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1.4.1 Ursprünge des integrativen Verständnisses von Management

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Wenn ein neues Produkt entwickelt werden soll, braucht es das Zusammenspiel von Marketing (Einbringen der Kundenbedürfnisse), Entwicklung, Produktion, Finanzen und Controlling (Sicherstellung der notwendigen Investitionen) und Compliance (Sicherstellung der Einhaltung von Regeln und Gesetzen). Zur Vorbereitung einer Unternehmensübernahme hingegen braucht es für die Bewertung und «Due Diligence» (sorgfältige Prüfung des Übernahmeobjekts) Fachpersonen aus Finanz und Compliance, für die Ausarbeitung der Verträge Rechtskompetenz und für die begleitende interne und externe Verständigung Kommunikationskompetenz. Diese beiden Beispiele zeigen, dass für die Lösung von Managementaufgaben auf jeder Stufe eine integrative Sichtweise notwendig ist. Dies betrifft nicht nur die einzubeziehenden Kompetenzen und damit verbunden die unternehmerischen Funktionsbereiche, sondern auch die Beurteilung der Wirkungen des eigenen Handelns auf die verschiedenen Umwelten und Anspruchsgruppen. Ausserdem gilt es, kurzfristige und langfristige Folgen zu berücksichtigen, womit bereits drei Dimensionen (Funktionen, Anspruchsgruppen, Zeithorizonte) einer integrativen Denkweise angesprochen sind.

Entsprechend gehen verschiedene Autoren der klassischen Managementforschung, z. B. Mintzberg und Drucker, von einem integrativen Ansatz aus. Drucker beschreibt z. B. in seinem 1946 erschienenen Buch «Concept of the Corporation» das Management (erstmals) als [29] spezifisches Organ, das spezifische Tätigkeiten mit spezifischen Verantwortungen ausführt (Drucker, 1993). Der Aufstieg von Management als Disziplin ist in seiner Sicht die wohl wichtigste Entwicklung des 20. Jahrhunderts: «In this century, society has become a society of organizations. Every major social task in this society is being performed in and through large, managed institutions» (Drucker, 1973, S. 545). Auch andere Wissenschaftler fokussieren sich auf Management als entscheidendes und handelndes Organ respektive Akteur. So beschreibt Mintzberg in seiner beachtenswerten Arbeit, wie Management die Vielfalt der parallelen Aufgaben bewältigt. Auf Grund einer Beobachtungsstudie kommt er zum Schluss, dass Manager Probleme wie Jongleure kurz in den Händen halten, bearbeiten und dann wieder zur Weiterbearbeitung in den Umlauf bringen (Mintzberg, 1991, S. 33).

Auch in der St. Galler Managementforschung hat die Ausrichtung auf die Bedürfnisse und Anforderungen des Managements als handelndes Organ eine lange Tradition. So schreiben Ulrich, Krieg und Malik (1976), dass der Zweck der Betriebswirtschaftslehre darin bestehe, «handelnden Menschen das in bestimmten Problemsituationen benötigte Wissen zur Verfügung zu stellen» (S. 135).

Im Sinne der Zweckdienlichkeit steht in der Management-Forschung für lange Zeit «Relevance» (Lebens- und Zweckdienlichkeit) vor «Rigor» (wissenschaftliche Fundierung), bis die Betriebswirtschaftslehre selbst auch einen stärkeren wissenschaftlichen Ansatz zu suchen beginnt. Ab den 1950er- und 1960er-Jahren werden jene Stimmen lauter, die auch in der Managementlehre die in den anderen Sozialwissenschaften übliche theoretische Fundierung fordern (Gulati, 2007, S. 776; vgl. auch Gordon & Howell, 1959; Pierson, 1959). So orientiert sich die Forschung verstärkt an sozialwissenschaftlichen Grundlagen und Theorien (z. B. aus der Ökonomie oder aus der Soziologie). Ein Beispiel dafür ist die Entwicklung von Strategien basierend auf «Industry Ecomonics» wie den Skalen- und Verbundeffekten. Damit einher geht auch eine Ausdifferenzierung der Managementforschung, wie sie in verschiedenen Disziplinen zu beobachten ist. Verstärkt orientiert sich die Forschung an einzelnen Funktionen und Subdisziplinen. So entwickelt sich z. B. das Marketing zu einem eigenständigen Forschungsgebiet innerhalb der Betriebswirtschaftslehre, wobei innerhalb des Marketings wiederum eigene Gebiete wie Customer Insight oder Brand Management quasi als Subdisziplinen mit eigenen Forschungsgemeinschaften entstehen.

Diese Orientierung an der Wissenschaftlichkeit ermöglicht zwar eine stärkere Mikrofundierung von Erkenntnissen, erschwert aber eine [30] tiefere Problemorientierung (Nickerson & Argyres, 2018). So entwickelt z. B. die Marketingforschung immer differenziertere Erklärungen für Konstrukte und Theorien wie die wahrgenommene Fairness oder den wahrgenommenen Kundenwert. Für wesentliche Fragen der Praxis wie die Gestaltung eines integrierten Marketingmix wird in der Praxis jedoch immer noch auf Konzepte aus den 1980er-Jahren wie das Dominanz-Standard Modell zurückgegriffen (vgl. Kühn, 1985).

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