Читать книгу Einführung in die Managementlehre - Thomas Bieger - Страница 24
1.4.2 Management als professionelle Tätigkeit
ОглавлениеDie zunehmende Ausdifferenzierung des Managements als eigenständige Tätigkeit und die Spezialisierung von Managementwissen widerspiegelt sich auch in der Management-Praxis. Management entwickelt sich zu einer eigenständigen Profession, die sich zunehmend an wissenschaftlichen Grundlagen orientiert. Management gilt auch vermehrt als Tätigkeit, die nicht nur für Unternehmen als notwendig angesehen wird, sondern die auch in immer weitere Bereiche von Wirtschaft und Gesellschaft vordringt. Methoden des Managements halten Einzug in Verwaltung, aber auch in Kirchen, Militär und Nichtregierungsorganisationen. In vielen dieser Organisationen galt Management lange Zeit als eine Art «Kunst» (vgl. Lynn, 1996). So wurde z. B. in einem Spital typischerweise der Chefarzt oder die Chefärztin, die aufgrund ihrer Persönlichkeit oder ihrer Lebenserfahrung (z. B. aus dem Militär) als am geeignetsten für Führungsaufgaben angesehen wurde, mit der Leitung dieser Organisation betraut.
Heute ist Management eine eigenständige Profession, die im Sinne von Bourdieu typische Merkmale aufweist wie eine eigenständige Sprache, eigenständige Rituale und professionelle Werte (vgl. Bourdieu, 1972). Führungspersonen werden heute in Managementausbildungsgängen für ihre Aufgaben vorbereitet und wechseln auch zwischen verschiedenen Unternehmen, Branchen, Regionen und Kulturen. So gibt es heute nicht nur Managerinnen, die von Fluggesellschaften zu Pharmaunternehmen wechseln, sondern auch «Professional Deans» (Dekane bzw. Rektoren), die zwischen Universitäten in verschiedenen Ländern und Kulturen wechseln.
Wegen der Spezialisierung der Managementforschung und weil die immer grösseren Managementaufgaben in den Unternehmen eine Arbeitsteilung und damit Spezialisierung des Managements selbst verlangen, besteht auch in der Praxis eine ausgeprägte Funktionenorientierung. Für Funktionen wie Personalmanagement, Marketing, Strategiemanagement [31] oder Finanzmanagement existieren heute eigenständige Forschungsinstitute, Lehrstühle und Ausbildungsgänge in der Grund- und Weiterbildung (Abbildung 1-6).
Abbildung 1-6: Lehrstühle an der School of Management der Universität St. Gallen (2020)
Diese Differenzierung zeigt sich auch in der Entwicklung der Universitätsstudiengänge. Noch in den 1970er-Jahren werden an vielen Universitäten Studiengänge in Wirtschaftswissenschaften angeboten, die Betriebswirtschaftslehre (BWL) und Volkswirtschaftslehre (VWL) integrieren. Später differenzieren sich Studiengänge auf die Fachgebiete VWL oder BWL aus. Mit der Einführung des Bologna-Systems anfangs der 2000er-Jahre werden vor allem auf Masterstufe funktional spezialisierte Studiengänge angeboten (z. B. in Strategie, Marketing oder Accounting und Controlling). In der Weiterbildung folgen spezifische Lehrgänge und Zertifikate wie CFA (Chartered Financial Analyst) oder auch CMA (Certified Marketing Analyst). Diese erlauben eine weitere professionelle Spezialisierung und sind in einzelnen Ländern zum Teil auch rechtliche Voraussetzung für die Übernahme einer Führungsfunktion in einem Unternehmen (z. B. in Rechnungswesen und Finanzen).