Читать книгу Einführung in die Managementlehre - Thomas Bieger - Страница 26
1.4.4 St. Galler Ansatz
ОглавлениеDer systemische Ansatz ist für die St. Galler Managementforschung von zentraler Bedeutung (vgl. Bieger et al., 2021). Der Systemansatz und die Kybernetik (Steuerung komplexer Systeme) sind in den 1960er-Jahren, nicht zuletzt im Zusammenhang mit der verstärkt aufgekommenen Suche nach integrativen Ansätzen im Rahmen der Diskussion um die Begrenzung von Ressourcen (vgl. Meadows, Meadows, Randers & Behrens, 1972) entwickelt worden. Wichtige Grundlagen stammen dabei von Beer (1959) sowie Vester (1968). In St. Gallen wurden die Ansätze von Ulrich (1968) verfolgt und von verschiedenen Forschern in unterschiedlichen Teilgebieten weiterentwickelt (z. B. Kaspar, 1996 [34] im Tourismus). Systemdenken (s. auch Luhmann, 2002) wurde auch als eigentliche neue Methode, fast als neues Paradigma (vgl. Kuhn, 1969), behandelt.
Aufbauend auf Arbeiten wie z. B. von Beer (1959) wurden Regeln für lebensfähige (und damit entwicklungsfähige) Systeme auf der Basis von kybernetischen Grundlagen entwickelt. Noch heute prägen Überlegungen und Gesetze aus dieser Forschung die Managementpraxis; so z. B. die Notwendigkeit, für das Überleben von Organisationen auf verschiedenen Systemebenen zu denken (vgl. z. B. Schwaninger, 1988). Die drei wesentlichen Management-Ebenen (Abbildung 1-7) mit ihren jeweiligen Orientierungsgrundlagen, Zielkategorien, Bezugsgrössen und Zeithorizonten sind im SGMM seit der zweiten Generation enthalten. So prägt das Systemdenken betriebswirtschaftliche Forschung und Lehre an der Universität St. Gallen. Zu erwähnen sind beispielhaft die Arbeiten von Bleicher, der das Unternehmen als soziotechnisches System beschreibt (vgl. Bleicher, 1991) oder Gomez, der einen praktischen Ansatz zur Lösung von Managementproblemen mit einem vernetzten Denken präsentierten (vgl. Probst & Gomez, 1991).
Abbildung 1-7: Integrale Planung mit Orientierungsgrundlagen, Zielkategorien, Bezugsgrössen und Zeithorizonten
Quelle: Schwaninger (1988, S. 126)
[35] Ein Resultat systemischer Ansätze ist auch Ashbys Law (Ashby, 1985). Dieses Gesetz besagt, dass ein varietätsreiches komplexes System für seine Steuerung ein Steuerungssystem benötigt, das eine ebenso grosse Varietät und Komplexität aufweist. An einem Beispiel ausgedrückt heisst das: Wenn es in einem Team in einer Entwicklungsabteilung zu Konflikten kommt, dann genügt es nicht, einfach den grössten «Rebellen» aus dem Team zu entfernen. Ein Entwicklungsteam ist ein komplexes System, in dem soziale Beziehungen mit Wissensbeziehungen, mit hierarchischen Abhängigkeiten und Projektabläufen zusammentreffen. Das System zeichnet sich durch verschiedene miteinander verbundene Ebenen aus. So ist das soziale System stark beeinflusst durch die für Projektabläufe notwendigen Interaktionen und diese wiederum durch das hierarchische System. Eine geeignete Intervention im Konfliktfall bedingt eine Analyse auf allen drei Systemebenen. Zudem braucht es Eingriffe auf den verschiedenen Ebenen wie z. B. Personalmassnahmen auf der sozialen Ebene kombiniert mit einer Veränderung der Projektstrukturen bei gleichzeitiger Veränderung der Führungskultur.