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1.4.3 Umgang mit Komplexität

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[32] Die Forderung, die funktionalen oder in der Forschung subdisziplinären Silos zu überwinden, erfolgt vielfach und früh (z. B. Aldrich & Herker, 1977). So wird kritisiert, dass sich Forschung an immer spezialisierteren Forschungsfragen ausrichtet (z. B. am Verhalten von Konsumentinnen und Konsumenten in isolierten Laborsituationen) und dass integrative Themen, die das Topmanagement herausfordern und die eine disziplinübergreifende Sichtweise erfordern, vernachlässigt werden. In der Praxis ist festzustellen, dass das immer spezialisiertere Management der einzelnen Funktionen schlussendlich durch das Topmanagement «integriert» werden muss, was zu einer Überlastung desselben und zu einem Wachstum von Stabsfunktionen führen kann.

So können Konflikte zwischen Abteilungen entstehen, z. B. zwischen der Funktion Marketing, die eine stärkere Flexibilisierung der Produktion entsprechend den Bedürfnissen von individuellen Kundinnen und Kunden fordert, und der Produktion, die aus Effizienzgründen eine möglichst weitgehende Standardisierung wünscht. Wenn die Anreizmechanismen (z. B. die Erfolgsbeteiligungen der Kadermitarbeitenden) auf den Erfolg der eigenen Abteilung ausgerichtet werden, bestehen starke Interessen, für die Sicht der eigenen Abteilung zu kämpfen. Das Topmanagement muss dann eine Entscheidung treffen, welche die beiden Sichtweisen integriert und das Gesamtsystem optimiert. Dazu braucht es Informationen, die wiederum von eigenen Stäben gewonnen werden müssen.

Die isolierte Optimierung einzelner Funktionsbereiche und die dann erforderliche aufwändige Gesamtabstimmung auf oberster Ebene reduziert auch die Agilität von Organisationen. Die Forderung nach einem integrativen Management ist gerade in der heutigen Zeit, die oft als «VUCA-Zeit» charakterisiert wird, von besonderer Bedeutung. VUCA steht dabei für eine Situation mit hoher «Volatility, Uncertainty, Complexity und Ambiguity» (vgl. Bennett & Lemoine, 2014). Volatil sind Entwicklungen heute, weil eine Vielzahl möglicher Schocks, in Finanzmärkten, Politik oder Gesundheit, rasch weltweit durchschlagen können. Dies führt zu Unsicherheit. Immer mehr mindestens vordergründig widersprüchliche Ziele, z. B. günstige Produktion und gleichzeitig Umweltschutz oder die Forderung nach «High Performance Teams» und gleichzeitiger «Work Life Balance», führen zu Mehrdeutigkeiten und damit auch zu Komplexität für das Management. Aufgabe des Managements ist es, mit diesen Spanungsfeldern umzugehen und integrative Lösungen und Vorgehensweisen zu definieren.

[33] Verschiedene Autoren identifizieren Managementpraktiken und Instrumente um Grenzen (Boundaries) zwischen den einzelnen «Professional Communities» und Disziplinen zu überwinden (vgl. Spee & Jarzabkowski, 2009; Levina & Vaast, 2005). So zeigt sich, dass die Nutzung von Praktiken und Instrumenten, wie z. B. moderierte Zukunfts-Workshops oder die Nutzung von Arbeitsinstrumenten wie die Anwendung von Geschäftsplanungssystematiken (Business Planning) oder auch Management-Modelle wie das SGMM, die Integration der Sichtweisen erleichtert.

Weitere Ansätze für die Förderung einer integrativeren Sichtweise (z. B. im Bereich der Strategietheorie) betonen, dass es wichtig ist, die richtigen Fragen zu stellen. So erklären Nickerson und Argyres (2018), dass es für die Vermeidung von sog. Typ III Problemen notwendig ist, eine sorgfältige Problemformulierung vorzunehmen. Als Typ III Probleme wird in dieser Kategorisierung die Situation bezeichnet, wenn Lösungen für das falsche Problem entwickelt werden, d. h. wenn das eigentliche Problem gar nicht identifiziert werden konnte. Integratives Management wird durch das breite, unkonventionelle Fragen erleichtert und stimuliert.

Wichtig ist dabei auch die Arbeit in Gruppen, die möglichst divers (in innerbetrieblichem Kontext z. B. aus verschiedenen Funktionsbereichen und aus unterschiedlichen Kulturen, Geschlechtern, usw.) zusammengesetzt sind und bei denen «Groupthink» (d. h. eine zu starke Ausrichtung auf die Bedürfnisse der Gruppe und insbesondere auf die Harmonie der Gruppe) vermieden wird. Es braucht den Austausch über die verschiedenen Perspektiven der einzelnen Gruppenmitglieder auf das Problem.

Einführung in die Managementlehre

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