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6.
ОглавлениеZwischen von jungen Fichten überwucherten Felsblöcken hindurch und über umgestürzte Stämme kämpften wir uns das Flusstal hinab. Mit unserem Lastesel kamen wir nur langsam voran. Fedurin beharrte auf seinem eigenen Weg zwischen schneebedeckten Steinen und Geröll. Irgendwann hörte Kat auf, an der Halfterleine zu zerren und ließ den Esel vorangehen.
Wieder und wieder hallte Geschützdonner aus dem Tal herauf. Beklommen stiegen wir abwärts. Die rumpelnden Donnersalven weckten in mir die Vorstellung, in eine fremdartige, unbekannte Hölle hinabzusteigen. Sven und Lyana schien es ähnlich zu gehen. Wir wechselten unruhige Blicke. Aeolins Gesicht wirkte versteinert. Kat ging gefasst mit zusammengepressten Lippen neben Fedurin her.
Nach einer Stunde mühseligen Abstiegs verbreiterte sich das Tal. Zwischen von den Talwänden heruntergebrochenen Felsen stand dichtes Buschwerk. An vielen Stellen war das Geäst so dicht, dass der frisch gefallene Schnee es vollkommen zudeckte. Wir blickten uns nach einem gangbaren Weg durch das überwucherte Tal um, als Aeolin und Lyana innehielten. Lyana machte Kat, Sven und mir ein Zeichen, still zu sein. Mit zusammengekniffenen Augen spähten die Elbenmädchen zwischen den verschneiten Fichten hindurch.
„Rauch,“ erklärte Aeolin leise, „von mehreren Lagerfeuern. Keine hundert Schritt entfernt unter uns im Tal.“
Kat zeigte auf die Felswand zur Linken. „Vielleicht können wir uns zwischen den Felsblöcken und der Talwand hindurchschleichen, bis wir sehen, worum es sich handelt.“
Zwischen der steilen Felswand und großen Felstrümmern klaffte eine von Unterholz freie Lücke, die auf einer Strecke von mehreren Manneslängen breit genug war, um auch für den bepackten Esel noch gangbar zu sein. Aeolin lief voraus und winkte uns dann, ihr nachzukommen. Einer nach dem anderen gingen wir den Spalt entlang. Wo Aeolin auf uns wartete, verbreiterte sich der Spalt zwischen zwei großen Felsblöcken. Eine Lücke führte ins Tal hinaus. Der hintere Felsblock war etwas mehr als mannshoch.
Aeolin deutete hinauf. „Von dort haben wir einen Blick auf die Lagerfeuer, ohne sofort gesehen zu werden.“
Lyana und sie holten Bogensehnen hervor und spannten ihre Bögen auf. Behände stiegen sie auf den Felsen. Kat und ich wechselten einen kurzen Blick und kletterten den beiden hinterher. Sven war die Kletterei im Kettenhemd zu mühsam. Er blieb bei Fedurin.
Die Elbenmädchen lagen vorn an der Kante flach auf dem Felsen. Vorsichtig krochen wir zu ihnen. Vom Felsen aus konnten wir zwischen Fichtenstämmen hindurch den flachen Hang überblicken, über den der Gebirgsbach in die bewaldeten Hügel vor der Ebene hinabfloss. Beim Talausgang war der Waldboden von Unterholz gelichtet worden. Männer und Frauen in schäbiger Kleidung scharten sich um ein halbes Dutzend Lagerfeuer. Es waren auch Kinder dabei. Ein paar Männer hatten lederne Brustpanzer, manche Helme. Nur wenige trugen Schwerter oder lange Dolche. Spieße lehnten an den Baumstämmen. Ich sah auch Bögen und Pfeilköcher. Weiter hinten standen aus Brettern gezimmerte Hütten oder Schuppen. Sie sahen aus, als wären sie schnell und ohne Sorgfalt errichtet worden. Über zweien oder dreien der Lagerfeuer hingen Kessel.
„Ein Flüchtlingslager!“ flüsterte ich.
Kat schüttelte den Kopf. „Für Flüchtlinge sind sie zu gut bewaffnet.“
„Freischärler?“ überlegte Lyana.
„Wenn sie Freischärler wären, würden sie sich nicht im Wald verstecken,“ meinte Kat leise. „Und für Kriegsvolk sind sie wiederum zu schlecht bewaffnet. Nein, ich glaub', das ist Räubergesindel - Plünderer, Wegelagerer der schlimmsten Sorte!“
„Wie geübte Krieger sehen die wirklich nicht aus,“ fand ich. „Aber es sind ziemlich viele. Kommen wir ungesehen an denen vorbei?“
Lyana und Aeolin spähten die Felswand entlang.
Die beiden wechselten einen Blick, dann meinte Lyana: „Kaum möglich. Hinter den Felsen wird es zu eng. Und davor haben wir keine Deckung zum Lager hin. Vielleicht in der Nacht - aber ohne aufzufallen mit dem Esel am Lager vorbei? Wahrscheinlich stellen sie Wachen auf.“
Wir schlichen zurück hinter den Felsen und besprachen die Lage mit Sven.
„Das Flusstal hinauf in die Berge zurück und einen anderen Abstieg suchen?“ überlegte Kat.
Sven runzelte die Stirn. „Schlecht bewaffnetes Räuberpack, sagt ihr? Lassen wir uns von denen einschüchtern? Wir gehen einfach durchs Lager hindurch! Vermutlich werden sie uns in Ruhe lassen, wenn sie unsere Waffen sehen.“
„Sie haben auch Bögen,“ gab ich zu bedenken.
Sven zuckte mit den Achseln. „Wir müssen halt die Augen offen halten.“
Einen Moment lang dachten wir nach.
Dann sagte Aeolin: „Gehen wir!“
„Also gut,“ meinte ich zögernd. „Aber wenn irgend möglich, lasst uns einen Kampf vermeiden. Es sind Frauen und Kinder im Lager.“
***
Männer und Frauen im Lager blickten uns überrascht entgegen, als wir mit dem Packesel zwischen den Felsen hervorkamen. Ein paar Kinder rannten schreiend davon. Wir trugen unsere Helme und Kat und ich hatten die Schilde bereit. Lyana und Aeolin trugen die aufgespannten Bögen in der Hand. Ein paar Männer griffen nach Speeren und kamen uns zögerlich entgegen.
„Den Sternen zum Gruß,“ rief Kat den Männern entgegen, während wir auf sie zumarschierten.
Die Männer blieben stehen. Sie hatten ungepflegte Haare und Bärte. Ihre Hosen und Jacken starrten vor Dreck. Die Füße hatten sie mit dicken Lappen umwickelt.
„Die Sterne grüßen wir nicht,“ rief einer von ihnen. „Wir glauben nicht an sie.“
„Die glauben bloß an die Hölle!“ flüsterte Kat mir zu.
Als wir bei den Männern ankamen, hielten wir an.
„Wir wollen hinunter in die Talebene nach Greifenhorst,“ sagte Kat. „Unterwegs haben wir Geschützdonner gehört. Herrscht noch immer Krieg im Tal?“
Die Männer beäugten uns misstrauisch.
„Was wollt ihr in Greifenhorst?“ knurrte der, der zuerst gesprochen hatte.
Auf seiner Stirn und in seinem dreckigen Haar klebte verschorftes Blut. Die Verwundung konnte noch nicht lange zurück liegen. Kat musterte ihn geringschätzig.
„Das geht euch nichts an,“ schnappte sie zurück. „Wir fragen euch auch nicht, was ihr hier in der Wildnis zu schaffen habt.“
„Wollt ihr Nachschub bringen für die kaiserlichen Truppen?“ rief ein rothaariger Riese drohend aus dem Hintergrund. „Oder für die Truppen von Nordwall?“
„Wir haben mit keiner Truppe der Welt zu schaffen,“ sagte ich. „Wir sind niemandem verpflichtet und gehen unseren eigenen Zielen nach, über die wir niemandem Rechenschaft schuldig sind.“
Die Männer sahen sich an.
„Wenn das so ist,“ sagte der mit der Kopfwunde, „dann seid ihr bei uns willkommen. Wir kämpfen für Freiheit von aller Knechtschaft - gegen die, die sich Herren über andere nennen.“
Kat sah ihm fest in die Augen. „Und gegen die Unterdrückung von Frauen und Mädchen, hoffe ich? Dafür, dass jede Frau über ihr Leben frei bestimmen kann wie ein Mann?“
Verdutzt trat der Angesprochene zurück. Die anderen wechselten fragende Blicke miteinander. Kats Selbstsicherheit schien sie zu verwirren.
„Sicher, dafür auch,“ brummte der Rebell. „Wir kämpfen für die Freiheit aller Menschen.“
Eine unangenehme Pause entstand.
Schließlich meinte einer der Umstehenden: „Warum rastet ihr nicht bei uns? In die Talebene kommt ihr noch früh genug. So gut wie bei uns werdet ihr es unten nicht finden. Der Krieg hat das Tal verwüstet.“
„Gegen eine kräftige Mahlzeit hätten wir nichts einzuwenden,“ meinte Sven.
Ich sah die Blicke, mit denen die Lagerleute unsere Ausrüstung und das Gepäck, ja sogar unsere Stiefel betrachteten, und fühlte mich nicht wohl bei der Vorstellung, länger als unbedingt notwendig im Lager zu bleiben. Während die Männer uns an ein Feuer brachten, tauschten Kat und ich warnende Blicke miteinander. Sie tippte unauffällig an ihr Schwert. Ich nickte. Lyana stieß mich an und deutete seitwärts zwischen die Bäume. An über Kreuz in die Erde gerammten Pfählen sah ich zerschundene, menschliche Körper angebunden. Sie regten sich nicht. Anscheinend waren sie tot oder so gut wie tot. Auch Kat hatte die Körper der Gefolterten bemerkt. Sie biss die Zähne zusammen, aber unseren Begleitern gegenüber ließ sie sich nichts anmerken.
Am Feuer teilten Frauen aus einem Kessel Essen aus. Die Blicke, die uns von den um das Feuer hockenden, mit Fingern und Holzlöffeln essenden Männern zugeworfen wurden, waren nicht freundlich. Alle schienen mehr Augen für unser Gepäck, unsere Waffen und Rüstungen zu haben als für uns. Zwei große Kerle stellten sich neben Fedurin. Einer griff nach der Halfterleine.
„Wir geben eurem Esel Wasser und Heu, setzt euch nur und esst,“ brummte er.
Kat hielt die Leine fest. Sie baute sich vor dem Kerl auf und schleuderte ihm einen drohenden Blick zu. Mit einem Satz war Aeolin an ihrer Seite. Die Hand am Dolchgriff fixierte sie den Mann aus dem Lager. Er ließ die Leine los und die beiden Kerle gingen unsicher einen Schritt zurück. Sven ging auf die beiden zu und musterte sie mit zusammengekniffenen Augen, was sie veranlasste, noch zwei Schritt zurückzuweichen. Lyana und ich sahen uns nach den Seiten und nach hinten um. Männer und Frauen in der Nähe beobachteten, was geschah. Es sah jedoch nicht nach einem unmittelbar bevorstehenden Angriff aus.
„Dieser Esel bleibt bei uns,“ knurrte Sven drohend. „Und ihr alle lasst die Finger von unseren Sachen, sonst gibt's Dresche, verstanden?“
„Ist ja gut, wir wollen euch nichts tun,“ antwortete einer der beiden heiser.
„Da bin ich froh drüber,“ grollte Sven.
Er wandte sich um ging und zum Suppenkessel. „Es tut mir immer leid, wenn ich Leute zusammenschlagen muss.“
Die Frauen am Feuer waren in Lumpen gehüllt und sahen müde und abgezehrt aus. Schweigend füllten sie Holzteller aus dem Kessel und gaben sie uns. Es war ein einfaches Gericht aus Rüben und Linsen. Kat schlang sich Fedurins Leine um den Arm und wir setzten uns so, dass wir den Esel im Auge hatten und uns nach allen Seiten umblicken konnten. Einige Männer setzten sich in unsere Nähe.
„Hat jemand mal einen Löffel?“ brummte Sven.
Stumm bekamen wir Holzlöffel gereicht.
Während er schmatzend seinen Eintopf aß, redete Sven laut drauflos. „Wir kommen von der Küste her durch die Berge. Unterwegs wurden wir von einem Wolfsrudel angefallen. Die Kleine da,“ er deutete auf Lyana, „hat allein ein halbes Dutzend von denen mit dem Messer erledigt. Ein andermal waren wir in einem Kloster eingekehrt, wo sie uns nicht mehr weglassen wollten. Wollten Mönche aus uns machen. Schade um das Kloster - schade um die vielen Mönchsbrüder, die mit verbrannt sind. Tut mir leid, so was.“
Er blickte auf, um festzustellen, wie seine Erzählung wirkte. Seine Zuhörer blickten auf ihre Essschalen. Niemand sah ihm in die Augen. Kat, Lyana und ich sahen uns heimlich verwundert an.
„Passt das mit seiner Ritterehre zusammen?“ flüsterte Kat mir zu.
„Ich glaub', ein Ritter käm' hier nicht gut an,“ flüsterte ich zurück. „Diese Sprache können Sven und ich auch besser - in Brögesand hätte die jeder verstanden!“
„In den Bergen trafen wir auf Höhlenmenschen, die uns mit Speeren und kopfgroßen Wurfsteinen angegriffen haben,“ fuhr Sven fort. „Sind jetzt alle tot. Schade drum, hätte nicht sein müssen. Ich bin ein friedlicher Mensch,“ beteuerte er. „Kann keiner Fliege was zuleide tun. Aber wenn einer mich anfasst oder meine Freunde, das kann ich nicht haben, da seh' ich rot.“
„Da braucht ihr bei uns keine Sorgen zu haben,“ sagte ein stämmiger Alter mit weißem Haar und stoppeligem Bart. „Bei uns will sich niemand bereichern. Wir teilen alles, was wir haben miteinander und mit allen Gleichgesinnten. Nur die Reichen, die Adeligen und Könige, die dem einfachen Volk die letzten Erntevorräte und das letzte Vieh aus den Ställen stehlen, die unsere Söhne zur Fronarbeit zwingen, sie unter die Soldaten stecken und unsere Töchter rauben, um sie als Mägde gewaltsam in ihre Dienste zu nehmen, die bekämpfen wir bis aufs Blut und wir werden nicht ruhen, bis die letzte Burg geschleift, der letzte Adlige aufgehängt ist!“
Kat betrachtete die zerlumpten Gestalten mit unverhohlenem Abscheu.
„Allzu viel habt ihr den Feldschlangen des Kaisers, seinen Hellebardieren und Musketieren ja nicht entgegenzusetzen,“ sagte sie mit kaum verbrämtem Spott.
„Es ist nur eine Frage der Zeit,“ rief ein rothaariger Recke in einem Lederbrustpanzer. „In ganz Greifenhorst haben die Bauern sich erhoben. Dem Widerstand des einfachen Mannes müssen die Heere der Mächtigen weichen. Ein Feuersturm wird sich entfachen, dem kein Land der Welt sich entziehen kann!“
„Dann kämpft das Heer des Kaisers in der Talebene gegen aufständische Bauern?“ wollte Kat wissen.
„Das kaiserliche Heer kämpft gegen die Söldnertruppen der Stadt Nordwall,“ antwortete der weißhaarige Alte. „Was ihr gehört habt, ist die Beschießung der Stadtmauern. Seit Monaten geht die Belagerung nun schon. Die Nordwaller kämpfen gegen den Kaiser und gegen den Fürsten von Greifenhorst, dem sie nicht mehr tributpflichtig sein wollen. Der Fürst kämpft gegen die Heere der Bauern und die Bauern kämpfen gegen alle anderen, sogar gegen uns, obwohl wir das gleiche wollen wie sie, die Freiheit aller Menschen und ihr Recht auf Leben und Auskommen. Aber viele reiche Bauern wollen ihre Kornkammern nicht mit ihren armen Brüdern teilen. Wir kämpfen dafür, dass jeder genug haben soll und jeder seine Habe mit allen anderen teilt.“
„Das sind hehre Ziele,“ sagte Kat verächtlich. „Freiheit und Recht auf Leben - gilt das auch für die Totgefolterten da hinten?“
„Die?“ Der Rothaarige verzog mitleidlos das Gesicht. „Das sind bloß Bauernschurken, die ihre Vorräte nicht mit uns teilen wollen. Sie verraten nicht, wo sie ihre Ernte versteckt haben. Eher sterben sie, diese Teufel, schreien immerzu, sie hätten nichts!“
Ich stellte meinen Schale ab. Mir war schlecht. Auch die Gefährten schoben ihre zur Hälfte geleerten Schalen weg.
„Wir müssen jetzt weiter,“ sagte Kat trocken.
Wir standen auf. Auch die Männer, die bei uns gesessen hatten, erhoben sich.
„Wollt ihr nicht über Nacht bleiben?“ fragte der Weißhaarige. „Unten in der Ebene lauft ihr nur den Soldaten in die Arme. Die nehmen euch alles ab, was ihr habt und schlagen euch obendrein noch tot.“
„Da braucht ihr euch keine Sorgen zu machen,“ lächelte Sven mit blitzenden Zähnen. „Wir sind so schnell nicht tot zu kriegen.“
Männer sammelten sich um uns. Ich sah Schwerter, Spieße und Dolche, hier und da auch einen bereitgehaltenen Bogen.
„Achtung,“ murmelte Kat trocken.
Kat und ich zogen blank. Mein Schwert glühte blau auf. Ich war nicht überrascht. Lyana und Aeolin spannten mit raschen Bewegungen ihre Bögen. Der Rothaarige trat mit gezogenem Dolch auf uns zu. Hinter ihm drängten die Männer heran.
„Wir wollen euch nichts tun,“ sagte der Rothaarige heiser. „Obwohl wir in der Überzahl sind. Nehmt eure Waffen runter. Wir achten eure Freiheit. Ihr könnt gehen, wohin ihr wollt. Nur die Sachen, die ihr mitschleppt, die müsst ihr hier lassen. Wir benötigen sie dringender als die Soldaten des Kaisers. Wenn ihr vernünftig seid, geschieht euch nichts.“
Er trat noch einen Schritt näher.
„Und die Stiefel!“ schrie jemand. „Die Stiefel ausziehen!“
Sven ging mit einem schnellen Schritt auf den Rothaarigen zu.
„Was?“ fragte er lächelnd.
„Du hast mich schon verstanden,“ knurrte der Recke.
„Was?“ Diesmal klang es drohend.
Der Rothaarige hob zögernd den Dolch. Er kam nicht dazu, noch etwas zu sagen. Ein Fausthieb schleuderte ihn zwischen die hinter ihm Stehenden. Er brach blutüberströmt zusammen. Wütendes Gebrüll hob an. Zwei junge Männer, die mit Schwertern fuchtelnd auf uns zu stürzten, hieb Kat mit schnellen Schwertschlägen nieder. Ein Bogenschütze brach aufheulend zusammen. Aeolins Pfeil stak in seinem Auge.
„Macht, dass ihr wegkommt, schert euch zum Teufel, Bettelpack!“ donnerte Svens Stimme über den Platz.
Mit schwingenden Fäusten streckte er zwei weitere Männer nieder. Die anderen stolperten davon.
„Pfui!“ Kat spuckte auf den Boden aus. „Der letzte Abschaum! So was hab ich noch nicht erlebt!“
Die Niedergeschlagenen wälzten sich mit zerschmetterten Kiefern und klaffenden Schwertwunden am Boden. Ein von Kats Schwert Getroffener spuckte röchelnd Blut, bevor er in zuckenden Krämpfen starb. Wachsam sahen wir uns um. Die Lagerbewohner hatten sich in die Baracken und zwischen das Unterholz am Rand des Lagers zurückgezogen. Der Platz unter den Fichten war leer. Nur ein paar Hühner liefen zwischen den Lagerfeuern umher.
Wir nahmen Fedurin in die Mitte und gingen nach allen Seiten Ausschau haltend langsam dem Hang zu.
„Passt auf, dass wir nicht noch in einen Hinterhalt geraten,“ meinte ich.
„Wenn sie wenigsten offen ihre Räuberei zugeben würden,“ schimpfte Kat. „Aber das ganze noch mit edlen Worten zu verbrämen...“
Sie blieb abrupt stehen und hielt die Luft an. Warum sah sie mich so glasig an? Ich hörte die Bogensehnen der Elbenmädchen sirren. Irgendwo schrie jemand erstickt auf. Kat tastete mit schmerzverzerrtem Gesicht nach einem Pfeil in ihrem Rücken.
„Ihr Götter!“ keuchte sie.
Ich fuhr herum. Plötzlich waren da rote Schlieren in meinem Gesichtsfeld. Rasende Wut packte mich. Im Augenwinkel sah ich Aeolin in rascher Abfolge Pfeile schießen. Kat ging in die Knie. Lyana hockte sich neben sie.
„Gebt uns Deckung!“ rief sie.
„Voris! Ihr elenden Arschlöcher! Voris! Scheiße nochmal!“
Es war meine eigene Stimme, die ich schreien hörte. Flammenwände schossen zwischen den Büschen empor. Gellende Entsetzensschreie von Männern, Frauen und Kindern drangen wie von fern an mein Ohr. Ich achtete nicht darauf. Sie hatten Kat angeschossen!
„Voris!“
Die Baracken gingen in Flammen auf. Panik- und Todesschreie. Zwischen den Bäumen rannte eine Gruppe von Männern, Frauen und Kindern.
„Amreg Chtah!“
Ein Blitzschlag krachte mitten unter sie. Menschliche Körper flogen nach allen Seiten, lagen zuckend am Boden. Ihre Kleider schwelten. Irgendwo schrie ein Kind im Todeskampf.
***
Brandgeruch lag über der Lichtung. Irgendwo röchelten Sterbende, schrien Schwerverletzte um Hilfe. Ich wollte zu Kat stürzen, sie in die Arme nehmen, aber Aeolin hielt mich am Arm.
„Lass - deine Blutsschwester kommt zurecht!“
Sven kniete am Boden und stützte die nach Luft ringende Kat. Fedurins Leine hatte er sich um den Arm geschlungen. Mit angstgeweiteten Augen riss der Esel am Strick. Lyana zog den blutigen Pfeil aus Kats Lederjacke.
„Nur ein Jagdpfeil, Vendona sei Dank!“
Kat tastete unter ihrer Jacke nach der Wunde und murmelte einen Heilzauber. Ihr Gesicht war blass.
Aeolin starrte mich an. „Mein Bruder hat das ganze Räuberlager allein niedergemacht. Männer, Frauen und Kinder!“
Außer Atem sah ich mich um. Gegen meinem Willen schossen mir Tränen in die Augen.
„Die verdammten Schweine!“ heulte ich. Ich schrie wie von Sinnen, von Grauen und Wut gepackt. „Die verdammten Schweine! So eine verfluchte, elende Scheiße! So eine Scheiße nochmal!“
***
Wir zogen durch den Wald flussabwärts. Auf einer vom Unterholz freien Stelle setzten wir uns ans Flussufer in den Schnee. Kat verzog das Gesicht, während sie sich vorsichtig niederließ. Sie unterdrückte ein Stöhnen.
„Geht's?“ wollte Lyana wissen.
„Ist schon in Ordnung,“ meinte Kat gepresst.
Oberhalb von uns hing schwarzer Rauch über dem Wald.
Sven blickte grimmig auf den vereisten Fluss. „Im nächsten Wirtshaus brauch ich einen Becher Branntwein - besser zwei!“
Kat schnaubte verächtlich. „Wenn das Fürstentum in offenem Aufruhr ist, kannst du das vergessen! Jeder Gasthof in der Gegend wird ausgeplündert sein und gebrandschatzt. Da wette ich mit dir.“
Sven seufzte. Ich schwieg verbissen.
Nach einer Weile knurrte Kat: „Du hast sie doch in den grellsten Farben gewarnt, Sven. Warum haben die Schwachköpfe uns nicht geglaubt?“
„Vielleicht war der Pfeil nur aus Nervosität von der Sehne geschnellt - ohne, dass sie wirklich angreifen wollten,“ flüsterte Lyana.
„Können wir mal über was anderes reden, ja?“ polterte ich los.
Kat seufzte. „Na, kommt. Sehen wir zu, dass wir in die Ebene hinunterkommen. Wir sollten versuchen, für die Nacht ein Dach über den Kopf zu finden. Mitten im Kriegsgebiet auf offenem Feld zu kampieren wär' keine gute Idee.“
***
Am späten Nachmittag erreichten wir die Talebene. Bevor wir den Wald hinter uns ließen, spähten Aeolin und Lyana nach Wild aus, fanden jedoch keins.
„Keine Fährten, keine Losung, nichts,“ wunderte sich Lyana. „Der Wald auf dieser Seite der Berge ist wie ausgestorben.“
„Wahrscheinlich ist alles, was sich im Wald geregt hat, längst in irgendwelchen Kochtöpfen gelandet,“ vermutete Kat.
„Dann wird's heute mau mit dem Abendessen,“ seufzte Sven.
„Ein paar Handvoll Esskastanien haben wir noch,“ erinnerte sich Aeolin.
Wir kamen am westlichen Ende der Greifenhorster Talebene aus dem Gebirge herab. Einen halben Tagesmarsch zu unserer Linken warfen sich hohe Hügel vor verschneiten Gebirgsgraten zu einem Vorgebirge auf. Zwischen den Hügeln verengte sich die Ebene zum Flusstal. Ein breiter Fluss wand sich von dorther durch die Ebene nach Osten. Gegenüber, zwei Tagereisen entfernt, begrenzten hohe Berge die Ebene. Vor einem Einschnitt, der sich weit ins nördliche Gebirge hineinzog, stand eine Festung auf einem Vorhügel. Fahnen wehten auf den Türmen. Jenseits der Berggipfel erhob sich ein einsames Massiv steil über die umliegenden Gipfel. Seine schneebedeckten Flanken glänzten im Licht der tief stehenden Nachmittagssonne.
Kat deutete auf den einen Tagesmarsch entfernten Fluss. „Der Drur. Der nördlichste Fluss des Reichs. Hinter dieser Ebene liegt unerforschtes Land. Über die unbekannten Gebirgszüge im Norden haben einige Kartografen geschrieben: „Jenseits von hier wohnen Drachen“.“
„Woher weißt du das alles?“ wollte ich wissen.
Leise antwortete sie: „Andreas Amselfeld hat es mir erklärt.“
„Seht mal, der gewaltige Berg dort hinten,“ rief Sven. „Wenn das nicht der hohe Schneeberg ist!“
Kat spähte zu dem steilen Massiv vor dem Horizont. „Möglich wäre es.“
„Der Taleinschnitt hinter der Festung würde in die richtige Richtung führen,“ überlegte ich. „Und dass der Einschnitt von einer Festung bewacht wird, kann nur bedeuten, dass dort feindliche Völker wohnen – Zwerge!“
„Das würde mit dem übereinstimmen, was Zosimo über die Berggegenden erzählt hat, jenseits derer die toten Berge liegen,“ fand Lyana. „Er hat auch von einem unterirdischen Gang erzählt, der von Kurmuk Dakar in die Greifenhorster Ebene führen soll...“
„Und in den Jahrtausenden, seit die toten Berge von den Zwergen verlassen sind, mit Sicherheit eingebrochen und verschüttet ist,“ meinte Kat.
Aeolin blickte uns entschlossen an. „Gehen wir den Taleinschnitt herauf. Oben am Ende des Einschnitts werden wir schon einen Weg finden in die toten Berge.“
Kat betrachtete die Elbenkriegerin mit verhaltenem Zweifel.
Ich betrachtete das vor uns liegende Land. In der flachen, verschneiten Ebene standen umgebrochene Gatterzäune. Früher mussten sich hier Viehweiden erstreckt haben. Schräg zur Rechten lagen die Ruinen eines Dorfs. Die meisten Dächer waren eingebrochen, Hausmauern niedergerissen. Weiter östlich führte eine Holzbrücke über den Fluss, den Kat den Drur nannte. Auf der gegenüberliegenden Seite der Brücke stand ein zweistöckiges Gebäude, aus dessen Schornstein Rauch stieg. Auf unserer Seite erkannte ich eine Rauchfahne, womöglich von einem offenen Lagerfeuer. Flussabwärts im Osten, knapp zwei Tagereisen entfernt, erhoben sich am Fluss die Mauern einer Stadt. Eine steinerne Brücke führte vom anderen Ufer zur Stadtmauer herüber. An mehreren Stellen stiegen dicke Rauchwolken aus der Stadt auf. Vor den Mauern sah ich die Zelte eines Heerlagers.
Lyana stieß mich stumm an und deutete zum Gebirge hinter uns zurück. Ein paar Wegstunden entfernt quoll Rauch aus den Mauern einer Burg auf einem vorgelagerten Hügel. Flammen schlugen aus dem Rundturm. Wie schwarze Ameisen kletterten Männer auf langen Leitern die Mauern hoch. Ob es Soldaten, bewaffnete Bauern oder Freischärler waren, konnte ich auf die Entfernung nicht erkennen.
„Das ganze Land scheint verwüstet und in Flammen,“ murmelte ich.
„Wir können es nicht ändern,“ meinte Kat bitter.
Ich blickte zu den Dorfruinen hinüber. „Wollen wir uns in dem verlassenen Dorf da vorne einen Unterschlupf für die Nacht suchen? Viel weiter kommen wir heute ohnehin nicht mehr.“
***
Nach einer Stunde Marsch querfeldein über umgestürzte, zerbrochene Gatterzäune erreichten wir die Dorfruinen.
„Die Fratze des Krieges!“ raunte Kat, während wir zwischen den niedergebrannten Gehöften hindurchgingen. „Es heißt immer, der Kaiser führt Krieg, um seine Untertanen zu schützen - aber das hier ist es, was Krieg wirklich bedeutet.“
Irgendwo zwischen den Ruinen bellte ein Hund. Wir wechselten überraschte Blicke.
„Sieht aus, als wenn das Dorf doch nicht ganz verlassen ist,“ meinte ich.
Vor einer Bauernhütte, deren Dach zur Hälfte eingebrochen war, stand ein magerer Hund und bellte uns wütend entgegen. Fedurin stemmte alle viere in den Boden und glotzte das Tier an.
„Ist ja gut,“ redete Kat auf den Hund ein. „Wir tun deinen Leuten nichts - falls hier überhaupt noch Menschen sind.“
Die niedrige Haustür wurde von innen geöffnet. Der Mann, der zu uns heraushinkte, war in bloße Fetzen gekleidet. Das Gehen schien ihm Schmerzen zu bereiten. Sein Alter war schwer zu schätzen. Ich vermutete ihn dreißig bis vierzig Jahre alt. Sein Haar fing bereits an, grau zu werden, das Gesicht war voller Sorgenfalten. Müde schaute er uns entgegen.
„Mögen die Sterne euren Vorhaben Gelingen schenken,“ sagte er schleppend, als sage er eine auswendig gelernte Litanei auf. „Ihr seid nicht die ersten, die hier vorbeikommen. Ich hätte euch gerne mit allem versorgt, was ihr begehrt. Wir geben euch, was wir haben, aber es ist nicht mehr viel da.“
„Du siehst aus, als wenn du selber nicht genug zum Leben hast,“ sagte Kat. „Was willst du da noch teilen?“
„Die Sterne mögen meine Zeugen sein, was du sagst, ist wahr, edle Frau,“ murmelte der Mann.
Schicksalsergeben blickte er uns einen nach dem anderen an. „Und wenn ihr die gesamte Hütte durchwühlt und den Boden zwei Manneslängen tief umgrabt, selbst wenn ihr mir die Haut vom Rücken zieht, ihr werdet nichts finden. Es ist alles geplündert und gestohlen. Aber wir geben euch, was wir an Essen haben, weil ihr Hunger habt von eurer Fahrt.“
Angewidert sahen wir uns an. Der Mann betrachtete uns unruhig. Die Angst in seinen Augen war nicht zu übersehen.
Kat seufzte. „Wir suchen nur einen Unterschlupf für die Nacht, um nicht auf freiem Feld übernachten zu müssen. Sonst brauchen wir nichts, guter Mann.“
Der ausgeplünderte Bauer zeigte auf einen Schuppen mit unzerstörtem Dach. „Dort im Heu haben öfters Soldaten, Freischärler oder Rebellen übernachtet. Das Heu ist nicht mehr frisch, aber es ist Platz für euch alle, ihr edlen Herrschaften.“
„Danke, das wird uns genügen,“ sagte Lyana.
Kat betrachtete den Mann. Sie wollte ihn etwas fragen, aber bevor sie dazu kam, kam ein in Lumpen gehüllter Junge aus der Hausruine. In der Hand hielt er eine flache Tonschale mit ein paar Brotkanten.
„Das ist alles, was meine Speisekammer hergibt,“ murmelte der Bauer. „Ihr sollt nicht glauben, ich verstecke etwas vor euch.“
Kat stöhnte auf.
„Kochen tun wir erst, wenn es dunkel wird,“ sagte der Mann hastig. „Wir wollen keine ungebetenen Gäste durch den Rauch anlocken. Es gibt Brennnesselsuppe. Aber ich kann meiner Frau sagen, dass sie gleich kochen soll, wenn ihr es wünscht.“
Der Junge hielt uns die harten Kanten hin. In seinen Augen stand Angst. Sven holte tief Luft. Er trat einen Schritt auf den ausgeplünderten Bauern zu.
Der Dörfler zuckte zusammen. „Erbarmen, Herr, meine Frau ist krank, es geht ihr nicht gut,“ schrie er in plötzlicher Panik. Er wand sich Hände ringend vor Sven. „Schlagt mich tot, macht mit mir, was ihr wollt, alles, was ich habe, gebe ich euch, aber, bitte, lasst meine Frau! Sie hat zu viel erlitten, sie ist ganz krank!“
Kat sog scharf Luft ein. Wuttränen traten ihr in die Augen.
„Halt den Mund, Mann, du beleidigst uns!“ donnerte Sven.
„Erbarmen, hoher Herr!“ kreischte der Bauer.
Er fiel vor Sven auf die Knie.
„Du beleidigst uns, wenn du uns für Plünderer und Frauenschänder hältst!“ brüllte Sven.
Kat trat neben ihn und legte ihm die Hand auf den Arm. Voller Entsetzen sah der Bauer zwischen den beiden hin und her. Er schien verzweifelt zu versuchen, herauszufinden, was von ihm erwartet wurde.
„Du sagst, deine Frau ist krank?“ fragte Kat den Bauern.
Währenddessen redete Lyana zu dem mageren Jungen. Aeolin suchte irgendetwas in den Gepäcktaschen.
„Es ist, wie der edle Herr sagt,“ krächzte der Dörfler. „Sie ist geschändet worden, mehrmals!“
„Ich bin Feldscherin,“ sagte Kat. „Bring mich zu ihr. Ich will sehen, ob ich ihr helfen kann.“
Der Bauer sah sie und Sven an, als müsse er den Verstand verlieren.
„Ja, edle Frau,“ stotterte er.
Während Kat ihre Arzttasche aus den Gepäck holte, legte Aeolin dem Jungen einen schmalen Streifen Dörrfleisch in die Schale, wo auch immer sie das Fleisch hergezaubert hatte.
„Bring das deiner Mutter,“ sagte sie.
Der Junge starrte sie verständnislos an. Er schien nicht begreifen zu können, was geschah. Dann rannte er in die Hausruine. Kat ging ihm mit dem Bauern nach.
„Wartet hier!“ rief sie uns zu.
***
Im schütteren Licht eines Kienspans hockten wir mit dem Bauern, seiner Frau und dem Jungen im einzigen unversehrten Raum des Hauses um die Herdstelle und löffelten Brennnesselsuppe mit gerösteten Kastanien, gewürzt mit Salz aus Lyanas Vorrat. Die Bauersfrau war hager und sehr blass. Von den dreien konnten ihre Lumpen noch am ehesten als Kleider bezeichnet werden. Sie sagte den ganzen Abend über kein Wort und blickte nur stumm vor sich hin. Kat saß neben ihr. Mordlust flackerte in ihren Augen.
„Warum seid ihr nicht geflohen, wie die anderen aus dem Dorf auch?“ fragte Sven den Bauern.
„Alle, die geflohen sind, sind auf offenem Feld ausgeplündert worden, erfroren oder erschlagen worden,“ meinte der Bauer müde. „Ich glaube nicht, dass auch nur ein einziger die Straße ins Reich hinunter erreicht hat. Die in den Wald geflohen sind, wurden dort ausgeraubt und erschlagen. Und die, die sich dem Kriegsvolk oder den Bauernhaufen angeschlossen haben, um selber andere auszuplündern und zu erschlagen, können dort genauso gut ihr Leben verlieren oder verhungern. Warum sollen wir nicht hier bleiben? Der Tod kann uns ebenso hier erwischen oder an uns vorübergehen wie anderswo.“
Nach dem kargen Essen zogen wir uns in den Schuppen zurück, wo Fedurin bereits untergebracht war. Er hatte beleidigt und angewidert den Kopf geschüttelt, als er das muffige Heu zu Gesicht bekam, aber Kat hatte ihm nicht ganz so verbrauchte Schichten aus den Ecken zusammengerauft und gemeint: „Was besseres gibt's hier nicht, alter Junge, wir sind in Kriegsgebiet. Wir haben selber nichts Ordentliches zu essen.“
Fedurin guckte beleidigt zur Seite. Er ahnte wohl, dass wir vorhatten, die Kastanien zu essen, die sonst sein Futter gewesen wären.
Wir legten Filzdecken übers Heu und breiteten unsere Wolldecken darüber. Kat leuchtete uns mit magischem Licht. Anschließend leuchtete ich uns, während sie ihre Pfeilwunde reinigte und mit einem Heilzauber behandelte.
Immer noch fassungslos meinte sie: „Denen fehlt alles hier, selbst das Allernötigste - Decken, Kleidung, Essen, Medikamente - nur Feuerholz haben sie. Das können sie sich zur Genüge aus den Ruinen rings umher beschaffen. Aber tagsüber können sie nicht heizen, weil der Rauch sie verraten würde und sie erneut ausgeplündert, geprügelt und vergewaltigt würden.“
Während wir anderen unter die Decken krochen, holte Kat die zwei verbliebenen Filzdecken aus dem Gepäck. „Ich bringe ihnen die beiden Decken. Für uns fünf reichen zwei Filzdecken aus.“
Fedurin hatte sich sofort aufs Heu niedergelassen, als wir den Schuppen betreten hatten. Als Kat zurückkam und zwischen Sven und mir unter die Wolldecken kroch, stand der Esel mühsam wieder auf. Er schnaubte beleidigt.
Ich starrte in der Dunkelheit nach dem eigenwilligen Tier. „Was hat er denn?“
„Du bist ein kluges Tier, Fedurin,“ meinte Kat, „aber von uns braucht keiner Wache zu halten. Der Hund des Bauern wacht draußen.“
Fedurin blieb störrisch stehen. Hunden traute er anscheinend nicht.
***
Mitten in der Nacht weckte mich Hundegebell. Fedurin gab ein leises, knurrendes Eselwiehern von sich.
„Schon gut, wir sind schon wach,“ flüsterte Kat.
Vorsichtig ließ ich einen blassen magischen Lichtschimmer aufleuchten. Die besorgten Gesichter der Gefährten traten aus der Dunkelheit. Vor dem Schuppen bellte der Hund. Wir nahmen hastig Waffen, Helme und Schilde auf. Mein Schwert glühte blau, bevor ich es in die Gürtelschlaufe schob. Entschlossen blickten wir uns an. Dann schob ich vorsichtig die Schuppentür auf.
Im fahlen Licht der dünnen Mondsichel kam eine Gruppe Bewaffneter zwischen den Ruinen die Dorfstraße herab. Ich sah Helme, Schilde, Spieße und Schwerter. Es waren etwas mehr als ein Dutzend Kämpfer. In der Dunkelheit konnte ich nur ihre Silhouetten sehen.
Der Bereich vor dem Schuppen lag in vollkommener Schwärze. Wir schlichen hinaus und stellten uns vor der Schuppenwand auf. Die noch über einen Steinwurf entfernten Männer schienen uns nicht bemerkt zu haben. In der Ruine des Bauernhauses hörte ich eine Tür knarren. Offenbar waren die Bewohner ebenfalls wach. Wenn sie klug waren, verbargen sie sich irgendwo in den Ruinen. Der Hund bellte wie rasend.
„Gleich niedermachen, oder erst anquatschen und dann niedermachen?“ zischte Kat.
„Erst versuchen, mit ihnen zu reden,“ flüsterte Lyana. „Vielleicht patrouillieren sie nur durchs Dorf, um Ausschau nach Plünderern oder Wegelagerern zu halten.“
Kat fauchte: „Ich bete dafür, dass du deinen Glauben an das Gute im Menschen behältst.“
Die Truppe blieb stehen. Der vorderste hob eine Waffe.
„Vorsicht,“ zischte Kat.
Wir hoben die Schilde. Der Hund japste und stürzte zuckend zu Boden. Ein Armbrustbolzen war ihm durch den Leib gefahren und stak hinter ihm im vereisten Boden.
„Sofort angreifen!“ sagte Aeolin.
Sie spannte ihren Bogen.
„In Ordnung,“ murmelte ich.
Ich konzentrierte mich. Aeolins Pfeil sirrte von der Sehne. Der Armbrustschütze taumelte. Er ließ seine Waffe fallen. Einige der Männer brüllten überrascht auf. Seitlich von ihnen flackerte eine bläuliche Lichterscheinung. Mit einem Zischen verschwand sie wieder. Aus der Gruppe war ein Angstschrei zuhören.
Kat starrte mich an. „Was sollte das?“
„Mist,“ murmelte ich. „Hat nicht geklappt.“
Der Armbrustschütze wand sich am Boden. Die anderen waren vor meiner Leuchterscheinung zurückgewichen. Sie waren für den Moment abgelenkt. Lyana und Aeolin zielten mit ihren Bögen auf die Gruppe.
„Also was jetzt?“ knurrte Kat. „Greifen wir an oder nicht?“
„Ich versuch's noch ein letztes Mal,“ meinte ich.
„Amreg Chtah!“
Ein gleißender Lichtblitz fuhr mit ohrenbetäubendem Krachen in die Gruppe. Körper wurden in alle Richtungen geschleudert. Todesschreie. Zur Sicherheit schickte ich eine Feuerwand über die sich am Boden Wälzenden hinweg. Danach war nur noch vereinzeltes Röcheln zu hören. Ich jagte eine zweite Feuerwalze zwischen den Ruinen hindurch.
Stille. Geruch von verbranntem Fleisch. Meine Gefährten sahen zur Seite. Nur Aeolin blickte mir fest ins Gesicht.
„Sie haben den Hund getötet!“ Mir war selber nicht klar, warum ich das sagte.
***
Zum Frühstück teilten wir unseren Gerstenkaffee mit dem Bauern, seiner fiebernden Frau, die Kat ein weiteres Mal behandelt hatte, und ihrem Jungen. Sven bot dem Bauern seine Pfeife an und rauchte abwechselnd mit Kat ihre Pfeife. Die Frau schob uns mit drängenden Blicken die Brotkanten zu, aber Kat meinte, sie solle ihrem Jungen und sich selbst lieber eine Brotsuppe daraus kochen. Wir hätten in den Bergen Wildbret zur Genüge gehabt und seien noch satt davon. Was nicht völlig falsch war.
„Habt ihr Saatgut versteckt?“ fragte Kat den Bauern.
Der grauhaarige Mann schüttelte den Kopf. „Sie hätten uns totgefoltert, wenn ich's nicht rausgerückt hätte.“
Kat blickte grimmig in die Herdglut. „Andere sind totgefoltert worden, obwohl sie es hergegeben haben.“
Dann sah sie dem Bauern ins Gesicht. „Du wirst in die Schuldknechtschaft gehen müssen, um neues Saatgut zu bekommen, wenn der Krieg vorbei ist.“
Er zuckte hoffnungslos die Achseln. „Besser Sklave als tot. Wenn nur mein Junge überlebt - und meine Frau.“
Kat schenkte der Bauersfrau ihr dunkelgrünes Kleid, als wir aufbrachen. Die hagere Frau weinte, als sie es in den Händen hielt. Auch Kat hatte Tränen in den Augen. Die Stimme versagte ihr und sie umarmte die ältere Frau stumm.
Lyana gab dem Bauern einen Beutel mit Kupfermünzen. „Verstecke es gut und kauf dir im Frühjahr Saatgut davon sobald der Krieg vorbei ist.“
„Ihr müsst von den Göttern gesandt sein!“ brachte der Bauer hervor.
„Wir sind den Dämonen der Hölle entkommen,“ antwortete Kat. „Von den Göttern wissen wir nichts.“
Mit einem Blick auf Aeolin und Lyana fügte sie hinzu: „Jedenfalls ich nicht...“
***
Wir verließen das Ruinendorf in nordöstlicher Richtung. Wir schlugen einen Umweg zwischen den zerstörten Gehöften hindurch ein, um nicht an den verbrannten Leichnamen vorbeigehen zu müssen. Seit dem frühen Morgengrauen wummerte in der Ferne der Donner der Belagerungsgeschütze.
Kat starrte bitter vor sich hin. Sie achtete nicht darauf, dass Fedurin immer wieder versuchte, in ihren Jackensaum zu beißen.
„Die Bäuerin hat Syphilis,“ sagte sie dumpf. „Wahrscheinlich wird sie daran sterben.“
Sie sah mich herausfordernd an. „Kennt Ligeia keine Arznei gegen die Syphilis? Sie wollte mir doch das Rezept für die Schimmelpilz-Arznei gegen Schwindsucht geben, wenn wir ihr die verfluchten Zwergensprüche gebracht haben.“
Ich war mir nicht sicher, ob sie im Ernst redete und antwortete lieber nichts.
Vor uns erstreckten sich schneebedeckte Äcker bis an den Fluss. Die Hecken zwischen den Ackerfeldern waren an vielen Stellen niedergetreten. In der Ferne verschwanden die Mauern Nordwalls hinter Wolken von Pulverrauch.
„Wie lange kann eine Stadt einer solchen Belagerung standhalten?“ überlegte ich.
„Monate, wenn die Mauern halten,“ meinte Kat. „Sogar Jahre, wenn sie genug Vorräte und Munition in der Stadt haben. Häufig werden die Belagerungstruppen von Sumpffieber und Ruhr aufgerieben, bevor die Belagerten drinnen verhungern.“
Lyana kam auf praktischere Probleme zu sprechen. „Wir müssen über den Fluss nach Norden. Wenn er nicht komplett zugefroren ist, ist die Brücke dort eine Tagereise entfernt die einzige Möglichkeit, hinüberzukommen.“
„Das große Haus auf der anderen Seite der Brücke, was kann das sein?“ fragte Aeolin.
„Eine Mühle vielleicht,“ meinte Kat.
„Ein Gasthof!“ seufzte Sven.
Aber Kat meinte nur: „Mach dir keine Hoffnungen. Wenn es wirklich einer ist, ist er mit Sicherheit von Soldaten oder Freischärlern gleich welcher Seite in Beschlag genommen. Da wirst du keine Krume Brot und keinen Tropfen Bier bekommen!“
„Die Brücke wird auch bewacht sein,“ vermutete ich.
Wir folgten einem Ackerweg zwischen Feldern hindurch dem Fluss entgegen. Lyana und Aeolin schwärmten aus, um nach Feldhasen zu spähen, aber es gab keine. Felder und Hecken waren von Hufen und Stiefeln zertrampelt. Zerbrochene Wagenräder lagen im Schnee, hier und da auch die Holztrümmer einer Geschützlafette. Unter dem Schnee lagen Lumpen und Haufen von Feldsteinen. Ich sah genauer hin. Es waren keine Steine. Es waren vom Schnee zugedeckte Tote.
„Jetzt im Winter mag es noch angehen,“ bemerkte Kat. „Aber der Schnee wird schmelzen, es wird warm werden - im Frühjahr muss der Leichengestank hier herum grauenhaft sein.“
Drei oder vier Marschstunden später legten wir eine kurze Rast ein. Wir teilten den letzten Rest Tabak unter uns auf und rauchten unsere Pfeifen. Zu essen hatten wir nichts.
„Spätestens oben in den Bergen finden wir wieder Jagdwild,“ meinte Lyana.
„Das ist übermorgen!“ stöhnte Sven.
Aeolin sah ihn mit Kriegermiene an. „Zwei oder drei Tage nicht essen ist normal, wenn man auf der Jagd ist. Wenn das Jagdwild erlegt ist, dann isst man.“
Sven seufzte. „Dann bin ich ja beruhigt.“
***
Gegen Abend erreichten wir das Flussufer. Kalter Wind wehte von Westen her über das baumlose, flache Land. Der Fluss war an dieser Stelle vielleicht zwei Steinwürfe breit. Nur die Ufer waren zugefroren. In der Flussmitte strömten Eisschollen im reißenden Wasser. Die hölzerne Brücke lag eine Viertelstunde östlich von uns. Am Fuß der Brücke auf unserer Seite des Flussufers schien sich ein Soldatenlager zu befinden. Zwischen zwei Zelten stieg der Rauch eines Lagerfeuers auf. Männer mit Helmen und Lederrüstungen standen zwischen den Zelten und der Brücke beieinander.
Misstrauisch schauten wir zu den Soldaten hinüber.
„Die werden uns nicht durchlassen,“ vermutete ich.
„Klar lassen die uns durch,“ brummte Sven. „Wir werden sie schon überzeugen.“
Kat sah mich abschätzend an. „Ich würde mir wünschen, dass diesmal das Lager noch steht und die Leute da vorne noch am Leben sind, wenn wir über die Brücke sind - selbst wenn sie in unserer Gegenwart mit Schwertern fuchteln oder irgendeinen Köter totschlagen wollen.“
Ich biss mir auf die Lippen.
„Wir versuchen, es nicht zum Kampf kommen zu lassen,“ sagte Aeolin. „Aber über die Brücke müssen wir!“
„Auf der anderen Seite sind auch Soldaten,“ meinte Kat grimmig. „Wenn wir uns mit denen allen anlegen, haben wir in kürzester Zeit das gesamte Heer auf den Fersen. Dann ist's ein für alle Mal Essig mit dem Rückweg in die Zivilisation.“
„Also Verhandeln,“ entschied Sven. „Diplomatie, oder wie das heißt.“
Kat sah Sven und mich kritisch an. „Das überlasst ihr am besten mir.“
Einige der Soldaten blickten auf, als wir uns dem Lager vor der Bücke näherten. Es waren bärtige, vom Wetter gezeichnete Männer in schäbigen, verdreckten Lederrüstungen mit Schwertern am Gürtel. Zwischen den beiden Zelten waren Hellebarden aufgepflanzt. Mehrere Armbrüste standen gegeneinander gelehnt. In der Mitte des Lagers wehte eine Standarte.
„Kaiserliche,“ murmelte Kat. „Es sind General Wolfarts Farben.“
Einen Moment schloss sie die Augen, wie um eine Erinnerung loswerden. In diesem Heer war sie als Feldscherin mehrere Monate lang mit Andreas Amselfeld zusammen gewesen, bevor der Militärarzt das Heer mit einer anderen verließ. Im Anschluss war Kat nach Brögesand gekommen.
Vier oder fünf Soldaten verließen träge die Gruppe, mit der sie zusammengestanden hatten und stellten sich uns entgegen. Es waren große Männer. Mit müden, dreckigen Gesichtern sahen sie uns entgegen.
„Das sind Gardesoldaten, nehmt euch in Acht vor denen,“ zischte Kat zwischen den Zähnen hindurch.
„Die verdreckten Kerle?“ wunderte sich Sven. „Woran erkennst du das?“
„Schaut euch ihre Bewaffnung an!“ raunte Kat. „Sie liegen halt schon ziemlich lange im Feld.“
„Ihr traut euch was!“ rief uns einer der Männer heiser zu.
„Was seid ihr - Räuber? Wegelagerer? Diebsgesindel? Was habt ihr hier zu suchen?“
„Heil dem Kaiser!“ rief Sven barsch, ehe Kat antworten konnte.
Sie warf ihm einen warnenden Blick zu, aber er achtete nicht auf sie. Sven ging nahe an die Männer heran, ohne seinen Schritt zu verlangsamen. Dicht vor den Soldaten blieb er stehen. Sie betrachteten ihn mürrisch. Unsere Waffen schienen sie nicht zu beeindrucken.
„Wir sind Gefolgsleute des Herrn von Dwarfencast,“ sagte Sven laut. „Unser Herr ist ein großer Forscher. In seinem Auftrag gehen wir in die toten Berge, wo die Zwerge irgendwelche Inschriften in Höhlenwände gemeißelt haben. Die gehen wir für unseren Herrn suchen.“
„Sven!“ zischte Kat.
Die Männer musterten ihn, den Packesel und uns. Offenbar schienen sie zu überlegen, ob sie ihm die Geschichte glauben sollten, die zugegebenermaßen bei weitem zu hanebüchen war, um wie eine plumpe Lüge zu klingen.
„Dwarfencast? Wo soll das liegen?“ wollte einer der Soldaten wissen.
„An der Westküste bei Lüdersdorf, eine Tagesreise weit von dem Marktflecken Grobenfelde,“ sagte Kat rasch. „Zum Besitz unseres Herrn Trismegisto von Dwarfencast gehören auch die Weingüter bei Tamolin.“
Mit zusammengekniffenenen Augen betrachtete der Soldat Svens dreckstarrenden Wappenüberwurf.
„Trismegisto von Dwarfencast - hab ich nie gehört,“ knurrte er.
„Wie hoch ist das Brückengeld, um über die Brücke zu gehen?“ fragte Kat schnell.
„Zehn Kreuzer pro Mann oder Weib,“ schnappte der breitschultrige Soldat. „Und zusätzlich zehn für den Esel!“
„Zehn Kreuzer pro Person?“ schrie Kat. „Sechzig Kreuzer für uns alle? Das ist mehr als ein Silberling!“
Wutentbrannt sah sie den Mann an. „Das denkst du dir aus! Nirgendwo im Reich gibt es so hohe Brückenzölle.“
Der Soldat blickte sie überlegen an. „Es ist Krieg, weißt du?“
Seine Kameraden grinsten. Einige spielten mit ihren Schwertgriffen. Die Unterhandlung wurde von den Männern im Lager aufmerksam verfolgt. Alle Augen sahen zu uns herüber. Vom Lagerfeuer her wehte der Duft gegrillten Fleischs heran. Trotz des Ernstes der Situation begann mir der Magen zu knurren.
„Außerdem muss ich euer Gepäck auf Diebesgut durchsuchen,“ erklärte der verdreckte Soldat.
„Nö,“ sagte Sven einfach. „Die Ausrüstung ist Leihgut unseres Herrn Trismegisto. Da geht keiner von euch ran.“
Der große Kriegsmann machte einen entschlossenen Schritt auf den Esel zu. „Mir doch egal, wem ihr das Zeug geklaut habt. Jedenfalls werden wir das gleich mal feststellen.“
Fedurin stand ruhig neben Kat. Er verfolgte die Auseinandersetzung mit den Ohren.
„Finger weg!“ sagte Sven leise mit drohendem Unterton.
„Sven!“ Kat versuchte, ihn am Arm zu packen, aber er stellte sich so zwischen Fedurin und den Soldaten, dass sie ihn nicht erreichen konnte.
„Wir sind ehrbare Gefolgsleute unseres Herrn Zosimo Trismegisto und für sein Gut verantwortlich!“ schleuderte er dem unbeeindruckten Soldaten entgegen.
Der lachte hämisch auf. Auch die andern vier, die vor uns standen, lachten. Kat, Lyana und ich wechselten nervöse Blicke. Aeolin stand gerade aufgerichtet, die Hand am Messergriff.
„Ob du ehrbar bist, musst du uns erst mal beweisen!“ rief der Kriegsmann.
An Sven vorbei griff er nach den Gepäcktaschen. „So, jetzt wollen wir doch mal sehen...“
Weiter kam er nicht. Von einem Faustschlag getroffen flog er anderthalb Manneslängen zur Seite und schlug besinnungslos auf dem Boden auf. Kat stieß einen erschreckten Schrei aus. Das Gelächter der Soldaten erstarb. Sie starrten auf ihren am Boden liegenden Kameraden, dem Blut aus Mund und Nase sickerte. Er röchelte, ohne aus der Ohnmacht aufzuwachen. Sven ging einen Schritt auf die Männer zu. Sie sahen ihn mit zusammengekniffenen Augen an.
„Wollt ihr auch eins aufs Maul?“ brüllte Sven.
Er sah aus, als wollte er sich im nächsten Moment auf sie stürzen.
Kat schluchzte entsetzt auf. „Sven!“
Die Soldaten gingen zwei Schritt zurück.
„Komm, mach langsam, Junge,“ murmelte einer von ihnen.
Sven baute sich auf. „Hat noch irgendwer in diesem Lager Zweifel an meiner Ehrbarkeit?“ donnerte er in Richtung der lagernden Männer.
Merkwürdigerweise schienen die Soldaten im Lager das Interesse an uns verloren zu haben. Keiner der Männer sah in unsere Richtung. Ein paar der Leute tasteten wie beiläufig nach ihren Schwertern.
Sven nickte Kat zu. „Zahl ihnen das Brückengeld!“
Dann stiefelte er an den vier Elitesoldaten vorbei. Sie machten ihm bereitwillig Platz. Mit zitternden Händen zählte Kat einem der Männer die geforderten Kreuzer aus einer Lederbörse in die schwielige Hand. Das Geld im Beutel reichte nicht und Lyana gab weitere Kreuzer dazu. Wir achteten darauf, dass die Soldaten unser Silber nicht zu Gesicht bekamen.
Die Soldaten ließen uns durch und mit Fedurin in der Mitte gingen wir Sven nach, vorbei an den lagernden Soldaten. Kat war sehr blass.
„Das wird nichts,“ flüsterte sie mit zitternder Stimme. „Die haben wir gleich alle auf dem Hals!“
Wir gingen dicht beieinander und spähten vorsichtig um uns. Die Männer zwischen den Zelten warfen uns verstohlene Blicke zu. Niemand griff zu den Waffen. Sven drängte sich mitten in die Gruppe um das Lagerfeuer, wo auf einem Rost Fleisch auf Holzspießen grillte. Lyana, Kat und ich hielten die Luft an. Die großen Kerle machten ihm Platz. Sven sagte etwas zu einem der Männer und nahm sich einen Fleischspieß vom Rost. Herzhaft biss er vom Fleisch ab. Die Männer beobachteten ihn schweigend. Keiner sagte etwas.
„Wollt ihr auch?“ rief Sven uns zu.
„Ich glaub' das nicht!“ keuchte Kat.
Sven angelte sich vier weitere Spieße vom Rost und kam durch die Soldaten hindurch zu uns zurück.
Den Männern nickte er zu. „Schmeckt!“
Einige nickten widerwillig zurück.
„Hau bloß ab,“ knurrte einer von ihnen Sven hinterher.
Sven teilte die Fleischspieße aus. Mein Magen knurrte heftig, als ich das duftende Fleisch in der Hand hielt. Nicht zu schnell gingen wir zur Brücke. Niemand hinderte uns. Hinter uns stellten sich die Soldaten zusammen. Einige hatten ihre Hellebarden gegriffen. Sie sahen uns hinterher, während wir über die Brücke gingen. Doch sie kamen uns nicht nach.
„Na?“ meinte Sven schmatzend zu Kat, als wir die Mitte der Brücke über dem reißenden Wasser erreicht hatten. „So muss man mit denen umgehen. Das ist Diplomatie!“
Auf der anderen Seite des Flusses wimmelte es von Soldaten. Ein immer größer werdender Trupp mit Spießen und Hellebarden sammelte sich an der Brücke. Die Männer sahen uns entgegen. Weiter hinten auf dem Ufer standen zwei oder drei Dutzend aufgezäumter Pferde.
„Wir sind noch nicht aus dem Schneider,“ sagte Kat warnend, während wir uns dem Ende der Brücke näherten. „Die da vorne werden sich nicht so leicht abfertigen lassen.“
Sven und ich wechselten einen Blick.
„Lass mich mal machen,“ meinte ich.
Kat sah mich unglücklich an. „Leif, bitte - keine Blitzschläge und keine Feuersbrünste! Wir wollen irgendwann zurück ins Reich!“
„Schon gut,“ meinte ich. „Das seh' ich selbst, dass Kämpfen hier zwecklos ist.“
Das zweistöckige Steingebäude an der Brücke sah wie ein großer Hof aus. Im Erdgeschoss und im oberen Stockwerk reihten sich mit Holzläden versehene Fenster aneinander.
„Das ist doch ein Gasthof!“ fand Sven.
Kat betrachtete das Gebäude misstrauisch. „Im Moment dient er wohl eher als Kaserne.“
Als wir das Ende der Brücke erreichten, trat uns ein Kriegsmann in einem metallenen Brustpanzer entgegen. Er trug keinen Helm. Sein wallendes dunkles Haar fiel frei um seine Schultern. An der Seite trug er einen schlanken Degen. Ich hoffte, dass er der Befehlshaber der Truppe war. Im Nu waren wir umgeben von Männern mit Spießen und Hellebarden.
„Den Sternen zum Gruß,“ sprach ich den Offizier mit fester Stimme an. „Lang lebe der Kaiser.“
Kat, Aeolin und Lyana sahen sich unruhig um. Kat fluchte verhalten.
„Wohin des Wegs?“ antwortete der Hauptmann statt eines Grußes. „Woher kommt ihr, und was ist euer Begehr?“
„Wir sind Forschungsreisende im Auftrag unseres Dienstherrn Zosimo Trismegisto,“ sagte ich, wobei ich versuchte, meine Stimme so ruhig und fest wie möglich klingen zu lassen.
Wieder wurden wir, unsere Waffen und unser Gepäck misstrauisch gemustert.
„Das Land diesseits des Flusses wird von General Wolfart gehalten,“ sagte der Hauptmann barsch. „Ich habe Befehl, niemanden durchzulassen, der nicht unzweifelhaft im Dienst des Kaisers steht.“
Skeptisch betrachtete er das vor Dreck kaum noch zu erkennende Wappen auf Svens Überwurf.
„Ich muss euch festnehmen und dem Festungskommandanten vorführen,“ sagte er. „Der wird euch verhören.“
Ich sah, wie Kat und Aeolin sich hastig umblickten. Offenbar suchten sie nach einer Fluchtmöglichkeit. Es gab keine.
Ich blickte dem Offizier fest in die Augen. „Dann kannst du mir bestimmt dein Befehlsschreiben zeigen, das dich bevollmächtigt, Reisende anzuhalten.“
Der Mann stutzte verblüfft.
„Ohne kaiserlichen Befehl wäre es Straßenraub und Wegelagerei. So sagt es das Gesetz des Kaisers.“
„Selbstverständlich habe ich ein Befehlsschreiben,“ knurrte der Offizier. Er baute sich vor mir auf. „Aber selbst wenn ich es dir zeige, wird dir das nichts nützen, weil du es wohl kaum lesen können wirst.“
Ich schnaubte verächtlich. „Habe ich dir nicht gesagt, dass wir Forschungsreisende im Auftrag des Herrn Trismegisto, Diener seiner Majestät des Kaisers, sind? Selbstverständlich kann ich lesen - und ich kann auch ein gefälschtes Siegel irgendwelcher desertierter Räuberbanden vom Siegel des Kaisers unterscheiden!“
Der Offizier lief rot an. Einen Moment lang glaubte ich, er würde mich anbrüllen und uns alle in Ketten legen lassen, aber er gab einem jungen Burschen, der hinter ihm stand, einen Wink. Der Stiefelknecht lief zwischen den Soldaten hindurch zu den Pferden.
„Forschungsreisende, so! Wo wollt ihr hin?“ blaffte der Hauptmann.
„Wir gehen im Auftrag unseres Herrn in die toten Berge im Norden. Dieses Gebiet wird schon lange von reisenden Gelehrten erforscht - Leonhard Knoblauch, Eusebian Multkopf, um nur die berühmtesten zu nennen. Unser Dienstherr führt diese Forschungen weiter.“
Kat murmelte etwas hinter mir.
Der Hauptmann schüttelte entschieden den Kopf. „Die Berge im Norden sind Zwergengebiet. Da kommt ihr nicht durch.“
„Wir haben bereits in den Bergeinöden im Westen Bekanntschaft mit Zwergen gemacht,“ meinte ich und hoffte, dass es selbstsicher genug klang. „Das kannst du uns glauben, dass wir uns gegen Zwerge zur Wehr setzen können.“
Der Hauptmann betrachtete nachdenklich Svens Zweihänder. Die große Klinge glänzte hell. Der Bursche brachte ihm ein zusammengerolltes Pergament. Der Hauptmann reichte es einem Soldaten, der seinen Spieß gegen die Schulter lehnte und das Pergament umständlich aufrollte. Er hielt es mir so hin, dass ich es lesen konnte. Ich las das Befehlsschreiben laut vor. Kopfschütteln und Gemurmel unter den Soldaten war die Reaktion. Die Gesichtsfarbe des Offiziers wurde noch eine Spur dunkler.
Ich sah ihm in die Augen. „In Ordnung. Wie viel Silber willst du haben, um uns passieren zu lassen?“
Der Hauptmann sah mich aufmerksam an. In seinen Augen blitzte es.
„Ja, soo verhält sich das mit euch!“ sagte er gedehnt.
„Ich gebe dir fünf Silberlinge. Das dürfte wohl mehr als genug Wegegeld sein,“ meinte ich fest.
„Fünfzehn!“ schnappte der kaiserliche Offizier.
„Dann also acht. Und keinen Kreuzer mehr!“
Die Augen des Hauptmanns wurden zu schmalen Schlitzen. „Zwölf! Meine Leute haben lange keinen Sold mehr gezahlt bekommen.“
„Damit habe ich nichts zu tun,“ sagte ich grob.
Ich schaute Sven an. Der nickte langsam und deutlich.
„Also gut, um des kaiserlichen Friedens willen, zwölf Silberlinge - und die Erlaubnis, für die Nacht im Gasthof einkehren zu dürfen!“
Kat schnappte nach Luft. Unter den Soldaten wurde es unruhig. Der Hauptmann sah seine umstehenden Leute an.
Zu mir sagte er: „So schert euch doch zum Teufel, oder wohin ihr wollt! Meinetwegen könnt ihr mit dem Wirt einen Preis für die Nacht ausmachen. Aber zuerst will ich das Silber haben.“
Ich musste die Silberlinge seinem Burschen in die Hand zählen.
Währenddessen sagte der Hauptmann laut zu seinen Leuten: „Zwei Silberlinge für mich, der Rest wird unter die Truppe aufgeteilt.“
Die Männer brüllten Hurra. Die Reihen um uns lockerten sich. Kat schien eine Maulsperre zu haben. Ihr Mund wollte nicht mehr zugehen.
Der Hauptmann schritt uns voran dem Gasthof entgegen. Seine Soldaten gingen auseinander. Einige blinzelten mir verschwörerisch und keineswegs unfreundlich zu. Kat starrte mich sprachlos an, als sähe sie mich heute zum ersten Mal in ihrem Leben.
„Das hab ich von meinem Vater gelernt, wie man mit solchen Halunken verhandelt,“ sagte ich leise zu ihr. „Mein Vater sagte immer, das sind arme Schweine, die wollen auch nur leben.“
Sie schüttelte fassungslos den Kopf. „Und ich hab geglaubt, ihr wärt hinterwäldlerische Dorfpiraten!“
„Ein bisschen was haben wir eben doch gelernt, als bloß fromme Seeleute tot zu machen,“ grinste ich.
***
Das Eingangstor des Gasthofs führte auf einen getünchten Gang. Mit Fedurin am Halfterstrick folgten wir dem Hauptmann in den Gang. Aus einer Seitentür war Lachen und Grölen vieler Männer zu hören. Der Hauptmann rief laut einen Namen in den Tordurchgang. Dem dienernd herbeieilenden Wirt in schmieriger Schürze befahl er, uns ein Zimmer im hinteren Teil des Gasthofs zu bereiten und den Esel in den Stall zu führen. Er solle mit uns den Preis für Kost und Unterkunft für eine Nacht aushandeln. Dann machte er auf dem Absatz kehrt. Bevor er zum Tor hinausging, riss er die Tür zur Wirtsstube auf und brüllte etwas hinein. Beifälliges Gelächter antwortete ihm.
Wir führten Fedurin selbst an den Platz im Stall, den der Wirt uns zeigte. Kat nahm Fedurin das Gepäck ab und versorgte ihn mit Wasser und Heu. Mitsamt unserem Gepäck folgten wir dem Wirt über eine morsche Stiege ins obere Stockwerk.
„Gib uns einen Raum mit abschließbarer Tür,“ forderte Kat.
Der Wirt dienerte. Er zeigte uns einen weißgetünchten Raum mit einem Fenster und einem großen Bett. Dicke Decken waren über das Bett gebreitet. An der Wand hing ein gerahmtes Bild, das das Flammenschwert der kaiserlichen Hochreligion zeigte.
„Hier pflegt der Herr Gardemajor zu übernachten, wenn er im Gasthof weilt,“ murmelte der Wirt, während er uns den eisernen Schlüssel aushändigte. „Ich bringe euch ein Licht. Und wegen der Bezahlung - der Krieg hat eine große Teuerung über das Land gebracht, müsst ihr wissen...“
„Schon gut,“ winkte Kat ab. „Wie viel willst du haben?“
„Acht Kreuzer für einen jeden von euch - und vier für die Versorgung des Esels,“ nuschelte der Wirt.
Kat verzog wütend das Gesicht. Aber sie beherrschte sich und meinte nur: „Bring uns eine Kohlenpfanne ins Zimmer. Und tu uns das Essen irgendwo anders auf, nicht bei dem Soldatenpöbel in der Wirtsstube, hörst du?“
„Bier und Grog wird es ja wohl geben?“ knurrte Sven.
Erneut dienerte der Wirt. „Sehr wohl, ihr Herrschaften, allerdings müsste ich den Grog...“
„Ja, gut, zehn Kreuzer zusätzlich für den Grog, weil Krieg ist,“ stöhnte Kat wütend. „Aber sei nicht so knauserig mit den Getränken!“
Der Wirt bekam sein Geld und zog unter Verbeugungen ab.
Als der Gastwirt die Tür hinter sich zugezogen hatte, setzte Kat sich auf die Bettkante und blickte benommen vor sich hin.
Endlich holte sie tief Luft und atmete seufzend aus. „Das hätte ins Auge gehen können, Jungs.“
Wir stapelten unser Gepäck in eine Ecke.
„Einer von uns sollte hier bleiben und das Gepäck bewachen, wenn wir runtergehen - trotz abschließbarer Tür,“ meinte Kat. „Den Gaunern ist nicht zu trauen.“
„Ich bleibe oben,“ sagte Aeolin entschlossen.
Sie nickte Sven mit einem angedeuteten Grinsen zu. „Mein Bruder ist schon zu lange gewandert - er muss gehen, um sich zu stärken. Ich gehe nach euch zum Essen hinunter.“
„Hmpf!“ antwortete Sven nur.
Mit einem Lächeln sagte Lyana: „Ich bleib' mit dir hier, Aeolin. Lasst euch ruhig ein wenig Zeit beim Essen, ihr drei. Nachher gehen wir beide runter und ihr könnt hier oben das Gepäck zu dritt bewachen.“
Kat betrachtete das große Bett.
„Gute Idee, Lyana,“ fand sie.
Im Erdgeschoss zeigte uns eine Magd einen kleinen Raum mit einem einfachen Holztisch und fünf Stühlen. Auf Wandborden aufgereihte Zinnteller sollten dem Raum wohl ein nobles Aussehen geben. Im Kamin prasselte ein Feuer. Wir bekamen dünnes Bier, Kohlrübensuppe und einen kleinen Kessel dampfendem Grog serviert. Kat erklärte der Schankmagd, Lyana und Aeolin würden erst nach uns zum Essen kommen. Sven fragte nach Brot, aber die Magd meinte, es sei keins da.
„Ich wette, der Wirt hat das Bier mit Wasser verdünnt,“ murrte Sven, während wir die Suppe löffelten.
„Zum Sattessen ist's nicht gerade,“ fand Kat, „aber vermutlich können wir froh sein, überhaupt etwas zu bekommen.“
Sie seufzte. „Das Geldausgeben im greifenhorster Fürstentum hab ich mir anders vorgestellt - unser sauer verdientes Geld für Bakschisch hergeben zu müssen! Dieser Krieg kotzt mich an.“
„Sag mal, Kat,“ meinte Sven kauend, „du hast immer gesagt, Soldatenlager können dich nicht schrecken... Was war denn vorhin an der Brücke mit dir los?“
Kat sah bitter vor sich hin. „Als Trossfrau ist es was völlig anderes. Da gehörst du zum Heer. Aber Frontsoldaten im Kampfgebiet vor die Waffen zu laufen - die hätten uns bis aufs letzte Hemd ausplündern, totschlagen oder mit uns anstellen können, wonach ihnen gerade ist - das sind blutrünstige Tiere, keine Menschen, Garde hin oder her!“
„War bei uns genauso,“ murmelte Sven dumpf. „So haben wir das gemacht mit den Seeleuten, die uns auf die Klippen gerannt sind. Deshalb wissen wir auch, wir man mit denen reden muss.“
Er sah Kat nachdenklich an. „Das haben die gerochen, dass wir ebensolche Berserker sein können, wie sie. Wenn sie uns angefasst hätten, wär's blutig geworden, das war ihnen klar.“
Kat sah von Sven zu mir.
„Ihr zwei Berserker!“ sagte sie zärtlich. „Und ihr könnt so süß sein.“
Anderthalb Stunden später kamen Lyana und Aeolin in den Kaminraum hinunter. Die beiden Mädchen hatten frische, gerötete Gesichter. Sie strahlten uns mit fröhlichen Augen an.
„Jetzt seid ihr dran mit Wachdienst in der Schlafstube,“ lachte Lyana. „Aeolin und ich, wir haben einen Mordshunger!“
Oben im Zimmer zog Kat Lederjacke, Wams und Leinenhemd aus und versorgte ihre Pfeilwunde mit einer Tinktur aus der Arzttasche. Dann legte sie die Hand auf die Wunde und wirkte einen Heilzauber.
„Wird's besser?“ fragte ich besorgt.
„Klar,“ meinte Kat nur. „Ich spür' kaum noch was.“
Sie sah uns beide verliebt an. „Na kommt, Jungs. Lasst es uns ausnutzen, dass wir noch mal ein gemeinsames Bett haben. Wer weiß, was uns bevorsteht.“
Sven und ich ließen uns das nicht zweimal sagen. Wir streiften unsere Sachen ab und warfen uns aufs Bett... Und ob wir es ausnutzten!
Als Aeolin und Lyana spät in der Nacht ins Zimmer kamen, lagen wir drei erschöpft beieinander, unterhielten uns leise und streichelten unsere nackten Körper, das Glück des Zusammenseins genießend.
„Bleibt ruhig zusammen da im Bett,“ sagte Lyana. „Aeolin und ich, wir legen uns am Boden auf unsere Matten - so haben wir in der Siedlung ja auch übernachtet.“
Vor dem Einschlafen hörte ich noch, wie die Elbenmädchen einander küssten und zärtlich miteinander flüsterten.