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1 Integratives Management und Management-Modelle 1.1 Fallstudie: On

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[13] On wird 2010 gegründet, um das Laufgefühl zu revolutionieren. Am Anfang steht eine radikale Idee: Weiche Landungen gefolgt von explosiven Abstössen. Die drei Gründer verbindet die Liebe zum Laufsport. Der ehemalige Profisportler und dreifache Duathlon-Weltmeister sowie mehrfache Ironman-Gewinner Olivier Bernhard trifft mit dem Traum von Laufschuhen für das perfekte Laufgefühl auf den Schweizer ETH-Ingenieur David Allemann und den HSG-Absolventen Caspar Coppetti. Die drei sind getrieben von der Mission «ein von Schweizer Ingenieurskunst geprägtes Produktsortiment zu entwickeln» (vgl. on-running.com). Die Laufschuhe basieren auf einer eigenentwickelten, patentierten Technologie, der sogenannten «Cloud-Technology».

Das Gründungsteam, das sich durch einen starken Zusammenhalt auszeichnet, positioniert sich mit einem innovativen Produkt in einem globalen Wachstumsmarkt, dem Markt für Laufschuhe. Dieser wird auf ein Marktvolumen von USD 20 Mia. pro Jahr eingeschätzt (Müller, 2015). Dabei verfolgt die Unternehmung eine Wachstumsstrategie durch Marktdurchdringung in europäischen Ländern und Marktentwicklung mit der laufenden Erschliessung von neuen Ländern, zuerst mit einer Niederlassung in Portland, Oregon (USA). Weitere Zielgebiete sind Australien, Lateinamerika und asiatische Länder. Zur Sortimentserweiterung wird 2016 mit einer ersten Kleidungskollektion gestartet. Ziel ist – wie bei den Schuhen – Kleider anzubieten, die sich nicht nach saisonalen Modetrends richten. Grundsätzlich soll der Fokus auf Schuhe jedoch bewahrt werden (Iseli, 2017).

Das Unternehmen hat seinen Hauptsitz in Zürich-West. Die indirekte Distribution läuft über eigene Tochtergesellschaften, welche den Fachhandel betreuen. Die Endkunden werden über die unabhängigen Fachgeschäfte in den jeweiligen Ländern bedient. Die Preisgestaltung orientiert sich am Ziel einer Premium-Positionierung und richtet sich im Rahmen derselben nach den Zielmärkten. So sind die Schuhe in den USA etwas günstiger als in der Schweiz.

Die Geschäftsprozesse des Unternehmens sind stark auf Outsourcing und langfristige Kooperationen ausgerichtet. Design und Entwicklung finden weitgehend im Hauptsitz in Zürich statt. Die Produktion der Schuhe erfolgt durch ausgewählte Partnerunternehmen in Vietnam. Die Logistik wird von [14] Leistungspartnern erbracht und ist daher sehr skalierbar. Wichtig ist die kontinuierliche Leistungsinnovation. So wurden seit dem Urmodell «On Cloud» viele neue Produkte entwickelt, z. B. mit dem «Cloudflash» der «schnellste On aller Zeiten». Ausserdem wurden, um auch neue Trends aufzunehmen, spezialisierte Schuhe für Trail-Running entwickelt. Das Unternehmen profitiert zudem davon, dass Sneakers zu Schuhen des täglichen Bedarfs werden.

Das ganze Unternehmen wird durch eine sportliche, kreative Kultur geprägt. So gibt es keine fixen Büros und Kontakte werden oft im Rahmen von sportlichen Events gepflegt. Wichtig sind die Mitarbeitenden-Versammlungen, bei denen die Gründer selbst auftreten (Ruschmann, 2018). Das Unternehmen pflegt seine Anspruchsgruppen stark über persönlichen Austausch. Mitarbeitende müssen zur Unternehmenskultur passen und werden auch über die erwähnten Mitarbeitenden-Versammlungen auf die gemeinsame Vision eingeschworen. Zu den Abnehmerinnen und Abnehmern, den Fachhändlern auf der ganzen Welt, pflegen die Mitarbeitenden und auch die Gründer einen persönlichen Kontakt. Ein Beispiel dafür ist die Organisation gemeinsamer Läufe wie des in London veranstalteten «Run to Switzerland», bei dem Londonerinnen und Londoner eingeladen wurden, gemeinsam in die Schweizer Botschaft zu joggen. Eine weitere wichtige Anspruchsgruppe sind die Produzenten in Vietnam, die sorgfältig ausgewählt werden und an die hohe Qualitätsansprüche gestellt werden. Die Unternehmung hat heute einen Kreis prominenter Aktionäre und Aktionärinnen (Ruschmann, 2018), wozu auch Roger Federer gehört.

On kann anhand zentraler Elemente des St. Galler Management-Modells (SGMM) folgendermassen beschrieben werden (siehe Abbildung 1-1 für eine Übersicht über die Aufgabenperspektive des SGMM):

– Umweltsphären: V. a. die technologische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Umwelt sind relevant, z. B. mit Blick auf die Entwicklung von Kaufkraft in den Zielländern und den Trend zum Laufsport.

– Anspruchsgruppen: Im Vordergrund stehen vor allem Mitarbeitende sowie Endkunden, also Läuferinnen und Läufer, und direkte Kunden, also die Fachhändler. Ausserdem sind auch die Leistungspartner für Produktion und Logistik und die Finanzgeber (Aktionäre und Aktionärinnen) wichtige Anspruchsgruppen.

– [15] Interaktionsthemen: Hier geht es um die Wechselbeziehungen zwischen dem Unternehmen und anderen Akteuren wie den Produktionspartnern in Vietnam. Wichtige Themen sind die laufenden Innovationen sowie die ökologisch und sozial verträgliche Produktion.

– Prozesse: Disruption und Differenzierung geschieht in allen Bereichen der Value Chain – von Produkt über Produktion zu Marketing, Vertrieb und Organisationsform. Entsprechend verläuft auch die Strukturierung des Wertschöpfungsprozesses mit Produktentwicklung im Unternehmen unter Einbezug von Produktionspartnern, Outsourcing von Produktion und Logistik, Distribution im Sinne von Generalimport und Marktentwicklung durch eigene Tochtergesellschaften sowie Detailhandel über bestehende Fachhändlernetze.

– Ordnungsmomente: Die organisationale Wertschöpfung wird durch verschiedene «Kräfte» wie Governance, Strategie, Struktur und Kultur geordnet. In einem Start-up ist die Corporate Governance typischerweise noch nicht so ausgeprägt. Im Fall von On besteht sie hauptsächlich aus einem starken Gründerteam mit einem klaren «Purpose». Die Strategie von On fokussiert auf innovative Laufschuhe und allenfalls direkt damit verbundene Produkte wie Kleider. Wachstum geschieht über Marktpenetration und Marktentwicklung sowie Sortimentserweiterung. Die Struktur basiert auf einer flachen und schlanken Organisation mit Aufbauorganisation entsprechend der Wertkette. Die Unternehmung ist geprägt von einer innovativen und sportlichen Kultur.

– Entwicklungsmodi: Laufende Optimierung und Weiterentwicklung basierend u. a. auf einer konsequenten Internationalisierung (bedingt durch den kleinen Heimmarkt Schweiz) sowie Skalierbarkeit von Systemen und Prozessen.

Die Fallstudie ist ohne Beteiligung von On auf der Basis von allgemein zugänglichen Quellen entstanden und dient zur Illustration von Zusammenhängen im St. Galler Management-Modell.

Einführung in die Managementlehre

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