTT, der sich wiederum nur durch Allmacht und Allwissenheit vom Menschen unterscheide. So nimmt es nicht wunder, daß entgegen wörtlicher Weisung, deren Ursprung und Offenbarung Gott, so es ihn gibt, zugeschrieben wird, Menschen diesen Gott als ein menschliches Wesen, als gütigen, milden, verklärten, bärtigen Großvater darstellen und hierin bereits einen ersten grundlegenden Fehler begehen: Alle bildliche Darstellung der Monotheisten zeigt GOTT als physische männliche Person. Zu allem Überfluß zeigt die bildliche Darstellung diesen Mann-Gott in den unterschiedlichen Kulturkreisen in spezieller Zugehörigkeit zur jeweiligen Volksgruppe, behaftet mit jeweils deren physischen Unterscheidungsmerkmalen nach Gattung.
- Grundsätzlich ließe sich solcher Darstellung Rassismus unterstellen. -
Wie kann GOTT, der Menschen nach SEINEM Bilde schuf, maskulin sein, schuf er doch nach eben gleicher Überlieferung und gleichem Bild auch das weibliche Menschenwesen. Die Frau, Schöpfungsakt aus und nach Gottes Bild!? Wie kann Gott afrikanischer, asiatischer, europäischer, südamerikanischer Gestalt, Wesen einer Ethnie sein, beruht doch die Entstehung der Arten und aller daraus abgeleiteten ‘Rassen’ auf einem einzigen Schöpfungsakt vor rund 5.777 Jahren, glaubt man dem monotheistischen Urtext der Bibel und darin und darauf gründender judaistischer Zeitrechnung. Nach Gotthold Ephraim Lessing: Die Natur weiß nichts von dem verhaßten Unterschiede, den die Menschen unter sich gesetzt haben. Wenn schon die Natur nichts davon weiß, wie soll es Gott dann wissen? Selbst Darwins Auffassung entwicklungsgeschichtlicher Entstehung der Arten führt im Kern auf einen einzigen, allen gemeinsamen Ursprung zurück. Humangenetik scheint aus DNA-Strukturen abstammungsgeschichtlich einen allen Menschen gemeinsamen Ursprung zu bestätigen, der Evolutionstheorie Darwins zuzustimmen. Sollte nicht alle Deutung der überlieferten Schrift in jenem besonderen Schöpfungszitat nicht mehr und nicht weniger transportieren, als daß jener Gott, so es IHN gibt, die Menschen nach jenem Bilde erschaffen habe, welches ER sich von ihm, den Menschen macht, nach seiner Vorstellung und Einbildung zu Mann und Frau schuf, bis in die vielgestaltige Unterscheidung innerhalb kontinentaler Lebensräume sich entwickeln läßt, Menschen IHM und untereinander sich darin und grundsätzlich in nichts gleichen?! Statt dessen diktieren Menschen GOTT das physische und psychische Bild zu, welches sie sich von IHM machen. Fraglich ist, ob zu solchem Denken die Glaubenszumutung der biblischen Schöpfungsgeschichte, wie sie in der Genesis vor uns steht, so dringend erforderlich war. Bis zu jenem Jahre Null der zu glaubenden Welterschaffung lebte nichtjüdische Restwelt ohne solchen Glauben. Nichtjüdische Restwelt kommt auch heute ohne den Mythos und den Glauben daran aus, einmal abgesehen von Christen und Moslems. Doch sind auch letztere zuerst, zuletzt und ausdrücklich unter Berufung auf das alte Testament Teil jüdischer Welt.
Wo GOTT nicht und nie dem Bild entspricht, welches Menschen sich von ihm machen, glauben, es sich von IHM machen zu können, ist Gott die Krise … des im Judenglauben verwurzelten, monotheistisch gläubigen Menschen! Über diese Krise hinaus hat Gott viele Namen.
Unter jeweiligem Gottesnamen ist eine jeweilige Gruppe von Menschen mit Religion beschäftigt, ohne daß sie diese Religion im eigentlichen Sinne willentlich gewählt hätten, ohne aber auch zu wissen, ob ER sie für sie erwählt hat. Nur eine andere Form der Krise unter dem Signet einer jeden Religion und des IHM von ihr zugemessenen Gottesnamen nebst Eigenschaften. Glaube und Unglaube unterscheiden sich, wie schon Al-Hadsch anmerkt, im Hinblick auf den Namen; aber im Hinblick auf die Wirklichkeit gibt es keinen Unterschied zwischen ihnen. Entsprechend sind Judentum, Islam, Christentum und andere Religionen nur verschiedene Beinamen und unterschiedliche Benennungen; das damit Bezweckte aber ändert sich nicht, ist nicht verschieden.
Absolute Unfähigkeit des Menschen, GOTT zu denken, nicht zuletzt dokumentiert in aller bildlichen Darstellung bis hin zum Gekreuzigten, nimmt zugleich dem Menschen die Beziehungsmöglichkeit zu einem persönlichen und/oder ideellen, zu einem erfahrbaren Gott. An Wahrnehmung mit Sinnen, Erfahrung, Begegnung, Emotion und bedingt metaphysische, nicht verifizierbare Erscheinung gebundene geistige Welt des Menschen vermag die Barriere zu einem abstrakten Gottwesen weder rational noch emotional noch spirituell zu überwinden. Über allerlei phantastische Glaubensvorstellung versucht der Mensch die emphatische Idee eines Gottes zu erhalten, zu unterhalten. In scheinbar dialektischer Auseinandersetzung wird mit den Gesetzen der Logik unternommen, Geglaubtes als Seiendes zu identifizieren, zu verifizieren, ein Paradoxon jeder Glaubenslogik. Auf diesem Wege verselbständigt sich Sinngehalt des Wortes, wird über Logik gestellt, führt zum immer wieder erneuten und erneuerten Zirkelschluß. Erst Phantasie des Menschen gebiert GOTT in einer gedanklichen, in einer körperlichen, anthropomorphen, in darstellbarer Form. Damit ist jede als gültig angenommene bildlich/figürliche Darstellung Gottes Phantasiegeburt, Trugbild, Goetze, rein virtueller Gegenstand einer nicht erfahrbaren, unsichtbaren, nicht verifizierbaren Personalisierung. Aus Darstellungsunmöglichkeit heraus folgt Beziehungsunmöglichkeit. Unmöglichkeit persönlicher Begegnung drängt das erdachte Bild Gottes trotz und gegen Glauben zurück, bleibt dem Gläubigen mithin jede Form Gottes verborgen, bleibt Erkenntnis versagt. Folgt Glaube Gott konsequent im Darstellungsverbot für GOTT, verliert die abstrakte Vorstellung jede Visualisierungsvariante. Indem Gott so mit keinem der menschlichen Sinne wahrnehmbar, auch nicht kraft Phantasie gestaltbar wird, bleibt ER unvorstellbar. Wo es dem Menschen an Vorstellungskraft über Gott gebricht, wird GOTT undenkbar, ist Schweigen Gebot; und doch setzt Glaube explizit solche Denkbarkeit voraus, liefert Denken dem Mystischen aus. Zu dem einen GOTT und/oder jeden anderen Gottheiten fehlt es damit an jeder mit Sinnen wahrnehmbaren, visualisierbaren oder vorstellbaren Personalisierung, auch jeder ideellen Vorstellbarkeit, virtuellen Personalisierung. Selbst Glaube steht in Frage.
Glaubenslehre der alttestamentarisch judaistischen Monotheisten, auch und besonders der Christen, versucht, die Krise auszublenden, das Dilemma zu überwinden in vielfacher Hilfskonstruktion von Gottesbeweisen in Anlehnung und Benutzung dialektischer Argumentationstechniken, welche nach infinitem Regreß im Dogma oder im Zirkelschluß enden. Selbst hier aber besteht für die Theorien zu Existenz, Aufgabe und Funktion Gottes und seiner Stellung zum Menschen innerhalb der Glaubensgemeinschaften und ihrer jeweiligen Glaubenslehre untereinander nicht nur keine grundsätzliche Übereinstimmung, sondern in vielerlei Hinsicht absoluter Dissens. – Ließen sich diese Unstimmigkeiten nicht als überzeugender empirischer Beweis für die Unmöglichkeit anführen, GOTT zu denken?! – GOTT bleibt so jedenfalls die Krise vor allem des glaubenden Menschen, des Gläubigen, der nicht weiß, was er IHM an Gestalt, Eigenschaften, Fähigkeiten und Erscheinung zuordnen könnte, voraussetzen darf, ergo nicht wissen kann, was ihm in Bezug auf GOTT zukommt und von IHM zukommen könnte, ihn sich nur selbst erfinden kann, stets neu erfinden muß, der Gott von heute nicht der von gestern, nicht der von morgen ist. Ausweglosigkeit des Gedankens, manifestiert durch die an seinem Ende erkannte Aporie, erfährt ihre nur scheinbare Auflösung gleich dem gordischen Knoten in Glaubenssätzen, deren konsequente Weiterführung in erneuter Aporie, über Erkenntnisunfähigkeit hinaus in eine Handlungsunfähigkeit endende Ungewißheit überführt. Aus solcher Ungewißheit nähren sich Angstpotentiale, generieren einen Circulus vitiosus immer neuer aporetischer Diskurse, deren scheinbare Überwindung Dogmata gebiert, eigentlich der Diskurs jedoch nur an beliebig gewählter Stelle beendet, willkürlich abgebrochen wird.
Umgang des Menschen mit solcherlei Art Ungewißheit trägt nicht zur Überwindung der Krise bei, sondern verschärft sie, gerinnt zu kristallinen Angstgefügen. Suche nach GOTT, dem unbekannten, undenkbaren Wesen, verleitet den besonders diesbezüglich assoziativ denkenden Menschen einerseits zu einer intellektuellen Grenzziehung hier GOTT, da Mensch, sucht im Anlegen immer neuer Parallelen zur definierten Grenze sich seinem GOTT anzunähern, die Grenze in Richtung Gott zu verschieben, was zwangsläufig aus der Annäherungsunmöglichkeit zur Umkehr führt, wird doch nun GOTT dem Menschen und seinem Denken durch den Suchenden angenähert. Ein als universell gedachter Gott wird darin zu einer persönlichen, individuellen, auf das Einzelindividuum gerichteten Gottheit. So vom Menschen erdachter Gott vermag scheinbar den Sucher mit der Begegnungsunmöglichkeit zu versöhnen, insbesondere durch Vertröstung auf Begegnen jenseits biologischer, irdischer, physischer, materieller Existenz, vermag jedoch die Krise real nicht aufzuheben, verliert GOTT zugleich seine allumfassende Allgemeinverbindlichkeit, wird zum persönlichen Götzen. Unversehens wird der Mensch zum Maß aller Dinge irdischen Seins, zur fleischgewordenen Existenz jener Homo Mensura vom Menschen als Krone der Schöpfung. Letztendlich verschärft sich darin die Krise, steigert sie zur Hinwendung an das Götzenbild, nicht allein mit allerlei kultischen Verehrungsritualen, sondern mit animalischer Emphase bis in eine hündische Ergebenheit und Hingabe an den Götzen. In psychischer Übersteigerung gelangt der Glaubende unter Umständen so zu einem als ‘wirklich’ wahrgenommenen, nur scheinbar transzendenten Gotteserlebnis, aus persönlicher Gedankenwelt projiziertes Trugbild. Unüberwindbare Grenzlinie zwischen dem Denkbaren und dem Undenkbaren, letzteres Gott, verkehrt Glaubensabsicht in ihr Gegenteil, indem der Versuch der Grenzüberschreitung zur Annäherung an Gott in Mißachtung der Grenzlinie Gott lästert. Was als devoter Annäherungsversuch beginnt, endet als unredliche, arrogante, dreist plumpe Anbiederung, erklärt Trug für Wirklichkeit.
Theologie setzt zur Gewinnung der Erkenntnis über Gott auf Schrift, in der das von Gott geoffenbarte Wort festgehalten sei. Theosophie setzt zum gleichen Zweck auf spirituelle, Offenbarung genannte Erfahrung. Die von Theologen verwendete Schrift, so Theologen davon ausgehen, sie sei von Gott geoffenbart, dokumentiert spirituelle Erfahrung des Menschen. Von Theosophen dokumentierte spirituelle Erfahrung des Menschen, so sie davon ausgehen, sie sei Offenbarung Gottes, wird verschriftet. Eines steht für das andere. Keine der beiden Herangehensweisen steht für empirische Verifizierung, erst recht nicht für Falsifizierung. Unerheblich ist, ob aus spiritueller Erfahrung gewonnene Erkenntnisse des Menschen geoffenbart, die in Offenbarung gewonnenen Erkenntnisse verschriftet sind, ist Schrift als solche doch allgemeinverständlicher Ausdruck des Denkens in Begriffen und Umsetzung der Begrifflichkeiten in rekapitulierbare visuelle Zeichen. Weder Offenbarung noch nach ihr gefertigte Schrift lassen sich aus dem Metaphysischen herauslösen, über das Wesen und Wesentliche des Mensche erheben. Was Theologie nach rückwärts aus Schrift aufzuhellen versucht, beleuchtet Theosophie nach vorwärts gerichtet, hält es schriftlich fest. Schriftlichem Niederlegen der Gedanken geht stoffbedingtes Denken, vorrational unbewußte Auseinandersetzung voran. Theologie und Theosophie wagen sich somit über kosmologische Dimension hinaus, setzen gedachte Anderwelten voraus, deren virtuelle Existenz denkbar, deren Realität undenkbar ist, deren materiell physische Existenz unbeweisbar bleibt, die Beweisbarkeit an und in Unendlichkeit des Raumes scheitert. Aus sich heraus sind die Stuben virtueller Welten mit Nachahmung angefüllt, gelingt es doch dem Menschen nicht, originäre Realität, Wirklichkeit im Denken und Handeln zu verlassen, bleibt alle virtuelle Vorstellung an Existenz und Denken der Wesenheit Mensch gebunden, bleibt anthropozentrisches Unterfangen. Unausweichliche Reproduktion des Menschlichen in allem Virtuellen führt in erkenntnistheoretische Aporie, welche durch Offenbarung nicht auflösbar wird, indem das Geoffenbarte in Menschendenken gefaßtes Wort und erst dann von Menschen verschriftet ist, die Schranken menschlichen Geistes darin nicht aufgehoben werden. Beschränktheit des menschlichen Geistes macht theologische und/oder theosophische Erkenntnis menschenabhängig, notwendig damit frei vom eigentlichen Göttlichen, generiert eigentlichen Atheismus. Spirituelle Hinwendung gegen und zu Gott wider besseres Wissen beziehungsweise in Hinnahme von Unwissenheit wird so möglich, offenbart zugleich Fehlbarkeit der Vernunft. Reflektion der Hinwendungserfahrung gewährt jedoch nicht Offenbarung Gottes, sondern Spiegelbild des in Hinwendung Widerfahrenen, pure Human-Reflektion. Weder Theologie noch Theosophie gelingt daher der Beweis, von ihnen als geoffenbarte Schrift erachtete Texte seien Werk Gottes. Ketzerisch ließe sich annehmen, die Begriffe Theologie und Theosophie seien austauschbare Etikette, wenn nicht gar Etikettenschwindel, Bemäntelung der Krise. Notwendig entbehren Theologie und Theosophie mithin echter Wissenschaftlichkeit und … GOTT.
Innerhalb einer Gemeinschaft von Suchenden, in einer Gemeinde von Gläubigen wirft das die Frage nach dem ‘richtigen’ Glauben für jeden einzelnen und für die Gemeinschaft auf. In Mystizismus kaschierte Gotteslästerung, die Ausblendung ihrer Wahrnehmung zwingt zur Definition des rechten Glaubens, zu Minimierung und Relativierung angemaßter Grenzverletzung. Jeder Gläubige wähnt sich rechtgläubig, beansprucht Besitz des rechten, des richtigen Glaubens, die Gemeinschaft auch. Jeder wähnt den anderen im Irrglauben, der so auch dessen jeweilige Gemeinde trifft. Was bleibt, ist die Gewißheit, keiner hat den richtigen, niemand hat den rechten Glauben. GOTT bleibt die Krise des Menschen.
Überhöhung erfährt die Krise in Institutionalisierung des Glaubens und der Forderung nach seinem Bekenntnis einschließlich des Bekenntnisses zur Institution und in seiner militanten Missionsabsicht. In Aufhebung des freien Willens verlangt Glaubensinstitut mit dem Anspruch unbedingten Gehorsams unbedingte Anerkenntnis der Unsterblichkeit der Seele, Dasein/Existenz Gottes und weiterer Dogmata. Mit dem Anerkenntniszwang und daran gebundener Bekenntnisverpflichtung verliert Wille Freiheit, wird Religion Kernelement antinomer Unfreiheit, verlangt Gehorsam, Unterwerfung, verleugnet Vernunft.
Ungeachtet solch kritischer Konstellation führt der nicht endende Versuch der Annäherung an GOTT zu einer Endlosschleife ritualisierter Kommunikationsversuche, für die sich durch Überlieferung und Fortschreibung liturgische Abfolgen einstellen, welche in einer institutionalisierten Kirche aufgehen, innerhalb derselben weiterentwickelt und bis in Feiertagskalender, Liturgie, Anbetungs- und Gebetsrituale verwaltet werden. Kirche erfährt daraus das Bewußtsein, sie sei erster, einziger und unabdingbarer Verwalter des Zugangs zu GOTT, begreift die Erkenntnisse der Gemeinde als Auftrag, solche Erkenntnis zu verbreiten, zu verkünden, ignoriert das nach Glaubensauffassung von Gott geschaffene Wesen, verneint damit die Glaubensgrundlage. Katholische Kirche zieht aus solchem Vorgang die irrige Schlußfolgerung, sie sei einzig zulässiger Weg zum Christengott, verkennt, sie ist hervorgegangen aus der freiwilligen Verbindung einzelner, gleichgesinnter Individuen untereinander. Kirche ist Folge, nicht Ursache, nicht Urheber des Glaubens. Kirche ist verwaltende Institution. Kirche ist Glaubensstillstand.
Im günstigsten Fall flüchtet sich der Gottessucher aus der Krise in den von Dritten angebotenen Glauben, will diesen als Kontaktanzeige, als Angebot an Gott verstanden wissen: Schau her, hier ist ein Mensch, der DICH sucht, der mit DIR in Verbindung treten möchte. Kirche wird hier zum Medium, zum Organ, in welchem die Kontaktanzeige öffentlich wird. Der Inserent bedient sich der Verwaltungsfunktion, nutzt das Medium Kirche als Mittler zur scheinbaren Herstellung des Kontaktes, eines direkten oder initiierten Kontaktes zu GOTT. Den kann das Medium weder herstellen, noch ersetzen, nicht den Kontakt, erst recht nicht GOTT. Kirche kann nicht einmal die Kommunikation zwischen Mensch und GOTT ersetzen, überführt die Vielzahl der Kontaktanfragen in gemeinsam vorgetragene Formulierung, läßt Individuum in liturgischer Ritualität münden, dekretiert Form, bis Form Inhalt ersetzt, zu Formalismus erstarrt. Allenfalls könnte Kirche über reine Administration hinaus für das Gespräch vermittelnd helfen, Aufgehobenheit in der Gemeinde, der Gemeinde Raum, Tempel, Kirchengebäude, Gebetshaus zur Anrufung Gottes anbieten; auch hier nicht aus sich heraus, sondern kraft der von der Gemeinde erbrachten materiellen Leistungen und des von ihr verliehenen Amtes. Der Versammlungsraum der Gläubigen, versehen mit der Bezeichnung Gotteshaus, erhält diese Bezeichnung durch Versehen der Gläubigen. In Erwartung, ein Gasthaus nach dem ‘Geschmack’ Gottes errichtet zu haben, wollen Gläubige annehmen, Gott sei der Wirt, lassen sich vom Kellner, vom sogenannten Priester abspeisen, zahlen Kirchenbesucher die Zeche und bekommen den Wirt nicht zu Gesicht, außer im Spiegel, in welchen gläubige Gäste gelegentlich und keineswegs uneitel blicken, darin nur Physis, das Menschliche gespiegelt finden, Gott im Gotteshaus nur des Menschen Gusto findet. Streift nicht der Herbergsvater, einem guten Gastwirt gleich, durch den Speisesaal, sich seinen Gästen zu zeigen, sie zu begrüßen, sich ihrer Zufriedenheit und ihres Wohlwollens zu versichern? Das Personal legt Beschwerdebücher für die Gäste aus, und nicht einmal die Kirchenangestellten nehmen sich unmittelbar der verzeichneten Beschwerden an. Gleich einem von Legislative verhängten Kontaktsperregebot wacht Kirche eifernd darüber, jeden persönlichen Kontakt zur höchsten Instanz zu verhindern, gestaltet verwalteten Instanzenweg. Ehe ein Kontakt zwischen Suchendem und GOTT nicht hergestellt ist, bleibt Gott die Krise des Menschen, damit der Kirche sowieso, verfügt diese doch ausschließlich über Verbindungen abwärts in die Gemeinde, nicht über solche aufwärts zu Gott.
GOTT bleibt Krise auch der Kirche, weil sie einerseits nur aus der Gemeinschaft der Glaubenden hervorgegangene Institution, andererseits nicht selbst Suchender und letztlich nicht Sachwalter Gottes ist, sondern ausdrücklich und ausschließlich Interessen des Menschen formuliert und wahrnimmt, Gemeinschaft der Gläubigen darstellt. Wie könnte Kirche wohl die Interessen GOTTES wahrnehmen? Weder Liturgie, noch Exegese, weder Regularien noch Katechese bringen das Institut Kirche näher oder nur auf den Weg zu GOTT. Christliche Kirche zieht zudem aus der hierarchischen scheinbaren Ordnung des dienstverpflichteten Zwölfergremiums der Apostel selbst noch nach 2000 Jahren konstituierten Beherrschungsanspruch gegenüber der Gemeinde, obwohl mit dem für kurzfristig angenommenen Weltende und Jüngsten Gericht die Institution nicht für ein Überdauern über die Apostelgeneration hinaus konstituiert ist. Nicht aber Herrschaft war und ist ihr Auftrag, sondern Dienst und Verkündung. Nicht Einsetzung als Oberhäupter und Kontrollorgan über die Gemeinschaft der Gläubigen ist Wesen des apostolischen Auftrages, so er angenommen werden darf, sondern Mitteilung der Botschaft. Boten sind Diener, Knechte ihres Herrn, nicht Herrscher über sein Volk. In Inquisition und Ohrenbeichte unter Vorgabe eines ubiquitären, allwissenden Gottes raubt Kirche Privatsphäre, verliert der Glaubende durch Kirche das Recht auf Unverletzlichkeit der Persönlichkeit, setzt Kirch gegen die angeblich frohe Botschaft Angstpotentiale, gleicht darin vollständig dem Faschismus.
Khalil Gibran, Dichter und Literat, Libanese arabischer Herkunft, kosmopolitischer Pendler zwischen westlicher Wertegesellschaft europäisch-angloamerikanischen Anspruchs und arabischer Gesellschaft, zugleich gläubiger Christ, glaubt zu wissen und schreibt: Und Gott ist das Gewissen der vernünftigen Welt. Eine gewaltige, eine gewagte These angesichts einer vergleichsweise gewissenlosen, von vorgeblichen Glaubenswissern dominierten Welt gewissenloser Gesellschaften im besinnungslosen Strudel der Unvernunft.
Wo Sprachphilosophie à la Bertrand Russel/Ludwig Wittgenstein das Buchstäbliche des Wortes über den Inhalt, Sinn über Wahrheit stellt, sich von Philosophie und ihrem Wesen abwendet, bedeutet Hinwendung zu Glaubensinhalten weder Freundschaft zum Wissen, noch Liebe zur Wahrheit, schon gar nicht Wahrheitsliebe.
Sprache als Ausdrucksmittel auch des Denkens beschreibt im Idiom des Deutschen gegenüber der zu Unrecht gelobten angelsächsischen Sprachkargheit bis in die Herkunft der Wörter hinein eine logisch nachvollziehbare Gedankenkette in knapper Reflektion. Entsprechend umfaßt das Wort Gewissen den Gedanken, etwas vor dem Tun ge-wußt zu haben und zu wissen. Sprachgebrauch hat diesem Begriff eine Wertigkeit dahingehend beigegeben, daß Handlungen im Einklang mit dem Gewußten, also wissenskonformes Handeln Regelmaß sind, ein Maß, welches bei Beachtung der Regel nicht erwähnenswert scheint, immer dann aber Bedeutung erlangt, handelt ein vernunftbegabtes Wesen wissentlich, ‘bewußt’ gegen sein Wissen und/oder dessen Maß, gegen Gewußtes.
Gewissen setzt damit dreierlei voraus: ‘unfehlbare’ Vernunft, Erkenntnis, Wissen. Erst aus mit den Mitteln der Vernunft erkennend gewonnenem ‘richtigen’ Wissen unter im Erkennen Ausschluß des dem Wissen Widersprechenden folgt freie willentliche Entscheidung zum Handeln für oder gegen Gewußtes, was Be-wußtsein, Vergegenwärtigung des Wissens für die betreffende Handlung voraussetzt. Zweifellos aber läßt sich nicht und nie der Vernunftirrtum ausschließen.
Wäre nun Gott das Gewissen der vernünftigen Welt, setzte dies vernünftiges Handeln aller vernunftbegabten Wesen – Gott eingeschlossen – ebenso voraus, wie eine vollkommene Welt. Andernfalls, also dort, wo Welt nach den Maßstäben der Vernunft unvollkommen zu sein scheint, hätte Gott gegen Vernunft, gegen Gewußtes, gegen ein wie auch immer geartetes Wissen gehandelt. Solches behaupten zu wollen, setzt besonders den Gläubigen zwangsläufig dem Vorwurf der Blasphemie aus, stellte er doch seinen ‘unfehlbar’ geglaubten Gott auf eine Stufe mit dem fehlbaren Menschen. Nicht zuletzt gelangt der Glaubende damit an die Frage der Theodizee, bleibt ohne Antwort, erlebt ein Mal mehr GOTT als Krise.
Die beste aller Welten, so sie als kosmologisches Ganzes, der Blaue Planet Erde als Teil im Kosmos gesehen wird, ist schon deshalb DIE beste aller Welten, weil es zu ihr keine alternative, keine denkbare Anderwelt gibt, sie nicht nur einzigartige, sondern einzige Welt ist. Über Unendlichkeit des Raumes hinaus sich getrennte Welten vorstellen, sie in Himmel und Hölle einteilen zu wollen, abgesehen davon, daß in solcher separierenden Vorstellung dem unendlichen Raum zweierlei Begrenzung widerfährt, mag als Pons asino, als Eselsbrücke der bildhaften Vorstellungswelt kindlichen Glaubens hinnehmbar sein, widerspricht zugleich Vernunft, Erkenntnis und Wissen. Alleine schon deswegen müßte besonders der Gläubige ein fortwährend schlechtes Gewissen haben, glaubt er doch wider besseres Wissen.
Heftig ließe sich darüber streiten, ob die Benutzung der Eselsbrücke nur Eseln gestattet ist, Eseln mit dauerhaft schlechtem Gewissen. Fehlt dem Gläubigen andererseits das ständige schlechte Gewissen über und wegen Glauben, bedeutet dies im Umkehrschluß, er müsse unwissend, wenn nicht gar dumm sein, Glaube gründe, könne nur in Unwissenheit gründen. - Gut möglich, das katholische Rom weiß das, verfügt über speziell diese Erkenntnis, und ihm bleibt zur Selbstrechtfertigung und zur Selbstrettung, quasi als Autoimmunreaktion keine andere Möglichkeit, als Aufklärung und Wissenschaft vehement abzulehnen. Vieles spricht dafür, genau das tue Rom! Jene Versuche eines Joseph Ratzinger oder Hans Küng, Wissenschaft heute mit der Bibel von vorgestern in Kongruenz bringen zu wollen, können darüber nicht hinwegtäuschen. -
Als eine vernünftige setzt der Dichter Khalil Gibran seine/unsere Welt voraus, übersieht vorsätzlich den Ursprung aller Unvernunft, verschweigt darin GOTT, jenen zugleich Schöpfer auch der Unvernunft. In welcher Weise über den Homo sapiens hinaus andere Wesen ‘vernunftbegabt’ sein mögen, vermag Wissenschaft nach derzeitigem Erkenntnisstand nicht zweifelsfrei zu entschlüsseln. Wäre nun das übergeordnete Wesen, wäre GOTT ein mit Gewissen ausgestattetes Wesen, setzt das nicht nur die Befähigung des göttlichen Wesens zum Handeln wider besseres Wissen, sondern die gegen besseres Wissen gerichtete Handlung selbst voraus. – Berichten der Torah und des Alten Testaments nach handelt GOTT in Bezug auf Luzifer/Hölle, Adam – Lilith – Eva, Paradies/Volk Israel wider besseres Wissen, nach Neuem Testament der Christen durch Jesus bis in dessen Auswahl der zwölf Apostel und der Hinnahme des Kreuzestodes. – Im Handeln wider besseres Wissen, und GOTT ist nach landläufiger Auffassung allwissend(!), in solchem Tun verlöre die geglaubte Gottheit alles Göttliche, würde ihrer Unfehlbarkeit beraubt. Nichts anderes spiegelt sich im Höllensturz gefallener Engel, im Sündenfall des Paradieses, im Schicksal des Volkes Israel, im Kreuztod Jesu, im Wirken Mohammeds, im Fortwirken päpstlicher Anmaßung. All diese Schilderungen „bezeugen“, ein allwissender Gott, so es ihn gibt, müsse wider besseres Wissen Engeln, den Menschen, seinem Sohn und dem Propheten und christlichen Glaubensverkündern die Wahl zwischen Gut und Böse gelassen haben, obwohl er gewußt hat und nach den ihm zudiktierten Eigenschaften hätte wissen müssen, die Wesen werden gegen besseres Wissen handeln, gegen ihr Gewissen, werden alle von GOTT in sie gesetzten Erwartungen und Hoffnungen enttäuschen, was der Allwissende zuvor weiß. Mithin enttäuscht GOTT sich selbst, täuscht die - seine - Schöpfung über Verantwortung und Verantwortlichkeit, stellt sich die Frage der Theodizee gleichwohl nicht. Gott wird so zur besonderen Krise des glaubenden Menschen, des Gläubigen. Ist Gott unschuldig, wird er als Schöpfer des Himmels in der Erschaffung der Hölle und der Erde, des Menschen schuldig. Doppelt schuldig wird er, indem er all seine Schöpfung, all seine Geschöpfe sich selbst und selbstzerstörerisch überläßt. Ist GOTT also das personifizierte ‘schlechte Gewissen’?
In „Kaspar Hauser“ gilt für Jakob Wassermann: ... unschuldig ist nur Gott. Khalil Gibrans These, Gott sei das Gewissen der vernünftigen Welt, widerfahren daraus zwei Konsequenzen: Der geglaubte Gott wäre zuerst ein Gott des schlechten Gewissens, ist IHM selbst doch nach ihm unterstellten Eigenschaften Handeln wider Wissen zueigen. Darüber hinaus wird zuletzt Welt an sich ihrerseits Produkt wider besseres Wissen, ergo unvernünftig. - Als letzteres stellt sie sich uns allerdings auch fortwährend dar, soweit sie den von Menschen besiedelten und erkundbaren Raum umfaßt. - Gefälliger, weil logischer erscheint die These, das Gewissen sei ein spezifischer Bewußtheitszustand des vernunftbegabten Menschen zur Gestaltung und Erhaltung eines/seines Lebensraumes nach freiem Willen innerhalb eines Kosmos, Welt genannt. Gott selbst und Gewissen aber sind einander aus dem gewissensinhärenten Dualismus zwischen Gut und Böse unvereinbarer Gegensatz.
Nicht selten läßt sich unsere Welt als eine unvernünftige wahrnehmen, eine Welt, in der an Gewissen Mangel, ein gutes Gewissen Mangelware ist. Vernunftbegabung und Erkenntnisfähigkeit ermöglichen bewußtes Handeln in Übereinstimmung mit unserem Wissen. Taten wider besseres Wissen, gegen Ge-wußtes sind jene Mechanismen, die das Gewissen ins Bewußtsein rufen, es als schlechtes Gewissen dastehen und bewußt werden lassen. All dies Tun jedoch ist Menschenwerk. Gewissen ist weder Eigenschaft noch Wesen Gottes, sondern bestimmender, wertehaltiger Handlungsfaktor des Menschen, emotionaler Zustand nach vollbrachter Handlung. Auf diesem Wege gelangt das Individuum zur freien Selbstbestimmung und innerhalb der Welt und ihrer Vergesellschaftung zwangsläufig zur Goldenen Regel, vorausgesetzt, der Mensch gibt der Vernunft den Vorzug. Regelmäßig gelangt der Mensch bei Verletzung dieser Regel zu einem schlechten Gewissen, welches er regelmäßig verdrängt. Nicht Gott ist das Gewissen, sondern dem Menschen ist Vernunft gegeben, ein solches zu entwickeln, zu pflegen. Der Verdacht, pfleglicher Umgang mit solchem Wissen könne gottgefällig sein, mag einem guten Gewissen förderlich sein, ersetzt keinerlei Entscheidung, macht keine Tat, macht nichts ungeschehen. Der Aspekt göttlicher Allwissenheit, nur einer der Aspekte, nur ein anderer Aspekt Gottes, trägt in sich als verpflichtende Ansicht über Gott das Gebot der Liebe des Menschen zu sich selbst und untereinander.
Fehlt in einer Welt vernunftbegabter Wesen Vernunft, schafft Menschheit wider besseres Wissen eine unvernünftige Welt, fehlt ihr bis zur Selbstverleugnung Gewissen, läßt das annehmen, in ihr fehle Anwesenheit Gottes, zumindest, wenn er existiert. Existiert er, fehlt Gott gleichwohl, und mit ihm fehlt Liebe, auch die seine zu den Menschen. Die Frage seiner Omnipräsenz, Ubiquität, zugleich Machtfrage und Erkenntnissuche, wirft die Frage nach einem Gegenspieler Gottes auf, da sinnentleerte Hemisphäre unter gleichzeitiger Annahme Gottes in den Denkkategorien des Menschen einander widersprechen. Überantwortung weg von jeder Verantwortlichkeit des Menschen und des im Menschen und menschlichen Denken angelegten Dualismus hin zu Gott zur Entscheidung, Fortsetzung des Menschengedanken kreiert Machtauseinandersetzung, Kampf, wobei gottähnliche Wesen, Engel gegen Gott rebellieren, Gott den Kampf für sich entscheidet, dem Widersacher trotz Verbannung Macht zugesteht, den Dualismus zuläßt, die von Menschen belebte Sphäre damit in Gut und Böse, in eine vernünftige und in eine unvernünftige Welt zerfällt. All dies denkt der Mensch und denkt es sich aus. Mit jedem gedachten Höllensturz, mit jeder Seele im Fegefeuer stürzt Gott in die Krise, wird zum unvollkommensten aller denkbaren Wesen.
Mit Denkkategorien des vernunftbegabten Menschen ist dieser Widerspruch im menschlichen Gedankengebäude weder auflösbar, noch bringt es den Menschen im Denken näher an und zu Gott. Einkleidung des Gedankenkonstruktes in Religion, seine fundamentale Verfestigung in Glaubensgrundsätze errichtet konfessionelle Strukturen unterschiedlichster Ausprägungen mit absolutem Wahrheitsanspruch, denen das Wesentliche fehlt: absolute Wahrheit! Unmöglichkeit der Verifizierung dogmatischer Glaubenstheorie, wider besseres Wissen behauptete Wahrheit ist quasi natürlicher Streitanlaß für die Auseinandersetzung zwischen Gläubigen und Ungläubigen als auch der unterschiedlichen Konfessionen untereinander. Krise, die Unvorstellbarkeit eines Gottes, an dessen Existenz der Mensch zugleich glaubt, ist mithin Wesensmerkmal des Menschen, zugleich Eigenschaft Gottes. Darin wird Glaube des Menschen an Gottheit Anlaß und Rechtfertigung für Unfrieden, kollidiert mit dem Gottesgebot Du sollst nicht töten. Gott ist mithin in auch seinen Geboten Krise der Menschheit.
Hier aufscheinender Aspekt Gottes ist jene Eselsbrücke, wie alle übrigen Aspekte auch, die Glauben erleichtert, ermöglicht, ohne den Abgrund der Gottesferne, ohne die Kluft der Gottundenkbarkeit überbrücken zu können. All die Aspekte zusammen ergeben ein virtuoses Bild dessen, von dem der Mensch sich kein Bild machen kann, kein Bild machen darf. Gewaltige Akkorde und Harmonien täuschen nicht darüber hinweg, die Lobpreisung gilt Gott, dem unbekannten Wesen, ist plumpe Anbiederung, bringt den Menschen nicht näher zu Gott, sucht Gott näher an den Menschen heranzuziehen, IHN herabzuziehen, menschenähnlich zu machen, ist Ausdruck der Krise. Glaube ist der lauteste, der deutlichste Beweis der Krise.
Abgesehen davon, daß ein Darstellungsverbot zusammen mit Darstellungsunmöglichkeit in den bildenden Künsten religionsübergreifend längst marginalisiert, Relikt vorzivilisatorischen Kunstverständnisses bildet, Gottesabbilder im Christentum heute nahezu Regel sind, umgeht auch Sprache in ihrer Vielfältigkeit Verbot und Unmöglichkeit, gibt verbal dem Göttlichen Gestalt, schöpft aus menschlicher Erfahrungswelt, gleitet in Anthropomorphismen, kleidet Gott in das Gewand des gütigen Vaters oder zornigen Rächers samt aller dazwischen liegenden Schattierungen. Von Sprache und Kunst gemeinsam geprägte Bilder sind ihrem Grunde und ihrer Gestalt nach Menschenbilder. Wie könnte ein Abbild des Menschen GOTT spiegeln, ihn sichtbar machen?
Wo kein qualifizierbarer und/oder verifizierbarer Beweis Gottes, wird Glaube Zufluchtausweg des zweifelnden Menschen. Aufhebung der Zweifel mag mit und im Glauben einen schlichten, in Glaubensfragen narzißtischen Menschen zeitweilig oder auf Dauer von Zweifeln befreien, wird aber bereits den im Glauben angelegten Aspekten Gottes, zum Beispiel Nächstenliebe und Gewissen, nicht gerecht, produziert das Bild des letztlich nur Selbstgerechten, der im übrigen Verantwortlichkeit delegiert, an Gott weiterreicht. Den übrigen Gläubigen bleibt der Kampf mit und um ihren Glauben, welcher keineswegs Kampf mit Gott ist, sondern jene Auseinandersetzung, die im Islam Djihad, heiliger Krieg heißt und die Auseinandersetzung des Menschen mit der Krise, mit seiner Krise, mit seinem Gott kennzeichnet. Die mannigfachen Aspekte des geglaubten Gottes gerade sind es, welche einerseits Zweifel an seiner Existenz begründen, anderseits in den Werken, in den Taten, vor allem in den Untaten des Menschen, nicht und nie in den Werken Gottes(!), sowohl die Aspekte in Frage stellen, als auch die Frage nach der Verantwortlichkeit aufwerfen. Hier trifft der zweifelnde Gläubige auf den vom Glauben Überzeugten, und beide zusammen und jeder für sich sucht zur Beantwortung der Gewissensfrage die Verantwortung bei GOTT.
Immanuel Kants delphische Forderung Erkenne dich selbst umfaßt weit mehr als bloße Selbsterkenntnis. Sie beinhaltet über Selbsterkenntnis hinaus Anerkenntnis der Eigenschaften und Fähigkeiten im Guten wie im Bösen, umfaßt das Bekenntnis zu sich selbst einschließlich aller Fehlbarkeit, die sich noch und aus sich heraus auch auf Selbsterkenntnis erstreckt. Solcher Umgang mit der persönlichen Innenwelt macht unmißverständlich deutlich, Glaube, der Gedanke an Gott im hergebrachten Sinne ist ein Mißverständnis, welchem nicht zuletzt der Philosoph Kant gewaltig aufsitzt. Der Homo sapiens, der Verstandesmensch ist und bleibt unfähig, ein perfektes, ein fehlerloses Wesen, einen allmächtigen, einen allwissenden Gott zu denken. Ketzerisch ließe sich anfügen, aller Gottesglaube sei Mißverständnis. Selbst wenn und wo dies zutrifft, erfüllt er dennoch eine zumindest soziale Funktion, erfährt darin seine Berechtigung. Erst seine klerikale Überzeichnung, der Hang und Drang, persönlichen Glauben allgemeinverbindlich zu machen, ihn ex Cathedra zu dekretieren, Institutionalisierung führt zur Auseinandersetzung der Glaubensauffassungen untereinander, verkehrt die sozialisierende Komponente in ihr Gegenteil, gründet, fördert, begründet Krieg, jenes Element, das mit einem Schöpfergott völlig unvereinbar ist. Die Hintertür des gerechten Krieges ist nichts als die Anmaßung, der Mensch sei gerechter als Gott, entscheide aus eigener Machtvollkommenheit über die Zulässigkeit des Tötens. Und dieser Notausgang gestattet dem Menschen Töten ohne schlechtes Gewissen, spricht den bezahlten Töter, besoldeten Waffenbenutzer, spricht den Soldaten von Tat und grundsätzlich von Sünde, von der einzigen im Sinne des Wortes Todsünde frei!
Von den drei prophetischen Religionen übernommene, Gott zugeschriebene Forderung „Du sollst nicht töten“ wird unter Berufung auf den fordernden Gott zur Tötungserlaubnis umfunktioniert, an Menschenmaßstäben gemessen, gerichtet, den Kategorien judaisch-römischen weltlichen Rechts unterworfen, mit dem Wort „soll“ in eine Kann-Vorschrift transformiert, welche begründetes Töten erlaubt, dabei unterstellt, Gott selbst gebe, erlasse solche Begründung, befreie im Aufgehobensein in einer Glaubensgemeinschaft von persönlicher Verantwortung. Wäre Gott schlechthin Gewissen der Menschheit, würde er so zum schlechten Gewissen seiner selbst und der Menschheit. Für den Menschen geht damit einher der Verrat am persönlichen Glauben und Zuweisung der Verantwortung an die geglaubte Gottheit. Der Mensch wird zur Krise Gottes. Die Sendboten Gottes aber, welche die todbringenden Waffen segnen, verraten in und mit der symbolischen Segnungshandlung einmal mehr ihren Auftrag, die Menschheit und … ihren Gott.
Eine Frau, die ihr Leben der stillen Gegnerschaft wider solche asoziale Tötungsdekadenz gewidmet hatte, versucht hatte, die Folgen der Tötungsmechanismen von den Ärmsten der Armen abzuwenden, scheiterte in dieser Arbeit einer absoluten Hinwendung zu Gott scheinbar an Gott. Sie scheitert nur scheinbar an Gott, weil ihr Ringen um sein Bild, ihr Streben, ihm zu gefallen, solches einerseits als eitles Blendwerk ihr verdeutlichte, andererseits Menschen, die menschliche Gesellschaft in ihrer Unmenschlichkeit immer wieder aufs neue ihre Vorstellung von Gott zerstörten. Wissen um die Möglichkeit, Menschen können anders handeln, als sie es immer wieder tun, aus eigenem Handeln gewonnene Erfahrung, andere Handlungsweise ist notwendig und möglich, stellt die Gewissensfrage, läßt danach suchen, warum die Menschheit aus sich heraus nicht dazu in der Lage, nicht bereit zu positivem Handeln ist, nicht fähig sein will. Die mit dieser Gewissensfrage überforderte Einzelperson richtet ihr Auskunftsersuchen an die einzig ihr noch verbliebene Instanz: GOTT. Keine Antwort! Konnte, durfte sie von dort eine Antwort erwarten?
Nicht in ihrem Zweifel liegt das Dilemma der Mutter Theresa! Ist Gewissen ein Aspekt Gottes, was nach Kategorien der Logik ausscheidet, bleibt gleichwohl einzig Liebe bestimmender, erster und letzter Aspekt Gottes. Wie kann ER dann all das Elend zulassen, gegen das sie unter ausdrücklicher Hinwendung zu IHM ein ganzes Leben zu kämpfen hat? Eine unzulässige Frage an Gott für das von Menschen angerichtete Elend! Es hilft der Ordensfrau nicht zu wissen, jener Aspekt des Gewissens ist im Sinne der Lehre ihres Glaubens Erkennungsmerkmal, welches Gott dem Menschen gegeben, der Aspekt der Liebe einziges Merkmal, welches der vernunftbegabte Mensch mit Gott teilt, sofern der Mensch guten Willens ist, Gott existiert. Diese Kennzeichen, Wesensmerkmale einer Humanitas civile, ermöglichen menschliche Gemeinschaft, nicht mit Gott, sondern der Menschen untereinander. Für die Nonne Theresa bleibt die Kluft, und beseelt vom Wunsch, den Aspekten Liebe und Gewissen zu entsprechen, findet sie in der Hinwendung zu Gott unter ausdrücklicher Berufung auf den, an welchen sie glaubt, weder die Hilfe, die ihr die Menschen einschließlich der Gemeinschaft der Gläubigen und der Kirche schulden, aber versagen, noch die Gegenliebe, die sie von Gott erwartet, nicht einmal Trost. Ihre besitzergreifende Annäherung an das Wesen ihres Gottes scheitert in deren Unzulässigkeit. Ausbleiben besonders der göttlichen Tröstung läßt die Ordensfrau an Gott verzweifeln, beschert Glaubenszweifel, läßt an der Triftigkeit des Glaubens zweifeln. Erwartungshaltung ist eigentliches Hindernis. Wo die Gemeinschaft der Menschen versagt, wo asoziale Verhaltensmuster Gemeinschaft der Menschen untereinander unterbinden, mag es logisch sein und einem Grundbedürfnis entsprechen, die Nähe zu Gott zu suchen. Seiner Gemeinschaft unmittelbar teilhaftig werden zu wollen, bleibt versagt. So nimmt auch die Ordensfrau Gott wahr als Krise. Was wird die Amtskirche, was wird der Papst, welcher auch immer, daraus machen? Gierig werden sie eine bescheidene Frau als wundertätige Heilige vereinnahmen, die so dringend der Mildtätigkeit und der Barmherzigkeit der Mutter Kirche und ihrer Anhänger benötigt hätte, ohne sie je zu erhalten. Das Wunder daran ist einzig, sie hat ihren Glauben weder aufgegeben, noch je verloren.
In letzter Konsequenz entspricht Gott in allen Einzelheiten dem jeweils persönlichen Glauben des jeweiligen Menschen, folgt darin allen persönlichen Vorstellungen, wird zum vielgestaltigen Wesen, das unbegreifbar, unfaßbar bleiben muß, ansonsten es nicht GOTT wäre. Alle Gottheiten sind nur mehr oder weniger eitle Projektionsflächen der Wünsche und Sehnsüchte des Einzelnen, der spezifisch in ’seiner’ Gottheit besonders jene Kraft sieht, die ihm persönlich zur Wunschbefriedigung und Sehnsuchtserfüllung fehlt. Bleibt die Erfüllung trotz Anrufung göttlicher Macht aus, wird Gott für Scheitern verantwortlich gemacht. Eine scheinbar unausweichliche Konsequenz menschlicher Logik, die unausweichlich, direkt und erneut in die Krise führt. Die Krise heißt … GOTT, mündet in Schicksal.
Mit dem Versuch der Positionsbestimmung innerhalb dessen, was als Welt, Natur, Schöpfung begriffen wird, beginnt das Dilemma des Menschen. Auffassung vom Menschen und seinem Sein als Krone der Schöpfung, aus Betrachtungsweise religiöser Definition als das edelste Werk Gottes, ist zugleich unzulässiger Rechtfertigungsversuch, in dem sich der Mensch eine Stellung über allen wunderbaren Erscheinungen der Natur und Welt zubilligt, gleichzeitig das Recht ihres Gebrauchs bis in den Mißbrauch, ihrer Nutzung bis hin zur Ausnutzung. Aneignung von Sonderrechten in der Anmaßung herausgehobener Stellung generiert, neben der darin eingeschlossenen Selbstrechtfertigung, kausal eine Herrenmenschenattitüde, Wurzel des Unfriedens, Faschismus des Glaubens. Erst die angemaßte Sonderstellung ermöglicht dialektische und rechtliche Rechtfertigung für Tötungsdelikte, befähigt zum Kriegsvölkerrecht, ein Widerspruch in sich, fehlt doch jedem Volk das Recht zum Krieg grundsätzlich, besonders jedem religiösen, jedem gläubigen Volk. Aus solcher durchaus bekannten Erkenntnis beginnt Religion mit der Suche nach Gott in umgekehrter Richtung, quasi rückwärts, sucht darin Bestätigung der von Menschen gleich göttlichen Geboten verfaßten Rechtsnormen, die mit dem der Natur und dem Menschsein innewohnenden Gebot des Lebens, unabhängig von allen durch einen gedachten Gott manifestierbaren Regeln, nicht und nie übereinstimmen können. Fehlt Rechtfertigung des Handelns des Menschen aus angemaßter Sonderstellung heraus, bedingt dies einerseits Ein- und Unterordnung in den Kreislauf aller Naturerscheinungen. Unterwerfung unter den „Willen“ Gottes, hebt scheinbar freien Willen auf. Andererseits bewirkt mangelnde Rechtfertigung aus Sonderrecht Fehlen jeder (!) Handlungsrechtfertigung für Handeln des Menschen in und an Natur und Welt allgemein, gegen Menschen im besonderen. Statt dessen Rechtfertigung aus der Existenz einer wie auch immer gearteten Gottheit ziehen zu wollen, impliziert Verantwortlichkeit Gottes, eine Verantwortung, die Gott nicht aus sich heraus zukommt, sondern von Menschen zugewiesen, ihm abgerungen wird. Solches Ringen mündet folgerichtig in der Frage der Theodizee, welche durch keinerlei Theologie einer zufriedenstellenden Antwort zugeführt werden kann. Selbst wo aus Glaubensüberzeugung solche Abwälzung der Verantwortlichkeit scheinbar gelingt, beinhaltet dies weder Übertragung von Schuld noch Vergebung. Freie Willensäußerung, im Einklang mit Gewußtem oder dagegen zu handeln, Möglichkeit freier Entscheidung ist eigentliches Menschenwesen. Bei aller Glaubensgewißheit bleibt also eine „gewisse“ Verantwortlichkeit einschließlich eines gewissen Bewußtseins von Schuld, im Christentum zur Erbsünde mißbräuchlich hochstilisiert, weshalb auch eine gewisse Pflicht zur Buße und Sühne existiere. Gewissen aber ist nur Ausdruck gewußter Schuld. Es ersetzt kein Schuldeingeständnis, ist nicht Wiedergutmachung, heilt das Übel nicht. All dies geschieht im Bewußtsein der Depersonalisierung von Verantwortung und Schuld und ihrer Übertragung auf einen Gott. Letztlich bleibt auf solche Weise gedachte und erdachte Gottheit eine unzulässige Personalisierung, ein Abstraktum, dem die erwarteten Eigenschaften zur Vergebung von Schuld und das Wesen der Gnade nicht und nie eigen sind, andererseits ebensowenig diejenigen der Rache und Strafe. Gott bleibt mithin in beiderlei Hinsicht die Krise … des Menschen.
Besonders in Krisenzeiten, Zeiten allgemeiner und persönlicher Krise, begibt sich der Mensch auf die Suche nach Gott, nach ‘seinem’ Gott. Weder Selbsterkenntnis noch Eingeständnis eigener Fehlbarkeit liegen dieser Suche zugrunde. Vielmehr strebt der Mensch mit seinem aus Glauben gewonnenen Nichtwissen von und über Gott mit diesem zu einer Übereinkunft zu gelangen, einer für ihn persönlich möglichst positiven. So schachert er dann, probiert den Deal mit den himmlischen Mächten. Mancher nennt den Versuch der Geschäftsanbahnung Gebet. Von Fürbitten bis Danksagung spreizt sich ein Bogen von Begrifflichkeiten, welche nur notdürftig kaschieren, daß und wie sehr der angerufene Gott für eitle egoistische Zwecke in Anspruch genommen wird, mit welcher Vermessenheit der Gläubige der Überzeugung anhängt, persönliche Bevorzugung erlangen zu können, Gott Parteilichkeit unterstellt, parteiisches Urteil von IHM fordert. Dabei treibt der Blick aufs Ego zum Bestechungsversuch zu eigenen Gunsten. Bis zu einem gewissen Grade folgt der Versuch eigener Rechtschaffenheit. Mit dem Druck persönlicher Not, mit zunehmender Verzweifelung heiligt der Zweck die Mittel, soll harte Münze Gewogenheit herstellen, die Gottheit gefügig, willfährig machen. Dort droben aber in der Höhe ist noch jede Gottheit, so sie dort in solchen Höhen anzutreffen wäre, gegen derart schnöde Methodik mit Gleichmut gewappnet. Darf wirklich geglaubt werden, das Erpressungsgebet erreiche den himmlischen Lauscher, gilt doch nicht einmal erwiesen, ob und daß jemand lauscht?! Versprechen für künftiges Wohlverhalten, Hingabe eines Geldbetrages, Errichtung eines Ehrenmals im Tausch gegen die Bedingung göttlichen Beistandes?! Solch Beistand bleibt nach Gesetzen der Logik, nach mathematischer Regel der Menschenschicksale Vielzahl, nach Wahrscheinlichkeitsrechnung und nicht zuletzt nach glaubensethischen Grundsätzen schiere Unmöglichkeit, nach den Maßstäben allumfassender Gerechtigkeit Bestechung, dezidiertes Unrecht. Dennoch schöpft eine Vielzahl von Menschen ausgerechnet aus dem Gebet Hoffnung, festen Glauben an Überwindung einer Krise, ohne wahrzunehmen, selbst noch das Gebet ist Teil der Krise, ermangelt der ihm zugeschriebenen Magie, verzaubert GOTT nicht. Lobpreis der Gerechtigkeit Gottes konkurriert mit der Gebetsformel, welche konkrete Parteinahme fordert, herausfordert, heraufbeschwört. Und all jene Fälle, Zufälle, in denen der Beter ganz nebenbei und durch allerlei Umstände scheinbare Errettung erfährt, werden willig als billige Beweis der Gegenwart Gottes zitiert, eines darin und dadurch letztlich parteiischen, zu tiefst ungerechten, wundertätigen, wundertütigen Gottes. Zuletzt wird das scheinbar aus Glaubenskraft eingetretene Ereignis, Zeugnis göttlicher Ungerechtigkeit, als ’Wunder’ interpretiert, gereicht zur Heiligsprechung eines Menschen. Gott bleibt auch dann und besonders dadurch die Krise.
Wenn und weil Gott die Krise ist, stellt sich die Sinnfrage, die nach dem Sinn Gottes, die nach dem Sinn des Lebens, die nach dem Sinn des Menschen.
Gott, ein Phantasieprodukt des Menschen, Phantom, virtuelle Persönlichkeit einer Anderwelt, vorweggenommene Androhung einer virtuellen Welt, erhält nur den Sinn, den ihm das Geschöpf Mensch zubilligt. Indem sich der Mensch als Geschöpf begreift, leitet er seine Herkunft von Gott ab, sucht sich mit ihm gemein, sich ihm ähnlich zu machen. Der Mensch erschafft seine Ähnlichkeit, seine Verwandtschaft mit Gott, ist aus diesem nicht weniger virtuellen Schöpfungsprozeß, vorausgesetzt, der/die/das GOTT verfüge nur annähernd über die angenommenen und IHM zugebilligten Eigenschaften, niemandem unähnlicher als ausgerechnet Gott. Gott zugebilligter Sinn, der durch sogenannte Gottesdiener, durch Priester definierte und interpretierter Sinn ist, je nach Denkrichtung, Zweckpessimismus gelebten Diesseits oder Jenseitsoptimismus gegen das Dilemma einer durch Menschen verkommenen Welt. Sowohl an dem einen wie am anderen orientierte Hingabe an das höhere Wesen verkommt zum Götzendienst, beraubt Gott jedes wie auch immer aufzufassenden Sinns, nimmt seiner Person und Personalisierung Sinnhaftigkeit, bleibt auf Wohlergehen des Menschen im Diesseits und/oder Jenseits fokussiert. Virtuelles Gottesbild wird in seiner virtuellen Vielgestaltigkeit und seiner existentiellen Vielschichtigkeit austauschbar, handhabbar, handelbar. Metamorphose vom wandelbaren zum handelbaren Gott kennzeichnet Wesen und Weg des Menschen und seiner Überzeugungen. Geschacher nimmt Gott selbst noch den für ihn angenommenen, den ihm unterstellten Sinn. Aus der Verehrung des wandelbaren Gottes erstandenes, wandelbares Gottesbild, keinesfalls und nie ein Paradigmawechsel, bleibt zwangsläufig hinter der Erwartung des Menschen zurück, nimmt der Menschheit die Fähigkeit zum Dienst an Gott, macht aus solch Dienen Götzendienst, erschafft personifizierten Ersatz, gründet Personenkult, institutionalisiert das Ersatzgebilde zu einem vermeintlich sinnstiftenden Surrogat, Versatzstück gescheiterter Sinnsuche nach und in Gott, macht Gott erst verhandelbar, dann handelbar, zeugt ein Monstrum. Aus solchem Zerrbild Gottes abgeleitete Aufrechnung und Gewichtung von Taten, auch derjenigen des Unterlassens, entspringt nicht dem Handeln, geschweige dem Denken Gottes, ist allein Menschenwerk, Menschenwille. Selbst aber diese Ingangsetzung eines Gott unterstellten Impetus für Güte und Gnade lebt nicht von und aus den letzteren, sondern aus dem Angstpotential einer nicht weniger virtuellen, aus machttaktischen Erwägungen geschaffenen Verdammnis, im übrigen ebensowenig denk- und/oder darstellbar wie Gott. Glaubensinstitution zieht mithin Nutzen nicht aus Gott, sondern aus den um ihn konstruierten Gegebenheiten, die ihrerseits sich zuletzt ausschließlich als Angstpotentiale darstellen. Konfessioneller Glaube profitiert anstatt von Gott, von Angst. Solche Angst gibt dem gedachten Gott in seinem ebenso widersinnig erdachten Gegenpol Satan Macht, gottgleiche Macht, Allmacht.
Wenn und wo der Mensch Sinn seines Seins, Sinnhaftigkeit des Lebens nicht aus Gott ableiten kann, gebietet ihm Denken Sinnsuche außerhalb eines Denkens von Gott, hinaus über eine Vorstellung von Gott, was keinesfalls Atheismus bedeuten muß. Verortung des Menschen auf der Welt, der Welt im Kosmos, läßt den Menschen sich selbst begreifen als ein geschaffenes, erschaffenes Wesen zunächst aus sich selbst, zuletzt aus der Natur und ihren Gesetzmäßigkeiten. So will es scheinen, Naturwissenschaft, Suche und Aufspüren der Gesetzmäßigkeiten von Abläufen innerhalb eines kosmischen Geschehens könne sowohl Frage nach Gott als auch Sinn der Frage und auch der Person, wenn nicht ad hoc lösen, so doch auf Dauer erübrigen. Zweifellos läßt Wissenschaft Erklärung einer Vielzahl von Naturerscheinungen zu, nimmt ihnen den Nimbus des Mystisch-Mythischen, beraubt Erkenntnis immer mehr Wunder ihrer wundersamen Abkunft. Nachdem die in Gott angelegte Krise scheinbar rechtfertigt, sich von IHM/IHR/IHM(ES) abzuwenden, übernimmt die Hinwendung zu den Naturwissenschaften Stellvertreterrolle, sucht nach dem Beweis, der Mensch sei entweder Gott ähnlich, oder ohne Gott zu gottähnlichem Wirken befähigt und berechtigt. Beweis für ersteres kann Wissenschaft nicht und nie erbringen, scheitert doch die Beantwortung der Frage unter der Voraussetzung GOTT an der im Menschen selbst angelegten Prämisse, ein Geschöpf zu sein. Letzteres, gottähnliches Wirken muß Wissenschaft mißlingen, wirkt sie doch stets innerhalb einer sich ständig wandelnden, stets erneuernden Materie und Wirklichkeit, vollzieht sie stets Vergangenes nach, setzt das Nachvollzogene selbst dort, wo es vorausgedacht erscheinen mag, einem nicht vorausdenkbaren Wandel aus. Dies wird nirgendwo deutlicher, als beim Versuch des Klonens. Eine sich aus sich selbst erneuernde Zellstruktur mit der ihr eigenen, durchaus entschlüsselbaren genetischen Kodierung bleibt nach wissenschaftlicher Kenntnis 21 Tage im Wandel hin zur Erneuerung. Sie durchläuft dabei im intrazellulären Stoffwechsel die Bedingungen von Zeit und der individuellen inneren und äußeren Um- und Zustände des Raumes. Die Reproduzierbarkeit der Zelle selbst produziert nicht identische Zeit, schafft nicht identische innere und äußere Zustände über meßbare, vergleichbare Taktung der Zeit, wiederholt nicht identischen Stoffwechsel, verlangt dem reproduzierten Organ jedoch spezifische Reaktion auf die neuen, sich stets erneuernden Gegebenheiten ab, die es Mangels „Erfahrung“ nicht bewältigen kann, beziehungsweise analog dem „Erfahrenen“ zu absolvieren sucht, sich Erfahrungen selbstkonditionierend, mutierend, evolutionär anpaßt. Wäre es anders, wäre nach vorwärts gerichtete unendliche Lebensdauer denkbar und produzierbar. Bereits aber die Zellerneuerung binnen definierter Frist weist biologisches und existentielles Verfalldatum im Millisekundentakt auf und nach. Nur der Kreislauf der Erneuerung und der zwangsläufig damit verbundene Tod garantieren Leben. Kopie, der Klon trägt mit seinem Erscheinen, trägt beim Eintritt in die Welt sein Verfalldatum aus sich heraus, unabhängig vom Reife- und Entwicklungsstadium der benutzten Zelle. Mithin ist auch Wissenschaft, insbesondere Gentechnik nicht geeignet und nicht in der Lage, sich dem Begriff GOTT anzunähern und/oder ihn zu ersetzen. Auch hier bleibt die Krise Gott. Und es bleibt die Frage, ob Wissenschaft sie lösen will, sie lösen muß. Voraussagen läßt sich: sie kann es nicht.
Einzig annehmbare Alternative unter der Hypothese Gott bleibt so die Suche nach Gott durch das Individuum in demselben. Jeder einzelne wird für sich in sich Gott bestimmen müssen, einen spezifischen, seinem eigenen Sein zugedachten Gott. Indem der individuelle Gott, so das Individuum ihn zu identifizieren versteht, Bestimmung desselben, zugleich Bestätigung der kosmisch-biologischen Zusammenhänge reflektiert, wird Gott einerseits persönliche Imagination, andererseits imaginäre, universelle, bestimmende Kraft, nur als geglaubte Institution scheinbarer Bestandteil realer Welt, oder der Sucher wird gleich zum Atheisten, nur eine andere Form des Glaubens.
Das Individuum selbst ist Kirche. Solch Glaube stellt aus der individualistischen spirituellen Erfahrung die Gemeinschaft der Gläubigen im Sinne der Konfessionsgemeinschaften nicht nur in Frage, sondern hebt deren Allgemeinverbindlichkeit für die jeweilige Gruppe Glaubender auf. Glaube wird, ist, bleibt auf der Suche nach Gott persönlich, nur in der eigenen Person erfahrbar, gelegentlich in spiritualistischem, metaphysischen persönlichen Erleben, mit der logischen und unabänderlichen Konsequenz, nicht GOTT ist die Krise, sonder die Krise ist Religion, ist glaubensbedingt, ist abhängig von Bekenntnissen. Gott bleibt im und mit Religions- und Konfessionsglaube die Krise des Menschen, der Mensch mithin Krise Gottes.
GOTT als Wesenheit jenseits jeder Vorstellungskraft, als Einheit jenseits des Denkbaren, ausgestattet mit dem Gedanken seines Gegenteils, durch Menschengedanken mit dem Satan bewaffnet, verliert mit seiner Undenkbarkeit Satans Stachel, macht ihn zu einer stumpfen Waffe, nimmt dem als Hölle bezeichneten Inferno jeden Ansatz der Wahrscheinlichkeit, beseitigt Schrecken, einerseits unausweichliche Konsequenz, andererseits tröstliche Grundeigenschaft des GOTTES, wer, was wo und wie ER/ SIE/ES immer auch sein mag.
All dies trifft - mit der Einschränkung auf das berüchtigte Salzkorn - judaistisch prophetische monotheistische Weltanschauung und ihre Anmaßung, Gott anschauen, IHN schauen zu wollen. Alle drei monotheistischen Weltreligionen betrifft es gleichermaßen und gleichzeitig. Absage an ihre Auffassung und ihre Darstellung des Gottwesens ist weder Atheismus noch mündet sie im Antichristen oder einer Verneinung der bis Muhammad 25 Propheten. Verworfen werden lediglich die von Menschen als Wahrheit ausgegebenen Vorstellungen über Gott und sein Wesen und daran gebundene Forderung, Zumutungen des Glaubens. Beweisbar ist, von Glaubenstheoretikern als wahr angenommenen Glaubenssätze entbehren des unterstellten Wahrheitsgehaltes, sind zwingend unwahr. Eine für den Ungläubigen nicht weniger beschämende Erkenntnis wie für den Gläubigen. Wo erkenntnistheoretisch die Axiome als unzutreffend hingenommen werden müssen, ist Glaube wider besseres Wissen … Dummheit. Vor der ist kein Freund der Weisheit, kein Philosoph gefeit, der beschlagene Theologe mit ihr geschlagen. Fehlbarkeit der Vernunft ist und bleibt Programm des Menschen.
Ob Glaube im Sinne der judaistisch prophetisch monotheistischen Bekenntnisse dennoch eine Berechtigung hat, ist eine völlig andere Frage, eine Frage, die dem Glauben als Institut, der Institution als soziales Korrektiv innerhalb einer Gemeinschaft, den Instituten innerhalb ihrer Gesellschaft gilt. Soweit Glaube der in ihm aufgehobenen Gesellschaft zu einem strukturierten, friedlichen Sozialgefüge verhilft, ist er mehr als berechtigt. Sobald sich institutionalisierte Glaubensgemeinschaft der einen Glaubensüberzeugung gegen Institution und/oder Überzeugung einer anderen Glaubensgemeinschaft stellt, ist die Institution sowohl verwerflich als entbehrlich, verrät sie doch Institut und Auftrag gleichzeitig, dient dem Unfrieden. Unfriede ist wie Friede nicht Gottes, sondern der Menschen Angelegenheit und ihrer Institutionen Werk, derzeit freilich nur als Unfriede erkennbar.
Politik sieht sich damit vor die entscheidende Frage gestellt, ob sie sich zur Durchsetzung ihrer Ziele innerhalb einer Gemeinschaft unterschiedlicher Konfessionen einer in einer derselben angelegten Gottheit bedienen, sich auf diese berufen soll, sie in ihre verfaßten Normen hineinschreiben darf. Ihr Auftrag spricht eindeutig dagegen! Friedenspolitik kann nur im Verzicht auf religiöses und politisches Glaubensbekenntnis gelingen. Friedenspolitik ist andererseits individuelle, persönliche Entscheidung aus der Erkenntnis, daß der Sinn des Lebens definiert ist im kategorischen Imperativ Kants aus Naturrecht und Menschenrecht, aus philosophischer Sicht, aus monotheistisch religiöser Sicht in der Goldenen Regel der Nächstenliebe, wie sie das alte Testament formuliert, das Neue Testament erneuert, der Koran bekräftigt, auch und obwohl sie allen anderen religiösen Entwürfen bis hin in die Naturreligionen zu eigen ist. Sinn des Lebens ist Herstellung der Zufriedenheit sowohl des Einzelnen als auch der Gemeinschaft. Als erstes und einziges benötigt Zufriedenheit Frieden, die eigentliche Lebensaufgabe und Herausforderung. So GOTT die Krise ist, bleibt als Sinn des Lebens Auftrag zu fortdauernder Gegenwartsgestaltung nach Regeln des kategorischen Imperativs mit dem Ziel Zufriedenheit, damit Gewährleistung lebbarer Gegenwart, erstrebenswerter Zukunft, berichtenswerter Vergangenheit.
Letztlich erweist sich der Mensch als Krise Gottes. Menschlicher „Geist“ versucht, Welt und ihre Menschen in ihr Netz logischer Beziehungen und deren praktischen Nutzanwendung einzufangen. Mit der Welt an sich und dem Menschen an sich hat dieses Geflecht nichts zu tun, ist es doch vielmehr auf intellektuelle und materielle Überwindung und Beherrschung der Welt und der Menschen gerichtet. Entsprechend entfernt sich Menschheit so immer mehr von ihrer natürlichen, naturgegebenen Bindung an die Welt. Religion wird damit Mittel zum Zweck des Machterhaltes, täuscht Transzendenz und Jenseits außerhalb aller Wirklichkeit vor, „tröstet“ über die irdische Hölle mit dem Versprechen jenseitiger Glückseligkeit, droht irdischer Unbotmäßigkeit mit jenseitiger Verdammnis. Für Anhänger der drei nahöstlichen, im Judaismus wurzelnden prophetisch monotheistischen Theologien, Juden, Christen, Islam und alle Kreationisten dauert damit die Vertreibung aus dem Paradies an, findet – ununterbrochene – Fortsetzung. Unabhängig von jeder weltanschaulichen Auffassung fängt das Netz der logischen Beziehungen und praktischen Nutzungen den Sinn des Lebens ab und ein, endet logisch in Aporie. Ist der Mensch dann noch tatsächlich Geschöpf seines geglaubten Gottes, kann er Jakob Wassermann nicht glauben: ... unschuldig ist nur Gott.
Europäische Philosophie im Verein mit den drei nahöstlich prophetischen Religionsbekenntnissen hat in beinahe 5.800 Jahren keine Antwort auf diejenigen Fragen gefunden, welche der Mensch seit seiner viel weiter zurückreichenden und das Heute überdauernden Existenz gestellt hat und stellt: die Frage nach dem Wodurch, Wieso, Woher, Wohin, Warum. Recht zuversichtlich, auch kommende Generationen werden zu keiner letztgültigen Antwort gelangen, gestattet ein dem Zeitgeist widersprechender Anarchismus des Denkens abseits philosophischer Systeme Zufriedenheit und … ein Augenzwinkern. Selbstredend erstreckt sich solch Anarchismus samt Augenzwinkern auch auf die (östlich) indischen, mystischen Modelle des Hinduismus und Buddhismus und die fernöstlichen, weisheitlichen Ansätze des Konfuzianismus und Daoismus.
Für einen Protagonisten im Dunstkreis der Aufklärung, der Technik, des Fortschritts und westlicher Werte aller grundsätzlich im Osten angesiedelter Denk- und Religionsentwürfe bleiben zwangsläufig die Implikationen aller Naturreligionen Geheimnisse des Glaubens, welche für ihn weder nachvollziehbar, noch lebbar sind, gleichwohl mit allen anderen Modellen konkurrierender religiöser Auffassungen stets eine Gemeinsamkeit teilen: Die goldene Regel. Gelingt den Menschen ihre gewaltfreie Durchsetzung weltweit -global-, gewinnt Menschheit Weltfrieden hin zu einer paradiesischen Zufriedenheit, Zweck, Sinn und Ziel des Lebens. Rückkehr ins Paradies! Ein durchaus wirklicher, ein irdischer Ort, jenseits des Jenseits, ohne Gott hier wie dort im Hier, Heute, Jetzt. Zumindest daran wäre dann Gott … unschuldig.